Neuwahlen dürfen keine Bühne für Queerfeindlichkeit werden
LSVD⁺ warnt vor Rückschritten für LSBTIQ*
Nach der verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz stehen in Deutschland politische Neuwahlen bevor. Der LSVD⁺ - Verband Queere Vielfalt mahnt die Parteien, im Wahlkampf Verantwortung für die Rechte von LSBTIQ*-Personen zu übernehmen und queerfeindliche Positionen zu entkräften. Dazu erklärt Julia Monro aus dem Bundesvorstand des LSVD⁺:
Besonders besorgniserregend sind Passagen im aktuellen Wahlprogramm der CDU/CSU, die das erst im November 2024 in Kraft getretene Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) infrage stellen. Das SBGG stellt einen Meilenstein dar, um trans*, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen in Deutschland diskriminierungsfreie Verfahren zur Änderung des Personenstands zu ermöglichen.
Das Selbstbestimmungsgesetz ist ein menschenrechtlicher Fortschritt, der jahrzehntelange Bevormundung beendet und das verfassungsmäßige Recht auf Selbstbestimmung stärkt. Dieser Schritt folgt elf weiteren Ländern in der Erfüllung der EU-Resolution 2048 und war lange überfällig. Jetzt eine Abschaffung des SBGG zu fordern ist reaktionär und kein „Politikwechsel“. Das SBGG in einem Zug mit der gesetzlichen Regelung von geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen zu nennen, zeugt erneut von einem undifferenzierten und vorurteilsbeladenen Blick auf die Lebensrealitäten von transgeschlechtlichen Menschen. Medizinische Maßnahmen werden vom SBGG nicht geregelt und sind spätestens seit dem BSG-Urteil im Oktober 2023 vom Gesetzgeber neu zu regeln. Mit diesem politischen Umgang wird immer mehr Öl ins Feuer einer ohnehin aufgeheizten gesellschaftlichen Debatte gegossen, die zu oft in Gewalt gegen queere Menschen führt. Es geht nicht um Nischenthemen, sondern um Menschenwürde und Respekt. Statt das SBGG abzuschaffen, muss es gezielt dort verbessert werden, wo noch diskriminierende Hürden bestehen.
Politische Verantwortung bedeutet, alle Menschen im Blick zu haben. Ein Land zu führen heißt auch die Rechte von Minderheiten zu respektieren und sie nicht einer privilegierten Mehrheitsgesellschaft zu opfern. Populistische Kampagnen gegen queere Rechte vergiften den Diskurs und das gesellschaftliche Miteinander. Rufe nach Verboten von geschlechterinklusiver Sprache tragen zur Ausgrenzung nicht-binärer Menschen bei und damit auch zu gesellschaftlicher Spaltung. Sprachzwänge wie dieser stehen einer liberalen Gesellschaftsordnung diametral entgegen.
Die kommenden Monate müssen genutzt werden, um die Gesellschaft nicht weiter zu spalten, sondern gemeinsam gegen Hass und Ausgrenzung und damit auch für die Demokratie zu kämpfen. Gerade in Zeiten, in denen LSBTIQ*-feindliche Hetze international zunimmt, brauchen wir ein klares Bekenntnis zu Vielfalt, Demokratie und Menschenrechten in Deutschland.
Die Parteien sollten sich außerdem endlich dazu bekennen, Artikel 3 des Grundgesetzes zu erweitern um dem Diskriminierungsschutz für alle queeren Menschen in Deutschland Verfassungsrang einzuräumen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock erneuerte zudem im Rahmen der Equal Rights Coalition – Konferenz in Berlin das Versprechen, sich für dieses zentrale queerpolitische Anliegen einzusetzen.
Der LSVD⁺ wird den Wahlkampf kritisch analysieren und queerpolitische Wahlprüfsteine veröffentlichen, um die verschiedenen parteipolitischen Positionen zu LSBTIQ*-Themen transparent zu machen. Als Teil der Zivilgesellschaft stehen wir allen demokratischen Parteien zur Seite, um gemeinsam an der Verbesserung der Lebenssituation von LSBTIQ*-Bürger*innen in Deutschland zu arbeiten. Wir rufen alle Parteien dazu auf, sachliche, faktenbasierte und inklusive queerpolitische Positionen in den Wahlkampf zu tragen.
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