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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Yogyakarta-Prinzipien: Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität

Erste systematische Gesamtschau auf die Menschenrechtsgewährleistung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT)

Als Interpretation und Ergänzung bestehender Menschenrechtsstandards und Schutzmechanismen sind die Yogyakarta-Prinzipien von grundsätzlicher politischer und juristischer Bedeutung. Sie setzen klare Maßstäbe für eine konsequente Menschenrechtspolitik auf internationaler wie nationaler Ebene.

Cover der deutschsprachigen Ausgabe der Die Yogyakarta-PrinzipienPrinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität

Update: Yogyakarta-Prinzipien +10

Die Yogyakarta-Prinzipien plus 10 (Y-P+10) wurden 2017 am 10. Geburtstag der Yogyakarta-Prinzipien  verabschiedet. Die neun zusätzlichen Prinzipien und 111 zusätzlichen staatlichen Verpflichtungen zur Anwendung internationaler Menschenrechtsnormen in Bezug auf sexuelle Orientierung, Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck und Geschlechtsmerkmale sind als Ergänzung und Erweiterung der ursprünglichen Prinzipien gedacht. Die deutsche Übersetzung ist als Band 4 der Schriftenreihe der Hirschfeld-Eddy-Stiftung erschienen und kann auch kostenlos als Printexemplar bei uns bestellt werden.

Was sind die Yogyakarta-Prinzipien?

Die im November 2006 verabschiedeten Yogyakarta Principles. Principles on the application of international human rights law in relation to sexual orientation and gender identity. sind die erste systematische Gesamtschau auf die Menschenrechtsgewährleistung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBT). Sie formulieren Anforderungen, die die bestehenden und völkerrechtlich bindenden Menschenrechtsstandards in Bezug auf sexuelle Minderheiten durchdeklinieren.

Die Yogyakarta-Prinzipien sind eine Reihe von Prinzipien zur Anwendung von internationalen Menschenrechten in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI). Die Prinzipien bekräftigen geltende internationale rechtliche Standards, die alle Staaten erfüllen müssen. Sie stellen eine andere Zukunft in Aussicht, in der alle frei und gleich an Würde und Rechten geborenen Menschen dieses kostbare Geburtsrecht genießen können.

Als Interpretation und Ergänzung bestehender Menschenrechtsstandards und Schutzmechanismen sind sie von grundsätzlicher politischer und juristischer Bedeutung. Sie setzen damit klare Maßstäbe für eine konsequente Menschenrechtspolitik auf internationaler wie nationaler Ebene.

Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die Menschenrechtsstiftung des LSVD, hat diese Prinzipien mit Unterstützung des Auswärtigen Amts ins Deutsche übersetzt und als Band 1 ihrer Schriftenreihe veröffentlicht. Die Yogyakarta-Prinzipien - Prinzipien zur Anwendung der Menschenrechte in Bezug auf die sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität können auch als Printexemplar bei uns bestellt werden.

Warum werden sie gebraucht?

Menschenrechtsverletzungen gegenüber Personen wegen ihrer tatsächlichen oder vermuteten sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität machen ein weltweites Verhaltensmuster von großer Bedeutung aus. Sie umfassen außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung, Missachtungen der Privatsphäre, willkürliche Inhaftierung, Verweigerung von Beschäftigung und Bildungsangeboten sowie massive Diskriminierung in Bezug auf den Genuss anderer Menschenrechte.

Wichtige Menschenrechtsmechanismen der Vereinten Nationen bekräftigen die Verpflichtung der Staaten, allen Menschen wirksamen Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität zu garantieren. Allerdings ist die internationale Reaktion bruchstückhaft und uneinheitlich gewesen. Daher rührt die Notwendigkeit eines übereinstimmenden Verständnisses der umfassenden Geltung internationaler Menschenrechtsstandards und ihrer Anwendung in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität. Genau das leisten die Yogyakarta-Prinzipien.

Wie sind die Yogyakarta-Prinzipien zustande gekommen?

Die Prinzipien wurden von einer Gruppe handverlesener Menschenrechtsexperten:innen aus verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichem Werdegang, darunter Richtern:innen, Akademiker:innen, eine ehemalige Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen, Sonderberichterstatter:innen der Vereinten Nationen, Mitglieder von Vertragsgremien, NGOs und anderen entwickelt und einstimmig verabschiedet. Der Berichterstatter des Vorgangs, Professor Michael O'Flaherty hat immense Beiträge beim Verfassen und bei der Überarbeitung der Yogyakarta-Prinzipien geleistet.

Eine zentrale Veranstaltung während der Entwicklung der Prinzipien war ein internationales Seminar von vielen dieser Rechtsexperten:innen. Es fand vom 06. bis 09. November 2006 an der Gadjah Mada Universität in Yogyakarta, Indonesien, statt. In diesem Seminar wurden Charakter, Umfang und Umsetzung der staatlichen Menschenrechtsverpflichtungen in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität nach geltenden Menschenrechtsverträgen und -gesetzen klargestellt.

Was decken sie ab?

Die Yogyakarta-Prinzipien widmen sich einer breiten Palette von Menschenrechtsstandards und ihre Anwendung auf Fragen in Bezug auf Fragen der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität. Diese umfassen außergerichtliche Hinrichtungen, Gewaltanwendung und Folter, Zugang zur Justiz, Privatleben, Nichtdiskriminierung, Rechte auf Ausdrucks- und Versammlungsfreiheit, Beschäftigung, Gesundheit, Bildung, Einwanderungs- und Flüchtlingsfragen, öffentliche Teilhabe und eine Vielfalt anderer Rechte.

Wie können diese Rechte umgesetzt werden?

Die Prinzipien bekräftigen die vorrangige Verpflichtung von Staaten, Menschenrechte umzusetzen. Jedes Prinzip ist mit genauen Empfehlungen an Staaten verbunden. Allerdings machen die Prinzipien auch deutlich, dass alle Akteur:innen verantwortlich sind, Menschenrechte zu fördern und zu schützen. Zusätzliche Empfehlungen richten sich deshalb an das Menschenrechtssystem der Vereinten Nationen, nationale Menschenrechtsinstitutionen, die Medien, Nichtregierungsorganisationen und andere.

Inhaltsangabe der Yogyakarta-Prinzipien

  • Präambel
  • Prinzip 01. Universalität der Menschenrechte
  • Prinzip 02. Die Rechte auf Gleichheit und Nichtdiskriminierung
  • Prinzip 03. Das Recht auf Anerkennung vor dem Gesetz
  • Prinzip 04. Das Recht auf Leben
  • Prinzip 05. Das Recht auf Sicherheit der Person
  • Prinzip 06. Das Recht auf Privatsphäre
  • Prinzip 07. Das Recht auf Schutz vor willkürlicher Inhaftierung
  • Prinzip 08. Das Recht auf einen fairen Prozess
  • Prinzip 09. Das Recht auf menschenwürdige Behandlung in der Haft
  • Prinzip 10. Schutz vor Folter, grausamer und erniedrigender Behandlung oder Strafe
  • Prinzip 11. Schutz vor allen Formen der Ausbeutung, vor Menschenkauf und –handel
  • Prinzip 12. Das Recht auf Arbeit
  • Prinzip 13. Das Recht auf soziale Sicherheit und andere soziale Schutzmaßnahmen
  • Prinzip 14. Das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard
  • Prinzip 15. Das Recht auf eine angemessene Wohnung
  • Prinzip 16. Das Recht auf Erziehung
  • Prinzip 17. Das Recht auf bestmögliche Gesundheitsstandards
  • Prinzip 18. Das Recht auf Schutz vor medizinischer Willkür
  • Prinzip 19. Das Recht auf Meinungs- und Ausdrucksfreiheit
  • Prinzip 20. Das Recht auf friedliche Versammlungsfreiheit
  • Prinzip 21. Das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
  • Prinzip 22. Das Recht auf Reisefreiheit
  • Prinzip 23. Das Recht auf Asylsuche
  • Prinzip 24. Das Recht auf Familiengründung
  • Prinzip 25. Das Recht auf Teilhabe am öffentlichen Leben
  • Prinzip 26. Das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben
  • Prinzip 27. Das Recht auf Förderung der Menschenrechte
  • Prinzip 28. Das Recht auf Wiedergutmachung (Opfer)
  • Prinzip 29. Strafrechtliche Verantwortung (Täter)
  • Zusätzliche Empfehlungen

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