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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Änderungsantrag zum Transfusionsgesetz zur Umsetzung der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Abschaffung des Blutspendeverbots für Männer, die Sex mit Männern haben, und Trans-Personen

Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD)

Am 19.01.2023 hatte der LSVD Gelegenheit, Stellung zu nehmen zum Entwurf einer Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Transfusionsgesetz zur Umsetzung der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Abschaffung des Blutspendeverbots für Männer, die Sex mit Männern haben, und Trans-Personen vom 09.01.2023. 

Stellungnahme des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD) zum Entwurf einer Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag zum Transfusionsgesetz zur Umsetzung der Vereinbarung im Koalitionsvertrag zur Abschaffung des Blutspendeverbots für Männer, die Sex mit Männern haben, und Trans-Personen vom 09.01.2023

                                                                    

Sehr geehrter Herr Dr. Halfmann,

der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bedankt sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme. Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), und trans* Personen werden auch nach der aktuellen Hämotherapierichtlinie noch bei der Blutspende diskriminiert. Diese Diskriminierung ist rechtswidrig, da die gleiche Sicherheit von Blutspenden durch andere Maßnahmen sichergestellt werden kann (vgl. u.a. EuGH, Urt. v. 29.04.2015, Rechtssache C-528/13 – Léger). Wir begrüßen daher sehr, dass das Bundesgesundheitsministerium diese Diskriminierung nun endlich beseitigen will.

Diskriminierung von homo- und bisexuellen Männern

Wir befürworten, dass das sexuelle Risiko nach dem Entwurf der Formulierungshilfe zukünftig „auf Grundlage des jeweiligen individuellen Risikoverhaltens der spendewilligen Person“ ermittelt werden soll und dass die sexuelle Orientierung kein Ausschluss- oder Rückstellungskriterium mehr sein darf. Ebenso begrüßen wir, dass in der Begründung ausdrücklich klargestellt wird, dass gruppenbezogene Ausschluss- und Rückstellungstatbestände nicht mehr zulässig sind.

Uns fehlt jedoch in der Begründung der ausdrückliche Hinweis darauf, dass Sexualkontakte zwischen Männern nicht per se als Risikoverhalten gewertet werden dürfen. Für das individuelle Infektionsrisiko ist nicht das Geschlecht des Sexualpartners relevant, sondern die Anzahl der Sexualpartner sowie die individuelle Gestaltung der Sexualkontakte im Hinblick auf die Vermeidung von Übertragungsrisiken.

So heißt es beispielsweise im Beratungsergebnis der gemeinsamen Arbeitsgruppe zur Hämotherapierichtlinie: „Bei konsequentem und korrektem Gebrauch von Kondomen für Männer wird eine Übertragung transfusionsrelevanter Infektionen wie HIV, HBV und Syphilis effektiv verhindert.“ (Gemeinsame Arbeitsgruppe, Erläuterungen und Regelungsoptionen zum Blutspende-Ausschluss bzw. zur Rückstellung von Personen, deren Sexualverhalten ein Risiko für den Empfänger von Blutprodukten birgt, 25.04.2012). Einige Sexualpraktiken wie Oralverkehr oder gegenseitige Masturbation weisen faktisch kein Übertragungsrisiko auf (unter 0,005 Prozent, vgl. „Estimating per-act HIV transmission risk: a systematic review“, AIDS 2014, 28:1509-1519). Dieses individuelle Risiko kann über eine Sexualanamnese mit einem Fragebogen bzw. im ärztlichen Gespräch abgefragt werden.

Ohne diesen ausdrücklichen Hinweis befürchten wir, dass die Bundesärztekammer die Diskriminierung unter dem Deckmantel eines behaupteten pauschal höheren Risikos von Sex zwischen Männern beibehalten wird. Wir kennen die Argumentation der Bundesärztekammer, wonach die aktuellen Regelungen nicht diskriminierend seien – Sex zwischen Männern sei eben einfach riskanter. Der entscheidende Punkt neben der Aufgabe von gruppenbezogenen Rückstellungstatbeständen ist daher die Klarstellung, dass gleichgeschlechtlicher Sex unter Männern nicht per se als riskantes Verhalten eingestuft werden darf.

Diskriminierung von trans* Personen

Wir begrüßen, dass die Geschlechtsidentität zukünftig kein Ausschluss- oder Rückstellungskriterium sein darf und dass in der Begründung ausdrücklich klargestellt wird, dass gruppenbezogene Ausschluss- und Rückstellungstatbestände nicht mehr zulässig sind.

Klarstellend sollte in der Begründung ergänzt werden, dass damit zukünftig die gesonderte Nennung von „Transpersonen“ als eigene Gruppe ohne sachlichen Grund unzulässig ist.

Unsere Forderungen für eine diskriminierungsfreie und sichere Regelung der Blutspende

Der LSVD fordert, dass bei der Beurteilung des erhöhten Infektionsrisikos aufgrund sexuellen Risikoverhaltens

  • die Beurteilung der Spender*innen nach Risikogruppen aufgegeben und stattdessen vornehmlich auf riskantes Sexualverhalten abgestellt wird,
  • Sexualkontakte zwischen Männern nicht per se als riskant definiert werden, sondern auf das individuelle Risiko der Sexualkontakte abgestellt wird,
  • sich die Rückstellfrist am diagnostischen Fenster orientiert und
  • die gesonderte Erwähnung von trans* Personen gestrichen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Sarah Ponti, LL.M. (Melbourne)

LSVD-Grundsatzreferentin

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