Menu
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

LGBT-Rechte weltweit: Wo droht Todesstrafe oder Gefängnis für Homosexualität?

Einstellungen zu Homosexualität weltweit

Wo droht Lesben, Schwulen und Bisexuellen Todesstrafe? Wo Gefängnis? In welchen Ländern werden gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich anerkannt und wo gibt es die Ehe für Alle? Was denkt die Bevölkerung über Homosexualität? 

ILGA-Weltkarte

Inhaltsverzeichnis

1. LGBT-Rechte weltweit: Kriminalisierung, Diskriminierungsschutz, Ehe für Alle

In 66 Staaten wird Homosexualität noch strafrechtlich verfolgt, in 12 Ländern droht sogar die Todesstrafe für Lesben und Schwule. Machne davon setzen die Todesstrafe auch teilweise um: Iran, Nigeria, Saudi Arabien, Somalia, Jemen. Eine rechtliche Möglichkeit ist die Todesstrafe auch in Afghanistan, Brunei, Mauritius, Katar, Pakistan, Uganda und in den Vereinigten Arabsichen Emiraten. Vielerorts sind staatliche Behörden an der Unterdrückung von LSBTIQ* beteiligt, verweigern ihnen jeglichen Schutz vor Anfeindungen und Gewalt.

In vielen Fällen schüren religiöse und politische Führer ein Klima des Hasses. LSBTI sollen eingeschüchtert und in die Unsichtbarkeit gedrängt werden. Verfolgung und Ausgrenzung, oft auch durch die eigene Familie, führt häufig zu bitterer Armut und einem Leben am Rand der Gesellschaft. LSBTIQ*-feindliche Gewalt bleibt vielerorts ohne Konsequenzen für die Täter. Polizei und andere Staatsorgane verweigern oftmals jede Hilfe oder sind selbst an der Hetze, Erpressung und Gewalt beteiligt. 14 Staaten kriminalisieren trans* Personen.

ILGA World hat im Dezember 2020 die neue Weltkarte: Sexual Orientation Laws in the World. From criminalisation of consensual same-sex sexual acts between adults to protection against discrimination based on sexual orientation veröffentlicht. 2023 veröffentlichte ILGA WORLD seine Datensammlung mit detaillierten Informationen zur rechtlichen Lage in einzelnen Ländern.

gesetze-zur-sexuellen-orientierung-in-der-welt.png

Mit Brunei, Iran, Jemen, Mauretanien, Nigeria und Saudi-Arabien sehen sechs Länder für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe vor. In sechs weiteren (Afghanistan, Pakistan, Katar, Somalia, Uganda und die Vereinigten Arabischen Emirate) könnte die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen gegen Homosexuelle ausgesprochen werden.

Laut ILGA World haben mindestens 34 UN-Mitgliedsstaaten die Gesetze zur Kriminalisierung von Homosexualität in den letzten Jahren aktiv verfolgt. Unabhängig davon bleiben deratige Gesetze sehr gefährlich, auch wenn es jüngst keine Verurteilungen danach gab.

Weltweit haben 34 Länder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, Deutschland 2017. Weitere Länder kennen gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich an. In der EU haben Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Lettland, Polen und Litauen weder die Eingetragene Lebenspartnerschaft noch die Ehe für alle.

Insgesamt haben 12 Staaten in ihrer Verfassung ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung/ Identität: Bolivien, Ecuador, Fiji-Inseln, Kosovo, Malta, Mexiko, Nepal, Neuseeland, Österreich, Portugal, Schweden und Südafrika. In Deutschland steht die Ergänzung des Gleichheitsartikels in unserer Verfassung (Artikel 3, Absatz) weiterhin aus.

Im Dezember 2020 hat ILGA World den Report "State Sponsored Homophobia. Global Legislation Overview Update" mit einem Überblick über die rechtliche Situation veröffentlicht. 2021 wurde der Report "Our Identities Under Arrest" veröffentlicht. Er gibt ebenfalls einen globalen Überblick darüber, in welchen Ländern Gesetze zur Verfolgung von LSBTI durchgesetzt und angewendet werden.

2. Einstellung zu Homosexualität in 34 Ländern - Pew Research Center

In einer Umfrage des US-amerikanischen Pew Research Centers aus dem Jahr 2019 wurde 38.426 Menschen aus 34 Ländern telefonisch oder persönlich die Frage gestellt: Finden Sie, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte? 

Hinsichtlich der Akzeptanz-Werte gab es deutliche Unterschiede zwischen West-Europa, Amerika auf der einen Seite und Ost-Europa, Russland, Mittlerer Osten und Subsahara Afrika auf der anderen Seite. Auch reichere und mehr entwickelte (“more developed”) Länder haben höheren Akzeptanz-Werte. In vielen Staaten gab es eine Steigerung der Akzeptanz im Vergleich zu früheren Zeitpunkten.

Auch innerhalb der Länder finden sich bedeutende Unterschiede in der Akzeptanz von Homosexualität nach Alter, Bildung, Einkommen und mitunter Geschlecht. Weitere Einfluss-Faktoren: Je höher der Stellenwert von Religion für den persönlichen Alltag eingeschätzt wurde und je politisch rechter desto weniger wird Homosexualität akzeptiert.

Wie homophob ist Deutschland? Wie verbreitet ist Transphobie bzw. Transfeindlichkeit? Was denkt man in Deutschland über Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen? Hier geht es zum Bericht mit Studien zu Einstellungen zu LSBTI in Deutschland?

Wie viele Befragte stimmen der Aussage zu, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte? (in Klammern:  Wie viele der Befragten verneinen das?)

  2019 2013 2011 2007 2002 Unterschied 2013-2019
Afrika            
Kenia 14% (83%) 8% 3% 3% 1% +6%
Nigeria 7% (91%) 1% - - - +6%
Südafrika 54% (38%) 32%     33% +22%
Tunesien 9% (72%) 2% - - - +7%
             
Amerika            
Argentinien 76% (19%) 74% - 72% 66%  
Brasilien 67% (23%) 60% 61% - - +7%
Kanada 85% (10%) 80% - 70% 69% +5%
Mexiko 69% (24%) 61% 52% 60% 54% +8%
USA 72% (21%) 60% 60% 49% 51% +12%
             
Asien / Australien            
Australien 81% (14%) 79% - - - +2%
Indien 37%(37%) 15%       +22%
Indonesien 9% (80%) 3% 5% 3% - +6%
Israel 47% (45%) 40% 48% 38% - +7%
Japan 68% (22%) 54% 55% 49% 54% +14%
Libanon 13% (85%) 18% 17% 18% 21% -5%
Philippinen 73% (24%) 73% - - 64% +/-0%
Südkorea 44% (53%) 39% - 18% 25% +5%
             
Europa            
Bulgarien 32% (48%) - - 39% 38% -
Deutschland 83% (11%) 81% 87% 87% 86% -1%
Frankreich 86% (11%) 77% 86% 83% 77% +9%
Griechenland 48% (47%) 53% - - - -5%
Großbritannien 86% (11%) 76% 81% 71% 74% +10%
Italien 75% (20%) 74% - 65% 72% +1%
Litauen 28% (45%) - 21% - - -
Niederlande 92% (8%) - - - - -
Polen 47% (42%) 42% 34% 45% 40% +5%
Russland 14% (74%) 16% 15% 20% 22% -2%
Schweden 94% (5%) - - 86% - -
Slowakei 44% (46%) - - 66% 68% -
Spanien 89% (10%) 88% 91% 82% - +1%
Tschechien 59% (26%) 80% - 83% 83% -21%
Türkei 25% (57%) 9% 11% 14% 22% +16%
Ukraine 14% (69%) - 15% 19% 17% -
Ungarn 49% (39%) - - - - -

Weitere Befunde

In den USA sind die Akzeptanzwerte seit der Eheöffnung 2015, d.h. in vier Jahren genauso viel gestiegen wie in den knapp 15 Jahre zuvor (13%). USA bleiben unter den am wenigstens akzeptierenden Ländern im Westen / Amerika.

Alter: In 22 der 34 Staaten waren jüngere Menschen deutlich akzeptierender als ältere Menschen (deutlichste Kluft in Südkroea und Japan).

Geschlecht: In 12 Ländern gab es einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Akzeptanz. Dort waren Frauen weniger homophob. Diese Länder waren: Südkorea (14%), Japan, Kanada, Polen, Argentinien, UK, Südafrika, Australien, Deutschland (7%), Spanien, Schweden und Niederlande.

Rechts-Links-Einfluss: In Deutschland akzeptierten 79% der sich als politisch rechts eingestufenden Menschen und 74% der AfD-Wähler*innen Homosexualität. In der politischen Mitte und der politischen Linken waren es 90% bzw. 90% unter den Nicht-AfD-Wähler*innen. Am prägnantesten war das Gefälle zwischen Rechts und Links in Südkorea, USA (53% vs. 86%), Polen (38% vs. 67%) und Israel (38% vs. 66%).

Religion: 25 der 34 untersuchten Ländern wiesen deutlichen Unterschied zwischen Nichtreligiösen und Religiösen auf. Am prägnantesten in Israel (62% vs. 22%), Tschechien (65% vs. 27%) und Südkorea (51% vs. 13%). In Deutschland waren es 73% der religiösen und 91% der nicht-religiösen Menschen. Katholik*innen akzeptierender als Protestant*innen und Evangelikale. In Israel waren es 53% der religiösen Jüd*innen aber nur 17% der religiösen Muslim*innen.

Quelle: Pew Research  Center (2020): The Global Divide on Homosexuality Persists: But increasing acceptance in many countries over past two decades

3. LGBT+ Pride 2023 Global Survey (2023)

Im Mai 2023 veröffentlichte das drittgrößte Marktforschungsunternehmen der Welt Ipsos den LGBT+ Pride 2023 Global Survey. Darin finden sich die Ergebnisse einer Online-Befragung zu den Einstellungen gegenüber LGBT von insgesamt 22.500 Menschen zwischen unter 75 Jahren aus 30 Staaten.

Zu diesen Ländern gehören: Australien, Argentinien, Belgien, Brazilien, Chile, Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Irland, Italien, Japan, Kanada, Kolumbien, Mexiko, die Niederlande, Neuseeland, Peru, Polen, Romänien, die Schweiz, Singapur, Südafrika, Südkorea, Spanien, die Türkei, Ungarn und die USA. 

Durchschnittlich identifizierten sich in den 30 Ländern, 3 Prozent der Erwachsenen als lesbisch oder schwul, 4 Prozent als bisexuell, 1 Prozent als pansexuell oder omnisexuell und 1 Prozent als asexuell. Personen aus der Gen Z haben eine doppeltsogroße Wahrscheinlichkeit, sich als bi-/pan-/omni- oder asexuell zu bezeichnen.

Gegenüber der letzten Umfrage von 2021 ist die Sichtbarkeit von LSBTIQ* deutlich gestiegen. So geben beispielsweise 47% der Befragten an, Verwandte, Freund*innen oder Kolleg*innen zu haben, die homosexuell sind. 26% der Personen kennen einen bisexuellen Menschen und 13% eine trans* Person.

Durschschnittlich stimmen 56% der Befragten in den 30 Ländern der Ehe für alle zu.

Die Mehrheit der Befragten in den 30 Ländern (76 Prozent) spricht sich dafür aus, trans* Personen vor Diskriminierung bei der Arbeit am Wohnort und beim Zugang zu Räumen wie Restaurants zu schützen.

4. Analyse über Afrika von Amnesty International 2024

Amnesty International dokumentiert Anfang 2024 in einer Analyse, wie in zwölf afrikanischen Ländern verstärkt Gesetze als Unterdrückungsinstrumente gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen eingesetzt werden.

2023 wurden in mehreren afrikanischen Ländern diskriminierende Gesetze ins Parlament eingebracht oder verabschiedet, die Hass gegen lesbische, schwule, bisexuelle, trans und intergeschlechtliche Menschen (LGBTI+) schüren. Amnesty International dokumentiert, wie sich die Situation für LGBTI+ in zwölf afrikanischen Ländern 2023 dramatisch verschlechtert hat. Grundlage dafür sind insbesondere rechtliche Mittel, die zunehmend als Waffen gegen LGBTI+ eingesetzt werden.

n Afrika kriminalisieren 31 Länder einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen, obwohl dies in klarem Widerspruch zu regionalen von der Afrikanischen Union etablierten und internationalen Menschenrechtsstandards steht. In Uganda, wo gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen bereits verboten waren, hat sich 2023 die Situation mit der Verabschiedung des drakonischen Anti-Homosexualitätsgesetzes weiter verschlimmert. Das Gesetz sieht u.a. die Todesstrafe für "schwerwiegende Homosexualität" und eine Gefängnisstrafe für die Unterstützung von Homosexualität vor. Das Inkrafttreten des Gesetzes in Uganda hat zu Gesetzesinitiativen in mehreren anderen afrikanischen Ländern geführt, deren Inhalte ähnlich formuliert sind. 

In Ghana sind LGBTI+ bereits jetzt einer ganzen Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Die Situation könnte für sie noch gefährlicher werden, wenn das ghanaische Parlament einen der schärfsten Gesetzentwürfe gegen LGBTI+ auf dem gesamten Kontinent weiter vorantreibt.

In Malawi leben LGBTI+ in einem erschreckend feindlichen Umfeld. Eine diskriminierende Gesetzgebung und anhaltende Menschenrechtsverletzungen schaffen eine Atmosphäre der Angst und Unterdrückung. 

In Kenia hat 2023 ein Abgeordneter einen Gesetzentwurf zum "Schutz der Familie" vorgelegt. Der Gesetzentwurf zielt darauf ab, einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zu verbieten. Der Entwurf enthält Maßnahmen, die Grundrechte wie das Versammlungsrecht sowie das Recht auf Privatsphäre, den Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit einschränken und den Asylgrund der Verfolgung aufgrund von sexueller Orientierung und Identität abschaffen könnten.

Amnesty International fordert alle afrikanischen Staaten auf, die Menschenrechte aller Personen gleichermaßen zu schützen und von Bestrebungen, einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen zu kriminalisieren, abzusehen.

Die vollständige Analyse von Amnesty hier lesen.

Weiterlesen