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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum 30-jährigem Jubiläum des Lesben- und Schwulenverband

Begrüßung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor einem Gespräch mit Mitgliedern des LSVD-Bundesvorstands

"Die Würde der LSBTI-Community, die Würde jedes einzelnen Menschen, steht selbstverständlich unter dem Schutz unseres Staates – und sie ist so selbstverständlich unantastbar, wie sie es schon immer hätte sein sollen."

Offizielles Porträt des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier

Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums des Lesben- und Schwulenverbands empfing Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 30. Oktober 2020 drei Mitglieder des LSVD-Bundesvorstands im Schloss Bellevue. Ursprünglich sollte im April 2020 ein großer Empfang für die LSVD-Mitglieder im Rahmen des Verbandstags stattfinden. Der musste corona-bedingt leider abgesagt werden. Im Herbst wurde der Termin beim Bundespräsidenten in kleiner Runde nachgeholt. Hier dokumentieren wir die Begrüßungsrede des Bundespräsidenten.

Herzlich willkommen, liebe Gäste! Schwule und Lesben im Schloss Bellevue, Gespräche über die Erfahrungen von queeren, von bi-, trans- und intersexuellen Menschen beim Bundespräsidenten – noch vor wenigen Jahrzehnten wäre wohl so mancher Sittenwächter rot angelaufen und die Meldung hätte einen handfesten Skandal ausgelöst.

Heute ist es umgekehrt: Ein Skandal liegt dann vor, wenn Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität verächtlich gemacht oder benachteiligt werden. Was für eine zivilisatorische Wendung! Welch ein Fortschritt! Ich habe es in meiner Rede im Tiergarten am 3. Juni 2018 gesagt, und ich sage es noch einmal: Die Würde der LSBTI-Community, die Würde jedes einzelnen Menschen, steht selbstverständlich unter dem Schutz unseres Staates – und sie ist so selbstverständlich unantastbar, wie sie es schon immer hätte sein sollen.

Dass unsere Gesellschaft heute reifer und aufgeklärter dasteht, ist auch ein Verdienst von Politik und Parteien. Vor allem aber haben wir diesen Erfolg Generationen von Aktivistinnen und Aktivisten zu verdanken. Von Karl Heinrich Ulrichs über Johanna Elberskirchen und Magnus Hirschfeld bis zu Stonewall und der immer größer gewordenen globalen Bewegung der letzten fünfzig Jahre: Zehntausende mutige Menschen haben sich gewehrt, sind auf die Straße gegangen, haben viel riskiert, um für sich und nachfolgende Generationen das Recht auf Liebe zu erkämpfen.

Deshalb freue ich mich, heute dem Lesben- und Schwulenverband in Deutschland ganz herzlich zu seinem 30. Jubiläum zu gratulieren. Ihr Verband hat viel dazu beigetragen, dass unsere Gesellschaft bunter und toleranter geworden ist. Und der LSVD kämpft weiter gegen so manche immer noch bestehende Ungerechtigkeiten. Von der Abschaffung des Strafrechtsparagraphen 175 über die Ehe für alle bis zur Reform des Transsexuellenrechts und der Debatte um die explizite Erweiterung unseres verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbots um das Merkmal der sexuellen Identität – der LSVD war und ist immer an vorderster Front dabei.

Nach wie vor müssen viele Schwule, Lesben, bi-, trans- und intersexuelle Menschen in unserem Land Nachteile erleiden, werden ihre Menschenrechte verletzt – im Alltagsleben, am Arbeitsplatz, durch nicht gerechtfertigte medizinische Behandlungen. An vielen Orten weltweit, auch in Europa, werden anders liebende Menschen immer noch verfolgt und herabgewürdigt. Autoritäres Denken, Populismus und Fundamentalismus schüren neuen Hass und neue Gewalt gegenüber der LSBTI-Community.

Die Mitglieder und Unterstützer des LSVD gehören oft zu den ersten in Deutschland, die ihre Stimme gegen Diskriminierung und Verfolgung erheben – ob hierzulande, bei unseren Nachbarn oder auf anderen Kontinenten. Für all dieses bürgerschaftliche, meist ehrenamtliche Engagement möchte ich Ihnen hier und allen aktiven und ehemaligen Engagierten ganz herzlich danken.

Noch einmal: Herzlich willkommen! Ich bin mir sicher, Sie haben eine Menge Themen mitgebracht. Ich freue mich auf unser Gespräch!