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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Innenministerkonferenz: LSBTI-feindliche Hasskriminalität erstmalig auf Tagesordnung

Bundesländer müssen Prävention, Erfassung und Bekämpfung von Hassgewalt verbessern

Pressemitteilung vom 21.08.2021

Die nächste Innenministerkonferenz wird sich erstmalig mit Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen befassen. Der Berliner Senator für Inneres und Sport Andreas Geisel hat gestern Abend angekündigt, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Dazu erklärt Henny Engels, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD).

Tagtäglich werden in Deutschland Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) bedroht und angegriffen. Allein im letzten Jahr wurden 782 Fälle registriert. Das ist nur die Spitze des Eisbergs. So sind drei schwulenfeindlich motivierte Morde nicht in diese Statistik eingegangen. Daher dankt der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) dem Berliner Innensenator sehr, dass er nun dafür sorgt, dass sich die nächste Innenministerkonferenz erstmalig mit LSBTI-feindlicher Hasskriminalität befassen wird. Das ist ein bedeutendes Signal an die queere Community. Das Thema gehört auf die innenpolitische Agenda von Bund und Ländern.

Der LSVD erwartet von der Innenministerkonferenz eine gemeinsame Strategie zur Verbesserung der Prävention, Erfassung und Bekämpfung von LSBTI-feindlicher Hasskriminalität. Elementarer Bestandteil eines bundesweiten Aktionsplans mit einem Bund-Länder-Programm ist die Reform der polizeilichen Erfassungsmethoden.

Die Behörden müssen bei der Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt verstärkt mit LSBTI-Organisationen zusammenarbeiten, um Vertrauen zu schaffen, Opfern angemessen zu helfen und damit die Anzeigebereitschaft zu steigern. Es müssen in deutlich mehr Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften Ansprechpersonen für LSBTI bestellt werden, wie dies in einigen Städten längst erfolgreich praktiziert wird. Es braucht mehr empirische Daten über Ausmaß, Erscheinungsformen und Hintergründe sowie Erkenntnisse über den Umgang von Sicherheitsbehörden und Justiz mit diesen Ausprägungen von Hasskriminalität. Ebenso braucht es zielgenaue Konzepte zur Prävention, zur Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz sowie zur ausreichenden Unterstützung von Opferhilfe-Einrichtungen.

Hintergrund

In den vergangenen Wochen kam es in mehreren Städten zu feigen und hinterhältigen Attacken auf unsere Community. Diese Häufung der Angriffe ist mehr als besorgniserregend. Nur ein Bruchteil LSBTI-feindlicher Hasskriminalität wird bislang von den Polizeien in den Bundesländern angemessen erfasst und klassifiziert. Mit Ausnahme von Berlin veröffentlicht kein Bundesland regelmäßig die gemeldeten Zahlen. Erst dieses Jahr hat Bremen beschlossen, Landesdaten zur politisch motivierten Kriminalität nach dem Vorbild Berlins zu veröffentlichen und LSBTI-feindliche Straf- und Gewalttaten gesondert auszuweisen. Mutmaßliche LSBTI-feindliche Motive werden ebenfalls nur in den Meldungen der Berliner Polizei ausdrücklich genannt.

2020 veröffentliche die EU-Grundrechte-Agentur die Ergebnisse ihres zweiten großen LSBTI-Surveys. Rund 16.000 Menschen hatten sich in Deutschland beteiligt. 13% der Befragten aus Deutschland, dass sie in den letzten fünf Jahren gewalttätig angegriffen wurden, weil sie LSBTI sind. Beinahe jede*r Zweite vermeidet es oft oder immer, mit dem Partner*/ der Partnerin* in der Öffentlichkeit Händchen zu halten. Besonders groß wird die Bedrohung durch Anfeindungen auf der Straße und im Öffentlichen Nahverkehr erlebt. Aus Angst vor Gewalt meiden 24 % aller Befragten oft oder immer bestimmte Orte und Plätze. Wenn vor jedem verliebten Blick, vor einer Umarmung, vor einem Kuss im öffentlichen Raum zuerst die Umgebung gecheckt werden muss, ob jemand Wildfremdes einem womöglich anspucken, ins Gesicht schlagen oder in den Magen treten könnte, ist das eine erhebliche Einschränkung der Freiheit einer großen Bevölkerungsgruppe.

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