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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Für das Recht auf Familiengründung

Schluss mit der Diskriminierung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften durch die Ärztekammern und den Gesetzgeber

Bundesärztekammer verbietet in ihrer „(Muster-) Richtlinie zur assistierten Reproduktion“ den Gynäkologinnen und Gynäkologen jegliche Unterstützung bei einer künstlichen Befruchtung von Lebenspartnerinnen. Mit Ausnahme der Berliner und der Hamburger Ärztekammer haben alle anderen 15 Landesärzte- und Regionalkammern dieses Verbot in ihre Berufsordnungen übernommen.

Wir fordern die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern sowie den Gesetzgeber auf, dafür zu sorgen, dass die Diskriminierung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften bei der Familiengründung unverzüglich beendet wird.

Seit 2009 die Ergebnisse der Regenbogenfamilien-Studie des Bundesjustizministeriums veröffentlicht wurden, ist auch in Deutschland nicht mehr daran zu rütteln: Kinder lesbischer Mütter und schwuler Väter entwickeln sich genauso gut wie Kinder, die in klassischen Familienformen aufwachsen.

Die Studie zeigt auch, dass jedes zweite dieser Kinder mit Unterstützung eines Samenspenders oder einer Samenbank in Eingetragenen Lebenspartnerschaften geboren wurden und jedes dritte Paar sich weitere Kinder wünscht. Dennoch wird gleichgeschlechtlichen Paaren die Verwirklichung dieses Kinderwunsches weiterhin systematisch erschwert.

Das Bundesverfassungsgericht hat 2009 und 2010 verbindlich entschieden, dass eine diskriminierende Behandlung von Eingetragenen Lebenspartnerschaften, die sich in einer vergleichbaren Situation wie Eheleute befinden, klar gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. Diesen Anforderungen darf sich das ärztliche Standesrecht nicht entziehen.

Dennoch verbietet die Bundesärztekammer hartnäckig in ihrer „(Muster-) Richtlinie zur assistierten Reproduktion“ den Gynäkologinnen und Gynäkologen jegliche Unterstützung bei einer künstlichen Befruchtung von Lebenspartnerinnen. Mit Ausnahme der Berliner und der Hamburger Ärztekammer haben alle anderen 15 Landesärzte- und Regionalkammern dieses Verbot in ihre Berufsordnungen übernommen. Als Folge davon bieten nur in Berlin Samenbanken offen ihre Unterstützung für Lebenspartnerinnen an. Die anderen Samenbanken und Fertilitätszentren lehnen entweder Lebenspartnerinnen gänzlich ab, machen vereinzelt inoffizielle Ausnahmen oder diskriminieren sie ganz offen in finanzieller Hinsicht, in dem sehr viel höhere Preise berechnet werden als bei heterosexuellen Paaren. Wir sehen darin einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Dieses enthält auch ein Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Identität bei Dienstleistungen.

Die zuständigen Fachministerien der Länder dulden diese Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz und behindern damit auch das Grundrecht der Ärztinnen und Ärzte auf ungehinderte Berufsausübung.

Andere europäische Länder sind da weiter: Seit 2007 ermöglicht Belgien allen Interessentinnen die künstliche Befruchtung. Auch in Island und Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, den Niederlanden und – nach Öffnung der Ehe – selbst in Spanien haben lesbische Paare Zugang zu den Dienstleistungen von Samenbanken und Inseminationskliniken.

Auch der Gesetzgeber misst mit zweierlei Maß. Wird ein Kind in einer Ehe geboren, gilt dieses, ungeachtet der biologischen Abstammung, rechtlich als Kind beider
Wunscheltern. Selbst bei einem unverheirateten Paar kann ein Kind bereits vor der Geburt durch den zweiten Elternteil anerkannt werden. Nicht so bei Eingetragenen Lebenspartnerschaften. Erst nach der Geburt des Kindes und in der Regel nach einer oft langjährigen Wartezeit kann die Stiefkindadoption Rechtssicherheit bringen. Auch hier sind andere europäische Länder weiter – wie seit 2009 England und Wales – und ermöglichen es beiden Müttern schon zum Zeitpunkt der Geburt in die Geburtsurkunde eingetragen zu werden.

  • Wir appellieren daher an die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern: Sorgen Sie für eine Gleichbehandlung bei der Nutzung fortpflanzungsmedizinischer Leistungen für Frauen unabhängig von ihrer sexuellen Identität!
  • Wir fordern vom Gesetzgeber: Stellen Sie sicher, dass alle Kinder bereits zum Zeitpunkt der Geburt durch beide Eltern abgesichert werden können, unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder in Eingetragener Lebenspartnerschaft leben!

Lange genug haben Ärztekammern und der Staat die Familiengründung von Lesben und Schwulen behindert. Damit muss endlich Schluss sein!

Eingetragene Lebenspartnerschaften müssen der Ehe rechtlich gleichgestellt und Regenbogenfamilien als vollwertige Familien anerkannt werden.

(beschlossen auf dem 23. LSVD-Verbandstag am 03.04.2011 in Köln)

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