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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

LSBTTIQ*-Vertretung im ZDF-Fernsehrat: „Viel Zeit, Geduld und Diplomatie“

Interview mit Jenny Luca Renner, seit 2016 von Thüringen für LSBTTIQ* im ZDF-Fernsehrat

Im März 2015 hatte sich die Landesregierung Thüringen in letzter Minute entschlossen, eine LSBTI-Vertretung in den ZDF-Fernsehrat zu entsenden. Die Kampagne des LSVD war erfolgreich. Seit 2016 übernimmt der LSVD Thüringen mit Jenny Luca Renner die Vertretung von LSBTI in diesem Gremium.

LSBTI müssen endlich im ZDF-Fernsehrat vertreten sein! 2015 war die Kampagne des LSVD erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil zum ZDF-Staatsvertrag deutlich gemacht, dass die bisherige Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates dem Grundsatz der Vielfaltsicherung nicht genügt. Im März 2015 hatte sich der Freistaat Thüringen in letzter Minute entschlossen, eine LSBTI-Vertretung in den ZDF-Fernsehrat zu entsenden. So wurde es in letzter Minute im neuen ZDF-Staatsvertrag verankert. Ein großer gesellschaftspolitischer Erfolg und wichtiges Signal für  Gleichberechtigung und gegen Diskriminierung. Seit 2016 übernimmt der LSVD Thüringen mit Jenny Luca Renner die Vertretung von LSBTI in diesem Gremium.

Rückblende: Im Juni 2016 war Deine erste Sitzung im ZDF-Fernsehrat. Weißt du noch, was dir damals durch den Kopf ging? Was würdest du dir aus heutiger Sicht mit auf den Weg geben?

Das war alles ziemlich aufregend, da ich ja wirklich niemanden vorher kannte und auch wusste, dass ich mit dem großen Lesbenstempel auf der Stirn umherlaufe. Gremienarbeit war mir ja nicht neu. Aber mit Vertreter:innen aus den wichtigsten Verbänden und Organisationen aus unserem Land an einem Tisch zu sitzen, dann schon. Wir wurden im Sender herumgeführt, uns wurde alles erklärt und Fotos wurden natürlich auch gemacht. Für einen ersten Überblick war das gut.

Wenn ich mir einen Ratschlag geben dürfte, dann, dass ich offensiver meine Forderungen mit Blick auf Transparenz vertreten darf und sollte. Die Menschen müssen wissen, was wir in diesem Gremium tun und dass, auch wenn wir für bestimmte Bereiche entsandt sind, wir eben das komplette Programm des ZDF und dessen Partner:innensender beaufsichtigen.

Was war dein schönstes Erlebnis oder deine eindrucksvollste Begegnung in den vier Jahren Fernsehrat? Was ärgert dich nach wie vor?

Diese Frage ist schwierig zu beantworten, da ich viele tolle Dinge erlebt habe und sehr beeindruckende Menschen kennengelernt habe. Was ich jedoch sehr eindrücklich gelernt habe, ist, dass man Menschen nicht an der entsendenden Organisation und deren Politik festmachen kann und darf.

Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu dem Vertreter der katholischen Kirche aufgebaut, vor allem auch zwischenmenschlich. Das ist deshalb sehr besonders, da er auf mich zukam und sich über unseren Verband und unsere Arbeit informierte. Ich glaube mittlerweile, dass man unabhängig von einigen politischen und grundlegenden Differenzen Gemeinsamkeiten stark machen sollte und nicht nur mit „Ausschließeritis“ durch die Welt geht. Und wenn diese Gemeinsamkeiten stark genug sind, lassen sich auch Verschiedenheiten diskutieren und alle Beteiligten lernen, ihren Blick ein wenig zu erweitern.

Und was mich ärgert? Dass das ZDF immer noch kein umfassendes Diversity-Konzept auf den Weg gebracht hat und sich hier im Klein-Klein verliert. Da habe ich tatsächlich viel zu tun.

Wie geht es denn nun weiter mit der LSBTTIQ*-Vertretung im ZDF-Fernsehrat?

Im Juni hat der Thüringische Landtag erneut den LSVD Thüringen für das LSBTTIQ*-Mandat im ZDF-Fernsehrat benannt und ist damit dem Wahlvorschlag der Fraktion Die Linke mehrheitlich gefolgt. Darüber hab ich mich sehr gefreut, denn das heißt, dass der Thüringer Landtag die Arbeit der letzten vier Jahre wertschätzt und ich weiter machen darf. Das ist toll.

Außerdem darf ich als stellvertretende Vorsitzende des Programmausschusses Programmdirektion die nächsten vier Jahre zusammen mit dem Vertreter der katholischen Kirche tätig sein. Das ist eine große Auszeichnung des Gremiums und wird eine zusätzliche Herausforderung.

Was viele nicht wissen ist, dass etwa auch Kika, Neo, Arte oder Funk zu den Partnerprogrammen des ZDFs gehören und der Fernsehrat teilweise auch für diese Programme zuständig ist. Wie sieht es dort aus mit LSBTI-Inhalten?

Bei den Partner:innenprogrammen ist es sehr unterschiedlich. Wir bespielen ja auch noch PHOENIX, 3 Sat, ZDF Neo, ARTE, FUNK, KIKA und ZDF Neo mit. Zumindest im Programm Partnerprogramme, in dem ich ja mit tätig bin, haben wir auch viel mit den Sendern zu tun. KIKA investiert derzeit sehr viel Geld und Zeit in das Thema Diversity. Ich bin gespannt, wie sich das auf das Programm auswirken wird. Da bin ich auch im ständigen Austausch mit dem Sender. Bei FUNK läuft es super und bei ARTE sind auch immer wieder tolle Inhalte zu sehen.

Andere Sender brauchen dafür etwas länger und sind schwerfälliger. Das liegt vor allem an den Strukturen. Aber ich bin frohen Mutes, dass sich da auch noch etwas tut. Es braucht eben viel Zeit, Geduld und Diplomatie. Einfach bloße Forderungen aufstellen und dann warten, dass etwas passiert, funktioniert in den Gremien eben nicht. Kontinuität, das bessere Argument aber eben auch gute Netzwerke sind enorm wichtig, um hier und da etwas zu verbessern.

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