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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Homophobie und Transfeindlichkeit werden beim Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus (NAP) weiter ignoriert

14. Menschenrechtsbericht der Bundesregierung zeigt, dass die Erweiterung unter den Tisch fällt

Die Erweiterung des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus um das Thema LSBTI-Feindlichkeit findet im Menschenrechtsbericht der Bundesregierung keine Erwähnung. Wie es mit dem Nationalen Aktionsplan (NAP) weitergehen soll bleibt im Unklaren.

mehrere Regenbogenflaggen

Seit vielen Jahren fordern wir einen wirksamen Nationalen Aktionsplan gegen LSBTI-Feindlichkeit. Der 2017 von der Bundesregierung verabschiedete Nationale Aktionsplan gegen Rassismus sollte zwar auch um das Thema Homo- und Transphobie erweitert werden. Tatsächlich blieb dieser jedoch bereits damals in weiten Teilen eine beschönigende Rückschau ohne konkrete und verbindliche Maßnahmen. LSBTI-Anliegen finden sich im NAP kaum. Diese Ignoranz setzt sich auch in der Umsetzung des Aktionsplans weiter fort.

In ihrem am 17. Dezember 2020 vorgestellten 14. Menschenrechtsbericht über ihre Aktivitäten in den letzten beiden Jahren betont die Bundesregierung zwar, sich gegen jegliche Benachteiligung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität einzusetzen. Es fehlt aber weiterhin an einer ernsthaften Strategie für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt. In dem Abschnitt über die Tätigkeiten zum Schutz vor Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität wird der Aktionsplan nicht einmal erwähnt. Stattdessen heißt es unter dem Punkt „Bekämpfung von Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“:

„Der im Jahr 2017 verabschiedete Nationale Aktionsplan gegen Rassismus (NAP) wurde seitens der Bundesregierung im hier einschlägigen Berichtszeitraum als wesentliche Leitlinie der politischen Befassung auf unterschiedlichen fachlichen Ebenen in der Auseinandersetzung mit rassistischen Phänomenen genutzt. Die Bundesregierung bewertet den NAP weiterhin als eine gute fachpolitische Grundlage für die gesellschaftliche Diskussion, auch und gerade mit der Zivilgesellschaft.“

Sie verweist zudem auf die im Februar 2020 durchgeführte Konsultationsveranstaltung. Dort wurden Fortschritte, Probleme und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung des Nationalen Aktionsplans gegen Rassismus diskutiert.

„Die zentralen Erkenntnisse wurden in einer Dokumentation der Veranstaltung, die allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wurde, gebündelt festgehalten.“

LSBTI-Feindlichkeit wird nicht einmal erwähnt, die Erweiterung um dieses Thema fällt immer mehr unter den Tisch. Auf dem Abschlusspanel der Konsultationsveranstaltung kritisierten wir einmal mehr neben einer fehlenden Verbindlichkeit der Maßnahmen vor allem die unzureichende Berücksichtigung von LSBTI-Feindlichkeit. Diese zeige sich bereits in dem Titel und ziehe sich dann durch den gesamten Maßnahmenkatalog. Wir forderten die aktuelle Bundesregierung dazu auf, den Nationalen Aktionsplan auch zu ihrem politischen Projekt zu machen.

Das ist nicht passiert. Vielmehr verliert die Bundesregierung auch im Menschenrechtsbericht kein Wort darüber, wie es mit dem Nationalen Aktionsplan weitergehen soll.

Gleichzeitig fand vor über einem Jahr, am 16.12.2019, die öffentliche Anhörung im Bundestagsausschuss Familie, Senioren, Frauen und Jugend zu dem Antrag der grünen Bundestagsfraktion „Vielfalt leben - Bundesweiten Aktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auflegen“ statt. LSVD-Pressesprecher Markus Ulrich wurde von der Grünen Bundestagsfraktion als Sachverständiger eingeladen. In unserer Stellungnahme unterstützen wir den Antrag. Darin heißt es weiterhin:

„Auf Bundesebene fehlt bislang eine ernsthaft umgesetzte und kohärente Strategie für gleiche Rechte, Vielfalt und Respekt. Im Koalitionsvertrag für die jetzige Bundesregierung heißt es: „Wir respektieren geschlechtliche Vielfalt. Alle Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten. Homosexuellen- und Transfeindlichkeit verurteilen wir und wirken jeder Diskriminierung entgegen.“ Wie die Bundesregierung dieses Ziel aber genau erreichen will, wird im Vertrag nicht weiter ausgeführt. Bereits die letzte Bundesregierung hat die Chance auf einen nachhaltigen Aktionsplan gegen LSBTI-Feindlichkeit vergeben.“

Eine freie Gesellschaft muss allen Menschen garantieren, jederzeit, an jedem Ort, ohne Angst und Anfeindung verschieden zu sein. Ein wirksamer Nationaler Aktionsplan wäre ein staatliches Bekenntnis, dass LSBTI als gleichwertiger Teil zu Deutschland gehören und ein Recht darauf haben, angst- und diskriminierungsfrei zu leben.

Über den Antrag der Grünen wurde bis heute nicht im Bundestag entschieden.

Die Ignoranz der Bundesregierung zeigt sich auch in ihrem Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vom 25. November 2020. Auch dort bleiben LSBTI unerwähnt.

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