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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Algerien, Marokko und Tunesien sind Verfolgerstaaten

Bundesregierung stellt Freifahrtschein für Kriminalisierung von Homosexualität aus

Pressemitteilung vom 18.07.2018

Heute hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Staaten Algerien, Marokko, Tunesien sowie Georgien als sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft werden. Algerien, Marokko und Tunesien sehen für gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen Gefängnis vor und verfolgen Lesben, Schwule und Bisexuelle als soziale Gruppe. Dazu erklärt Marion Lüttig, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die Bundesregierung betreibt eine skandalöse Verharmlosung der Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten. Staaten, die Homosexualität kriminalisieren, sind nicht sicher, sondern sind Verfolgerstaaten. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) fordert Bundesrat und Bundestag auf, dieses Gesetzesvorhaben zu Fall zu bringen.

Erst 2017 hat der Bundestag ein Gesetz zur Rehabilitierung der Opfer des Homosexuellen-Paragraphen 175 auch in der Bundesrepublik verabschiedet. Ein Jahr später will die Bundesregierung Staaten für „sicher“ erklären, die ein ähnliches menschenrechtswidriges strafrechtliches Verbot von Homosexualität in ihrer Gesetzgebung haben. Das passt nicht zusammen. In ihrem Koalitionsvertrag hatten CDU/CSU und SPD noch den weltweiten Kampf gegen Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung versprochen, nun verharmlosen sie die Kriminalisierung von Homosexualität. Die Bundesregierung verscherzt ihre Glaubwürdigkeit in der Menschenrechtspolitik.

Diese unverantwortliche Entscheidung verstößt gegen geltende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und stellt Menschenrechtsverfolgungen einen Freifahrtschein aus. Gerade für lesbische, schwule, bisexuelle und transgeschlechtliche Asylsuchende aus diesen Ländern bedeutet diese Einstufung zudem, dass sie faktisch von einer fairen Prüfung ihrer Asylgründe ausgeschlossen werden. Zu Recht hatte der Bundesrat 2017 die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien zu sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ verhindert. Wir erwarten, dass er daran festhält. Auch die Einstufung von Georgien als „sicher“ ist problematisch angesichts der Übergriffe und Anfeindung, die von dort immer wieder berichtet werden.

Hintergrund

Eine Einstufung zu einem sogenannten „sicheren Herkunftsstaat“ hat für Geflüchtete aus diesen Ländern u.a. folgende gravierende Folgen:

  • Schnellverfahren ohne Zugang zu fachkundiger Beratung,
  • Im Verfahren wird die Beweislast für die Verfolgung umgekehrt,
  • ein verkürzter Rechtsschutz,
  • die Verpflichtung, in einer besonderen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen,
  • das Beschäftigungsverbot sowie der erheblich erschwerte Zugang zu Integrationskursen, berufsbezogener Sprachförderung, Arbeits- und Ausbildungsförderung

Ausführliche Stellungnahme des LSVD zur Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien zu sogenannten „sicheren Herkunftsstaaten“ 

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Pressesprecher*in Kerstin  Thost

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Marion Lüttig