Menu
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Keine Einstufung sicherer Herkunftsstaaten per Verordnung!

LSVD⁺ kritisiert Gesetzesentwurf scharf

Pressemitteilung vom 10.07.2025

Berlin, 10.07.2025. Nach dem Beschluss des Bundeskabinetts am 4. Juni wurde der Gesetzesentwurf zur Bestimmung sicherer Herkunftsstaaten und sicherer Drittstaaten in erster Lesung verabschiedet. Er sieht vor, unter anderem die geplante Einstufung Marokkos, Algeriens, Tunesiens und Indiens als sogenannte “sichere Herkunftsstaaten” zu erleichtern. Damit soll einerseits die bisher notwendige Zustimmung des Bundesrats wie auch andererseits die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umgangen werden können. Alva Träbert kommentiert hierzu für den Bundesvorstand des LSVD⁺ - Verband Queere Vielfalt:

Wir stellen uns klar gegen diese erneute Verschärfung der Asylpolitik und lehnen das Gesetzesvorhaben zur Einstufung von Herkunftsstaaten per Rechtsverordnung in aller Deutlichkeit ab. In den drei Maghrebstaaten sind LSBTIQ* der Gefahr von mehrjährigen Haftstrafen, Folter durch Zwangsanaluntersuchungen und massiver Gewalt durch die Gesellschaft ausgesetzt. Länder per Rechtsverordnung als “sichere Herkunftsstaaten” zu erklären blendet nicht nur die Lebensrealität und Verfolgungserfahrungen zahlloser (queerer) Geflüchteter aus, es ist auch zutiefst undemokratisch. Die Beteiligung der Zivilgesellschaft in einem regulären Gesetzgebungsverfahren wäre dringend notwendig.  

Nicht ohne Grund hat sich der Bundesrat bislang gegen die Aufnahme von Marokko, Algerien und Tunesien in die Liste sicherer Herkunftsstaaten gestellt.  Die geplante beschleunigte Bestimmung per Verordnung ist inakzeptabel! Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen nur solche Staaten als “sicher” eingestuft werden, in denen alle Personen- und Bevölkerungsgruppen vor Gewalt sicher sind. Diese grundrechtlichen Mindestanforderungen gilt es einzuhalten und zu verteidigen.. 

Eine Einstufung als vermeintlich sicherer Herkunftsstaat bedeutet massive Einschränkungen für Asylsuchende aus diesen Ländern: Es wird unter anderem das Asylverfahren beschleunigt, die Klagefrist gegen einen negativen Asylbescheid auf eine Woche verkürzt und Schutzsuchende sogar aus einem noch laufenden Asylverfahren heraus abgeschoben. Dies trifft gerade auch LSBTIQ* Geflüchtete, da sie sich oft bei der Anhörung aus begründeter Angst und Scham nicht outen und ihren triftigen Asylgrund, nämlich die queerfeindliche Verfolgung, gar nicht vortragen. 

Wenn trotz der erheblichen Bedenken dieser Entwurf beschlossen wird, müssen LSBTIQ* Antragsteller*innen aus den als “sicher” eingestuften Ländern aufgrund ihrer besonderen Vulnerabilität von den geplanten Schnellverfahren ausgenommen werden, und ihre Schutzgesuche dürfen grundsätzlich niemals als “offensichtlich unbegründet” abgelehnt werden. Dazu ist eine systematische, flächendeckende Identifizierung besonderer Schutzbedarfe unter Beteiligung der Zivilgesellschaft notwendig. Sonst droht LSBTIQ* Abschiebung, Gewalt und Lebensgefahr, bevor Deutschland über ihren Schutzanspruch überhaupt entschieden hat.

Weiterlesen:

LSVD⁺-Bundesverband

Pressekontakt

Pressesprecher*in Kerstin  Thost

LSVD⁺-Bundesverband 
Hauptstadtbüro
Almstadtstraße 7
10119 Berlin 

Tel.: (030) 78 95 47 78
Fax: (030) 78 95 47 79
E-Mail: presse@lsvd.de

zuständiges Vorstandsmitglied

Alva Träbert