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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Was fordert der LSVD für Regenbogenfamilien?

LSVD-Positionspapier "Regenbogenfamilien im Recht"

In einer modernen Familienpolitik bedarf es rechtlicher Gleichstellung und der Weiterentwicklung des Familienrechts, um gelebte Familienvielfalt rechtlich anzuerkennen und damit auch das Wohl des Kindes abzusichern.

Regenbogenfamilien - Familienvielfalt - Familienformen - lesbische Familien - schwule Väter - Mehrelternschaft

In Deutschland gibt es die unterschiedlichsten Formen von Familien. Keine Familie darf wegen der sexuellen und geschlechtlichen Identität eines ihrer Mitglieder diskriminiert werden. In einer modernen Familienpolitik bedarf es daher rechtlicher Gleichstellung und der Weiterentwicklung des Familienrechts, um diese Familienvielfalt rechtlich anzuerkennen und damit auch das Wohl des Kindes abzusichern.

Eine fehlende rechtliche und gesellschaftliche Anerkennung geht auch zu Lasten der Versorgung und Absicherung der Kinder in Regenbogenfamilien. Für den Lesben- und Schwulenverband (LSVD) steht das Kindeswohl im Mittelpunkt. Diskriminierung und fehlende Akzeptanz von familiärer Vielfalt und selbstbestimmter Lebensentwürfe schwächen aber auch den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Daher muss eine moderne Familienpolitik die unterschiedlichsten Formen von Familien unterstützen.

Ein grundlegendes Ziel ist eine Gesellschaft, in der auch Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Für Regenbogenfamilien muss durch die Anpassung des bestehenden Familienrechts an die geänderte Lebenswirklichkeit Rechtssicherheit geschaffen werden. Denn die Gründung einer Regenbogenfamilie beruht immer auf einer bewussten Entscheidung zur Verantwortungsübernahme.

Ausführliche Forderungen hat der LSVD mit seinem Positionspapier "Regenbogenfamilien im Recht" erhoben. Es wurde 2017 auf dem 29. Verbandstag in Berlin verabschiedet.

  • 1. Einleitung

    1. Einleitung

    Jeder Mensch hat das Recht, eine Familie zu gründen. Tausende Kinder wachsen derzeit in Deutschland in Regenbogenfamilien auf, in denen mindestens ein Elternteil sich als lesbisch, schwul, bi- oder trans*sexuell versteht, bzw. intersexuell ist. Kinder werden z.B. in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften geboren, sie stammen aus früheren heterosexuellen Beziehungen eines Elternteils oder sie finden als Adoptiv- oder Pflegekinder ein Zuhause. Eine moderne Familienpolitik muss alle unterstützen, die Kindern in ihrem Leben einen Platz geben und ihnen helfen, zu wachsen und sich gut zu entwickeln. Es gibt die unterschiedlichsten Formen von Familien. Keine Familie darf wegen der sexuellen Identität eines ihrer Mitglieder diskriminiert werden.

    Deshalb bedarf es rechtlicher Gleichstellung und der Weiterentwicklung des Familienrechts. Unter anderem angesichts der Rechtsentwicklung in vielen westlichen Ländern sollte nicht länger das Lebenspartnerschaftsrecht angepasst werden. Der LSVD fordert stattdessen, endlich die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. (Stand: Beginn 2017).

    Eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner haben bis heute kein gemeinschaftliches Adoptionsrecht. Ehegatten können ein Kind gemeinschaftlich adoptieren und sind dann rechtlich gemeinschaftliche Eltern des Kindes. Lebenspartnerinnen und Lebenspartner können ein Kind nur nacheinander adoptieren, sind dann aber ebenfalls gemeinschaftliche Eltern des Kindes. Es geht bei diesem Unterschied aber um weit mehr als eine Verfahrensfrage. In der gesellschaftlichen Wirkung zielt die politische Ablehnung der gemeinschaftlichen Adoption darauf, gleichgeschlechtliche Eltern als Gefahr für das Kindeswohl zu diffamieren. Das erhöht in unverantwortlicher Weise das Diskriminierungsrisiko von Regenbogenfamilien und den in diesen Familien lebenden Kindern. Der LSVD fordert deshalb, endlich die gemeinschaftliche Adoption durch eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner zuzulassen.

    Die größte Zahl der Regenbogenfamilien macht die Zwei-Mütter-Familie aus; diese Familienform ist noch immer bestimmt durch das Erfordernis der Stiefkindadoption in Ursprungsfamilien. Die Lebenspartnerin der leiblichen Mutter erlangt ihre rechtliche Elternstellung nicht mit der Geburt des Kindes, sondern erst durch das langwierige und oft entwürdigende Verfahren der Stiefkindadoption. Deshalb fordert der LSVD: Wenn die Kinder von Lebenspartnerinnen als Wunschkinder in deren Partnerschaften hineingeboren werden, müssen beide Mütter endlich von Geburt an gleichberechtigte rechtliche Eltern ihres Kindes sein können.

    Eine in die Zukunft gerichtete Familienpolitik muss freilich auch über diese häufigste Form der Regenbogenfamilie und über deren Gleichstellung hinausdenken. Regenbogenfamilien entstehen in vielerlei Gestalt. Bewusste Familienplanung gehört heute zum Lebensentwurf vieler Lesben, Schwuler, Bisexueller und Trans*Personen. Mit viel Kreativität und häufig auch gegen Widerstände verwirklichen sie ihren Kinderwunsch.

    Zunehmend werden auch Familiengründungen geplant und Familienformen gelebt, bei denen mehrere Personen faktisch Verantwortung für die Erziehung und das Wohlergehen der Kinder übernehmen. Auch diese neuen Familienformen mit Mehrelternschaft müssen im Familienrecht angemessen berücksichtigt werden.
    Gerade im Interesse des Kindeswohls muss die Bereitschaft zur Übernahme elterlicher Verantwortung in neuen Familienformen vom Recht besser anerkannt und unterstützt werden.

    Zu unserer vielfältigen Gesellschaft gehören auch Familien mit trans* und intersexuellen Eltern. Sie haben einen Anspruch darauf, vom Recht angemessen wahrgenommen und diskriminierungsfrei behandelt zu werden.

    Wir haben für Regenbogenfamilien in den vergangenen Jahren zunehmende Anerkennung erkämpfen können. Doch noch immer stoßen sie im Alltag auf Ignoranz oder Vorbehalte – bei einzelnen Behörden, im Schulbuch, wenn sie als Familienkonstellation ausgespart bleiben, oder wenn ihnen Familienvergünstigungen verweigert werden. Um die gleichberechtigte Teilhabe aller zu gewährleisten, stehen Behörden, Kindertagesstätten, Schulen und soziale Einrichtungen, kurzum alle Institutionen, die mit Kindern, Jugendlichen und Familien zu tun haben, in der Verantwortung, Regenbogenkompetenz zu erwerben.

    Unser grundlegendes Ziel ist eine Gesellschaft, in der Regenbogenfamilien in ihren vielfältigen Konstellationen als selbstverständlicher Teil gesellschaftlicher Normalität respektiert und anerkannt werden. Für Regenbogenfamilien muss durch die Anpassung des bestehenden Familienrechts an die geänderte Lebenswirklichkeit Rechtssicherheit geschaffen werden. Denn die Gründung einer Regenbogenfamilie beruht immer auf einer bewussten Entscheidung zur Verantwortungsübernahme.

  • 2. Zwei-Mütter-Ursprungsfamilie

    2. Zwei-Mütter-Ursprungsfamilie

    2.1. Mütter, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben

    Die Stiefkindadoption bildet die Familiengründung in Zwei-Mütter-Ursprungsfamilien nicht sachgerecht ab. Sie ist langwierig und diskriminierend.

    Der fordert der LSVD daher eine andere Regelung:

    Entschließen sich zwei Frauen, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gemeinsam eine Familie zu gründen, so sollen die Gebärende und ihre Lebenspartnerin von Geburt an automatisch rechtliche Eltern des Kindes sein.

    Das Kind soll auch in gleichgeschlechtlichen Ursprungsfamilien das Recht haben, von Geburt an durch zwei rechtliche Elternteile abgesichert zu sein.

    Die Regelung im Abstammungsrecht ist analog zur bestehenden Regelung für Ehepaare anzupassen, nach der der Ehemann automatisch rechtlicher Vater des Kindes der Ehefrau wird, auch wenn dieses mit Hilfe einer Spermienspende gezeugt wurde.

    Das Paar, das sich bewusst zur Familiengründung entschließt und rechtlich verbunden ist (Ehe oder Lebenspartnerschaft), soll rechtliche Eltern werden, unabhängig davon, ob die Spermienspende von einer Samenbank stammt oder ohne Elternschaftsvereinbarung privat gespendet wurde.

    Die rechtliche Elternschaft der Lebenspartnerin der leiblichen Mutter ist durch den biologischen Vater nur dann anfechtbar, wenn er eine anderslautende Elternschaftsvereinbarung vorlegt.

    2.2. Mütter, die nicht in eingetragener Lebenspartnerschaft leben

    Lebt das Paar nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, so soll - analog der Vaterschaftsanerkennung und Sorgerechtserklärung bei verschiedengeschlechtlichen Paaren - auch für Zwei-Mütter-Familien eine entsprechende Regelung für den Fall geschaffen werden, dass eine Einverständniserklärung des biologischen Vaters vorliegt. Wurde die Frau mit Hilfe einer Spermienspende im Rahmen einer reproduktionsmedizinischen Behandlung schwanger, so gilt das Einverständnis des Spenders als gegeben.

    In einer verschiedengeschlechtlichen Beziehung ist es dem männlichen Lebensgefährten der Gebärenden ohne weitere Klärung der biologischen Vaterschaft möglich, rechtlicher Vater zu werden, auch wenn das Kind mit Hilfe einer Spermienspende gezeugt wurde.

    Liegt eine Einverständniserklärung des Spenders bzw. biologischen Vaters vor, so soll die durch Vater- bzw. Mutterschaftsanerkennung erzeugte Elternschaft nicht mehr anfechtbar sein.

  • 3. Zwei-Väter-Ursprungsfamilie

    3. Zwei-Väter-Ursprungsfamilie

    Wie bei Mehreltern-Familien sollen Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugung auch dann rechtsverbindlich sein, wenn der Vater und sein Lebenspartner die rechtlichen Eltern werden sollen und die leibliche Mutter auf die Verwandtschaftsbeziehung zum Kind verzichtet. In diesem Fall soll der Lebenspartner des leiblichen Vaters von Geburt an rechtlicher Vater sein können, ohne dass es einer Stiefkindadoption bedarf.

    Es braucht klare Regelungen für Kinder, die aus ausländischen Leihmutterschaften mit deutschen Vätern hervorgehen, damit den Kindern keine rechtlichen Nachteile entstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes werden Geburtsurkunden aus dem Ausland, in denen ein Vater, aber keine Mutter aufgeführt ist, dann anerkannt, wenn dies durch Gerichtsbeschluss legitimiert ist. Diese Regelung begrüßen wir.

    Der LSVD tritt dafür ein, dass der Lebenspartner des leiblichen Vaters auch rechtlicher Vater von Geburt an wird, sofern in der ausländischen Geburtsurkunde keine Mutter eingetragen ist.

    Rechtspolitisch steht das derzeitige Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland im Spannungsfeld zwischen dem Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper einerseits und andererseits dem Ziel, einer Kommerzialisierung des Körpers entgegenzutreten.
    Tatsächlich führt das Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland zu einem Leihmutterschaft-Tourismus. Mit dem Totalverbot nimmt sich Deutschland zudem die Möglichkeit, Einfluss auf Rahmenbedingungen in Europa zu nehmen.

    Die europäischen Staaten, die die Leihmutterschaft zulassen, beschränken dies in der Regel auf nicht-kommerzielle Fälle (z.B. das Vereinigte Königreich, die Niederlande und Belgien). Eine solche Differenzierung zwischen altruistischen und kommerziellen Fällen kennt das deutsche Recht beispielsweise bei der Lebendorganspende - einem vergleichbaren bioethischen Spannungsfeld.

    Der LSVD spricht sich für die Zulassung der altruistischen Leihmutterschaft und für die Möglichkeit aus, die Rahmenbedingungen in einer Kinderwunschvereinbarung rechtsverbindlich zu regeln.

    Ein Auslagenersatz so wie eine Versicherung für die Risiken der Schwangerschaft und der Geburt sowie der Ausgleich eines möglichen Verdienstausfalls durch die Wunscheltern sollen zulässig sein.

    Es sind Standards für die Leihmutterschaft zu definieren, die insbesondere eine unabhängige Beratung aller Beteiligten und die Sicherstellung der Nicht-Kommerzialisierung umfassen. Die neuen gesetzlichen Möglichkeiten sollen regelmäßig wissenschaftlich evaluiert werden.

  • 4. Mehrelternschaft

    4. Mehrelternschaft

    In Mehreltern-Regenbogenfamilien sind es häufig bis zu vier Personen, die sich schon vor der Zeugung bereit erklären, gemeinsam Verantwortung für das Kind zu übernehmen. Sie schaffen damit den Rahmen für die Entstehung und das Aufwachsen eines Kindes. Es liegt in dessen Wohl, diese Personen auch an die übernommene Verantwortung zu binden und für alle Elternteile einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, in dem sie der übernommenen Verantwortung gerecht werden können.

    Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit Bedenken dagegen hatte, gleichzeitig mehr als zwei Personen als Träger des Elternrechts aus Art. 6 II 1 GG zuzulassen, ist der Gesetzgeber im Zuge seiner gesetzgeberischen Fortentwicklung des Familienrechts nicht daran gehindert, sondern vielmehr gehalten, der grundsätzlich anderen Ausgangssituation bei Regenbogenfamilien mit der Ermöglichung einer rechtlichen Mehrelternschaft Rechnung zu tragen.

    Während das Bundesverfassungsgericht bei seinen Entscheidungen grundsätzlich von einer Konfliktsituation zwischen einem rechtlichen und einem leiblichen Vater ausging, ist im Fall von Regenbogenfamilien, bei denen die Entscheidung für das Kind von Beginn an von mehr als zwei Personen gemeinschaftlich getroffen wird, ein solcher Konflikt gerade nicht von vornherein gegeben.

    Denn die biologischen Eltern sind in Regenbogenfamilien regelmäßig nicht in einer Paarbeziehung verbunden, sondern haben sich unabhängig davon – ggf. mit ihrer Partnerin oder ihrem Partner - entschieden, eine Regenbogenfamilie zu gründen, für welche die soziale Elternschaft von mehr als zwei Menschen charakteristisch ist.

    Die derzeitige Situation, in der entweder der leibliche Vater und dessen Partner oder die Partnerin der leiblichen Mutter nahezu rechtlos gestellt werden müssen, erschwert die Gründung von Regenbogenfamilien und kann in bestehenden Regenbogenfamilien mit mehr als zwei sozialen Elternteilen zu Konflikten und Kompetenzstreitigkeiten führen.

    Zudem ist auch dem geltenden Recht die Mehrelternschaft nicht gänzlich fremd; sie entsteht vielmehr im Falle der Erwachsenenadoption nach § 1770 BGB sogar regelmäßig. Zwar ist hierbei nicht das Kindeswohl betroffen, aber es ergeben sich als Folgen einer Mehrelternschaft für das Kind vergleichbare familien-, erb- und sozialrechtliche Fragen z.B. bei Erbansprüchen, Elternunterhaltsforderungen von möglicherweise vier Eltern an das Kind bzw. entsprechendem sozialrechtlichen Regress.

    Der LSVD fordert einen verlässlichen rechtlichen Rahmen für Mehreltern-Regenbogenfamilien, der es ermöglicht, dass den jeweiligen tatsächlichen Verhältnissen entsprechend bis zu vier Menschen einvernehmlich rechtliche Elternteile und/oder Sorgeberechtigte sein können.

    Die Elternteile sollen dazu in einer Elternschaftsvereinbarung vor der Zeugung formulieren können, wie sie ihr Verhältnis zueinander und zu dem Kind gestalten möchten. Sie können beispielsweise bestimmen, wer von ihnen rechtlicher Elternteil des Kindes werden und wie viele rechtliche Eltern das Kind haben soll. Die leibliche Mutter muss dabei nicht notwendigerweise Elternteil bleiben. Insbesondere ist zwischen verwandtschaftlichen und sorgerechtlichen Regelungen zu unterscheiden.

    Diese Vereinbarung hat rechtsgestaltende Bedeutung, wird notariell beurkundet und ist hinsichtlich Verwandtschaftsbeziehungen nicht anfechtbar – weder durch die Elternteile, noch durch das Kind. In allen anderen Aspekten ist die Vereinbarung einvernehmlich abänderbar. Die in der Elternschaftsvereinbarung benannten Elternteile sollen in die Geburtsurkunde eingetragen werden.

    In der Konsequenz hat das Auswirkungen auf das Familienrecht, Erbrecht und Sorgerecht. So muss geregelt werden, dass das Kind im Falle seiner Unterhaltspflicht gegenüber den rechtlichen Eltern nicht überfordert wird. Zu befürworten ist eine Quotenregelung, die eine gegenwärtig übliche Belastung nicht übersteigt. Wenn die Beteiligten festlegen, dass das Kind mehr als zwei rechtliche Eltern haben soll, soll das Kind seinen drei oder vier Eltern nur jeweils zu einem Drittel bzw. zu einem Viertel zum Unterhalt verpflichtet sein.
    Das Kind soll gegenüber allen Eltern voll erbberechtigt sein.

  • 5. Elternschaftsvereinbarung

    5. Elternschaftsvereinbarung

    Bei der Gründung von Regenbogenfamilien entspricht es dem Bedürfnis der Beteiligten und ist daher erforderlich, vor der Zeugung eines Kindes die zukünftigen Rechtsbeziehungen zwischen den beteiligten Erwachsenen untereinander und zum Kind rechtlich gründlich zu diskutieren und dann auch mittels klarer Festlegungen verbindlich regeln zu können. Dies ist nach dem geltenden Familienrecht nicht möglich.

    Der LSVD fordert deshalb, dass ein Rechtsrahmen geschaffen wird, der es den Beteiligten einer Regenbogenfamilie ermöglicht, rechtsverbindliche Vereinbarungen vor der Zeugung zu treffen:

    Beteiligte der Elternschaftsvereinbarung können eine oder zwei Frauen, der biologische Vater und gegebenenfalls auch sein Mann sein und zwar auch dann, wenn die zwei Frauen und die zwei Männer nicht verpartnert sind.

    Die - höchstens vier - Beteiligten sollen frei bestimmen können, wer von ihnen rechtlicher Elternteil des Kindes werden und wie viele rechtliche Eltern das Kind haben soll.

    Die Beteiligten können insbesondere weiter vereinbaren:

    • wer die elterliche Sorge - ganz oder teilweise - ausüben soll
    • dass die sorgeberechtigten Elternteile und die anderen Beteiligten über Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind gemeinsam entscheiden werden,
    • wer in welchem Umfang ein Umgangsrecht mit dem Kind haben soll,
    • wer in welchem Umfang ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes haben soll,
    • ob und inwieweit sich die Beteiligten, die nicht rechtliche Eltern des Kindes werden, an dem Unterhalt des Kindes beteiligen und der Mutter bzw. dem rechtlichen Vater Betreuungsunterhalt zahlen sollen, wenn diese wegen der Betreuung des Kindes nicht erwerbstätig sein können.

     

    Das Familiengericht soll die Vereinbarungen über das Umgangsrecht nur abändern können, soweit dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Eine Entscheidung, die das vereinbarte Umgangsrecht oder seinen Vollzug für längere Zeit oder auf Dauer einschränkt oder ausschließt, soll nur ergehen können, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre (vgl. § 1684 Abs. 4 BGB).

  • 6. Pflegefamilien

    6. Pflegefamilien

    In Deutschland leben mehrere zehntausend Kinder, welche nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können. Diese Kinder haben die Möglichkeit in einer Pflegefamilie aufzuwachsen. Das kann eine temporäre Lösung sein, aber oftmals ist dieses eine dauerhafte Lösung. Unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. Identität bieten Menschen diesen Pflegekindern eine stabile, verlässliche, strukturierte und reflektierte Umgebung.

    Die „Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter“ hat schon im Mai 1996 in ihrer Empfehlung Nr. 67 "Hilfe zur Erziehung in Pflegefamilien und in familienähnlichen Formen" empfohlen, bei der Suche nach Pflegefamilien auch „gleichgeschlechtliche Paare“ zu berücksichtigen (ebenso in der überarbeiteten Fassung Nr. 86 von 2002). Das geschieht heute bei vielen Jugendämtern. Es gibt aber noch immer Jugendämter, die gleichgeschlechtliche Pflegeeltern ablehnen oder ihnen mit Vorurteilen begegnen.

    Der LSVD wird sich deshalb dafür einsetzen, dass - entsprechend der Empfehlung der BAG Landesjugendämter - in § 44 SGB VIII „Erlaubnis zur Vollzeitpflege“ folgender Satz aufgenommen wird: „Als Pflegepersonen und Pflegefamilien kommen Erwachsene unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. Identität in Betracht.“

  • 7. Trans*- und intersexuelle Elternschaft

    7. Trans*- und intersexuelle Elternschaft

    Für trans*- und intersexuelle Eltern besteht Reformbedarf bzgl. der Vorschriften zur Klärung der abstammungsrechtlichen Elternschaft. Personen mit einer personenstandsrechtlichen Änderung nach dem Transsexuellengesetz (TSG), die nach der verfassungsgerichtlichen Aufhebung des Sterilisationsgebots nunmehr Kinder gebären oder zeugen können, werden ebenfalls nicht angemessen erfasst. Das Abstammungsrecht sieht geschlechtsspezifische Voraussetzungen und Bezeichnungen vor, die bislang Personen ohne einen Geschlechtseintrag im Sinne von § 22 Absatz 3 PStG nicht berücksichtigen.

    Elternschaft wird in den geltenden Regelungen mit dem Geschlecht und der Fortpflanzungsfunktion verknüpft, insbesondere in der Kernregelung zur Mutterschaft aus § 1591 BGB, wonach Mutter eines Kindes die Frau ist, die es geboren hat. § 1592 BGB zur rechtlichen Vaterschaft bestimmt zum Vater den Mann, der mit der Mutter verheiratet ist, die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter anerkennt oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist (§ 1592 Nr. 1-3 BGB). Abstammung wird vor allem als biologische Herkunft verstanden, die eine durch die Geburt vermittelte abstammungsmäßige Zugehörigkeit eines Kindes zu einer bestimmten Frau als Mutter und zu einem bestimmten Mann als Vater vorsieht.

    Die geschlechtsbezogenen Verknüpfungen und Zwänge führen zu Rechtsunsicherheiten bei der Elternschaft von Personen ohne einen Geschlechtseintrag im Sinne von § 22 Absatz 3 PStG und bei der Elternschaft von Personen, deren Geschlechtseintrag nicht mit dem gelebten Geschlecht übereinstimmt. Trans* Personen wird aktuell die Begründung der Elternschaft entsprechend ihrer Geschlechtsidentität oder ihres personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags versagt: die zeugende Trans*Person wird vielmehr als Vater und die gebärende Trans*Person als Mutter erfasst.

    Grundlage der Reform der rechtlichen Regelungen für trans*- und intersexuelle Menschen muss die Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen Menschen in jeder Lebenssituation sein.

    Der LSVD fordert deshalb, dass Deutschland die Antragslösung übernimmt, wie sie Argentinien (2012), Dänemark (2014), Malta (2015), Irland (2015), Bolivien (2016) und Norwegen (2016) bereits verwirklicht haben. Für die Änderung des Vornamens und des rechtlichen Geschlechts soll der bloße Antrag der Betroffenen beim Standesamt genügen. Das soll auch für ausländische Staatsangehörige gelten, die sich dauerhaft rechtmäßig in Deutschland aufhalten.

    Der LSVD fordert weiter, dass Eltern, deren Vorname oder deren Geschlecht geändert worden ist, sollen wählen können, ob sie mit ihren früheren Vornamen und ihrem früheren Geschlecht oder mit ihrem geänderten Vornamen und ihrem geänderten Geschlecht in das Geburtenregister eingetragen werden.

    Außerdem wird sich der LSVD dafür einsetzen, in Zukunft in Urkunden geschlechtsneutrale Leittexte zu verwenden.

    Für intersexuelle Menschen hat der Gesetzgeber bisher lediglich in § 22 Abs. 3 PStG die Regelung aufgenommen, dass die Geburt eines Kindes ohne Angabe seines Geschlechts in das Geburtenregister einzutragen ist, wenn das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. Folgeregelungen, wie ein Mensch „ohne Geschlecht“ rechtlich einzuordnen und zu behandeln ist, fehlen bisher. So kann z.B. ein Mensch „ohne Geschlecht“ weder eine Ehe eingehen noch eine Lebenspartnerschaft abschließen. Hier muss der Gesetzgeber die Regelungslücken schließen.

    Außerdem muss den Eltern und den Betroffenen die Möglichkeit eingeräumt werden, den Vornamen und das Geschlecht ohne bürokratischen Aufwand ändern zu können, wenn sich herausstellt, dass sich die Betroffenen dem andern Geschlecht zugehörig fühlen.

    In den Übersetzungshilfe-Formularen der europäischen Urkundenvorlageverordnung (EU) 2016/1191, die 2019 in Kraft treten wird, sind für die Angabe des Geschlechts die Bezeichnungen "weiblich", "männlich" und "unbestimmt" vorgesehen. Mit der Übernahme des Ausdrucks „unbestimmt“ aus der Europäischen Urkundenvorlageverordnung würde die Existenz eines „dritten Geschlechts“ anerkannt. Damit würde unsere ausschließlich zweigeschlechtliche Rechtsordnung „aufgebrochen“.

  • 8. Reproduktionsmedizin

    8. Reproduktionsmedizin

    8.1. Zugang zur Assistierten Reproduktion

    Der LSVD fordert, dass durch Bundesgesetz klargestellt wird, dass die assistierte Reproduktion allen Menschen unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. geschlechtlicher Identität offensteht.

    Darüber hinaus muss klargestellt werden, dass Kinder, die mit dem Beistand von ÄrztInnen gezeugt worden sind, gegen diese ÄrztInnen wegen der Mitwirkung bei der Zeugung keine Unterhaltsansprüche geltend machen können.

    Auch die Spermienspender müssen in Fällen der assistierten Reproduktion von Unterhalts- und Erbansprüchen freigestellt werden.

    Nach Art. 72 Abs. 2 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 26 GG steht dem Bund für die medizinisch unterstützte Zeugung menschlichen Lebens die Gesetzgebungskompetenz zu, wenn die Wahrung der Rechtseinheit eine bundesgesetzliche Regelung im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich macht. Aktuell führen die unterschiedlichen ,,Richtlinien zur assistierten Reproduktion” der einzelnen Landesärztekammern zu einer divergierenden Praxis.

    8.2. Eizellspende

    In Deutschland ist die Eizellspende durch das Embryonenschutzgesetz verboten. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs aus dem Jahre 1989 sollte damit eine „gespaltene Mutterschaft” in eine genetische Mutter und eine austragende Mutter verhindert werden, weil das die seelische Entwicklung des Kindes beeinträchtigen könne. In zahlreichen Ländern ist die Eizellspende erlaubt - dazu gehören Frankreich, das Vereinigte Königreich, Spanien, die Niederlande, Belgien, die Tschechische Republik, die Slowakei, Polen und Österreich.

    Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich 2010 und 2011 in widerstreitenden Entscheidungen mit der Zulässigkeit einer Ungleichbehandlung von Paaren befasst, die eine Samenspende oder eine Eizellenspende benötigen. Danach bleibt die Ungleichbehandlung zulässig, sie ist aber nicht geboten.

    Der LSVD fordert, dass die altruistische Eizellspende auch in Deutschland zugelassen wird. Das Verbot der Eizellspende ist eine Geschlechtsdiskriminierung der Frau. Das Recht, eine Eizelle zu spenden, unterliegt dem Selbstbestimmungsrecht der Frau und ist vergleichbar mit dem Recht einer Lebendspende eines Organs. Die Patientenaufklärung als Grundlage der autonomen Willensentscheidung kann auch auf die Eizellspende angewendet werden. Die Zulassung der Eizellspende wirkt zudem einem Reproduktionstourismus entgegen.

    8.3. Embryospende/Embryoadoption

    In Deutschland ist die Embryospende/Embryoadoption nach dem Embryonenschutzgesetz nicht grundsätzlich verboten. Der Gesetzgeber wollte nicht ausschließen, dass der Embryo im Interesse seines Lebensschutzes auf eine andere Frau übertragen werden kann. Zahlreiche fortpflanzungsmedizinische Zentren haben sich in Deutschland zum Netzwerk Embryonenspende zusammengeschlossen. Sie vermitteln überzählige Embryonen an ungewollt kinderlose, heterosexuelle Paare, die medizinisch und biologisch nicht in der Lage sind, Kinder zu zeugen.

    Der LSVD fordert, dass die Embryospende/Embryoadoption allen Menschen unabhängig von Familienstand und sexueller Orientierung bzw. Identität unter der Voraussetzung offensteht, dass sie medizinisch und biologisch nicht in der Lage sind, Kinder zu zeugen.

    8.4. Kosten der Kinderwunschbehandlung

    Derzeit ist die Kostenerstattung in der Gesetzlichen Krankenversicherung auf Kinderwunschbehandlungen von Ehefrauen mit Spermien des Ehegatten beschränkt (homologe Insemination). Bedingung für die Kinderwunschbehandlung und die Kostenübernahme hierfür ist die Infertilität der Ehefrau. Der Gesetzgeber hat mit dem § 27a SGB V hierzu Sonderregelungen geschaffen.

    Der LSVD fordert, dass die Kostenerstattung für Kinderwunschbehandlungen nicht mehr auf empfängnisunfähige Ehefrauen und die Verwendung von Spermien ihrer Ehegatten beschränkt bleibt, sondern auch die Kinderwunschbehandlung von empfängnisunfähigen Frauen mit Fremdspermien unabhängig von ihrem Familienstand und ihrer sexuellen Orientierung bzw. Identität umfassen soll.

    Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind darüber hinaus nicht per se als empfängnisunfähig zu definieren.

    Der LSVD fordert die Kostenträgerschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung und der Beihilfe. Darüber hält der LSVD es für erforderlich, dass die Privaten Krankenversicherungen in ihre Tarife einen entsprechenden klarstellenden Hinweis aufnehmen. Bei der Einkommensteuer stellt zudem nach Auffassung des LSVD die Kinderwunschbehandlung in den genannten Fällen eine außergewöhnliche Belastung dar.

  • 9. Abstammungsregister

    9. Abstammungsregister

    Das Recht jedes Menschen auf Kenntnis der eigenen Abstammung ist inzwischen allgemein anerkannt. Der LSVD unterstützt die gesetzliche Festschreibung dieses Anspruchs.

    Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Einrichtung eines Spenderregisters tatsächlich geeignet ist, den Anspruch der Kinder auf Kenntnis ihrer Abstammung zu sichern. Denn dort werden vermutlich nur die Daten der Spermienspender aus deutschen Samenbanken und Kinderwunschpraxen erfasst werden können. Die Daten der Spermienspender aus ausländischen Samenbanken und Kinderwunschpraxen sowie die Daten privater Spermienspender werden dem Register wahrscheinlich ebenso wenig gemeldet, wie Eizellspenden und Embryospenden.

    Eine allgemeine Erfassung der Abstammungsverhältnisse jedes Menschen ist nicht Intention des Familienrechts, da es mit der Vaterschaftsvermutung für den Ehepartner auch bei „Kuckuckskindern“ und der nachweislosen Vaterschaftsanerkennung bewusst Verwandtschaftsverhältnisse unabhängig von der tatsächlichen Abstammung zulässt.

    Der LSVD fordert, dass es bei Einrichtung jeder Art von Register gewährleistet sein muss, dass das Kind sich im Rahmen seines Selbstbestimmungsrechts auch für die Nicht-Kenntnis seiner Abstammung entscheiden kann und nicht durch Dritte unaufgefordert davon Kenntnis erhält. Das Recht auf Auskunft soll daher nur dem Kind selber ab dem 16. Lebensjahr zustehen.

  • 10. Internationales Privatrecht

    10. Internationales Privatrecht

    10.1. Ehe- und Lebenspartnerschaftsstatut

    Die Voraussetzungen der Eheschließung unterliegen für jede/n Verlobte/n dem Recht seines Heimatstaates. Dies wurde für die Lebenspartnerschaft nicht übernommen, weil es in vielen Staaten noch keine Lebenspartnerschaft gibt und die Menschen aus diesen Staaten dann in Deutschland keine Lebenspartnerschaft hätten eingehen können. Die Voraussetzung für die Begründung von binationalen Lebenspartnerschaften unterliegt deshalb dem Recht des Staates, in dem die Lebenspartnerschaft begründet wird.

    Wenn die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet wird, muss diese unterschiedliche Anknüpfung für binationale verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare beseitigt werden, damit nicht die beiden Institute durch die Hintertür doch bestehen bleiben.

    Der LSVD wird sich dafür einsetzen, dass gleich- und verschiedengeschlechtliche Ehen unterschiedslos in Deutschland wirksam geschlossen werden können, ohne dass es auf das jeweilige Heimatrecht ausländischer Verlobter ankommt.

    10.2. Anerkennung ausländischer Entscheidungen

    Das deutsche internationale Privatrecht erkennt ausländische Regelungen von familienrechtlichen Beziehungen nicht grundsätzlich an. So wird die Elternschaft durch im Ausland legal in Anspruch genommene Leihmutterschaft nicht bedingungslos durch Eintragung der Eltern ins deutsche Familienbuch nachvollzogen.

    Die Anerkennung dieser ausländischen familienrechtlichen Beziehungen entspricht der rechtlichen Bewertung, wie sie der Bundesgerichtshof in einem Einzelfall einer gerichtlichen Elternfeststellung nach Leihmutterschaft in den USA schon vorgenommen hat (BGH XII ZB 463/13 Beschluss vom 19.12.2014).

    Auch das führt in Einzelfällen zu Ergebnissen, die nicht mit dem Wohl der betroffenen Kinder vereinbar sind, etwa, weil die Kinder aufgrund der Kollision der Rechtsordnungen elternlos werden, oder weil die Familien aufgrund der Verweigerung von Einreisegenehmigungen nicht nach Deutschland einreisen können.

    Damit Kindern keine rechtlichen Nachteile entstehen, setzt sich der LSVD dafür ein, dass das deutsche Recht die familienrechtlichen Beziehungen der Wunscheltern zu ihrem Kind aus Leihmutterschaft anerkennt, wenn nach dem Recht des Landes, in dem die Leihmutter und ggf. ihr Mann leben, diese nicht Eltern des Kindes sind.

  • Glossar

    Glossar

    Es ist erforderlich, die folgenden Begriffe stets klarzustellen, da sie in verschiedenen Fachgebieten, sowie umgangssprachlich, verschiedenartig verwendet werden, was zu größeren Missverständnissen führen kann.

    Regenbogenfamilie

    Von einer Regenbogenfamilie spricht man, wenn mindestens ein Elternteil sich als lesbisch, schwul, bi- oder trans*sexuell versteht, bzw. intersexuell ist. Dabei kann es sich um eine Zwei-Mütter-Familie, eine Zwei-Väter-Familie, eine Mehrelternfamilie oder alleinstehende Elternteile handeln. Die Kinder können Pflegekinder sein, adoptiert, aus einer früheren verschiedengeschlechtlichen Verbindung stammen oder innerhalb der Regenbogenfamilie geboren worden sein.

    Queer-Family

    Der Begriff Queer-Family wird mit zweierlei Bedeutung verwendet.

    Im englischen Sprachraum steht Queer-Family als Überbegriff und somit als Synonym zum deutschen Begriff Regenbogenfamilien und mitunter wird dies so auch im deutschen Sprachraum verwendet.

    Häufiger wird der Begriff Queer-Family jedoch als Synonym zu Mehrelternfamilien verwendet, was eine Untergruppierung des Begriffes Regenbogenfamilien darstellt.

    Mehrelternfamilie, Zwei-Eltern-Familie, Co-Parenting

    Trifft ein Paar gemeinsam die Entscheidung eine Familie gründen zu wollen (Ehe, Lebenspartnerschaft, eheähnliche Lebensgemeinschaft), so wird hier im Regelfall eine Zwei-Eltern-Familie gelebt.

    Mitunter entscheiden sich mehr als zwei Personen gemeinsam eine Familie zu gründen, hier spricht man von einer Mehrelternfamilie. Dabei kann es sich z.B. um ein lesbisches Paar und den Vater, ein schwules Paar und die Mutter oder ein lesbisches und ein schwules Paar handeln.

    Wenn zwei Menschen sich entscheiden, gemeinsam Kinder zu bekommen, ohne als Paar zusammen zu leben, spricht man von Co-Parenting.

    Stieffamilie, Patchworkfamilie

    Stieffamilie ist eine Familie, bei der mindestens ein Elternteil ein Kind aus einer früheren Beziehung in die neue Familie mitgebracht hat.

    Eine Stieffamilie wird heute auch als Patchworkfamilie bezeichnet.

    Herkunftseltern

    Als Herkunftseltern bezeichnet man die leiblichen Eltern von Pflege- und Adoptivkindern.

    Ursprungsfamilie

    Der Begriff Ursprungsfamilie bezieht sich auf Personen, die sich gemeinsam zur Familiengründung entschlossen haben. Hierbei kann es sich um verschiedengeschlechtli­che Paare handeln, aber auch um gleichgeschlechtliche Paare und um Alleinstehende. Die Personen können durch Geschlechtsverkehr, mit Hilfe der Reproduktionsmedizin oder einer privat organisierten Samenspende eine Familie gegründet haben. Die biologische und rechtliche Elternschaft können bei einer Ursprungsfamilie auseinanderfallen.

    Biologische, genetische, rechtliche und soziale Elternschaft

    Spricht man von Elternschaft, so ist zu unterscheiden, ob konkret Aussagen zur biologischen (leiblichen), zur genetischen, zur rechtlichen oder zur sozialen Elternschaft getroffen werden.

    Mutter
    Rechtliche Mutter ist nach geltendem Recht die Frau, die das Kind gebiert.

    Bei der Gebärenden (austragenden Mutter) spricht man von der biologischen Mutter; dies wird im Falle einer Eizellspende von der Eizellspenderin unterschieden, die als genetische Mutter bezeichnet wird.

    Nach Adoption (Fremdadoptionen oder Stiefkindadoption) entsteht bei der Annehmenden eine rechtliche Elternschaft.

    Im Falle einer Eizellspende wird oftmals keine rechtliche Mutterschaft angestrebt, über den Weg der Leihmutterschaft kann dies jedoch auch der Fall sein, z.B. bei Frauen ohne Gebärmutter.

    Vater /Spender

    Biologischer Vater ist der Mann, von dem die Spermien/Gameten stammen. Bei der Vaterschaft wird begrifflich nicht zwischen biologischem und genetischem Vater unterschieden. Bei den biologischen Vätern ist es wichtig, zwischen einer biologischen Spenderrolle und einer sozialen Vaterrolle zu unterscheiden.

    Ist der biologische Vater mit der Gebärenden verheiratet, so wird er automatisch auch rechtlicher Vater. Liegt keine Ehe vor, so kann er durch Vaterschaftsanerkennung und Sorgeerklärung rechtlicher Elternteil werden. Auch durch Adoption - Fremdadoptionen oder Stiefkindadoption - erlangt ein sozialer Vater eine rechtliche Vaterschaft.

    Im Falle einer Spermienspende (Abgabe von Gameten, Gametenspende) wird zumeist keine Vaterschaft angestrebt. Spender bei Samenbanken streben nicht an, auf diesem Wege eine Familie zu gründen, und es ist nicht die Funktion der Samenbanken, zeugungsfähigen Männern zur Familiengründung mit einem unbekannten Paar zu verhelfen. Bei privat organisierten Spermienspenden ist dieser Punkt besonders zu betrachten: oftmals handelt es sich um eine Spende, mit der der Spender einem Paar altruistisch zur Gründung einer geplanten Familie verhilft. Dabei kann es sich um verschiedengeschlechtliche Paare handeln oder um ein gleichgeschlechtliches Frauenpaar. Im Falle von geplanten Mehr-Elternschaften oder Leihmutterschaften kann auch eine rechtliche Vaterschaft das Ziel der Spermienspende sein.

    Mitunter nimmt der Spender eine „Onkelfunktion“ ein, in der er das Aufwachsen des Kindes zwar verfolgt, aber weder die Vaterschaft anerkennen, noch die elterliche Sorge übernehmen will.

    Soziale Eltern

    Soziale Eltern sind diejenigen, die die primären Bezugspersonen des Kindes sind. Regelmäßig sind biologische Eltern auch die sozialen Eltern ihres Kindes. Dies kann aber auch unabhängig von der biologischen oder rechtlichen Elternschaft erfolgen, was sich auch gerade in der Rolle der „Co-Mutter“ und des „Co-Vaters“ zeigt.

    Die Begriffe „Co-Mutter“ und „Co-Vater“ werden in der juristischen Literatur verwendet, in der sozialwissenschaftlichen Literatur ist von sozialen Eltern die Rede. Umgangssprachlich wurden früher „Co-Mutter“ und „Co-Vater“ verwendet, wo heute mehr und mehr die Begriffe soziale Mutter und sozialer Vater stehen.