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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Jugendmedienschutz: Homosexuellenfeindliche Schriften endlich indiziert

LSVD und Lambda erreichen Indizierung bei der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz

Pressemitteilung vom 30.08.2022

Berlin, 30. August 2022. Seit Freitag letzter Woche stehen zwei homosexuellenfeindliche Bücher des niederländischen Autors Aardweg auf der Liste der jugendgefährdenden Medien. Gemeinsam mit dem Jugendnetzwerk Lambda hatte der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bereits im November 2020 die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz aufgefordert, ein Indizierungsverfahren für diese Schriften einzuleiten. Dazu erklärt Hartmut Rus, Koordinator des Netzwerkes „Mission Aufklärung“ beim Lesben- und Schwulenverband (LSVD):

Wir sind froh, dass die Bundeszentrale endlich gehandelt hat und die gefährlichen Schriften des Autors Dr. Gerard J. M. van den Aardweg als das eingestuft hat, was sie sind: eine Gefahr für Kinder und Jugendliche. Beide Bücher diskriminieren auf menschenverachtende Weise Lesben, Schwule, Bisexuelle und trans* Personen (LSBT). Dabei bedient sich der Autor falscher, manipulativer, tendenziöser und pseudowissenschaftlich verpackter Unterstellungen und Vorurteilen.

Im Buch „Die Wissenschaft SAGT NEIN – DER BETRUG DER HOMO-“EHE““ wird unter anderem die rechtliche Verfolgung von LSBT im Nationalsozialismus geleugnet und die Verurteilung von Rosa-Winkel-Trägern in den Konzentrationslagern als rechtmäßig dargestellt. Homosexualität wird mit Pädophilie und sexuellem Missbrauch in Verbindung gebracht und dämonisiert. Das Buch “Das Drama des gewöhnlichen Homosexuellen: Analyse und Therapie“ enthält Anleitungen, die im Rahmen von Selbst-Konversionsbehandlungen in gewalttätiger Sprache zu selbstschädigendem Verhalten aufrufen. In beiden Büchern wird die menschenverachtende Sicht des Autors, der aus seiner eigenen „Therapie“-Praxis erzählt, auf die Betroffenen sichtbar. Die hohen Versagensquoten der „Therapien“ (Abbrüche oder Zusammenbrüche) seien nicht etwa darauf zurückzuführen, dass Homosexualität nicht heilbar sei, sondern auf die schwache oder labile Motivation homosexueller Menschen.

LSBT-Jugendliche werden in homophoben und transfeindlichen Milieus häufig mit Büchern, Schriften und Anleitungen zur Selbsttherapie unter Druck gesetzt. Einige auflagenstarke Materialien werden seit vielen Jahren auf Veranstaltungen fundamentalistischer Christ*innen, in Buchhandlungen oder auch in vielen Online-Shops vertrieben. Wir fordern besonders von Handel und Antiquariaten, diese und ähnliche Bücher, Schriften und digitale Angebote aus ihrem Programm zu nehmen.

Dank des neuen Gesetzes gegen Konversionstherapien konnte der LSVD im Sommer 2020 erreichen, dass einige dieser Werke von den größten Online-Plattformen weitgehend entfernt wurden. Leider gibt es kaum Informationen, inwieweit religiöse Buchhändler*innen und Antiquariate sowie homophobe Kreise solche jugendgefährdenden Schriften weiterhin verbreiten. Wir beobachten aber, dass auch heute die Bücher von Aardweg in einschlägigen Kreisen explizit empfohlen werden. 

Auf Anfrage können Journalist*innen eine ausführliche Textanalyse der indizierten Bücher erhalten. Kontakt: presse@lsvd.de 

Hintergrund

Erst 2019 hatte der Bundestag ein Gesetz zum Schutz vor sogenannten Konversionsbehandlungen beschlossen und Behandlungen unter Strafe gestellt, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität abzielen. Das Verbot schützt jedoch nur Minderjährige und Volljährige, deren Einwilligung auf einem Willensmangel beruht. Junge Erwachsene fallen nach wie vor aus dem Schutzbereich des Gesetzes raus. Die Verbreitung von Literatur, die zu einer angeleiteten Selbstdurchführung solcher gefährlichen Behandlungen anleitet, wurde durch das Gesetz nicht erfasst. Im Rahmen des Gesetzes wurde auch eine Telefon- und Online-Beratung für Betroffene zum Schutz vor Konversionsbehandlungen auf dem Weg gebracht. Seit dem 17. Mai 2022 bietet das Projekt „Liebesleben" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entsprechende Beratungen an.

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LSVD-Bundesverband

Pressekontakt

Pressesprecher*in Kerstin  Thost

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