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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

LSBTI*-feindliche Hasskriminalität: Bundesinnenministerin Faeser bleibt untätig

LSVD fordert die Umsetzung des Beschlusses der Innenministerkonferenz

Pressemitteilung vom 02.06.2022

Berlin. 02. Juni 2022. Gestern begann in Würzburg die „Frühjahrskonferenz der Innenminister und -senatoren“. Bereits im Dezember 2021 hat die Innenministerkonferenz (IMK) einstimmig beschlossen, dass das Bundesinnenministerium (BMI) eine unabhängige Fachkommission zu Hasskriminalität gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI*) einberufen soll, die zur Herbstkonferenz 2022 ihren ersten Bericht vorlegt. Doch das BMI ist bisher untätig geblieben. Auf der diesjährigen Frühjahrstagung der Innenministerkonferenz steht das Thema Queerfeindlichkeit nicht mehr auf der Tagesordnung. Dazu erklärt André Lehmann aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die von der Innenministerkonferenz geforderte unabhängige Fachkommission gegen LSBTI*-feindliche Hassgewalt muss unverzüglich eingesetzt werden. Bundesinnenministerin Faeser hätte das Thema auf die innenpolitische Agenda setzen müssen. Der erste Bericht der Fachkommission mit konkreten Handlungsempfehlungen ist für die Herbstkonferenz 2022 geplant. Das ist sehr ambitioniert, wenn man bedenkt, dass seit dem einstimmigen IMK-Beschluss nichts passiert ist. Mit jedem Tag, der verstreicht, wächst das Gefühl, dass die Sicherheit von LSBTI* in Deutschland für das SPD-geführte Bundesinnenministerium keine Priorität hat.

Im Hinblick auf die jahrzehntelange Verharmlosung und Ignoranz von Hasskriminalität gegen LSBTI* darf keine Zeit mehr verloren gehen. Es ist unverständlich, weshalb Bundesinnenministerin Faeser die geforderte Fachkommission noch nicht mal eingesetzt hat. Wir stehen kurz vor der Sommerpause und das BMI ignoriert, dass es jeden Tag mindestens drei Gewalttaten gegen LSBTI* gibt – über 1.000 Taten, allein im Jahr 2021. Und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Tagtäglich werden in Deutschland Menschen angepöbelt, bedroht und angegriffen, weil die Täter*innen ihren Hass auf Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI*) in Gewalt ausleben.

Neben der Einsetzung der Fachkommission braucht es dringend auch eine Reform der polizeilichen Erfassungssysteme, damit LSBTI*-feindliche Hasskriminalität in ihren realen Ausmaßen gesellschaftlich sichtbar wird. Erforderlich ist ein Bund-Länder-Programm gegen LSBTI*-feindliche Gewalt, das neben kriminologischer Forschung und Rechtstatsachenforschung auch die Entwicklung zielgenauer Konzepte zu Prävention, zur Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz sowie zur ausreichenden Unterstützung von Opferhilfe-Einrichtungen zum Gegenstand hat. Länder und Kommunen müssen die Arbeit von LSBTI*-Anti-Gewalt-Projekten angemessen fördern.

Hintergrund

Der LSVD setzt große Hoffnungen in den von der Bundesregierung vereinbarten ressortübergreifenden und finanziell unterlegten Nationalen Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Der Queerbeauftragte Lehmann hat den Startschuss für diesen Sommer angekündigt. Ein wirksamer, nachhaltiger und auf die Zukunft gerichteter Aktionsplan muss in enger Abstimmung zwischen den Ministerien und der Community erarbeitet werden. Wichtig ist zudem, dass Maßnahmen zur Bekämpfung von LSBTI*-Feindlichkeit nicht isoliert, sondern im Zusammenhang mit der Prävention und Bekämpfung anderer Erscheinungsformen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit angegangen werden. Das eröffnet eine intersektionale Perspektive, die der Vielfalt von LSBTI* Rechnung trägt und auch Mehrfachdiskriminierungen in den Blick nimmt. Notwendig sind konkrete Maßnahmen, eindeutige Zielvereinbarungen und belastbare Selbstverpflichtungen.

Laut der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Ulle Schauws (Bündnis 90/ Die Grünen) wurden 2021 dem Unterthemenfeld „sexuelle Orientierung“ insgesamt 870 Fälle zugeordnet, davon 164 Gewaltdelikte. Dem Unterthemenfeld „Geschlecht/sexuelle Identität“ 340 Fälle, davon 57 Gewalttaten. Aufgrund von Mehrfachnennungen können diese Zahlen nicht einfach addiert werden. So ergeben sich insgesamt 1.051 Straftaten im Bereich der Politisch-Motivierten Kriminalität Unterthemenfeld "Geschlecht/Sexuelle Identität" UND/ODER "Sexuelle Orientierung" registriert, davon sind 190 Gewalttaten.

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