#LGBTISkopje: Regionale Regierungsgespräche zu LSBTI-Themen auf dem Westbalkan
ERA-Konferenz „Against all odds we claim the future” in Mazedonien
Gute Ergebnisse brachte das gestrige Treffen der Regierungsvertreter*innen aus Serbien, Montenegro, Kosovo, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien. Die mazedonische Regierung gab bekannt, dass sie in den kommenden zwei Jahren den Vorsitz der regelmäßig stattfindenden Regierungsgespräche übernehmen werde.
Ziele des regionalen Austausches seien die Akzeptanzsteigerung für LSBTI im Westbalkan, die Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität sowie der weitverbreiteten homophoben und transfeindlichen Gewalt, Gesetzesinitiativen zur Einführung der registrierten Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare und die Anerkennung der geschlechtlichen Vielfalt in den Mitgliedsstaaten.
Befördert werden solle dies auch durch den Austausch von Erfahrungen und Best practice Beispielen. So könne etwa Montenegro, wo zum Jahreswechsel ein Lebenspartnerschaftsgesetz verabschiedet werde, den Vertreter*innen der anderen Staaten wertvolle Tipps und Hinweise zur Umsetzung eines solchen Gesetzes und zur Überwindung von gesellschaftlichen oder kirchlichen Widerständen geben. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass unsere regionale Partnerorganisation LGBTI Equal Rights Association ERA mit Sitz in Belgrad in den Prozess eingebunden ist, technische Unterstützung leisten wird und als Sekretariat der regionalen Regierungstreffen fungieren wird.
Erfahrungen von trans* Frauen
Das Panel „Trans and Non-Binary Realities in the Western Balkans and Turkey“ heute Vormittag mit Trans*Frauen aus Montenegro, Mazedonien, der Türkei und Deutschland kreiste um alltägliche Diskriminierungserfahrungen, erlittene Gewalt und Exklusion, die fehlende rechtliche Anerkennung und das Erleben und den Umgang mit Herabsetzung und Erniedrigung in der eigenen Community.
Die montenegrinische Aktivist*in berichtete von einem Übergriff durch einen Klassenkameraden und die Erfahrungen, die sie mit den Polizeibehörden machen musste, als sie den Überfall zur Anzeige brachte. Man lehnte es ab, die Anzeige aufzunehmen. Sie wurde beleidigt und nach Hause geschickt. Der Täter ging straffrei aus.
Ähnliches berichtete die Kolleg*in aus Mazedonien, die zudem negative Erfahrungen mit Medien machte: Von ihr wurden bei einem Gespräch heimlich Aufnahmen gemacht und im Fernsehen ausgestrahlt. Dies hatte zur Folge, dass ihr die Wohnung gekündigt wurde und sie unzählige Anrufe erhielt und auch auf der Straße Beschimpfungen ertragen musste.
Rita Nowak aus Recklinghausen berichtete von ihren Erfahrungen aus Deutschland. Als Politiker*in und Mitglied des Stadtrates stehe sie in der Öffentlichkeit. Persönlich habe sie keine Diskriminierung erlebt, sie rede offen über ihre Situation, gehe auch in Migrant*innen-Communities, Kirchen und Moscheen. Hier gehe es aber immer um politische Inhalte. Sie wisse natürlich von anderen, dass es auch hier große Probleme gebe. Das Problem, wie mit trans* Menschen in Gesellschaft und Familien umgegangen werde, müsse bereits in der Schule und im Kindergarten angegangen werden. Es brauche Aufklärungsarbeit und eine Überwindung des binären Systems. Sie berichtete von der aktuellen Situation, dem völlig antiquierten Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 und dem Gesetz zur Dritten Option, das zu Jahresbeginn in Kraft treten werde.
Im Kosovo hat sie sich mit Regierungsvertreter*innen getroffen, sie wurde gebeten Unterstützung zu leisten beim Aufbau einer Infrastruktur für Trans*Menschen. Sie stehe diesbezüglich auch mit ERA in Kontakt.
Eine Aktivist*in aus Ankara berichtete von Diskriminierungserfahrungen in der eigenen Community. Oftmals seien Trans*Menschen nicht stark genug, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. Die Polizei diskriminiere oftmals die Opfer, unterstütze die Täter und lasse sie laufen, was zur Folge habe, dass die transfeindlichen Einstellungen in der Gesellschaft noch verstärkt werden. Bei Angriffen aus der eigenen Community sprach sie sich dafür aus, das Problem zu benennen und anzugehen, nicht die Täter zu outen, allenfalls in Wiederholungsfällen sollte zu diesem Mittel des „naming and shaming“ gegriffen werden. Da sollten wir keine Hemmungen haben, diese Person aus der Organisation zu werfen, so die engagierte türkische Aktivistin, die auch der ERA-Steuerungsgruppe angehört.
Klaus Jetz
LSVD-Geschäftsführer