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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Präsentation der Festschrift für Manfred Bruns

Sehr geehrte Frau Ministerin,
sehr geehrte Frau Lüders,
sehr geehrte Damen und Herrn Abgeordnete,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Verbände und Organisationen,
verehrte Festgesellschaft,
aber vor allem Verehrter Preisträger, lieber Manfred!

Es liegt in der Natur von Überraschungen, dass sie im Programm-Ablauf nicht angekündigt werden und deshalb bitte ich Alle, die sich nach der Erwiderung des Preisträgers schon auf dem Weg zu einer Erfrischung sahen, noch um einen kleinen Moment der Geduld.

Frau Lüders hat es in ihrer Begrüßung, ebenso wie Frau Leutheusser-Schnarrenberger es in ihrer Laudatio wundervoll getan hat, das ebenso umfassende, wie unermüdliche Wirken von Manfred Bruns gewürdigt. Der Lesben und Schwulenverband in Deutschland gratuliert Manfred Bruns zu dieser Auszeichnung von Herzen. Und wir tun dies auch im Namen der über 100 Organisationen, die Mitglied im LSVD sind.

Seit die Antidiskriminierungsstelle bekannt gegeben hat, an wen dieser neu geschaffene „Preis für das Engagement gegen Diskriminierung“ erstmalig verliehen wird, sind in unserem Verband eine Vielzahl von Glückwünschen eingegangen. Darunter auch von vielen Lesben und Schwulen und lesbischen und schwulen Paaren, denen Manfred Bruns direkt und persönlich geholfen hat. Im direkten Austausch, aber auch mit Hilfe seiner umfangreichen Ratgeber- und Mustertexte auf der Homepage unseres Verbandes. Mit ihnen können sich Lesben und Schwule gegen Diskriminierung und Ungleichbehandlung gut gerüstet juristisch zur Wehr setzen. Für unzählige rechtlichen Rat Suchende, seien es gleichgeschlechtliche Paare, aber auch von Diskriminierung im Alltag betroffene Lesben, Schwule und Transsexuelle ist Manfred Bruns eine zentrale Anlaufstelle. Dass er momentan über 400 Gerichtsverfahren im Rahmen der steuerlichen Gleichstellung betreut, zeigt wie dringend notwendig endlich eine vollkommene und umfassende Gleichstellung für eingetragene Lebenspartnerschaften ist – und zwar schnell und durch politisches Handeln, und nicht durch Abwarten auf absehbare Urteile des Bundesverfassungsgerichtes.

Die Tatsache, dass Manfred Bruns dies alles ehrenamtlich tut, zeigt wie tief verwurzelt seine demokratische und bürgerrechtliche Überzeugung ist, dass für ihn der erste Artikel unseres Grundgesetzes bindend ist: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Diskriminierung, egal aus welchem Grund und mit welchen Rechtsfolgen, verletzt die Würde des Menschen.

Der Beweggrund für Manfred Bruns war nie der Eigennutz, sondern auf Grund seiner Biografie und seines Lebensverlaufes, in welchem es nach seinen eigenen Worten „schreckliche Umwege“ gab, die Erkenntnis: „Jetzt musst Du etwas tun, damit sich solch unsinnige Lebensläufe nicht immer wiederholen.“ Als mein Mann Andreas und ich vor 2 Wochen unseren 10ten Hochzeitstag feiern konnten, haben wir -standesgemäß für Schwule- natürlich mit Prosecco, nicht nur auf uns, sondern auch auf Dich, lieber Manfred, angestoßen, denn es ist Dir mit zu verdanken, dass es nun für viele Lesben und Schwule glückliche Lebensverläufe ohne Umwege und Brüche gibt.

Als Bürgerrechtsverein, der sich gegen Diskriminierung engagiert, gilt unsere Gratulation aber auch Ihnen, Frau Lüders, und der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Sie haben einen Preis geschaffen, der unserem Land und unserer Gesellschaft gut zu Gesicht steht. Indem wir Menschen auszeichnen, die sich in besonderem Maße gegen Diskriminierung engagieren und zu unserer demokratischen Ordnung, vor allem aber zu einem besseren gesellschaftlichen Klima beitragen, zeigen wir deutlich, dass wir alle ein liberales, tolerantes und von Diskriminierung freies Deutschland wollen. Die intensive Zusammenarbeit mit den vielen Organisationen und Verbänden, die sie mit der Antidiskriminierungsstelle pflegen, ihre klare Positionierung und Mahnung gegen jede Art der Diskriminierung zeichnet Ihre Arbeit besonders aus. Dafür sind wir sehr dankbar.

Das Ziel und Ergebnis der Arbeit von Manfred Bruns in den letzten Jahrzehnten lässt sich in seiner Vielfalt doch auf eine Kernaussage bringen: „Vom Verbot zur Gleichstellung“. Ein langer Weg vom Schandparagraphen 175 des deutschen Strafgesetzbuches — der Homosexualität kriminalisierte — hin zum staatlich garantierten Rechtsanspruch auf Gleichbehandlung und Gleichstellung. Ein Wandel in der Gesetzgebung, in der Rechtsprechung aber auch in der gesellschaftlichen Akzeptanz. Eine Weiterentwicklung und Vervollständigung der Bürgerrechte, wie sie zu Beginn der Bundesrepublik nicht gegeben waren. Bürgerrechte sind aber nichts anderes als die nationale Umsetzung der universal geltenden Menschenrechte. Und wer sich gegen Diskriminierung einsetzt, weil sie die Würde des Menschen verletzt, tut dies aus der Überzeugung, dass diese Rechte keine Grenzen kennen und alle Menschen in den Genuss dieser Rechte kommen müssen.

Die sexuelle Identität und die geschlechtliche Orientierung sind Teil der Menschenrechte. Deshalb hat der LSVD und mit ihm Manfred Bruns schon in den frühen Anfängen des Verbandes, in Solidarität über die Grenzen Deutschlands hinaus geblickt und sich engagiert. Manfred Bruns und der LSVD wollen sich nicht mit der Verbesserung der Situation nur in Deutschland zufrieden geben, solange in 76 Ländern der Welt Homosexualität kriminalisiert wird, Lesben, Schwule und Transsexuelle verfolgt und in sieben Ländern mit der Todesstrafe bedroht werden. Aus diesem seit Mitte der 90er Jahre stetig wachsenden Engagement stammt die Idee, dass wir zur Steigerung der Effektivität eine Stiftung gründen, die sich für die Menschenrechte für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transsexuelle und Intersexuelle einsetzt.

Und auch hier war es wieder Manfred Bruns, der einerseits mit seinem hohen juristischen Fachwissen die Möglichkeit fand, dass wir mit geringen finanziellen Mitteln eine nichtselbständige Stiftung ins Leben rufen konnten, die Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Manfred Bruns hat aber nicht nur die Gründungsformalitäten in der ihm eigenen perfekten Art und Weise erledigt, er hat als einer der Gründungsstifter auch die notwendige finanzielle Grundlage mitgelegt. Seit 2007 ist er zudem im Vorstand unserer Stiftung tätig, die im 5ten Jahr ihres Wirkens — zwar immer noch nicht auf ein großes Stiftungsvermögen — aber auf eine beachtliche Anzahl von Projekten zurückblicken kann. In Afrika, Asien, Lateinamerika und vielen Ländern Osteuropas arbeiten wir mit LSBTI-Organisationen zusammen und unterstützen diese.

Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung sieht ihre Aufgabe in der Stärkung und Unterstützung von LSBTI-Menschenrechtsverteidigern weltweit, aber auch in der Aufklärung und Sensibilisierung für diese Aufgabe in Deutschland. Ein Teil der Unterstützung der Aktiven in den Verfolgerstaaten, ist auch der Informations- und Wissenstransfer über den Weg, der in Deutschland gegangen wurde. Die Entwicklung, die in Deutschland stattfand, muss für andere Länder, in denen die rechtliche und gesellschaftliche Lage von LSBTI noch von Verfolgung und Diskriminierung geprägt ist, nicht in jedem Fall nachahmenswert sein. Doch sie kann wertvolle Anregungen liefern und eine Quelle der Inspiration sein.

Wir sind deshalb der ADS sehr dankbar, dass es mit ihrer finanziellen Unterstützung, aber auch der kompetenten Begleitung durch Herrn Moehl, möglich war, dass wir heute die Schriftenreihe unserer Stiftung um einen weiteren Band bereichern können. In diesem Band wird die Entwicklung in Deutschland dokumentiert und nachgezeichnet. Dank der hochrangigen Autorenschaft werden darin aber auch weitere Anregungen und Forderungen formuliert. Dass der Band zweisprachig – deutsch und englisch – erscheint, unterstreicht die Absicht, das Interesse daran nicht nur in Deutschland, sondern international zu wecken.

Die Dokumentation der Rechtsentwicklung zum Thema Homosexualität in Deutschland ist dabei nur ein Teil, beinhaltet sind auch noch offenen Fragen, Herausforderungen für die Zukunft:

  • das Adoptionsrecht für Regenbogenfamilien,
  • die Regelung des Transsexuellen-Rechtes,
  • die Thematik HIV und Gesundheitsförderung ebenso wie
  • die Behandlung der Frage „Homosexualität und das Grundrecht auf Asyl“ und nicht zuletzt auch
  • Deutschlands Verantwortung und Rolle für die Menschenrechte von LSBTI.

Ein breiter Bogen und dank der hervorragenden Artikel der Autorinnen und Autoren eine tiefgreifende und interessante Artikelsammlung. Manfred Bruns hat zu jedem dieser Themen, durch sein enormes Wirken beigetragen, es beeinflusst, und die Entwicklung maßgeblich mitgestaltet. Und deshalb trägt dieser Band den Titel:

Vom Verbot zur Gleichstellung: Die Rechtsentwicklung zu Homosexualität und Transsexualität in Deutschland. Festschrift für Manfred Bruns“

Indem wir Manfred Bruns diesen Band unserer Schriftenreihe widmen, wollen wir ein zusätzliches Zeichen unserer großen Wertschätzung für ihn und sein großes und dauerhaftes Engagement zum Ausdruck bringen. Die Tatsache, dass die Autorinnen und Autoren — alle von hoher Kompetenz, Fachkenntnis und Rang — bereit waren, an dieser Festschrift mitzuwirken, unterstreicht die Würdigung seiner Arbeit, und ist Ausdruck des Respekts und der Zuneigung, die Manfred Bruns zu Recht genießt.

Es ist mir eine wirkliche Ehre und Freude, dass ich Dir, lieber Manfred, nun das erste Exemplar Deiner Festschrift im Namen der Kolleginnen und Kollegen aus dem Vorstand, des gesamten LSVD und der Hirschfeld-Eddy-Stiftung überreichen darf.

Axel Hochrein
LSVD-Bundesvorstand

Es gilt das gesprochene Wort

Foto: LSVD/ Caro Kadatz