Empfehlungen: Schutzverhalten für queere Menschen
Guidelines zum Schutz vor Hasskriminalität auf CSDs und beim Dating

Die Zahlen von Hasskriminalität gegenüber LSBTIQ* steigen in Deutschland seit Jahren kontinuierlich an, bei CSD-Veranstaltungen kommt es vermehrt zu rechtsextremen Gegenprotesten mit teils gewaltbereiten Teilnehmenden und immer wieder wird davon berichtet, dass insbesondere queere Männer über Dating-Plattformen in einen Hinterhalt gelockt werden.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass queere Menschen wissen, wie sie sich am besten vor Hasskriminalität schützen können.
Aus diesem Grund stellen wir in diesem Beitrag Guidelines zum Schutz vor Hasskriminalität bei CSD-Veranstaltungen und Tipps zum sicheren Dating zusammen. Zudem geben wir einen Überblick über Beratungsstellen und polizeiliche Ansprechpersonen für LSBTIQ*, an die sich queere Menschen wenden können, wenn sie Opfer von Hasskriminalität geworden sind.
Inhaltsverzeichnis
- Guidelines: Schutz vor Hasskriminalität beim CSD
- Guidelines zum sichereren Dating (Safer Dating)
- Eine Anzeige bringt doch nichts… oder doch?
- Beratungsstellen und polizeiliche Ansprechpersonen für LSBTIQ*
1. Guidelines: Schutz vor Hasskriminalität beim CSD
Im Rahmen von CSD-Veranstaltungen kommt es leider gehäuft zu Fällen von Hasskriminalität gegen LSBTIQ*. Zunehmend mobilisieren rechtsextreme Kräfte zudem zu Anti-CSD-Protesten, wobei Teilnehmende ihre Queerfeindlichkeit unter anderem durch Gewalttaten zum Ausdruck bringen.
Die folgenden Guidelines zeigen dir auf, wie du dich vor Hasskriminalität bei CSDs schützen kannst:
1. Gemeinsam ist sicherer
- Gehe möglichst in Gruppen – vermeide es, allein zu Veranstaltungen oder zurück nach Hause zu gehen.
- Nutze Buddy-Systeme, besonders bei Nacht oder auf dem Heimweg.
2. Aufmerksam bleiben
- Achte auf dein Umfeld, vor allem an neuralgischen Punkten wie Bahnhöfen, dunklen Ecken oder außerhalb der Demo-Route.
- Melde verdächtige Personen oder Zwischenfälle frühzeitig an Ordner*innen oder die Polizei.
3. Notfallnummern parat haben
- Speichere Notrufnummern (110) und ggf. die Nummer einer Ansprechperson oder einer Anlaufstelle für queere Menschen.
- Viele CSDs haben Awareness-Teams mit eigenen Notrufnummern – speichere auch diese.
4. Dokumentieren statt eskalieren
Wenn du Zeug*in von Hass oder Gewalt wirst:
- Rufe sofort die 110.
- Wenn möglich, filme oder fotografiere – aber bring dich nicht selbst in Gefahr.
- Notiere Ort, Zeit und Beschreibung der Täter*innen. Anzeige erstatten ist dein gutes Recht!
5. Nach dem Vorfall: Hilfe holen
- Wende dich an queere Beratungsstellen oder Opferhilfe-Organisationen (z. B. Strong!, MIQ, Maneo, queere Zentren in deiner Nähe).
- Wende dich an die polizeilichen Ansprechpersonen für LSBTIQ*.
- Du musst nichts alleine durchstehen – Community-Support ist da.
2. Guidelines zum sichereren Dating (Safer Dating)
Immer wieder wird in den Medien über Fälle berichtet, bei denen insbesondere queere Männer über Dating-Plattformen in einen Hinterhalt gelockt und dort überfallen und ausgeraubt werden.
Die folgenden Guidelines geben dir Tipps für Safer Dating. Dadurch kannst du dich vor solchen Übergriffen, Erpressung und Gewalt auf Plattformen wie GayRomeo oder Grindr besser schützen.
1. Vertraue deinem Bauchgefühl
- Wenn etwas „komisch“ wirkt – Profil, Verhalten, Gespräch – nimm Abstand.
- Zwing dich nicht zu einem Treffen, nur weil du schon verabredet bist.
2. Ort mit Bedacht wählen
- Triff dich beim ersten Mal nicht bei dir oder bei der Person, sondern an einem öffentlichen Ort (Café, Park oder Bar).
- Keine abgelegenen Orte (Wälder, Parkplätze oder verlassene Gebäude) beim ersten Treffen – besonders nachts.
3. Sicherheits-Backup aktivieren
- Sag einer befreundeten Person Bescheid: "Ich treffe X um Y Uhr da und da. Ich melde mich danach."
- Schick im Zweifel das Profil, einen Screenshot oder den Treffpunkt – viele nutzen auch Check-in-Apps wie „Wo ist?“ oder „Glympse“.
4. Kein Druck, kein Zwang
- Lass dich zu nichts überreden – egal ob Drogen, ungeschütztem Sex oder bestimmten Praktiken.
- Seriöse Partner*innen akzeptieren deine Grenzen.
- Bei Zwang oder Bedrohung: Raus da. Jetzt.
5. Anonymität schützt
- Gib deinen echten Namen, Adresse und Job erst preis, wenn du Vertrauen aufgebaut hast.
- Keine privaten Daten im Profil. Keine intimen Bilder mit Gesicht oder klaren Merkmalen, wenn du dich damit unwohl fühlst.
6. Erpressung & Gewalt vorbeugen
Wirst du mit Nacktfotos oder deinem Outing bedroht? Sofort:
- Kontakt abbrechen, Beweise sichern (rechtssichere Screenshots).
- Anzeige bei der Polizei – auch, wenn's unangenehm ist. Du bist nicht schuld. Du kannst polizeiliche und queersensible Ansprechpersonen für LSBTIQ* der Polizei hinzuziehen.
- Plattformen wie Romeo haben Melde-Funktionen – nutze sie!
7. Notfall = 110
- Scheu dich nicht, die Polizei zu rufen, wenn du bedroht, verletzt oder ausgeraubt wirst. Hasskriminalität gegen queere Menschen ist eine Straftat.
- Beratungsstellen helfen dir anonym weiter – z. B. Maneo, Strong!, rosa Strippe, MIQ, Queere Opferschutzstellen etc.
Merke: Du hast das Recht auf ein sicheres, selbstbestimmtes Sexleben – ohne Angst vor Gewalt oder Erpressung.
3. Eine Anzeige bringt doch nichts… oder doch?
Wenn du die Ressourcen und Möglichkeiten hast, zeige an. Denn deine Anzeige kann viel bewirken; nur wenn du die Tat anzeigst, können die Täter*innen verurteilt werden.
Jede Anzeige zählt! Jede Anzeige fließt in die Statistik für politisch motivierte Kriminalität ein. In manchen Fällen steht dir auch Schmerzensgeld zu.
Jede Anzeige landet in den PMK-Statistiken (politisch-motivierte-Kriminalität-Statistik). Diese können den notwendigen politischen Druck erzeugen, um die Sicherheit von queeren Menschen zu verbessern.
Denn was nicht angezeigt wird, schützt nur die Täter*innen. Sie haben bei Hasskriminalität gegen queere Menschen eine höhere Strafe zu erwarten (§46 StGB). Zudem kann der politische Druck auf die Politik aufgrund der ansteigenden Zahlen zu Queerfeindlichkeit Folgendes bewirken:
- Stärkere Aufklärung und Sensibilisierungen in Bildungseinrichtungen
- Auf- bzw. Ausbau der Schulungen in öffentlichen Einrichtungen und in der Verwaltung
- Erhöhung des rechtlichen Schutzes und der Sicherheitskonzepte
- Verstärkte Einrichtung von mehr Expertisen, Ansprechpersonen bei Polizei, Staatsanwaltschaften und Arbeitgeber*innen.
Mit diesem Link kommst du zur Online-Wache und kannst direkt Anzeige erstatten.
4. Beratungsstellen und polizeiliche Ansprechpersonen für LSBTIQ*
Bundesweit
- Meldestelle Antifeminismus
- Amadeu-Antonio-Stiftung: Die AAS unterstützt queere Initiativen und auch spezifisch CSDs in Ostdeutschland: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/foerderung/beantragen-durchfuehren-abschliessen/
Bei Hass im Netz:
Baden-Württemberg
Bayern
- Strong! Beratungsstelle - Fachstelle - Hate-Speech-Meldestelle
- Projekt „Zeig’s an!“ des Polizeipräsidiums München
Berlin
Brandenburg
- AGNES - Beratung von Opfern von homophober Gewalt und Kriminalitätsdelikten, Gewaltprävention
- Polizeiliche Ansprechperson für LSBTIQ*
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
- MIQ – Melde- und Informationsstelle für Queerfeindlichkeit in NRW
- Polizeiliche Ansprechpersonen für LSBTIQ*: Köln, Münster, Bielefeld
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
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