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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

2. Jahrestag des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan (BAP)

LSVD⁺ fordert Einhaltung des Versprechens von Bundesregierung

Pressemitteilung vom 17.10.2024

Berlin, 17.10.2024. Nach zwei Jahren Bundesaufnahmeprogramm Afghanistan warnt der LSVD– Verband Queere Vielfalt in einem Bündnis von 7 NGOs: Letzte Chance, der humanitären Verpflichtung gerecht zu werden. Zwei Jahre nach dem Anlaufen des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan (BAP) steht die Zukunft des für gefährdete Afghan*innen überlebenswichtigen Programm auf der Kippe. Die laufenden Verhandlungen um den Bundeshaushalt 2025 sind die letzte Chance, die Fortführung des BAP zu sichern. Sieben zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Weiterfinanzierung und, wie im Koalitionsvertrag angekündigt, die Umsetzung des Programms im Jahr 2025.

Dazu erklärt Dr. Jörg Hutter aus dem Bundesvorstand des LSVD– Verband Queere Vielfalt:

„Dass die Bundesregierung im Juli erklärt hat, kein weiteres Geld mehr für das Bundesaufnahmeprogramm ab 2025 zur Verfügung zu stellen, ist nichts anderes als eine Kapitulationserklärung! Das Bundesaufnahmeprogramm ist ein innovatives Konzept für reguläre Migration, das nachweislich Leben rettet. Das Programm muss weitergeführt werden. LSBTIQ* sind mit am stärksten von den Taliban verfolgt: Die Taliban werden genau das machen, was sie angekündigt haben – die Betreffenden nach ihrer zwangsweisen Rückkehr internieren und töten: durch Folter, Steinigungen und lebendiges Begraben unter Mauern.

Hunderten queeren Menschen wurden bereits eine Aufnahme offiziell in Aussicht gestellt. Ihnen hat Deutschland sein Wort gegeben. Ein Ende des BAP würde die Leben dieser Menschen kosten. LSBTIQ*-Personen stellen leider nur einen sehr kleinen Teil der humanitären Aufnahmen aus Afghanistan (Menschenrechtsliste, Überbrückungsprogramm und Bundesaufnahmeprogramm) dar. Trotzdem ist es umso wichtiger, dass das Programm jetzt unbedingt fortgesetzt wird. Das Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan vorzeitig zu beenden, würde zudem einer Steilvorlage für Rechtsaußen gleichen.“

Gemeinsames Statement von Artistic Freedom Initiative (Michael Mai), Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e. V.), International Rescue Committee (IRC) Deutschland, Kabul Luftbrücke, LSVD– Verband Queere Vielfalt, MISSION LIFELINE International, move on - menschen.rechte Tübingen e.V., TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V.:

„Das BAP ist am 17. Oktober 2022 angelaufen, um besonders gefährdeten Afghan*innen Schutz in Deutschland über einen geregelten Zufluchtsweg zu ermöglichen. Mit dem Programm verpflichtet sich die Bundesregierung zu ihrer humanitären Verantwortung gegenüber der afghanischen Zivilbevölkerung nach dem ungeordneten Abzug 2021.

Laut Aufnahmeanordnung des Bundesinnenministeriums (BMI) sollen monatlich bis zu 1.000 Aufnahmezusagen für gefährdete Afghan*innen erteilt werden. Mit einer angekündigten Laufzeit bis zum Ende der aktuellen Legislaturperiode war eine Aufnahme von bis zu 36.000 schutzbedürftigen Menschen geplant. Doch das BAP wurde bis jetzt nicht vollumfänglich umgesetzt: Statt den ursprünglich geplanten 1.000 Personen pro Monat sind in den letzten zwei Jahren lediglich 682 Personen nach Deutschland eingereist.[1] Die abschließende Bearbeitung von bereits ausgewählten Anträgen durch die zuständigen Stellen ist seit Juli 2024 unterbrochen.

Seit August 2021 hat sich die Situation für die afghanische Zivilbevölkerung kontinuierlich verschlechtert. Insbesondere Frauen und Mädchen werden aufgrund ihres Geschlechts systematisch diskriminiert und erleben täglich Verletzungen ihrer grundlegenden Freiheiten und Menschenrechte. Im Haushaltsentwurf für 2025 sind im Budget des BMI keine Mittel mehr für das BAP vorgesehen. Das betrifft etwa 17.000 Personen, die bereits von den Stellen der Bundesregierung vorausgewählt und kontaktiert wurden. Für diese Menschen ist das BAP die einzige Zukunftsperspektive. Ein ungeordneter Abbruch des Aufnahmeprogramms hätte fatale Konsequenzen für sie.

Ein vorzeitiger und ungeordneter Abbruch dieses elementaren Aufnahmeprogramms wird bedeuten, dass besonders gefährdete Menschen in Afghanistan zurückgelassen werden. Bereits getätigte Investitionen in die Umsetzung des Aufnahmeprogramms wie der Aufbau einer Koordinierungsstelle werden keine Wirkung entfalten können. Mit einem Abbruch des Programms droht die Bundesregierung weder ihrer humanitären Verantwortung noch einer feministischen Außenpolitik gerecht zu werden und entgegen den eigenen Zusagen für humanitäre Aufnahmen in 2025, die gegenüber der Europäischen Union gemacht wurden, zu handeln.

IRC und 7 NGOs appellieren an die Bundesregierung sowie die Mitglieder des Bundestags:

  1. Das BAP - wie geplant - mindestens bis Ende der Legislaturperiode vollumfänglich zu finanzieren.
  1. Das gesteckte Ziel der Aufnahme von bis zu 1.000 gefährdeten Personen im Monat - also insgesamt bis zu 36.000 Personen in der gesamten Laufzeit - weiterzuverfolgen und umzusetzen.“

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[1] Stand Oktober 2024

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