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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

LSBTI in Deutschland: Erfahrungen mit Diskriminierung und Gewalt

Erfahrungen von über 16.000 Befragten aus Deutschland

Wie offen leben, Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen im Alltag? Wie viele erleben lsbti-feindliche Hassgewalt und homo bzw. transphob motivierte Hasskriminalität? Wie viele Betroffene gehen zur Polizei?

Gewalterfahrungen von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI) in Deutschland

Am 14. Mai 2020  hat die EU-Grundrechteagentur (FRA) die Ergebnisse des zweiten großen LGBTI-Survey veröffentlicht. An der Onlineumfrage haben sich knapp 140.000 Menschen aus 30 Ländern (28 EU-Staaten inkl. Großbritannien, Serbien und Nordmazedonien) beteiligt, davon über 16.000 aus Deutschland. Sie ist damit die größte internationale Umfrage unter LGBTI. Hier übersetzen wir Ergebnisse für Deutschland zu den Bereichen Offenheit im Alltag, Hasskriminalität und Gewalt.

  1. Offenheit im Alltag
  2. Erfahrungen von Hassgewalt
  3. Erfahrungen von Hasskriminalität und Belästigung in den letzten 12 Monaten
  4. Folgen von Hasskriminalität für die Betroffenen
  5. Anzeigeverhalten nach Hassgewalt

1. Offenheit im Alltag

45% der Befragten vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner*/ ihrer Partnerin* Händchen zu halten (EU-Durchschnitt: 61%)

  • 19% vermeiden es nie, 36% selten, 29% oft und 16% immer
  • 28% der lesbischen Befragten vermeiden es oft oder immer, mit ihrer Partnerin Händchen zu halten
  • 58% der schwulen Befragten vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner Händchen zu halten
  • 32% der befragten bisexuellen Frauen vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner*in Händchen zu halten 
  • 61% der befragten bisexuellen Männer vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner*in Händchen zu halten 
  • 33% der trans* Befragten vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner*in Händchen zu halten 
  • 37% der inter* Befragten vermeiden es oft oder immer, mit ihrem Partner*in Händchen zu halten

57% sind ziemlich bis sehr offen bezüglich ihrer LGBTI-Identität (EU-Durchschnitt: 47%)

  • 24% (fast) nie, 19% selten, 25% ziemlich und 32% sehr offen

Aus Angst vor Gewalt meiden 24% aller Befragten oft oder immer bestimmte Orte und Plätze (EU-Durchschnitt: 33%)

  • 20% der lesbischen Befragten vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung
  • 27% der schwulen Befragten vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung
  • 15% der befragten bisexuellen Frauen vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung
  • 21% der befragten bisexuellen Männer vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung
  • 31% der trans* Befragten vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung
  • 41% der inter* Befragten vermeiden oft oder immer bestimmte Plätze und Orte aus Angst vor Gewalt oder Belästigung

An welchen Orten meiden es lesbische Frauen aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 3%
  • Bei ihrer Familie: 13%
  • in der Schule: 8%
  • am Arbeitsplatz: 22%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 24%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 49%
  • auf der Straße: 49%
  • im Gesundheitswesen: 13%

An welchen Orten meiden es schwule Männer aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 4%
  • Bei ihrer Familie: 14%
  • in der Schule: 15%
  • am Arbeitsplatz: 26%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 31%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 62%
  • auf der Straße: 63%
  • im Gesundheitswesen: 17%

An welchen Orten meiden es bisexuelle Frauen aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 9%
  • Bei ihrer Familie: 32%
  • in der Schule: 19%
  • am Arbeitsplatz: 33%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 27%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 48%
  • auf der Straße: 48%
  • im Gesundheitswesen: 21%

An welchen Orten meiden es bisexuelle Männer aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 20%
  • Bei ihrer Familie: 42%
  • in der Schule: 30%
  • am Arbeitsplatz: 47%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 37%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 55%
  • auf der Straße: 50%
  • im Gesundheitswesen: 29%

An welchen Orten meiden es trans* Personen aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 8%
  • Bei ihrer Familie: 25%
  • in der Schule: 16%
  • am Arbeitsplatz: 35%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 34%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 47%
  • auf der Straße: 45%
  • im Gesundheitswesen: 31%

An welchen Orten meiden es inter* Personen aus Angst vor Gewalt oder Belästigung offen zu sein?

  • Zuhause: 14%
  • Bei ihrer Familie: 27%
  • in der Schule: 19%
  • am Arbeitsplatz: 34%
  • im Café, Restaurant, Diskothek: 28%
  • im öffentlichen Nahverkehr: 45%
  • auf der Straße: 37%
  • im Gesundheitswesen: 30%

Ich bin am Arbeitsplatz vollkommen ungeoutet.

  • 7% der lesbischen Befragten
  • 14% der schwulen Befragten
  • 20% der befragten bisexuellen Frauen
  • 45% der befragten bisexuellen Männer
  • 31% der trans* Befragten
  • 40% der inter* Befragten

2. Erfahrungen von Hassgewalt

Wie viele haben in den letzten 12 Monaten Belästigungen und Gewalt erfahren?

  • 5% der lesbischen Befragten
  • 5% der schwulen Befragten
  • 4% der befragten bisexuellen Frauen
  • 5% der befragten bisexuellen Männer
  • 10% der trans* Befragten
  • 11% der inter* Befragten
  • EU-weit erlebten 1 von 5 trans* / inter*Personen körperliche oder sexualisierte Gewalt in den letzten fünf Jahren. Das ist doppelt so oft wie der Durchschnitt von LGBTI insgesamt.

13% wurden in den letzten fünf Jahren angegriffen, weil sie LSBTI sind (EU-Durchschnitt: 11%)

  • 13% der lesbischen Befragten
  • 13% der schwulen Befragten
  • 10% der befragten bisexuellen Frauen
  • 10% der befragten bisexuellen Männer
  • 19% der trans* Befragten
  • 23% der inter* Befragten

Wurden in den letzten fünf Jahren mehr als einmal angegriffen, weil sie LSBTI sind.

  • 48% der lesbischen Befragten
  • 46% der schwulen Befragten
  • 49% der befragten bisexuellen Frauen
  • 48% der befragten bisexuellen Männer
  • 59% der trans* Befragten
  • 60% der inter* Befragten

Passierte der letzte physische bzw. sexualisierte Angriff zu Hause?

  • 5% der lesbischen Befragten: ja
  • 4% der schwulen Befragten: ja
  • 5% der befragten bisexuellen Frauen: ja
  • 8% der befragten bisexuellen Männer: ja
  • 11% der trans* Befragten: ja
  • 12% der inter* Befragten: ja

Passierte der letzte physische bzw. sexualisierte Angriff am Arbeitsplatz?

  • 5% der lesbischen Befragten: ja
  • 3% der schwulen Befragten: ja
  • 3% der befragten bisexuellen Frauen: ja
  • 8% der befragten bisexuellen Männer: ja
  • 5% der trans* Befragten: ja
  • 3% der inter* Befragten: ja

Passierte der letzte physische bzw. sexualisierte Angriff in einem Café, Restaurant, Bar oder Club?

  • 18% der lesbischen Befragten: ja
  • 11% der schwulen Befragten: ja
  • 23% der befragten bisexuellen Frauen: ja
  • 10% der befragten bisexuellen Männer: ja
  • 6% der trans* Befragten: ja
  • 4% der inter* Befragten: ja

Passierte der letzte physische bzw. sexualisierte Angriff im öffentlichen Nahverkehr?

  • 15% der lesbischen Befragten: ja
  • 15% der schwulen Befragten: ja
  • 13% der befragten bisexuellen Frauen: ja
  • 13% der befragten bisexuellen Männer: ja
  • 19% der trans* Befragten: ja
  • 17% der inter* Befragten: ja

Passierte der letzte physische bzw. sexualisierte Angriff auf der Straße?

  • 51% der lesbischen Befragten: ja
  • 54% der schwulen Befragten: ja
  • 46% der befragten bisexuellen Frauen: ja
  • 46% der befragten bisexuellen Männer: ja
  • 48% der trans* Befragten: ja
  • 43% der inter* Befragten: ja

Waren bei dem letzten Angriff die Täter*in alleine oder in der Gruppe?

  • 65% der lesbischen Befragten: allein
  • 50% der schwulen Befragten: allein
  • 60% der befragten bisexuellen Frauen: allein
  • 58% der befragten bisexuellen Männer: allein
  • 52% der trans* Befragten: allein
  • 48% der inter* Befragten: allein

Welches Geschlecht hatten die Täter*innen des letzten Angriffs?

  • 90% der lesbischen Befragten: männlich
  • 90% der schwulen Befragten: männlich
  • 86% der befragten bisexuellen Frauen: männlich
  • 93% der befragten bisexuellen Männer: männlich
  • 88% der trans* Befragten: männlich
  • 74% der inter* Befragten: männlich

Kannten sie die Täter*innen des letzten Angriffs ?

  • 63% der lesbischen Befragten: nein
  • 58% der schwulen Befragten: nein
  • 61% der befragten bisexuellen Frauen: nein
  • 48% der befragten bisexuellen Männer: nein
  • 56% der trans* Befragten: nein
  • 37% der inter* Befragten: nein

3. Erfahrungen von Hasskriminalität und Belästigung in den letzten 12 Monaten

 

  lesbische Frauen schwule Männer bisexuelle Frauen bisexuelle Männer trans* Personen inter* Personen alle Befragten
verbale Belästigung 26% 27% 19% 17% 35% 32% 33%
non-verbale Belästigung 30% 22% 20% 12% 34% 23% 31%
digitale Belästigung 6% 8% 8% 9% 15% 14% 12%
mehr als einmal beleidigt 62% 61% 57% 65% 69% 76% 63%
mehr als einmal persönlich bedroht 41% 51% 38% 62% 63% 64% 53%
mehr als einmal beleidigende oder drohende Gesten erlebt 76% 68% 76% 54% 81% 80% 72%
mehr als einmal beleidigende oder bedrohliche E-Mails / Texts erhalten 62% 65% 62% 73% 72% - 68%
mehr als einmal Ziel von Hasskommentaren in social media 58% 66% 64% 53% 78% 79% 67%

4. Folgen von Hasskriminalität für die Betroffenen

8% mussten medizinisch versorgt werden, nachdem sie Hasskriminalität erfahren haben

  • 6% der lesbischen Befragten
  • 11% der schwulen Befragten
  • 3% der befragten bisexuellen Frauen
  • 6% der befragten bisexuellen Männer
  • 10% der trans* Befragten
  • 16% der inter* Befragten

4% waren arbeitsunfähig, nachdem sie Hasskriminalität erfahren haben

  • 1% der lesbischen Befragten
  • 4% der schwulen Befragten
  • 3% der befragten bisexuellen Frauen
  • 1% der befragten bisexuellen Männer
  • 6% der trans* Befragten
  • 12% der inter* Befragten

22% hatten nach einer Erlebnis mit Hasskriminalität Angst vor die Tür zu gehen oder bestimmte Orte aufzusuchen.

  • 17% der lesbischen Befragten
  • 18% der schwulen Befragten
  • 22% der befragten bisexuellen Frauen
  • 20% der befragten bisexuellen Männer
  • 31% der trans* Befragten
  • 32% der inter* Befragten

38% hatten nach einer Erlebnis mit Hasskriminalität psychische Probleme (Depression, Angst u.a.)

  • 28% der lesbischen Befragten
  • 33% der schwulen Befragten
  • 37% der befragten bisexuellen Frauen
  • 33% der befragten bisexuellen Männer
  • 55% der trans* Befragten
  • 52% der inter* Befragten

Für 41% hatte das Erlebnis von Hasskriminalität keine Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden

  • 50% der lesbischen Befragten
  • 46% der schwulen Befragten
  • 35% der befragten bisexuellen Frauen
  • 50% der befragten bisexuellen Männer
  • 26% der trans* Befragten
  • 25% der inter* Befragten

5. Anzeigeverhalten nach Hassgewalt

13% sind zur Polizei gegangen, um den letzten physischen Angriff oder sexualisierte Gewalterfahrung anzuzeigen. (EU-Durchschnitt: 14%)

  • 10% der lesbischen Befragten
  • 17% der schwulen Befragten
  • 6% der befragten bisexuellen Frauen
  • 14% der befragten bisexuellen Männer
  • 12% der trans* Befragten
  • 20% der inter* Befragten

Warum wurde der letzte hassmotivierte physische oder sexualisierte Angriff nicht angezeigt?

 

  lesbische Frauen schwule Männer bisexuelle Frauen bisexuelle Männer trans* Personen inter* Personen Alle Befragten
nicht schlimm genug/ kam mir nicht in den Sinn 51% 33% 48% 31% 30% 13% 37%
glaubten nicht, dass das was bringen würde 47% 38% 47% 33% 39% 23% 40%
kein Vertrauen in die Polizei 14% 21% 18% 22% 30% 28% 21%
Angst vor Repressalien / Täter*in 5% 14% 12% 18% 15% 22% 13%
Scham 12% 19% 18% 21% 12% 22% 19%
Angst vor homo-/ Transphobie bei Polizei 15% 21% 23% 23% 33% 23% 23%
Wegen meines Aufenthalt-status 0% 2% 4% 0% 4% 2% 2%

Aus Deutschland haben sich insgesamt 16.119 Menschen an der Umfrage beteiligt. 19% davon waren lesbische Frauen (ca. 3.100), 47% schwule Männer (ca. 7.600), 9% bisexuelle Frauen (ca. 1.450), 7% bisexuelle Männer (ca. 1.100), 17% trans* Personen (ca. 2.750) und 1% inter* Personen (ca. 160).

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