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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Selbstbestimmungsgesetz muss seinem Namen treu bleiben!

LSVD fordert konsequente Nachbesserung im Referent*innenentwurf

Pressemitteilung vom 31.05.2023

Berlin, 31.05.2023. Gestern endete die Verbändebeteiligung für das „Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (SBGG). Das bisherige Verfahren greift massiv in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ein und soll deshalb durch ein Selbstbestimmungsgesetz neu geregelt werden - wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) hat eine rechtliche Analyse des Entwurfs vorgenommen. Die Ergebnisse liegen nun in einer ausführlichen Stellungnahme vor. Dazu erklärt Alva Träbert aus dem Bundesvorstand des LSVD:

Der LSVD begrüßt ausdrücklich die Absicht, das in großen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) aufzuheben und die personenstandsrechtliche Anerkennung der geschlechtlichen Identität für trans* und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Menschen (TIN*) einheitlich und ohne Begutachtung und ärztliche Atteste in einem Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) zu regeln. Wir können nicht genug betonen, wie wichtig die Abschaffung dieser entwürdigenden Verfahren für die Achtung der Menschenwürde der Betroffenen ist.  Leider wird im Referent*innenentwurf gezielt TIN*-feindlich mobilisierten Ängsten unverhältnismäßig viel Raum gegeben - ihnen wird dadurch eine scheinbare Legitimität verliehen. Der Referent*innenentwurf stellt TIN* Personen unter Generalverdacht, indem er die Glaubwürdigkeit ihrer Identität in Frage stellt. Die Bundesregierung muss die konstruktive Kritik der Zivilgesellschaft ernst nehmen und ein wirksames SBGG erarbeiten, das Stigmatisierung und Ausgrenzung entgegenwirkt, anstatt sie noch zu befeuern. Im Gesetzestext muss sich klar widerspiegeln, worum es geht: um den Schutz, die Würde und die Rechte von TIN* Personen.

Der Gesetzesentwurf fällt inhaltlich deutlich hinter die im Juni 2022 vorgestellten Eckpunkte zurück und würde teilweise sogar eine rechtliche Verschlechterung mit sich bringen. Wir rufen alle demokratischen Parteien auf, ihrer Verantwortung für den Schutz aller Menschen im parlamentarischen Prozess gerecht zu werden und den Entwurf entsprechend nachzubessern.  Die selbstbestimmte Personenstandsänderung darf nicht ausgehöhlt werden! Der LSVD fordert eine ersatzlose Streichung der dreimonatigen Wirksamkeitsfrist (§4) und der einjährigen Sperrfrist (§5). Auch Paragraf 6 des Entwurfs sollte ersatzlos gestrichen werden, ebenso wie die vorgeschlagene Regelung im Verteidigungs- und Spannungsfall (§9) und die Eltern-Kind-Zuordnung (§11). Der LSVD fordert zudem, dass Jugendliche ab 14 Jahren uneingeschränkt selbstbestimmt über ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag entscheiden dürfen.

In der Zivilgesellschaft wird das Recht auf einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für TIN* mehrheitlich und eindeutig befürwortet. Eine große Bandbreite verschiedener Verbände und zentraler Akteur*innen haben sich in den letzten Wochen und Monaten deutlich dafür ausgesprochen, darunter die Bundespsychotherapeutenkammer, das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, der Paritätische Gesamtverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund und große Arbeitgeber*innen. Außerdem befürworten auch der Deutsche Frauenrat, der Kinderschutzbund und der Deutsche Bundesjugendring die rechtliche Selbstbestimmung von TIN*. Die Frauenhauskoordinierung hat wiederholt klargestellt, dass die in öffentlichen Debatten heraufbeschworenen Bedrohungsszenarien für feministische bzw. Frauenschutzräume durch den selbstbestimmten Geschlechtseintrag unbegründet sind. Die Zahl der erfassten Vorfälle TIN*-feindlicher Hasskriminalität steigt seit Jahren an – umso wichtiger ist es, in diesem Gesetzgebungsverfahren der Einschätzung dieser Expert*innen der Antigewaltarbeit zu folgen. Geschlechtliche Selbstbestimmung ist ein feministisches Anliegen. Diese klare und unmissverständliche Haltung für Menschenrechte und den Schutz von TIN* Personen muss im Gesetz und seiner Begründung unmissverständlich deutlich gemacht und konsequent umgesetzt werden.

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Foto von Lisett Kruusimäe

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