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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Welche queerpolitischen Vorhaben stehen im Koalitionsvertrag der Ampel?

Mehr Fortschritt wagen: Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Abstammungsrecht, Selbstbestimmungsgesetz, Antidiskriminierung, Bekämpfung von Queerfeindlichkeit - Was haben SPD, Grüne und FDP vereinbart?

Regenbogenflagge

(Lesedauer: 8 Minuten)

Am 24. November haben SPD, Grüne und FDP ihren Koalitionsvortrag "Mehr Fortschritt wagen: Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit" vorgestellt. Wir dokumentieren die lsbti-politischen Vorhaben der Ampel. Bei der SPD und der FDP müssen noch die Parteitage zustimmen, bei den Grünen die Mitglieder. 

Wir sehen in dem vorgestellten Koalitionsvertrag den geforderten queerpolitischen Aufbruch. Er beinhaltet zentrale Vorhaben mit vielversprechender Signalwirkung. Die von den Ampelparteien vereinbarten Ziele versprechen eine spürbare Verbesserung der Rechte von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI).

Bereits in den Antworten auf unsere Wahlprüfsteine gab es große Übereinstimmungen bei den drei Parteien. Auf unserem Verbandstag kurz nach der Bundestagswahl forderten wir mit dem Beschluss "Queerpolitischer Aufbruch 2021" ein Sofortprogramm für die neue Bundesregierung und haben einen Fahrplan für die ersten 100 Tage vorgeschlagen. Dieser Beschluss ging an die Parteispitzen der Ampelparteien. Zudem haben wir alle Verhandler*innen aus den relevanten Arbeitsgruppen angeschrieben und sie gebeten, unsere Forderungen zu berücksichtigen und einzubringen. 

I. Präambel

Was wir voranbringen wollen

Unsere Maxime ist eine freie Gesellschaft, in der die Gleichstellung von Frauen und Männern verwirklicht ist sowie unterschiedliche Lebensentwürfe und Biografien ihren Platz haben. Uns verbindet das Verständnis von Deutschland als vielfältige Einwanderungsgesellschaft. Um der gesellschaftlichen Wirklichkeit Rechnung zu tragen, ermöglichen wir gleichberechtigte Teilhabe und modernisieren die Rechtsnormen – vom Familienrecht bis hin zum Staatsbürgerschaftsrecht. Jeglicher Diskriminierung wirken wir entgegen. (S. 6)

Der Einsatz für Frieden, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Nachhaltigkeit ist für uns unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen und glaubwürdigen Außenpolitik. Wir bekennen uns zu unserer humanitären Schutzverantwortung und wollen die Verfahren zu Flucht und Migration ordnen. (S. 7)

IV. Respekt, Chancen und soziale Sicherheit in der modernen Arbeitswelt

Pflege und Gesundheit

Ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung

Wir berücksichtigen geschlechtsbezogene Unterschiede in der Versorgung, bei Gesundheitsförderung und Prävention und in der Forschung und bauen Diskriminierungen und Zugangsbarrieren ab. Die Gendermedizin wird Teil des Medizinstudiums, der Aus-, Fort- und Weiterbildungen der Gesundheitsberufe werden. (S. 86f)

V. Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang 

Kinder, Jugend, Familien und Senioren

Familienrecht

Wir werden das Familienrecht modernisieren. Hierzu werden wir das „kleine Sorgerecht für soziale Eltern ausweiten und zu einem eigenen Rechtsinstitut weiterentwickeln, das im Einvernehmen mit den rechtlichen Eltern auf bis zu zwei weitere Erwachsene übertragen werden kann. Wir werden das Institut der Verantwortungsgemeinschaft einführen und damit jenseits von Liebesbeziehungen oder der Ehe zwei oder mehr volljährigen Personen ermöglichen, rechtlich füreinander Verantwortung zu übernehmen. Wir wollen Vereinbarungen zu rechtlicher Elternschaft, elterlicher Sorge, Umgangsrecht und Unterhalt schon vor der Empfängnis ermöglichen. 

Wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sind automatisch beide rechtliche Mütter des Kindes, sofern nichts anderes vereinbart ist. Die Ehe soll nicht ausschlaggebendes Kriterium bei der Adoption minderjähriger Kinder sein.

Auch außerhalb der Ehe soll die Elternschaftsanerkennung unabhängig vom Geschlecht der anerkennenden Person oder von einem Scheidungsverfahren möglich sein. Wir werden ein statusunabhängiges Feststellungsverfahren einführen, in dem ein Kind seine Abstammung gerichtlich klären lassen kann ohne zugleich die rechtliche Elternschaft anfechten zu müssen. Das Samenspenderregister wollen wir auch für bisherige Fälle, private Samenspenden und  Embryonenspenden öffnen. (S.101)

VI. Freiheit und Sicherheit, Gleichstellung und Vielfalt in der modernen Demokratie 

Innere Sicherheit, Bürgerrechte, Justiz, Verbraucherschutz, Sport

Bundespolizeien

Bürgernähe und eine transparente Fehlerkultur werden wir stärken, indem wir die Aus- und Fortbildung bei der Polizei weiterentwickeln und noch intensiver die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung, insbesondere der Grund- und Menschenrechte, vermitteln. Damit beugen wir auch der Entstehung und der Verfestigung von Vorurteilen, Diskriminierungen und radikalen Einstellungen vor. (S. 104)

Kampf gegen Extremismus 

Rechtsextremismus ist derzeit die größte Bedrohung unserer Demokratie. Wir treten allen verfassungsfeindlichen, gewaltbereiten Bestrebungen entschieden entgegen ob Rechtsextremismus, Islamismus, Verschwörungsideologien, Linksextremismus oder jeder anderen Form des Extremismus. Dazu bedarf es einer Gesamtstrategie auf nationaler und europäischer Ebene aus Prävention, Deradikalisierung und effektiver Gefahrenabwehr. Die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus und des Kabinettausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus werden wir anpassen und weiterentwickeln. Datenbanken in der EU wollen wir kompatibel ausgestalten, die Gefährder-Definitionen vereinheitlichen, deren Früherkennung forcieren und für eine koordinierte Überwachung sorgen. Wir verbessern die Erfassung der politisch motivierten Kriminalität, z. B. in Hinblick auf frauen- und queerfeindliche Hasskriminalität. (S. 107)

Sport

Um den Kampf gegen physische, psychische und insbesondere sexualisierte Gewalt im Sport zu verbessern, unterstützen wir den Aufbau eines unabhängigen Zentrums für Safe Sport. Wir legen ein Bundesprogramm gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit im Sport auf.

(...)

Vergabe und Ausrichtung von internationalen Sportgroßveranstaltungen sollen strikt an die Beachtung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und Nachhaltigkeit geknüpft sein. Wir werden die Special Olympics 2023 in Berlin und die Fußball-Europameisterschaft der Männer 2024 sowie zukünftige Bewerbungen für Sportgroßveranstaltungen aus Deutschland wie Olympische und Paralympische Spiele unterstützen, die von diesen Grundsätzen getragen sind und die Bevölkerung rechtzeitig einbeziehen. (S. 114f)

Gleichstellung 

Die Gleichstellung von Frauen und Männern muss in diesem Jahrzehnt erreicht werden. Wir werden die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie des Bundes weiterentwickeln, u. a. mit einem Gleichstellungs-Check künftiger Gesetze und Maßnahmen. Wir werden den Gender Data Gap schließen, z. B. im medizinischen Bereich. 

Wir setzen uns in der EU und international für eine intersektionale Gleichstellungspolitik ein. So kommen wir etwa der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) nach. Dazu gehört auch eine gleichstellungsorientierte Jungen- und Männerpolitik. 

Schutz vor Gewalt

Wir werden eine ressortübergreifende politische Strategie gegen Gewalt entwickeln, die Gewaltprävention und die Rechte der Betroffenen in den Mittelpunkt stellt. Die Istanbul-Konvention setzen wir auch im digitalen Raum und mit einer staatlichen Koordinierungsstelle vorbehaltlos und wirksam um. Wir werden das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und ihre Kinder absichern und einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für eine verlässliche Finanzierung von Frauenhäusern sicherstellen. Wir bauen das Hilfesystem entsprechend bedarfsgerecht aus. Der Bund beteiligt sich an der Regelfinanzierung. Dies gilt auch für bedarfsgerechte Unterstützung und Zufluchtsräume für männliche Opfer von Partnerschaftsgewalt. Wir berücksichtigen die Bedarfe vulnerabler Gruppen wie Frauen mit Behinderung oder geflüchteter Frauen sowie queerer Menschen. (S. 114)

Reproduktive Selbstbestimmung

Wir wollen ungewollt Kinderlose besser unterstützen. Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei auch bei heterologer Insemination, unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und sexueller Identität förderfähig sein. Die Beschränkungen für Alter und Behandlungszyklen werden wir überprüfen. Der Bund übernimmt 25 Prozent der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung. Sodann planen wir, zu einer vollständigen Übernahme der Kosten zurückzukehren. Die Kosten der Präimplantationsdiagnostik werden übernommen. Wir stellen klar, dass Embryonenspenden im Vorkernstadium legal sind und lassen den „elektiven Single Embryo Transfer“ zu. 

Wir setzen eine Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin ein, die Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches sowie Möglichkeiten zur Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft prüfen wird. (S. 116)

Vielfalt

Zivilgesellschaft und Demokratie

Zur verbindlichen und langfristig angelegten Stärkung der Zivilgesellschaft werden wir bis 2023 nach breiter Beteiligung ein Demokratiefördergesetz einbringen. Damit stärken wir die zivilgesellschaftliche Beratungs-, Präventions- und Ausstiegsarbeit sowie das Empowerment von Betroffenengruppen und werden sie vor Angriffen schützen.

Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ wollen wir die bestehenden Strukturen stärken und weiterentwickeln, vermehrt mehrjährige Zuwendungen ermöglichen und die Fördermodalitäten vereinfachen. Die Finanzierung sichern wir dauerhaft ab. Für uns ist es selbstverständlich, dass alle unterstützten Maßnahmen eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit leisten und die dazu geförderten Organisationen auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen müssen. Wir unterstützen die Errichtung eines Erinnerungsortes sowie eines Dokumentationszentrums für die Opfer des NSU. (S. 117)

Queeres Leben

Um Queerfeindlichkeit entgegenzuwirken, erarbeiten wir einen ressortübergreifenden Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt und setzen ihn finanziell unterlegt um. Darin unterstützen wir u. a. die Länder bei der Aufklärung an Schulen und in der Jugendarbeit, fördern Angebote für ältere LSBTI und bringen in der Arbeitswelt das Diversity Management voran, insbesondere im Mittelstand und im öffentlichen Dienst. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld sichern wir dauerhaft im Bundeshaushalt ab. Regenbogenfamilien werden wir in der Familienpolitik stärker verankern. Geschlechtsspezifische und homosexuellenfeindliche  Beweggründe werden wir in den Katalog der Strafzumessung des § 46 Abs. 2 StGB explizit aufnehmen. Die Polizeien von Bund und Ländern sollen Hasskriminalität aufgrund des Geschlechts und gegen queere Menschen separat erfassen. 

Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Dazu gehören ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von der GKV übernommen werden. Wir werden im Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung Umgehungsmöglichkeiten beseitigen. Für Trans- und Inter-Personen, die aufgrund früherer Gesetzgebung von Körperverletzungen oder Zwangsscheidungen betroffen sind, richten wir einen Entschädigungsfonds ein. Wir werden die Strafausnahmen in § 5 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen aufheben und ein vollständiges Verbot auch von Konversionsbehandlungen an Erwachsenen prüfen. Das Blutspendeverbot für Männer, die Sex mit Männern haben, sowie für Trans-Personen schaffen wir ab, nötigenfalls auch gesetzlich.

Wir treten dafür ein, dass Regenbogenfamilien und in der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen/Lebenspartnerschaften in allen Mitgliedsstaaten mit allen Rechtsfolgen anerkannt werden. Rechtsakte der EU, die gegen Diskriminierung aufgrund von Rassismus gelten, müssen künftig auch Homophobie und andere Diskriminierung umfassen. Wir werden für queere Verfolgte Asylverfahren überprüfen (z. B. Dolmetscher, Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit bei Rückkehr), Unterbringung sicherer machen und eine besondere Rechtsberatung einrichten. (S. 119)

Rassismus bekämpfen

Bei der Bekämpfung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sind wichtige Schwerpunkte Arbeit gegen Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus, insbesondere gegen Schwarze Menschen, Muslimfeindlichkeit, Frauenhass und Queerfeindlichkeit sowie Angriffe gegen Geflüchtete und Engagierte.

Wir wollen den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes (Artikel 3 Absatz 3 GG) um ein Verbot der Diskriminierung wegen sexueller Identität ergänzen und den Begriff „Rasse“ im Grundgesetz ersetzen. (S. 120)

Antidiskriminierung

Wir stellen die Unabhängigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sicher, statten sie angemessen mit Personal und Budget aus und stärken ihre Kompetenzen. Ihre Leitung wird vom Bundestag gewählt. Mit den Ländern werden wir das Netzwerk zivilgesellschaftlicher Beratungsstellen gegen Diskriminierung flächendeckend ausbauen und nachhaltig finanzieren. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten. (S. 120f.)

VII. Deutschlands Verantwortung für Europa und die Welt 

Europa

Wir setzen uns ein für eine EU, die ihre Werte und ihre Rechtsstaatlichkeit nach innen wie außen schützt und entschlossen für sie eintritt. Als größter Mitgliedstaat werden wir unsere besondere Verantwortung in einem dienenden Verständnis für die EU als Ganzes wahrnehmen.
(S. 131)

Rechtsstaatlichkeit

Wir wollen die Werte, auf denen sich die EU in Art. 2 Vertrag über die Europäische Union (EUV)
gründet, effektiv schützen. Wir fordern die Europäische Kommission als Hüterin der Verträge auf, die bestehenden Rechtsstaatsinstrumente konsequenter und zeitnah zu nutzen und durchzusetzen, auch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), via Artikel 260 und 279 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Gleichzeitig werden wir im Rat die Anwendung der bestehenden Rechtsstaatsinstrumente (Rechtsstaatsdialog, Rechtsstaatscheck, Konditionalitätsmechanismus, Vertragsverletzungsverfahren, Empfehlungen und Feststellungen nach Artikel-7-Verfahren) konsequenter durchsetzen und weiterentwickeln. Wir werden den Vorschlägen der EU-Kommission zu den Plänen des Wiederaufbaufonds zustimmen, wenn Voraussetzungen wie eine unabhängige Justiz gesichert sind.

Wir unterstützen die EU-Kommission bei der Weiterentwicklung des Rechtsstaatsberichts durch länderspezifische Empfehlungen und wollen u. a. den Prozess mit unabhängiger Expertise weiter stärken. Wir setzen uns dafür ein und unterstützen, dass die EU-Kommission künftig auch Verfahren gegen systemische Vertragsverletzungen vorantreibt, indem sie einzelne Verfahren bei Verstößen gegen Rechtsstaatlichkeit gegen einen Mitgliedstaat bündelt. (S. 132)

Integration, Migration, Flucht

Asylverfahren 

Asylverfahren müssen fair, zügig und rechtssicher ablaufen. Für schnellere Verfahren wollen wir das Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entlasten. Deshalb wird die Widerrufsprüfung künftig wieder anlassbezogen erfolgen. Auch werden wir dafür sorgen, dass Verwaltungsgerichte durch qualitativ hochwertige Entscheidungen des BAMF entlastet werden. Wir wollen schnellere Entscheidungen in Asylprozessen sowie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung und werden dazu zügig einen Gesetzentwurf vorlegen. Weiter führen wir eine flächendeckende, behördenunabhängige Asylverfahrensberatung ein, um mit informierten Antragstellerinnen und Antragstellern für eine Verfahrensbeschleunigung zu sorgen. Vulnerable Gruppen wollen wir von Anfang an identifizieren und besonders unterstützen.

Das Konzept der AnkER-Zentren wird von der Bundesregierung nicht weiterverfolgt. (S. 139f)

Wir werden die geordneten Verfahren des Resettlement anhand der vom UNHCR gemeldeten Bedarfe verstärken. Wir werden ein humanitäres Aufnahmeprogramm des Bundes in Anlehnung an die bisher im Zuge des Syrien-Krieges durchgeführten Programme verstetigen und diese jetzt für Afghanistan nutzen. […] Wir werden humanitäre Visa für gefährdete Personen ermöglichen und dazu digitale Vergabeverfahren einführen. (S. 142)

Außen, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklung, Menschenrechte

Menschenrechte

Zivilgesellschaften – insbesondere Journalistinnen, Aktivisten, Wissenschaftlerinnen und andere Menschenrechtsverteidiger – sind unverzichtbar für den Aufbau und Erhalt funktionierender Gemeinwesen. Wir verpflichten uns, diese Menschen und ihre Arbeit in besonderer Weise zu stärken und zu schützen, auch bei grenzüberschreitender Verfolgung. In diesem Zusammenhang wollen wir die Aufnahme von hochgefährdeten Menschen vereinfachen und einen sicheren Antragsweg gewährleisten. Zusätzlich werden wir Förder- und Schutzprogramme, u. a. die Elisabeth-Selbert-Initiative, ausbauen und längerfristig gestalten. An geeigneten Auslandsvertretungen werden wir weitere Stellen für Menschenrechtsarbeit schaffen. (S. 146f)

Straflosigkeit bei Menschenrechtsverletzungen muss weltweit beendet werden. Deshalb engagieren wir uns für die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofes und der Ad-hoc-Tribunale der VN und werden uns für die Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts einsetzen. (S. 147)

Wir werden die Arbeit des VN-Menschenrechtsrats aktiv mitgestalten, das VN-Hochkommissariat für Menschenrechte stärken. Die Arbeit der VN-Vertragsorgane und Sonderberichterstatterinnen und -erstatter wollen wir stärken sowie die Ratifizierung weiterer Menschenrechtskonventionen anstreben. Das Zusatzprotokoll zum Sozialpakt der VN werden wir ratifizieren. Wir wollen die Rechte von Minderheiten auf internationaler Ebene und insbesondere innerhalb der EU stärken. Orientiert an den Yogyakarta-Prinzipien werden wir uns in den VN für eine Konvention für LSBTI-Rechte einsetzen. Wir wollen den Schutz der Menschenrechte im digitalen Zeitalter stärken und hierfür die Internetfreiheit und digitale Menschenrechte zu außenpolitischen Schwerpunkten machen. Die Initiative zum Recht auf Privatheit unterstützen wir. Wir setzen uns auf VN-Ebene für die Konkretisierung und Durchsetzung des Rechts auf saubere Umwelt ein. (S. 147)

Entwicklungszusammenarbeit

Wir stärken die Rechte, Repräsentanz und Ressourcen von Frauen, Mädchen und marginalisierter Gruppen wie LSBTI. Die gleichberechtigte politische, wirtschaftliche und soziale Teilhabe, die Stärkung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte von Frauen und Mädchen sowie der uneingeschränkte Zugang zu gleichwertiger Bildung und Gesundheitsversorgung sind für uns zentral. Wir werden einen umfassenden Gender-Aktionsplan unter Beteiligung der Zivilgesellschaft erarbeiten und ihn finanziell unterlegen. (S. 152)