Alltag: Homophobe und transfeindliche Gewaltvorfälle in Deutschland
Chronik von Straftaten gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI)

Tagtäglich werden in Deutschland Menschen angepöbelt, bedroht und angegriffen, weil die Täter*innen ihren Hass auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) in Gewalt ausleben. Allein der Anblick einer trans* Person oder eines lesbischen oder schwulen Paares kann Gewalttäter*innen motivieren, brutal zuzuschlagen.
Dem Bundesinnenministerium zufolge gab es 2019 mindestens 576 politisch motivierte Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung, darunter 151 Gewalttaten. Unter dem Begriff „Straftaten aufgrund der sexuellen Orientierung“ erfasste die Bundesregierung „alle gegen Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuelle motivierten Straftaten“.
In diesem Beitrag sammeln wir Meldungen zu Hasskriminalität gegen LSBTI. Auffällig ist, dass sich viele der berichteten Fälle in Berlin ereignen. Das hat vor allem damit zu tun, dass in Berlin seit einigen Jahren mutmaßliche homophobe oder transfeindliche Hintergründe von Straftaten ausdrücklich in den Polizeiberichten genannt. Berlin steht mit dieser Haltung aber bis heute weitgehend allein. Die Polizei in anderen Bundesländern ist aufgefordert, diesem Beispiel zu folgen.
Der LSVD fordert die Einsetzung einer unabhängigen Expert*innen-Kommission durch die Bundesregierung. Diese soll eine systematische Bestandsaufnahme aller Erscheinungsformen von LSBTI-Feindlichkeit und damit verbundener Hasskriminalität erarbeiten und der Bundesregierung sowie dem Bundestag einen Lagebericht mit Handlungsempfehlungen vorlegen.
Januar
07.01.2020
Berlin: Ein betrunkener Mann läuft einem schwulen Mann hinterher, beleidigt ihn mehrfach homophob und droht mit Schlägen. Er schreit minutenlang, dass das seine U-Bahn-Station sei, und "Schwuchteln" dort nichts zu suchen hätten. Von den Zeug*innen greift ein oder sagt was.
November
21.11.2020
Zwei Männer werden in einer Berliner Straßenbahn von einer Gruppen Jugendlicher homophob beleidigt. Als sie aussteigen werden sie weiter verfolgt und mit Steinen beworfen. Die Polizei nimmt kurz darauf zwei 14-, einen 16- und einen 18-Jährigen fest. (Quelle)
14.11.2020
Vor einem Einkaufszentrum in Frankfurt (Main) treten und schlagen Jugendliche auf eine queere Person ein. Im offiziellen Polizeibericht wird der wahrscheinliche Hintergrund der Attacke jedoch verschwiegen. (Quelle)
Oktober
31.10.2020
Beim Altstadtbummel wird ein Paar in München homophob beschimpft und eine der beiden Personen krankenhausreif geschlagen. (Quelle)
17.10.2020
Ein schwules Paar wird in Münster von vier Jugendlichen schwulenfeindlich beleidigt, dann brutal zusammengeschlagen. Kein Wort darüber im täglichen Polizeibericht der Stadt. (Quelle)
16.10.2020
Ein schwules Paar ist in München Opfer eines Angriffs geworden. (Quelle)
16.10.2020
Hans-Dieter Straup macht bei einer Akzeptanzkampagne in Freiburg mit, sein Porträt ist auf Plakaten zu sehen. Dann erhält er ein anonymes Hasschreiben, in dem eine brutale Vernichtungsfantasie gegen ihn geschildert wird. (Quelle)
15.10.2020
Im Berliner Ortsteil Schöneberg kommt es zu einem offenbar hassmotivierten körperlichen Angriff. Nach bisherigen Ermittlungen wird ein 41-jähriger trans Mensch von einem Mann aus einem vorbeifahrenden Auto mit einem Abschlepphaken beworfen. Das Opfer wird am Schienbein getroffen. (Quelle)
Der kürzlich nach Berlin umgezogene Martin Angelo hat auf "Instagram Stories" über einen offenbar homophob motivierten Übergriff vor einem Restaurant berichtet. Demnach habe ihn ein Gast tätlich angegriffen und als "Schwuchtel" beschimpft. (Quelle)
13.10.2020
Drei Männer haben offenbar aus Homophobie ein lesbisches Paar in der Innenstadt von Pinneberg attackiert. (Quelle)
04.10.2020
Die islamistische Terror-Attacke auf zwei Touristen in Dresden soll offenbar aus Hass auf Homosexuelle begangen worden sein. Eines der Opfer war Anfang Oktober seinen Verletzungen erlegen. (Quelle)
September
07.09.2020
In Berlin-Moabit wurde ein 22-Jähriger von einem mutmaßlichen Nachbarn auf der Straße erst homophob beleidigt und dann mit einer bespuckten Hand geschlagen. (Quelle)
04.09.2020
"Wollen wir es der Schwuchtel mal so richtig zeigen" - In der Nähe seiner Wohnung in Siegen wird ein schwuler Mann am Freitagabend von Jugendlichen schwulenfeindlich beleidigt und brutal zusammengeschlagen. (Quelle)
Juni
20.06.2020
In Hannover werden das Queere Jugendzentrum sowie das Wohnhaus des schwulen Kommunalpolitikers Florian Kusche mit mit homophoben Beschimpfungen beschmiert. (Quelle)
20.06.2020
Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg wurde am Samstagnachmittag ein Mann nach eigenen Angaben homophob beschimpft. Dies meldete die Polizei der Hauptstadt. (Quelle)
19.06.2020
Eine vierköpfige Personengruppe griff am Freitagabend zwei Männer in Berlin-Neukölln an. Nach homophoben Beleidigungen folgten Faustschläge ins Gesicht. Der Staatsschutz ermittelt. (Quelle)
02.06.2020
Zwei Münchener werden von einer Gruppe von fünf bis zehn Männern beleidigt, geschlagen und getreten. "Gegenstand dieser Ermittlungen ist auch ein mögliches LGBT feindliches Motiv", so die Polizei. (Quelle)
April
28.04.2020
Berlin: Zwei Männer gehen abends spazieren. Sie werden von einem 41-jährigen Mann homophob beleidigt und alarmieren die Polizei. (Quelle)
12.04.2020
Nachdem er die Frage eines Unbekannten, ob er schwul sei, bejaht, wird ein 26-jähriger von einem Unbekannten mit der Faust mehrmals ins Gesicht geschlagen. (Quelle)
Februar
22.02.2020
In Berlin wird eine trans* Frau von Unbekannten geschlagen, bespuckt und beleidigt. (Quelle)
21.02.2020
Ein alkoholisierter Mann beleidigt in Berlin ein schwules Paar homophob und versucht, sie mit einer Flasche zu schlagen und zu treten. (Quelle)
15.02.2020
Die 24-jährige Bella A. aus Berlin-Lichtenberg liegt am 15. Februar morgens mit ihrer Freundin im Bett, als sie durch einen lauten Knall aufwacht. Plötzlich steht ein Mann, der zuvor die Wohnungstür eingetreten hat, mit einem großen Messer im Schlafzimmer. Er raucht eine Zigarette, zieht sich aus und legt sich zu dem lesbischen Paar ins Bett. Er zwingt Bella zum Sex, während die Freundin zuschauen muss. (Quelle)
12.02.2020
Berlin: Eine 64jährige trans* Frau wird wiederholt in ihrem Kiez von einer Männergruppe transphob beleidigt (Quelle)
10.02.2020
Berlin: Eine trans* Frau fährt nachmittags U-Bahn. Zwei Männer beleidigen und bespucken sie, drohen ihr die Haare anzuzünden und sprühen ihr Reizgas in die Augen. (Quelle)
Januar
Januar 2020
Dass diese Vielfalt offen gelebt wird, ist Ants Kiel zufolge „in Halle nicht zu jeder Tageszeit, vielleicht auch nicht in jedem Stadtteil selbstverständlich“. Er erzählt von einem Vorfall vor etwa fünf Wochen. Als zwei Männer vor der Schorre, einer Disco in der Willy-Brandt-Straße, Händchen hielten, sei einem von ihnen von einem fremden Mann auf die Nase geschlagen worden. (Quelle)
18.01.2020
Berlin: Samstagabend, ein 15-Jähriger wird erst schwulenfeindlich beleidigt und dann mit einem Gürtel angegriffen. (Quelle)
07.01.2020
Berlin: In der U-Bahn wird ein 26-Jähriger homosexuellenfeindlich beleidigt, ins Gesicht geschlagen und verletzt. Der mutmaßliche Täter wird gefasst. (Quelle)
07.01.2020
Berlin: In einem Park wird ein 32-Jähriger mitten am Tag wegen seiner Homosexualität von einem Bekannten brutal angegriffen. Der mutmaßliche Täter wird festgenommen. (Quelle)
Weiterlesen
- Frei und sicher leben: Homophobe und transfeindliche Hasskriminalität entschieden bekämpfen. Beschluss des 32. LSVD-Verbandstag 2020
- Offenheit im Alltag? Erfahrungen mit Diskriminierung und Hasskriminalität. Erfahrungen von über 16.000 Befragten aus Deutschland
- Wie homophob ist Deutschland? Wie verbreitet ist Transphobie bzw. Transfeindlichkeit? Ausführliche Dokumentation der Ergebnisse von Studien und Umfragen über die Einstellungen zu Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in Deutschland?
- Prävention und Bekämpfung von homophober und trans*/interfeindlicher Gewalt. LSVD-Stellungnahme zum Staatenbericht der Bundesregierung zum UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW)
- Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Adressierung lesben- und transfeindlicher Gewalt bei der Umsetzung der Istanbulkonvention.