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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Was hat der LSVD getan und erreicht?

Tätigkeitsbericht des Bundesvorstandes zum LSVD-Verbandstag 2023

Wie geht es nun für den LSVD weiter? Wir wollen mit mehr Diversität in die Zukunft. Vielfalt ist nicht nur gesellschaftliche Realität, sie prägt auch unsere Community und bereichert unsere politische Arbeit. Um diese Vielfalt sichtbarer zu machen und ihr in der Verbandsarbeit gerechter zu werden, steht unser diesjähriger Verbandstag im Zeichen der Öffnung für mehr Diversität.

Zum ersten Mal seit 2019 treffen wir uns in diesem Jahr wieder in Präsenz auf einem Verbandstag. Im letzten Tätigkeitsbericht war diese Hoffnung noch ein vorsichtiger Wunsch, jetzt wird sie endlich Wirklichkeit. Es tut gut, Euch endlich alle wiederzusehen!

Wie geht es nun für den LSVD weiter? Wir wollen mit mehr Diversität in die Zukunft. Vielfalt ist nicht nur gesellschaftliche Realität, sie prägt auch unsere Community und bereichert unsere politische Arbeit. Um diese Vielfalt sichtbarer zu machen und ihr in der Verbandsarbeit gerechter zu werden, steht unser diesjähriger Verbandstag im Zeichen der Öffnung für mehr Diversität.

Seit unserem letzten Verbandstag ist viel passiert. Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle die Gedenkstunde für die queeren Opfer des Nationalsozialismus, die am 27. Januar im Bundestag stattgefunden hat. Lange haben wir für dieses Andenken gekämpft. Lange haben wir uns dafür eingesetzt, dass queere Menschen endlich Teil einer gemeinsamen Erinnerungskultur werden, die auch in der Gegenwart wirkt. Viel zu lange hat es gedauert, bis sich das Parlament zu dieser Geste durchgerungen hat. Es wurde Zeit, und wir sind stolz und dankbar, als LSVD an diesem Gedenken mitgewirkt zu haben.

Kurz davor, im Dezember 2022, fand die Fußballweltmeisterschaft in Katar statt und ging als Trauerspiel für die Menschenrechte und ein Tiefpunkt des international organisierten Sports in die Geschichte ein. Dass diese WM in Deutschland kritisch begleitet wurde, war auch Ergebnis unserer Arbeit. Gemeinsam mit vielen anderen haben wir unermüdlich versucht, die Lebenssituation queerer Menschen in Katar sowie die dortige Menschenrechtslage im Allgemeinen sichtbar zu machen.

In der Zwischenzeit kam die Koalition, die vor etwas mehr als einem Jahr mit so viel queerpolitischem Elan gestartet ist, bei der Umsetzung ihrer Versprechen etwas ins Stocken. Nicht zuletzt Putins Angriffskrieg auf die Ukraine bindet, solange er andauert, auf unvorhergesehene Weise Kapazitäten der Bundesregierung. Den Betroffenen in diesem und anderen Kriegsgebieten sowie all denen, die sich gerade auf der Flucht in der Hoffnung auf Sicherheit und Freiheit befinden, gilt unsere ungeteilte Solidarität.

Gleichzeitig darf die Umsetzung der queerpolitischen Versprechen der Bundesrepublik nicht länger hinausgezögert werden. Eine umfangreiche Familienrechtsreform lässt bislang ebenso auf sich warten wie ein konkreter Gesetzesentwurf zum Recht auf Selbstbestimmung. Wir erwarten zu Recht dass der queerpolitische Aufbruch, den die Ampelkoalition sich auf die Fahne geschrieben hat, endlich Wirklichkeit wird. Dabei dürfen wir uns durch populistische Rhetorik nicht gegeneinander ausspielen lassen – unsere Forderung nach gleicher Würde und gleichen Rechten muss für alle Mitglieder unserer Community gelten.

Die in diesem Tätigkeitsbericht gesammelten Erfolge wären nicht vorstellbar gewesen ohne den unermüdlichen Einsatz so vieler engagierter Mitglieder in den Landesverbänden, im Bundesverband, Mitarbeitender in den beiden Geschäftsstellen und Teams in den Projekten. Euch gilt unser Dank! Euer Engagement macht unsere Erfolge erst möglich. Wir freuen uns auf ein weiteres Jahr der Zusammenarbeit mit Euch – für mehr Vielfalt und mehr soziale Gerechtigkeit im LSVD, in der Zivilgesellschaft und in der Welt.

Nun wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen dieses Tätigkeitsberichts.

Euer Bundesvorstand

Tätigkeitsbericht als PDF

  • 1. Vorwort

    Zum ersten Mal seit 2019 treffen wir uns in diesem Jahr wieder in Präsenz auf einem Verbandstag. Im letzten Tätigkeitsbericht war diese Hoffnung noch ein vorsichtiger Wunsch, jetzt wird sie endlich Wirklichkeit. Es tut gut, Euch endlich alle wiederzusehen!

    Wie geht es nun für den LSVD weiter? Wir wollen mit mehr Diversität in die Zukunft. Vielfalt ist nicht nur gesellschaftliche Realität, sie prägt auch unsere Community und bereichert unsere politische Arbeit. Um diese Vielfalt sichtbarer zu machen und ihr in der Verbandsarbeit gerechter zu werden, steht unser diesjähriger Verbandstag im Zeichen der Öffnung für mehr Diversität.

    Seit unserem letzten Verbandstag ist viel passiert. Besonders hervorheben möchten wir an dieser Stelle die Gedenkstunde für die queeren Opfer des Nationalsozialismus, die am 27. Januar im Bundestag stattgefunden hat. Lange haben wir für dieses Andenken gekämpft. Lange haben wir uns dafür eingesetzt, dass queere Menschen endlich Teil einer gemeinsamen Erinnerungskultur werden, die auch in der Gegenwart wirkt. Viel zu lange hat es gedauert, bis sich das Parlament zu dieser Geste durchgerungen hat. Es wurde Zeit, und wir sind stolz und dankbar, als LSVD an diesem Gedenken mitgewirkt zu haben.

    Kurz davor, im Dezember 2022, fand die Fußballweltmeisterschaft in Katar statt und ging als Trauerspiel für die Menschenrechte und ein Tiefpunkt des international organisierten Sports in die Geschichte ein. Dass diese WM in Deutschland kritisch begleitet wurde, war auch Ergebnis unserer Arbeit. Gemeinsam mit vielen anderen haben wir unermüdlich versucht, die Lebenssituation queerer Menschen in Katar sowie die dortige Menschenrechtslage im Allgemeinen sichtbar zu machen.

    In der Zwischenzeit kam die Koalition, die vor etwas mehr als einem Jahr mit so viel queerpolitischem Elan gestartet ist, bei der Umsetzung ihrer Versprechen etwas ins Stocken. Nicht zuletzt Putins Angriffskrieg auf die Ukraine bindet, solange er andauert, auf unvorhergesehene Weise Kapazitäten der Bundesregierung. Den Betroffenen in diesem und anderen Kriegsgebieten sowie all denen, die sich gerade auf der Flucht in der Hoffnung auf Sicherheit und Freiheit befinden, gilt unsere ungeteilte Solidarität.

    Gleichzeitig darf die Umsetzung der queerpolitischen Versprechen der Bundesrepublik nicht länger hinausgezögert werden. Eine umfangreiche Familienrechtsreform lässt bislang ebenso auf sich warten wie ein konkreter Gesetzesentwurf zum Recht auf Selbstbestimmung. Wir erwarten zu Recht dass der queerpolitische Aufbruch, den die Ampelkoalition sich auf die Fahne geschrieben hat, endlich Wirklichkeit wird. Dabei dürfen wir uns durch populistische Rhetorik nicht gegeneinander ausspielen lassen – unsere Forderung nach gleicher Würde und gleichen Rechten muss für alle Mitglieder unserer Community gelten.

    Die in diesem Tätigkeitsbericht gesammelten Erfolge wären nicht vorstellbar gewesen ohne den unermüdlichen Einsatz so vieler engagierter Mitglieder in den Landesverbänden, im Bundesverband, Mitarbeitender in den beiden Geschäftsstellen und Teams in den Projekten. Euch gilt unser Dank! Euer Engagement macht unsere Erfolge erst möglich. Wir freuen uns auf ein weiteres Jahr der Zusammenarbeit mit Euch – für mehr Vielfalt und mehr soziale Gerechtigkeit im LSVD, in der Zivilgesellschaft und in der Welt.

    Nun wünschen wir Euch viel Spaß beim Lesen dieses Tätigkeitsberichts.

    Euer Bundesvorstand

  • 2. Gedenken im Deutschen Bundestag an die queeren Opfer des Nationalsozialismus

    Seit 1996 gedenkt der Deutsche Bundestag jeweils am 27. Januar, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz, der Opfer des Nationalsozialismus. Seitdem wurde – auch  vom LSVD – wiederholt gefordert, diejenigen in den Mittelpunkt des Gedenkens zu stellen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität und/oder ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert, verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden. Hervorzuheben ist hier die erstmals 2018 an den Bundestagspräsidenten gerichtete Petition, die von dem Historiker Dr. Lutz van Dijk initiiert und von zahlreichen Historiker*innen, Mitgliedern der Community und Verbündeten unterstützt wurde.

    Erst im Jahr 2022 hatte ein Antrag an das nun neue Bundestagspräsidium Erfolg; es beschloss einstimmig, am 27. Januar 2023 erstmals diese vergessene Opfergruppe in den Mittelpunkt der Gedenkstunde zu stellen und damit deutlich zu machen, dass der Deutsche Bundestag für diese Verbrechen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für heute und morgen, hier und weltweit Verantwortung übernimmt. Weil so lange Zeit bis dahin verstrichen war, konnten in diesem Fall keine Zeitzeug*innen über das berichten, was ihnen widerfahren war.

    Eine kleine Arbeitsgruppe aus Vertreter*innen des LSVD, der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, der LSU, von „Der Liebe wegen“ und Dr. Lutz van Dijk stellte Überlegungen zu einem möglichen Ablauf an; diese wurden der Bundestagspräsidentin als Anregung übermittelt. In der Gedenkstunde erinnerte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas an alle Opfergruppen des NS, betonte aber in besonderer Weise die Leiden der „queeren Opfer“ in den Jahren 1933 bis 1945, die bekanntlich auch nach 1945 nicht vorbei waren.

    Rozette Kats, eine niederländische jüdische Holocaust-Überlebende schlug die Brücke von ihrer Erfahrung einer über 1945 hinaus versteckten jüdischen Identität zu den Menschen, die ihre geschlechtliche Identität und/oder sexuelle Orientierung ebenfalls jahrelang verschweigen mussten. Diese verbindende Erfahrung habe sie früh bewogen, Gerechtigkeit auch für diese Opfergruppe einzufordern.

    Maren Kroymann und Jannick Schümann trugen in berührender Weise die Schicksale von Mary Pünjer und Karl Gorath vor und gaben so stellvertretend den Opfern eine Stimme, die selbst nicht mehr sprechen können. Klaus Schirdewahn sprach stellvertretend für alle über seine leidvollen Erfahrungen als Opfer des menschenrechtswidrigen § 175 StGB. Musikalisch wurde die Gedenkstunde gestaltet durch Georgette Dee und ihren Pianisten.

    Am Vortag der Gedenkstunde luden die Bundesstiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die Bundestiftung Magnus Hirschfeld und der LSVD zu einer gemeinsamen Veranstaltung im Deutschen Bundestag (Marie-Elisabeth-Lüders-Haus) ein, die von Bundestagspräsidentin Bärbel eröffnet wurde. Unter dem Titel „Gedenken bedeutet Handeln“ gab Professor Dr. Martin Lücke Einblicke in die Geschichte der Verfolgung homosexueller Menschen und schlug Brücken ins Heute; Professorin Anna-Katharina Mangold schilderte die Kämpfe, die notwendig waren, um homosexuellen Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen, und wies auf noch immer bestehende offene Baustellen hin. Dr. Julia Ehrt und Gulya Sultanova ergänzten das Gesagte um ihre Erfahrungen im internationalen Kontext und in Russland.

    Die Veranstaltung war, so die Bundestagspräsidentin, mit ca. 300 Anmeldungen eine der größten ihrer Art im Deutschen Bundestag. Sowohl die Veranstaltung als auch die Gedenkstunde sind nicht der Schlusspunkt einer Auseinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel deutscher Geschichte; sie müssen Auftakt sein zu einer Gedenkkultur, die ein Verschweigen dieser und anderer bisher nicht beachteter Opfergruppen in die Mitte der gemeinsamen Erinnerung rückt. Die Aufzeichnung der Gedenkstunde ist hier zu finden:

    https://www.youtube.com/watch?v=L5POM5dcZog

  • 3. Bundespolitische Aktivitäten
    • 3.1. Für ein gerechtes Recht
      • 3.1.1. Regenbogenfamilien im Recht

        Mit Nachdruck haben wir im vergangenen Jahr die neue Bundesregierung, insbesondere Bun-desjustizminister Marco Buschmann, mehrfach an das Versprechen im Koalitionsvertrag erinnert, endlich das Familienrecht für Regenbogenfamilien zu modernisieren. Der LSVD, vertreten durch Gabriela Lünsmann und Patrick Dörr, hat hierzu im August 2022 in einem mehrstündigen Ge-spräch mit den befassten Jurist*innen des BMJ den Standpunkt des LSVD zu den Detailfragen diskutiert.
        Zunächst war vorgesehen, im Zuge einer zweiteiligen Reform in einem ersten zeitnahen Schritt zu regeln, dass ein Kind, das mittels ungerichteter Samenspende durch ärztlich assistierte Re-produktion gezeugt und in die Ehe zweier Frauen geboren wird, automatisch zwei rechtliche Mütter haben soll. Für nicht verheiratete Paare sollte die Mutterschaftsanerkennung möglich werden.
        Obwohl eine weitergehende Regelung schon im ersten Schritt wünschenswert gewesen wäre, hätte dieser minimale Reformschritt im Herbst 2022 einen Fortschritt bedeutet und die Situation für die überwiegende Mehrheit der Zwei-Mütter-Familien nachhaltig verbessert.
        Im zweiten Schritt hätte dann noch in dieser Legislaturperiode die weitergehende Reform mit Regelungen zu privaten Samenspenden und präkonzeptionellen Vereinbarungen für Mehrel-ternfamilien, sowie der Anerkennung der Elternschaft unabhängig vom Geschlecht der aner-kennenden Person folgen müssen.
        Leider haben sich sowohl die Grünen als Koalitionspartner, als auch die anderen Akteure – z. B. Nodoption und der Deutsche Juristinnenbund – in der Reformdiskussion dahingehend positio-niert, dass sie lieber gar keinen ersten Reformschritt als eine Teillösung wollen. Aus diesem Grund hat das BMJ dann den Entwurf für die Teilreform zurückgezogen.
        Nun ist für Ende 2023 oder Anfang 2024 ein umfassender Referentenentwurf angekündigt, und es ist die Aufgabe des LSVD trotz der unterschiedlichen Standpunkte innerhalb der Com-munity an der Bildung eines breiten Bündnisses zu arbeiten, damit es innerhalb der aktuellen Legislaturperiode zu einer substanziellen Familienrechtsreform für Regenbogenfamilien kommt.

      • 3.1.2. Artikel 3

        Die Ergänzung des Artikels 3 (3) GG um den Diskriminierungsschutz queerer Menschen steht nach wie vor aus. Der Runde Tisch „Grundgesetz für alle“, in dem Henny Engels mitarbeitet, führte zahlreiche Gespräche und wandte sich im April mit einem überarbeiteten Positionspapier erneut an die Mitglieder des Deutschen Bundestages. Darin wurde gefordert, dass die Verfas-sung an der Selbstbestimmung und Gleichberechtigung aller Menschen der queeren Community keinen Zweifel lassen darf. Wörtlich heißt es: „Es muss unstreitig sichergestellt werden, dass sowohl die sexuelle als auch die geschlechtliche Identität unter dem vollumfänglichen Schutz des Grundgesetzes stehen.“ Auf den Vorschlag einer konkreten Formulierung wurde verzichtet.
        Der Bundesvorstand suchte das Gespräch mit potenziellen Verbündeten. So sprachen Günter Dworek im März 2022 und später Philipp Braun und Henny Engels mit dem Queerbeauftrag-ten der Deutschen Bischofskonferenz, um für eine Unterstützung durch die Deutsche Bischofskonferenz zu werben und auszuloten, ob katholische Laienverbände ebenfalls für eine Unterstüt-zung gewonnen werden können. Der Bundesvorstand trat mit diesem Anliegen auch erneut an die EKD, den Zentralrat der Juden und den Zentralrat der Muslime heran. Hoffnung gibt viel-leicht, dass sich neben dem ehemaligen Ministerpräsidenten des Saarlandes, Tobias Hans, und dem CDU-Ministerpräsidenten von NRW, Hendrik Wüst, auch Volker Ullrich (CDU/CSU-Bundestagfraktion) in der Bundestagsdebatte am 26. Januar 2023 über den Antrag der Linken „Die ‚vergessenen‘ queeren Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung“ für die so lange geforderte Ergänzung des Artikels 3 (3) GG aussprach.

    • 3.2. Für Menschenwürde – gegen Hass
      • 3.2.1. Prävention und Bekämpfung von Hassgewalt und Aktionsplan queer

        3.2.1. Prävention und Bekämpfung von Hassgewalt und Aktionsplan queer leben

        Am 20. September 2022, knapp neun Monate nach dem entsprechenden Beschluss der Innen-minister*innenkonferenz, tagte auf Einladung des Bundesinnenministeriums erstmals der Unab-hängige Arbeitskreis „Bekämpfung homophober und transfeindlicher Gewalt“; Henny Engels vertritt dort den LSVD. Bei diesem ersten Treffen wurden Themen- und Handlungsfelder identi-fiziert, zu denen das BMI bei einer weiteren Sitzung am 17. Oktober einen Fragenkatalog zu einer Bund-Länder-Abfrage bei den Mitgliedern des Arbeitskreis II – Innere Sicherheit der In-nenminister*innenkonferenz vorlegte. Der in der Sitzung noch ergänzte Katalog wurde der Zielgruppe zugeleitet.
        Zu den Themenfeldern wurden Arbeitskreise gebildet, die auf Grundlage der Rückmeldungen der Bundesländer und der im AK II beteiligten Bundesbehörden Handlungsempfehlungen zu den unterschiedlichen Bereichen entwickeln und der Innenminster*innenkonferenz vorlegen wer-den. Diese Handlungsempfehlungen werden Ende Februar in einer zweitägigen Sitzung des unabhängigen Arbeitskreises beraten und finalisiert.
        Gemeinsam mit dem Bundesverband Trans* (BVT*) hat der LSVD in einem gesonderten Verfah-ren Aktivist*innen und Beratungsstellen in der Community gebeten, ihre Erfahrungen mit Kontak-ten zu Sicherheitsbehörden, Unterstützung und Kooperation mitzuteilen. Die Ergebnisse werden in die o. g. Sitzung ebenfalls eingebracht. Wie letztendlich der Prozess insgesamt zu bewerten ist, kann erst beim Verbandstag berichtet werden.
        Am 18. November 2022 beschloss das Bundeskabinett den Aktionsplan für Akzeptanz und Schutz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt „Queer leben“. Anschließend wurde in einem Inte-ressenbekundungsverfahren erfragt, welche Verbände und Organisationen in den insgesamt 18 Themenfeldern ihre Expertise einbringen möchten. Die Themen werden von Arbeitsgruppen bearbeitet, in denen neben Vertreter*innen der NGOs auch Mitarbeitende von Bundesministe-rien und Bundesbehörden sowie verschiedene Beauftragte der Bundesregierung mitwirken. Ziel ist, die im Aktionsplan genannten Maßnahmen konkret auszugestalten, zu priorisieren und de-ren Umsetzung anzustoßen. Die Koordination dieses Prozesses obliegt dem Queerbeauftragten der Bundesregierung, Sven Lehmann. In einem Schreiben an Sven Lehmann betonte der Bundes-vorstand die Wichtigkeit der Beteiligung der Zivilgesellschaft auf Augenhöhe. Damit dies er-reicht werden könne, müssten die Gruppen angemessen besetzt, die Vertreter*innen der NGOs dauerhaft beteiligt und die Arbeitsweise der Gruppen der Tatsache gerecht werden, dass nur wenige NGOs über ausreichende hauptamtliche Strukturen verfügen. Zudem müsse vor Beginn des Beratungsprozesses klar sein, welche finanziellen Mittel für die angestrebten Maßnahmen in den verschiedenen Ressorts zur Verfügung stehen. Ein nicht ausreichend finanziell untersetzter Aktionsplan laufe Gefahr, zum zahnlosen Tiger zu werden.

      • 3.2.2. Selbstbestimmungsgesetz / Personenstandsrecht / Inter

        3.2.2. Selbstbestimmungsgesetz / Personenstandsrecht / Inter

        Am 30. Juni 2022 haben BMJ und BMFSFJ das Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz vorgestellt, das viele Forderungen aus der Zivilgesellschaft aufgreift. Es sieht eine einheitliche Regelung für alle trans* und inter* sowie nichtbinäre Personen vor, die ihren Geschlechtsein-trag oder ihren Vornamen ändern wollen. Dies soll künftig ohne ärztliches Attest oder Begut-achtung durch Erklärung beim Standesamt möglich sein. Für Minderjährige sieht der Entwurf die Einwilligung der Sorgeberechtigten vor, die bei Jugendlichen ab 14 Jahren auf Antrag durch das Familiengericht ersetzt werden kann. Nach erfolgter Änderung des Geschlechtseintrags ist eine Sperrfrist von einem Jahr vorgesehen. Es soll ein sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot geben, Beratungsangebote sollen ausgebaut werden. Der Gesetzentwurf wurde für den Herbst 2022 angekündigt.
        Der LSVD steht in regelmäßigem Austausch mit anderen Akteur*innen aus der Zivilgesellschaft und der Politik, um die politische und gesellschaftliche Debatte zu gestalten und zu begleiten. Dazu sind wir in verschiedenen Arbeitskreisen und Netzwerken aktiv. Auf politischer Ebene ha-ben wir u. a. Gespräche mit der stellvertretenden Bundesvorsitzenden und vielfaltspolitischen Sprecherin der Grünen, Pegah Edalatian, mit der Berichterstatterin im Gesetzgebungsverfah-ren zum Selbstbestimmungsgesetz, Tessa Ganserer, MdB, und mit der Sprecherin der AG Queer der Grünen, Ulle Schauws, MdB, geführt.
        Im August 2022 haben wir im Bundesjustizministerium mit der Abteilungsleitung Abteilung I Bür-gerliches Recht, Ruth Schröder, über das Selbstbestimmungsgesetz gesprochen und nochmals unsere Position bekräftigt.
        Unsere gemeinsam mit dem BVT* verfasste Broschüre „Soll Geschlecht jetzt abgeschafft wer-den“ ist weiterhin sehr gut nachgefragt und im September 2022 als dritte korrigierte Auflage erschienen.
        Im November 2022 gab es einen vierstündigen verbandsinternen Austausch für weibliche und weiblich sozialisierte Mitglieder des LSVD über das geplante Selbstbestimmungsgesetz. An der Online-Veranstaltung haben 15 Personen teilgenommen.
        Im Januar 2023 haben wir in Abstimmung mit anderen Organisationen Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann in einem Brief dringenden Gesprächsbedarf signalisiert. Anlass hierfür waren die von Bundesfamilienministerin Lisa Paus angekündigte Verschiebung des Gesetzent-wurfs auf Sommer 2023 sowie eine Äußerung Buschmanns in einem Interview mit der ZEIT, wonach es Sorgen wegen der Rechtsfolgen des Geschlechtswechsels gebe.

      • 3.2.3. Projekt „Queer Refugees Deutschland“

        3.2.3. Projekt „Queer Refugees Deutschland“

        Die Förderung des seit November 2017 laufenden Projektes „Queer Refugees Deutschland“ (QRD) durch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung lief zum 30. Juni 2022 aus. Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2022 hat die Stiftung Dreilinden zur Finanzierung der Gehälter der beiden Projektreferentinnen maßgeblich beigetragen. Ende 2022 ist QRD somit zunächst ausgelaufen.


        Beratung und Betreuung
        Von Mai 2022 bis Jahresende erreichten QRD 896 Beratungsanfragen per E-Mail, Telefon und Facebook. Seit März gab es 256 Anfragen rund um das Thema Ukraine. Hierzu wurde auch eine Studie bezüglich der LSBTI-Drittstaatler*innen aufgestellt, die zeigt, dass diese Gruppe systematisch benachteiligt wird. Neben den zahlreichen Beratungsanfragen in Zusammenhang mit der Situation in der Ukraine erreichten QRD weiterhin zahlreiche Anfragen von Schutzsu-chenden aus Afghanistan. Das Projekt QRD hat sich mit seiner Expertise in zahlreiche von AAund BMI organisierte Meetings eingebracht und so dazu beigetragen, dass bei den Aufnahme-verfahren und Anhörungen die Belange gefährdeter LSBTI besser berücksichtigt werden. Die beiden QRD-Projektmitarbeiterinnen nahmen außerdem an der Weiterbildung zum Thema „Integrative Traumatherapie“ im Tagungshaus Waldschlösschen teil.


        Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit
        Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage wurden alle Poster, Buttons, Kugelschreiber, Aufkle-ber und die mehrsprachigen Kurzratgeber nachbestellt. Der Leitfaden für die Praxis wurde aufgrund des Ukrainekrieges auf Ukrainisch erweitert und in einer zweiten Auflage mit 1.200 Exemplaren gedruckt. Davon wurden seit November bereits 300 Exemplare versandt. Die bei-den Projektmitarbeiterinnen haben als Referentinnen an zahlreichen Talks teilgenommen, wie dem „Transatlantic LGBTQ+ talk“ der US- Botschaft, an Projektvorstellungen und Webinaren, insbesondere vermehrt bei Migrant*innenverbänden, wie etwa Nemo. Auch die Öffentlich-keitsarbeit wurde fortgesetzt, so etwa im Interview gemeinsam mit einer geflüchteten trans* Person in einer Sendung von Magenta TV zum Thema Katar. Es erfolgte der Versand von ca. 600 kg Materialien an 134 Stellen. Das Projekt stand beratend UNHCR, UNICEF, IOM, dem Deutschen Institut für Menschenrechte sowie anderen Gremien und vereinzelt auch Kommunen zu zahlreichen fluchtbezogenen Themen zur Verfügung, wie etwa Gewaltschutz, Safe Spaces und besserer Teilhabe.


        Schulung
        Es wurden wieder zwei Sonderschulungen zum Thema „Trauma und Flucht“ durchgeführt. Eben-so wurden insgesamt 18 auf die jeweilige Zielgruppe angepasste Online- und Präsenz-Schulungen für Asylverfahrensberatende, Kommunen und andere Gewerke durchgeführt. Insge-samt wurden 214 Personen geschult. Ende Juni 2022 gab es ein durch unser Projekt organisier-tes finales deutschlandweites Kompetenznetzwerktreffen mit über 100 Teilnehmer*innen aus den unterschiedlichen Arbeitsfeldern mit fachlichem Input und Schulungen, Erfahrungsaustausch und Vernetzung zum Thema LSBTI-Geflüchtete. Die tagesfüllende Veranstaltung wurde von den Teilnehmer*innen sehr gut bewertet.
        Workshops mit LSBTI-Geflüchteten von IKEA Deutschland finanziert
        Vom 16. bis zum 18. November 2022 fand in Pirna bei Dresden erstmals eine von IKEA mitfi-nanzierte größere Kooperation des Projekts mit drei Partneranlaufstellen in Sachsen statt, unter anderen dem LSVD Sachsen. Hier trafen sich drei Tage lang 19 LSBTI-Geflüchtete, acht Refe-renten*innen und Übersetzer*innen sowie sieben Fachkräfte zum Empowerment und zum Aus-tausch zu niedrigschwelligen Beratungsmöglichkeiten und zum Gewaltschutz. Im Nachgang hat IKEA auch einen großen Blog zur Nachberichterstattung erstellt. Aktuell erstellen die drei Ver-anstaltungspartner*innen mit den Restmitteln von IKEA Deutschland auf Wunsch der teilneh-menden Geflüchteten eine praktische und niederschwellige App in zehn Sprachen, damit Ge-flüchtete mehr über ihre Rechte wissen und Anlaufstellen finden, wenn ihnen Gewalt und Diskri-minierung droht oder diese bereits passiert ist.


        Integration
        „Queer Refugees Deutschland“ veröffentlichte ein Begleitheft – nunmehr bereits in zweiter Auf-lage – für den Unterricht in Integrationskursen. Im Curriculum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist klar geregelt, dass neuzugewanderte Menschen in den Orientierungskur-sen auch etwas zu den Rechten und zur Lage von LSBTI-Personen in Deutschland erfahren sol-len. Oft fehlt es aber den Kursleitenden an geeigneten Materialien, um diese Inhalte adäquat zu vermitteln. Denn: In den im Handel verfügbaren Lehrbüchern werden die Themen in der Re-gel nur unzureichend und oberflächlich behandelt.

        Überdies wurde ein „Methoden- und Lösungsheft“ zum „Begleitheft für Integrationskurse“ fer-tiggestellt und bereits gemeinsam mit der „Integrationsbroschüre“ an ausgewählte interessierte Integrationskursleitende und andere Gewerke versandt. Die zweite erweiterte wie korrigierte Auflage hat einen Umfang von 5.000 Exemplaren. Gemeinsam mit den zuständigen Stellen des BAMF konnten zudem große Fortschritte hinsichtlich des Themas „LSBTI-sensibler Sprachge-brauch“ erreicht werden: Mit Unterstützung des Projekts und Mitgliedern des Bundesvorstands entwickelte das BAMF somit für die Kernsprachen in der Geflüchtetenarbeit einen Katalog mit wertschätzenden Begriffen als Empfehlung für die Sprachmittler*innen; weitere Sprachen sollen folgen.

      • 3.2.4. Einsatz für Rechte LSBTI-Geflüchteter gegenüber BAMF, Gerichten und Politik

        3.2.4. Einsatz für Rechte LSBTI-Geflüchteter gegenüber BAMF, Gerichten und Politik

        Interessenvertretung gegenüber der Politik 

        Im vergangenen Jahr gelangen dem LSVD im Bereich Asyl und Flucht bezüglicher zahlreicher politischer Forderungen einige Durchbrüche. An erster Stelle zu nennen ist hier der Erfolg bezüglich des „Diskretionsgebots“: Nachdem vier Verwaltungsgerichte der Argumentation des LSVD gefolgt waren und der Anwendung des „Diskretionsgebots“ eine Absage erteilt haben, schloss sich auch das Bundesinnenministerium dieser Sicht an. Seit dem 1. Oktober 2022 geht das BAMF bei der Beurteilung der Verfolgungswahrscheinlichkeit nunmehr von einem im Alltag geouteten Leben von LSBTI-Geflüchteten aus. In der Folge änderte sich nicht nur tatsächlich die Bescheidungspraxis, sondern auch zahlreiche aufgrund des Diskretionsgebots negativ beschiedene Altfälle wurden vom Bundesamt korrigiert.  

        Der zweite große Erfolg betrifft die Aufnahme besonders gefährdeter LSBTI-Personen aus Afghanistan. Nachdem LSBTI zunächst keine Berücksichtigung finden sollten, gelang es dem LSVD, die Bundesregierung davon zu überzeugen, sowohl das sogenannte Brückenprogramm als auch das auf mehrere Jahre angesetzte Aufnahmeprogramm Afghanistan für LSBTI zu öffnen. Ob nun auch tatsächlich die Aufnahme einer großen Anzahl von LSBTI-Afghan*innen erfolgt, ist jedoch vor allem von der Entwicklung vor Ort und damit verbundenen pragmatischen Lösungen abhängig. Hierzu steht der LSVD im engen Austausch mit der Bundesregierung wie auch mit internationalen (beispielsweise ILGA-Asia), nationalen (beispielsweise BAfF) und regionalen (beispielsweise Rat&Tat Bremen) Partnerorganisationen.  

        Ein dritter maßgeblicher Erfolg stellt die Einführung einer besonderen Rechtsberatung für queere Verfolgte dar, die bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbart worden war. Hier hat sich der LSVD intensiv dafür eingesetzt, dass diese LSBTI-spezifische Beratung bei der Einführung der unabhängigen Asylverfahrensberatung angemessen berücksichtigt wird. Es ist maßgeblich auf die Intervention des LSVD zurückzuführen, dass sich auch LSBTI-Organisationen seit Februar 2023 auf die Förderung der neuen besonderen Rechtsberatung bewerben können. Für 2023 sind für die besondere Rechtsberatung für queere und andere vulnerable Geflüchtete insgesamt zwei Millionen Euro veranschlagt. Im Februar hat der LSVD eine Online-Informationsveranstaltung zur Einführung der besonderen Rechtsberatung veranstaltet, an der zahlreiche an der Förderung interessierte LSBTI-Organisationen sowie auch der Paritätische Bundesverband teilgenommen haben.  

        Hinzu kommen weitere Verbesserungen, die in der Zusammenarbeit mit dem BAMF erreicht werden konnten. Hier sei besonders die Vorstandsarbeit bei der Zusammenarbeit im Rahmen der Sprachmittlung hervorzuheben. Wie bereits mit Bezug auf das Projekt QRD erwähnt, hat der LSVD-Bundesvorstand seine Expertise in die Erstellung der BAMF-Kataloge mit LSBTI-sensiblen Begrifflichkeiten für die Sprachmittlung in mehreren Herkunftssprachen einbringen können.  

        Die genannten Erfolge sind Folge einer engen Vernetzung mit zahlreichen Beratungsstellen in ganz Deutschland, zahlreicher Publikationen in Fachzeitschriften (vor allem dem Asylmagazin), einer konsequenten Öffentlichkeitsarbeit, aber auch einem engen Austausch mit Politik und Verwaltung. Hierzu gehören vor allem die Gespräche mit Vertreter*innen der queeren Parteiorganisationen und der Regierungsfraktionen, aber auch hochrangige Gespräche mit Personen wie dem Kanzleramtschef, Wolfgang Schmidt, der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, und dem parlamentarischen Staatssekretär im BMI, Mahmut Özdemir.   

        Überdies steht der LSVD mit BMI und BAMF in engem Austausch zu weiteren, kleinteiligeren Themen wie etwa der Frage der Berücksichtigung gleichgeschlechtlicher Paare als Familie im Asylsystem. Da diese in der Regel nicht heiraten konnten bzw. auch eine Heirat im Ausland ihre Gefährdung im Herkunftsland massiv verschärft hätte, werden gleichgeschlechtliche Paare bezüglich des sogenannten Familienasyls, aber auch im Rahmen des Familiennachzugs diskriminiert.   

        Unterstützung 

        Auch im vergangenen Jahr hat der LSVD im Rahmen der Vorstandsarbeit zahlreiche Einzelfälle unterstützt. Bei dieser Unterstützung erwiesen sich weiterhin die stetig aktualisierten Länderschreiben mit Herkunftslandinformationen, der LSVD-Sicht auf die Rechtsprechung und dem Verweis auf bekannte positive Entscheidungen als besonders nützlich. Ein besonderer Fokus lag bei der Unterstützung von Einzelfällen seit Oktober 2022 darauf, dem BAMF Fälle zur Überprüfung vorzulegen, die es zuvor noch auf Grundlage von Diskretionslogiken negativ beschieden hatte. In vielen dieser Fälle hat das BAMF seine Entscheidung in der Folge revidiert und einen Schutzstatus verliehen. Besondere mediale Aufmerksamkeit erhielt hierbei der Fall des negativ beschiedenen Asylantrags des schwulen Algeriers Abdelkarim Bendjeriou-Sedjerari. Auch sein negativer Bescheid wurde vom BAMF im Nachgang zur Änderung der Dienstanweisung Asyl korrigiert, nachdem sein negativer Bescheid zuvor sogar noch vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main bestätigt worden war. 

        Veröffentlichungen 

        Im vergangenen Jahr hat der LSVD den Artikel „Entscheidungspraxis bei trans- und intergeschlechtlichen Asylsuchenden – Zur Übertragbarkeit der Rechtsprechung zu sexueller Orientierung auf geschlechtliche Identität“ verfasst, der im Asylmagazin 12/2022 veröffentlicht wurde. Da sich die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher zu trans*- und intergeschlechtlichen Asylsuchenden nicht geäußert hat, legen die Autor*innen Patrick Dörr, Dr. Sarah Ponti und Philipp Braun in dem Fachartikel dar, warum die Übertragung der Rechtsprechung zu homo- und bisexuellen auf trans- und intergeschlechtliche Asylsuchende zwingend ist. Der Leitfaden für den LSBTI-sensiblen Gewaltschutz wurde neu aufgelegt und im Rahmen des QRD-Projekts nachgedruckt.   

        Netzwerke und Kooperationen 

        Der LSVD ist im Bereich Asyl bestens vernetzt. Besonders hervorzuheben ist hier nach wie vor die Bundesinitiative zum Schutz geflüchteter Menschen in Flüchtlingsunterkünften. Des Weiteren ist der LSVD Kooperationspartner des Projekts BeSAFE zur Erkennung besonderer Schutzbedarfe bei der Aufnahme von Geflüchteten, das seine erste Projektphase einschließlich zweier Pilotprojekte in Bremen und NRW erfolgreich abgeschlossen hat. Die Förderung des nunmehr allein von der Bundesweite Arbeitsgemeinschaft der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) durchgeführten Projekts wird – wenngleich auch bedauerlicherweise in reduziertem Umfang – mindestens bis Ende 2023 fortgeführt. Außerdem ist der LSVD weiterhin Kooperationspartner bei der Durchführung eines bundesweiten Mentoring-Programms für queere Geflüchtete, das federführend von TENT durchgeführt wird, und dass der LSVD wie auch Prout at Work unterstützen. Der LSVD begleitet überdies weiterhin die Arbeit des Netzwerks „Queere Nothilfe Ukraine“, wenn auch in verringertem Umfang, da die grundsätzlichen politischen Fragen auf Bundesebene hier weitgehend geklärt sind. Zu guter Letzt sei auch das Bemühen des LSVD-Bundesverbands zu nennen, seine Vernetzung mit den Geflüchteten-Projekten der Landesverbände zu stärken, so vor allem durch einen regelmäßigen Online-Austausch, an dem nach Möglichkeit auch die zuständigen Vertreter*innen des Bundesvorstands und Mitarbeiter*innen des QRD-Projektes teilnehmen.  

         

        Veranstaltungen 

        Weiterhin zu nennen sind zahlreiche Veranstaltungen, an denen Vertreter*innen des Bundesvorstands als Referent*innen zum Thema LSBTI-Geflüchtete vorgetragen haben:   

        1. Mai 2022: Austauschveranstaltung mit dem BVT* zu „LSBTI* im Asylverfahren – Herausforderungen und aktuelle Fragen“ (online)
        2. Mai 2022: Schulung der BAMF-Beauftragen für geschlechtsspezifische Verfolgung (online)
        3. Mai 2022: Veranstaltung in Kooperation mit dem Kommissariat der deutschen Bischöfe, dem Katholischen Büro und der Caritas zum Thema „Asylfolgeanträge/Glaubhaftmachung der sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität“ (online)
        4. Juni 2022: Veranstaltung „Rechte für queere Geflüchtete im Asylverfahren“ in Kooperation mit dem LSVD NRW im Rahmen des Cologne Pride (Präsenz)
        5. Juli und 19. September 2022: Zwei Veranstaltungen „LSBTI-Geflüchtete im Aufnahmeprozess – Von der Unterbringung über das Asylverfahren bis zur Anerkennung“ in Kooperation mit dem Verein Niedersächsischer Bildungsinitiativen e. V. (VNB), dem Flüchtlingsrat Niedersachsen e. V. und dem Aufnahmemanagement & Beratung für Asylsuchende in Niedersachsen (AMBA) (online)
        6. und 21. November 2022: Zwei Veranstaltungen zu LSBTI im Rahmen der Online-Work-
          shopreihe „Geflüchtete Menschen mit besonderen Schutzbedarfen unterstützen – Grundlagen, Sensibilisierung und Handlungsorientierung für die Umsetzung des Gewaltschutzes in Unterkünften für Geflüchtete“ der Bundesinitiative zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften
        7. Dezember 2022: Vortrag zur „Identifizierung geflüchteter LSBTI bei der Aufnahme“ im Rahmen des Länderforums in Zusammenarbeit mit der Bundesinitiative zum Schutz von geflüchteten Menschen in Flüchtlingsunterkünften vor Vertreter*innen der verantwortlichen Ministerien und Behörden der Bundesländer

      • 3.2.5. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit „Selbst.verständlich Vielfalt“

        3.2.5. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit „Selbst.verständlich Vielfalt“

        Seit 2020 fördert das LSVD-Projekt im Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“ die Regenbogenkompetenz von Fachkräften und Verbänden. Im dritten Jahr der Förderung konnte das Personal aufgestockt werden, um die vielen Anfragen nach Unterstützung aus den Regelstrukturen beantworten zu können. Clara Clasen und Leonie Achterhold setzen nun zusammen mit Jürgen Rausch und René Mertens für den LSVD das Projekt im Kompetenznetzwerk um. Darüber hinaus übernimmt der LSVD die Koordinierung des Netzwerkes. Das Projekt sorgt für den Transfer von Wissen und Aufklärung in die Gesellschaft. Ziele sind das gesellschaftliche Miteinander durch Informationen zu vielfältigen Lebensweisen und Identitäten zu stärken, Multiplikator*innen zu sensibilisieren und weiterzubilden sowie Angebote bundesrelevanter Grundversorgung zu unterbreiten. Dies geschieht durch das Zusammenwirken der bundesweit agierenden Partner*innen-Organisationen LSVD mit Intergeschlechtliche Menschen e.V. (IMeV), Bundesverband Trans* (BVT*) und Akademie Waldschlösschen (AWS). 

        Durch zielgenaue Fortbildungen und Veröffentlichungen für die Regelstrukturen ist es gelungen, die Reichweite des Projekts weiter zu steigern. Die Webtalks werden von den Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit sowie der Wohlfahrtsverbände sehr dankbar angenommen. Die Fachpapiere und Broschüren werden als Information und Unterstützung in der professionellen Praxis geschätzt. Die Beratung durch unsere Mitarbeitenden zur Steigerung der Regenbogenkompetenz in den Einrichtungen vor Ort und in den übergeordneten Verbänden wird gerne in Anspruch genommen. Auf diese Weise gelingt die Zusammenarbeit mit den etablierten Verbänden (von der AWO bis zum Paritätischen) in Zeiten einer herausgeforderten Demokratie von Jahr zu Jahr besser. Besonders erfreulich ist, dass die katholischen Jugendverbände, wie die Katholische junge Gemeinde (KjG), die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) oder der Bund der katholischen Jugend (BDKJ) die Angebote des LSVD-Projektes angenommen haben. Auch die Strukturen des Jugendrotkreuzes (JRK) konnten im Rahmen der Projektarbeit fortgebildet werden.  
        Das Projekt befindet sich außerdem im fortlaufenden Prozess eines angestrebten Barriereabbaus, um noch mehr Menschen mit den Materialien, Fachtagen, Webtalks und Beratungen erreichen zu können. 

        Regenbogenparlament 2022 – Diskriminierungsarme Räume in der Jugendarbeit 

        Am Weltkindertag haben wir darüber diskutiert, wie eine diskriminierungskritische Jugendarbeit die vielfältigen Identitäten und Bedarfe von jungen Menschen berücksichtigen kann. „Jugend-arbeit queersensibel gestalten“, „diskriminierungskritische Jugendarbeit“ und „das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz als starke Rechtsgrundlage für die Arbeit mit jungen Menschen“ – diese und weitere Themen standen dabei im Mittelpunkt. Anders als zunächst geplant, konnte das  
        Regenbogenparlament nicht als Präsenzveranstaltung stattfinden, sodass es kurzerhand in den virtuellen Raum verlegt wurde. Das Regenbogenparlament fand in Kooperation mit der Volkshochschule Frankfurt am Main und dem Amt für multikulturelle Angelegenheiten (AmkA) statt.  
        Um Barrieren für eine Teilnahme abzubauen, wurde das Regenbogenparlament auch in diesem Jahr durch Gebärdensprachdolmetscher*innen unterstützt. 

        Fachtag „Wohlfahrt queer gedacht und queer gemacht“ 

        Gemeinsam mit unseren Partner*innen AWS, BVT* und IMeV stellten wir Strategien und Handlungsfelder für einen professionellen und diskriminierungssensiblen Umgang mit Themen der  
        sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt vor. Die Vorträge und Workshops des Fachtags hatten wir zielgerichtet für die Fachkräfte der Wohlfahrtspflege konzipiert. Unter anderem wurde  
        behandelt, wie die Professionalität in der sozialen Arbeit bei sich wandelnden sozialen Rahmenbedingungen gewährleistet werden kann. Auch die ethischen Perspektiven auf die Vielfalt von Körpern, Begehren und Identitäten wurden eingenommen. Im Einzelnen wurden Impulse für die Arbeit sowohl mit LSBTI-Geflüchteten und Jugendlichen als auch in Beratungsstellen und in der Altenhilfe angeboten. 

        Queer-Papiere für die Jugendarbeit – Die neue Fachpapier-Reihe 

        Im Rahmen des LSVD-Projektes werden die neuen kompakten Papiere erstellt und gezielt verbreitet. Die Papiere richten sich an Fachkräfte und Aktive in der Kinder- und Jugendarbeit sowie in Wohlfahrtsorganisationen. Mit der „Queer-Papier“-Reihe möchte der LSVD den professionellen und diskriminierungsfreien Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt bei Fachkräften fördern, Tipps und Handlungsempfehlungen im Umgang mit LSBTI-feindlichen Äußerungen aufzeigen sowie für intersektionale Perspektiven in der Sozialen Arbeit werben. Die „Queer-Papiere“ werden durch das „Queer-Paket für die Jugendarbeit“ und jahresübergreifend stattfindende Fachgespräche und Regenbogenparlamente für Träger*innen und Fachkräfte ergänzt. Bisher sind drei Ausgaben der Reihe mit folgenden Schwerpunkten erschienen: „Regenbogenkompetenz in der Jugendarbeit – Zum professionellen Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt“, „Rechtspopulistische Ideologien im Kontext der Jugendarbeit – Anregungen zur Auseinandersetzung für Fachkräfte“ und „Jugendarbeit queer gedacht – Leitprinzipien und rechtlicher Auftrag“. Sie können sowohl von der Projektseite als PDF heruntergeladen als auch in gedruckter Form bestellt werden:  www.lsvd.de/de/ct/8503-Queer-Papier-fuer-die-Jugendarbeit. 

         

        Queer-Paket und Beratungen für die Jugendarbeit 

        Die Nachfrage nach der neuen Methoden-Sammlung für Fachkräfte der Jugendarbeit war so groß, dass die erste Auflage des „Queer-Pakets“ bereits nach sechs Wochen vergriffen war. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das das LSVD-Projekt im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ fördert, bewilligte rasch eine zweite Auflage. So konnten im vergangenen Jahr knapp 3.000 Pakete für die Regelstrukturen der Jugendarbeit zur Verfügung gestellt werden. Und die dritte Auflage ist bereits in Planung und soll neben den Queer-Papieren die bereits beiliegende Vielfaltsfibel mit Begriffserklärungen um eine Vielfaltsfibel in leichter Sprache ergänzen. Die Fachkräfte der Jugendarbeit werden parallel im diskriminierungsfreien und professionellen Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt fortgebildet. Ergänzend zu den bestehenden Angeboten konnte im Winter 2022 auch ein neues Pilotprojekt gestartet werden. Mit einer Mischung aus Fachfortbildung und Organisationsberatung unterstützt das Projekt zielgenau ausgewählte Träger*innen der Kinder- und Jugendarbeit. Mit unserem Projekt möchten wir Fachkräfte und vor allem Einrichtungen dabei unterstützen, auch strukturell das Thema „Regenbogenkompetenz“ zu verankern. Wenn das Pilotprojekt gut angenommen wird, könnte es in der nächsten Förderphase des Bundesprogramms ausgebaut werden. 

    • 3.3. Für eine gute Zukunft
      • 3.3.1. Gesundheitspolitik

        Um das Thema einer LSBTI-inklusiven Gesundheitsversorgung weiter voranzubringen, ist der LSVD durch Gabriela Lünsmann seit Sommer 2022 im Beirat der wissenschaftlichen Projekte am Institut der Allgemeinmedizin der Charité vertreten; in einem aktuellen Forschungsprojekt wird hier aktuell die Primärversorgung von LSBTI-Personen aus Betroffenenperspektive und aus hausärztlicher Perspektive in einer Studie untersucht. Die Studie soll zeigen, dass lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter und queere Patient*innen einerseits besondere Bedürfnisse in der hausärztlichen Versorgung haben und andererseits gefährdet sind, in der Versorgung benachteiligt zu werden. Zur Situation der hausärztlichen Versorgung von LSBTI-Patient*innen gibt es in Deutschland bisher kaum Forschung. Diese Lücke soll durch die Charité mittels qualitativer und quantitativer Forschung geschlossen werden.

        Im August 2022 konnten wir gemeinsam mit LAMBDA und der Bundesarbeitsgemeinschaft schwuler Juristen (BASJ) erreichen, dass zwei homosexuellenfeindliche Schriften des niederländischen Autors Aardweg in die Liste der jugendgefährdenden Medien eingetragen wurden. Beide Bücher diskriminieren auf menschenverachtende Weise Lesben, Schwule, Bisexuelle und trans* Personen. Eines der Bücher enthält Anleitungen, die im Rahmen von „Selbst-Konversionsbehandlungen“ in gewalttätiger Sprache zu selbstschädigendem Verhalten aufrufen.

        Seit Dezember 2022 saß der LSVD im Fachbeirat des Forschungsprojekts „Konversionsbehandlungen: Kontexte. Praktiken. Biografien.“ Ziel des Projekts ist die Entwicklung und Umsetzung einer explorativen Studie, um erstmals wissenschaftlich gesichertes Wissen über den Themenkomplex Konversionsbehandlungen für den bundesdeutschen Kontext zu erhalten. Das Projekt wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit gefördert und von Mosaik Deutschland e. V. und dem Amt für Chancengleichheit der Stadt Heidelberg in Kooperation durchgeführt.

        Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung vereinbart, das Blutspendeverbot für homo- und bisexuelle Männer sowie für transgeschlechtliche Personen abzuschaffen. Im Januar 2023 hat das Bundesgesundheitsministerium im Wege einer Formulierungshilfe eine entsprechende Änderung des Transfusionsgesetzes vorgeschlagen, die im Januar 2023 vom Kabinett gebilligt wurde. Der LSVD hat zu der Formulierungshilfe Stellung genommen, diese begrüßt und gleichzeitig auf mögliche Regelungslücken hingewiesen.

        Mit dem Bundesverband Trans* besteht weiterhin eine enge Zusammenarbeit zur Verbesserung der transinklusiven Gesundheitsversorgung.

      • 3.3.2. Erinnerungs- und Gedenkkultur

        Gedenken an diejenigen, die im Nationalsozialismus drangsaliert, verfolgt, inhaftiert und ermordet wurden, kann niemals ein Ende nehmen – das hat die Bundestagspräsidentin in ihrer einführenden Rede am 27. Januar 2023 deutlich betont. Hier ist auch der LSVD in der Pflicht.
        Ein nächster Schritt ist, eine Ausstellung im Bundestag zum Schicksal queerer Opfer des NS zu konzipieren und umzusetzen. Die Bundesstiftung Magnus-Hirschfeld wird hier sowohl Antragstellerin bei den Geldgeber*innen sein als sich auch verantwortlich zeichnen für die Umsetzung. Die Ausstellung wird als Wanderausstellung konzipiert und soll nach dem Bundestag Gedenkstätten, Landtagen etc. angeboten werden. Damit bietet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, das Thema in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen – durch die Ausstellung selbst, aber auch mit damit verbundenen Veranstaltungen an den jeweiligen Orten. Hier können sich auch die Landesverbände des LSVD mit ihrer Expertise einbringen. Weitere Möglichkeiten, an die queeren Opfer zu erinnern und aus dieser Erfahrung Konsequenzen für heute zu ziehen, sind noch zu identifizieren. Zudem muss der LSVD seine Forderung nach mehr Forschung zu den Gruppen, deren Schicksal bisher wenig bekannt ist, wiederholen. Und, es gilt nun auch die anderen bisher „vergessenen“ Opfergruppen in den Blick zu nehmen. Hier stehen an erster Stelle die sogenannten „Asozialen“, eine Sammelkategorie für weitere Opfer des NS-Terrors.

    • 3.4. Queere Menschen im Sport
      • 3.4.1. Fußball-Weltmeisterschaft in Katar

        Die FIFA Fußball-Weltmeisterschaft der Männer im Emirat Katar wurde von Anfang an, mit Hinweis auf die katastrophale Menschenrechtslage insbesondere für marginalisierte Gruppen wie LSBTI, vom LSVD scharf kritisiert und während des Verlaufs kritisch begleitet.

        Im Vorfeld begleitet der LSVD mit dem Projekt „team out and proud“ unter anderem einen Austausch mit der DFB-Nationalmannschaft der Männer auf dem Adidas-Campus in Herzogenaurach. Alle Spieler, das Trainer-Team und der Staff wurden dabei weiter über die kritische Menschenrechtslage informiert.

        Des Weiteren haben sich DFB-Präsident, Bernd Neuendorf, und der DFB-Botschafter für Vielfalt, Thomas Hitzlsperger, mit Vertreter*innen der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e. V.  (dgti), Discover Football, F_in – Netzwerk für Frauen im Fußball, dem LSVD, den Queer Football Fanclubs und der DFB-Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auf dem DFB-Campus zum Kennenlernen und zum Austausch getroffen. Bei dem Treffen hat Bernd Neuendorf zugesagt, deren Forderung nach Handlungs- und Rechtssicherheit für Katar-Reisende während der WM bei der FIFA zu platzieren.

        Vor Beginn der umstrittenen Weltmeisterschaft in Katar hat der DFB einen Kongress zur Situation im Gastgeberland auf dem DFB-Campus ausgerichtet. Unter dem Titel „Sport und Menschenrechte: Maßnahmen vor, während und nach der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022“ trafen sich rund 90 Teilnehmer*innen aus Sport, Politik, Medien, Wirtschaft, Fan-Organisationen und Nichtregierungsorganisationen. Sie diskutierten über Menschenrechte im Sport, die Menschenrechtslage in Katar sowie die Rolle des DFB als Teilnehmer des Turniers.

        Im Vorfeld der WM in Katar kündigte der DFB eine Vielfaltsarmbinde mit der Aufschrift „One Love“ an. Diese Armbinde wurde vom LSVD kritisiert, da sie nicht die original Regenbogenfarben enthielt. Nach der Androhung von Sanktionen durch die FIFA für das Tragen der „One Love“-Kapitänsbinde verzichtete der DFB auf die Armbinde. Das Vorgehen der FIFA wurde von DFB-Präsident Bernd Neuendorf als beispielloser Vorgang in der WM-Geschichte bezeichnet. Neben Deutschland hatten auch England, Wales, Belgien, Dänemark, die Niederlande und die Schweiz geplant, die vielfarbige Binde mit einem Herz zu tragen. Der LSVD kritisierte in zahlreichen Interviews die Menschenrechtsverletzung in Katar sowie das Vorgehen und die Verbote der FIFA gegenüber der LSBTI-Community während der WM.

      • 3.4.2. Weitere Aktivitäten im Sport

        Deutscher Fußball-Bund (DFB)

        Die Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball, mit dem Projekttitel „team out and proud“, ist ein gemeinsames Projekt von DFB und LSVD in Trägerschaft des Familien- und Sozialvereins des LSVD. Die Anlaufstelle wurde 2020 eingerichtet und hat zum Ziel, die Interessen und Rechte der LSBTI-Community im Fußball zu vertreten und den organisierten Fußball auf allen Ebenen für queere Themen zu sensibilisieren und aufzuklären.

        Team out and proud wurde durch die Regionalkonferenz der Regional- und Landesverbände des DFB mit der Gründung einer Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung einer Regelung für das Spielrecht für trans*, inter* und nichtbinäre Menschen beauftragt.

        Die Regelung, die von der Arbeitsgruppe unter Beteiligung der queeren Community erarbeitet wurde, wurde vom DFB-Bundestag ab der Spielzeit 2022/23 verabschiedet und für den Amateurfußball in die DFB-Spielordnung, die DFB-Jugendordnung sowie die DFB-Futsal-Ordnung aufgenommen. Um den Zugang niederschwellig zu halten, werden künftig von den Landes- und Regionalverbänden Vertrauenspersonen benannt, die die Spieler*innen mit dem Personenstandseintrag „divers“ oder „keine Angabe“ und Personen, die ihr Geschlecht angleichen lassen, bei der Erteilung des Spielrechts unterstützen.

        Die DFB U21 Junioren-Nationalmannschaft beteiligte sich mit einer Social-Media-Kampagne via Twitter unter dem Titel #wirstellenunsqueer am 17. Mai zum IDAHOBITA und an der SportPride Kampagne 2022.

        Deutsch Olympischer Sportbund (DOSB)

        Der Deutsche Olympische Sportbund und der Deutsche Fußball-Bund nahmen erstmalig an einem CSD teil. Gemeinsam mit dem LSVD setzten beide Sportverbände unter dem Slogan „Willkommen – so wie du bist!“ mit einem Doppeldeckerbus ein deutliches Zeichen beim CSD in Frankfurt am Main für Vielfalt im Sport. 

        Der LSVD nahm erstmalig an der Frauenvollversammlung des DOSB in Magdeburg teil.

        SportPride 2022

        Die SportPride wurde 2020 erstmalig vom LSVD initiiert. Unter dem Hashtag #SportPride2022 solidarisierte sich auch 2022 der Sport in den sozialen Medien mit den gesellschaftlichen Kämpfen aller Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen. Athlet*innen, Fanorganisationen und Fanclubs, Sportvereine, Sportverbände sowie Sportjournalist*innen verschiedenster Sportarten stellten sich zur SportPride solidarisch hinter Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans* und intergeschlechtlichen Menschen im Internet mit dem #SportPride2022 und #SupportYourPride. Viele weitere Aktionen fanden während der SportPride statt; hervorzuheben ist die Beteiligung des Deutschen Ruderverbands und der Deutschen Ruderjugend, die sich mit Aufklärungsworkshops an der Kampagne beteiligten und die Regenbogenflagge hissten. Auch die Regenbogen-Sportarena beim CSD in Köln mit Unterstützung des SC Janus, dem Come Together Cup, des Fußball-Verbands Mittel-Rhein, dem Landessportbund NRW, dem 1. FC Köln und vielen weiteren soll erwähnt sein. 

  • 4. Internationales
    • 4.1. Equal Rights Coalition

      Im September 2022 anlässlich einer Konferenz in Buenos Aires übernahmen Deutschland und Mexiko von Großbritannien und Argentinien den Vorsitz der 2016 gegründeten Equal Rights Coalition ERC. Die ERC verfolgt abseits der UN oder anderer multilateraler Plattformen Nichtdiskriminierung, gleiche Rechte, Stärkung der Menschenrechte und Entkriminalisierung von LSBTI. Den Vorsitz werden Deutschland und Mexiko bis September 2024 innehaben. Als zivilgesellschaftlicher Vorsitz wurden der LSVD und die Fundación Arcoíris aus Mexiko-Stadt bei einer Konferenz ausgewählt. Die Bundesregierung unterstützt die ERC-Arbeit des LSVD im Rahmen einer Projektförderung bis November 2024 mit insgesamt rund 210.000 Euro. Seit Ende letzten Jahres finden online nicht nur regelmäßige ERC-Gremientreffen statt, sondern auch Treffen der vier Arbeitsgruppen Diplomatie, nationale Gesetzgebung, UN-Nachhaltigkeitsziele und Projektförderung/Geber*innen. Hier kommen Regierungsvertreter*innen mit LSBTI-Menschenrechtsverteidiger*innen aus aller Welt zusammen. Sie tauschen sich aus, besprechen Reaktionen auf LSBTI-feindliche Vorkommnisse oder diskutieren Best-Practice-Beispiele in der nationalen Gesetzgebung. Für den LSVD sind in den Gruppentreffen Alva Träbert, Philipp Braun, Patrick Dörr, Klaus Jetz und für die HES auch Axel Hochrein vertreten. Darüber hinaus konnte Doug Graffeo aus Barcelona als ERC Officer des LSVD gewonnen werden. Zurzeit zählt die ERC 42 Mitgliedsstaaten und mehr als 150 Nichtregierungsorganisationen. LSVD und Fundación Arcoíris wollen dafür sorgen, dass die ERC bis 2024 45 Mitgliedsstaaten zählt. Zudem sollen zivilgesellschaftliche Organisationen für eine Mitarbeit gewonnen werden, etwa aus Österreich, der Schweiz oder Spanien. Zudem soll im Frühjahr 2023 mit deutscher Unterstützung ein ERC-Sekretariat eingerichtet werden, die Bundesregierung soll einen Special Envoy (Sonderbeauftragten*) für LSBTI und Menschenrechte ernennen und darüber hinaus mehr Gelder für kleine Projekte im Globalen Süden zur Verfügung stellen. Eine Konferenz in Mexiko im Herbst 2024 bildet den Abschluss der mexikanisch-deutschen ERC-Präsidentschaft. Hier soll der Staffelstab an zwei neue Länder übergeben werden.

    • 4.2. Menschenrechte

      In den vergangenen zwölf Monaten haben wir uns in mehreren Fällen von Menschenrechtsverletzungen an die Bundesregierung gewandt. Vor allem betrafen sie die massiven Menschenrechtsverletzungen von LSBTI durch die Taliban und die Ausgestaltung des Bundesaufnahmeprogramms Afghanistan. Weiterhin arbeiteten wir besonders intensiv für ein humanitäres Aufnahmeprogramm und die Berücksichtigung von LSBTI aus Afghanistan. Wir haben mit vielen anderen dafür gesorgt, dass auch LSBTI auf entsprechende Listen gesetzt werden.

      Klaus Jetz nahm im Juli 2022 an einem Menschenrechtstag mit angehenden Diplomat*innen im Auswärtigen Amt teil und berichtete zusammen mit anderen zu Perspektiven und Erwartungen der Zivilgesellschaft beim Thema Menschenrechte in der Außenpolitik. Gemeinsam mit Brot für die Welt, Misereor und Peace Brigades International verfasste der LSVD im August 2022 ein Aide-Mémoire zu Nicaragua, das anlässlich eines Gespräches des Forum Menschenrechte an Außenministerin Baerbock überreicht wurde. Darin enthalten sind unsere Forderungen an die Bundesregierung im Umgang mit der despotischen Regierung in Mittelamerika.

      Elisabeth-Selbert-Initiative

      Bereits 2022 konnte einem LSBTI-Menschenrechtsverteidiger aus Nicaragua in der LSVD-Bundesgeschäftsstelle ein sechsmonatiger Arbeits- und Schutzaufenthalt im Rahmen der vom Auswärtigen Amt finanzierten und vom Institut für Auslandsbeziehungen (IFA) betreuten Elisabeth-Selbert-Initiative angeboten werden. Seit Dezember 2022 arbeitet nunmehr der dritte Stipendiat beim LSVD in Köln. Der LSBTI-Aktivist aus Nicaragua wird vorerst bis Juni 2023 bleiben.

    • 4.3. Netzwerke

      ILGA

      Auch zum Jahresende 2022 lieferte der LSVD Informationen zur rechtlichen und sozialen Situation von LSBTI in Deutschland an seinen europäischen Dachverband. Sie fanden wieder Eingang in den neuen Jahresbericht zur Menschenrechtslage von LSBTI in Europa und Zentralasien „Annual Review 2023“, den ILGA Europe im Februar 2023 veröffentlichte. Wir arbeiten in mehreren Arbeitsgruppen mit, die unser Dachverband initiiert hat. Sie betrafen etwa die Verlängerung des Mandats des Unabhängigen Experten der UN zum Schutz vor Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI) oder zum Austausch über die Situation von LSBTI in der Ukraine und Flucht aus dem von Russland überfallenen Land. Zudem nahm Patrick Dörr für den LSVD an der ILGA-Europa-Konferenz in Sofia im Oktober 2022 teil.

      Amsterdam Netzwerk

      Auch mit den Kolleg*innen im Amsterdam Netzwerk stehen wir in regelmäßigen Austausch zu Fragen von LSBTI in aller Welt, Notfallsituationen, Equal Rights Coalition, UN und Lobbyarbeit im Menschenrechtsrat, Europarat und auf anderen multilateralen Ebenen. Der Austausch findet etwa vierteljährlich und seit dem Ausbruch der Coronapandemie online statt. Das nächste Treffen wird wohl im April 2023 in Berlin stattfinden, was Sinn ergibt im Hinblick auf Unterstützung unserer Forderungen in der Menschenrechts-, Geflüchteten- oder
      Akzeptanzpolitik.

    • 4.4. Hirschfeld-Eddy-Stiftung
      • 4.4.1. Projekt Do no harm – Risiken in der internationalen Projektarbeit minimieren

        4.4.1. Projekt Do no harm – Risiken in der internationalen Projektarbeit minimieren

        Von Januar bis Dezember 2022 lief erfolgreich das Projekt „Do no harm – Risiken in der internationalen Projektarbeit für LSBTI minimieren“ der Hirschfeld-Eddy-Stiftung (HES). Gefördert vom BMJ auf Beschluss des Deutschen Bundestages und realisiert von Sarah Kohrt, Klaus Jetz und Sandra Jonas. „Do no harm“, das Paradigma „richte keinen Schaden an“ wurde für die internationale Menschenrechtsarbeit mit LSBTI diskutiert und anhand konkreter Projektarbeit anschaulich gemacht. Die Formate reichten von Webtalks und Präsenzveranstaltungen über Hintergrundgespräche, Workshops bis zu Vorträgen. Immer begleitet von intensiver Öffentlichkeitsarbeit. Zu den Höhepunkten des Projekts gehörte die dreisprachige Kickoff-Veranstaltung mit Praktiker*innen der Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Aktivist*innen, die im Frühjahr in Präsenz in Berlin stattfand. Ein weiteres Highlight war die zweisprachige digitale internationale Abschlusskonferenz mit über 200 Interessent*innen aus vier Kontinenten. Hintergrundartikel in deutscher und englischer Sprache wurden im Blog veröffentlicht, regional zu Ghana, Tunesien, Kolumbien und Äquatorialguinea und Namibia. Die nationalen und internationalen Netzwerke wie die Yogyakarta-Allianz, das Amsterdam Netzwerk, VENRO u. a. spielten eine wichtige Rolle. Das Projekt hat deutlich gemacht, wie zentral der Do no harm-Ansatz gerade bei internationalen Menschenrechts-Projekten mit LSBTI ist und wie wenig Publikationen es dazu bisher gibt. Die Projektergebnisse werden als Handreichung in einem gedruckten Leporello publiziert, das sieben zentrale Aspekte für umsichtige internationale Menschenrechtsarbeit mit LSBTI darstellt. 

      • 4.4.2. Projekt „We believe in change“: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Schutz von LSBTI vor Gewalt und Diskriminierung

        4.4.2. Projekt „We believe in change“: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Schutz von LSBTI vor Gewalt und Diskriminierung

        Von Januar bis Dezember 2023 läuft das einjährige Projekt der HES „We believe in change: Menschenrechte im Spannungsfeld von Religions- und Weltanschauungsfreiheit und dem Schutz von LSBTI vor Gewalt und Diskriminierung – ein Projekt zur Beförderung des Dialogs“. Ziel des Projekts ist es, Wissen über die Lebenssituation von LSBTI und über die Haltung der verschiedenen Religionen zu vermitteln. Es soll über die zum Teil lebensbedrohliche Situation von LSBTI-  Akteur*innen aufklären und zu mehr Verantwortungsübernahme im Sinne des Grundsatzes „Keine Gewalt!“ motivieren.  

        In UN-Debatten, im Alltag und in unterschiedlichen Weltregionen steht immer wieder ein (scheinbar) nicht lösbares Dilemma zwischen dem Menschenrecht auf Religionsfreiheit und dem Menschenrecht auf Nichtdiskriminierung im Mittelpunkt. Das Projekt initiiert durch Hintergrundgespräche und Vernetzungstreffen Dialoge zwischen ansonsten getrennten Diskursgruppen, um Vorurteile abzubauen und positive Entwicklungen aufzuzeigen. In Webtalks und anderen öffentlichen Veranstaltungen werden inklusive Gemeinden in unterschiedlichen Weltreligionen vorgestellt und gläubige LSBTI-Aktivist*innen sowie Forschende und Repräsentant*innen verschiedener Religionen ins Gespräch gebracht. 

      • 4.4.3. Sonstige Projekte

        4.4.3. Sonstige Projekte

        Tunesien 

        Seit 2017 arbeiten wir in Tunesien mit unserer Partnerorganisation Mawjoudin zusammen.  
        Im Jahr 2022 stand der Abschluss eines Theaterprojektes im Fokus. Das queere Theaterstück „Flagranti“ hatte im Mai 2022 seine Premiere und wurde im Laufe des Jahres insgesamt noch zehnmal aufgeführt. Mehr als 2.500 Besucher*innen sahen das Stück. Ein Symbol für den Erfolg und die Qualität in der Umsetzung des Projektes ist auch die Aufnahme des Stücks in das Programm des Karthago-Theaterfestivals, das Anfang Dezember 2022 stattfand. Zum 1. Januar 2023 startete zudem ein Projekt zur Verbesserung der mentalen Gesundheit von LSBTI in Tunesien und der Schaffung von mehr Schutzbereichen. Neben der sich seit Jahren verschlechternden wirtschaftlichen Situation hat sich zuletzt auch die menschenrechtliche Situation verschärft: Mit einer neu eingeführten Vorschrift gegen die Verbreitung von „Fake News“ werden auch ungewünschte politische Äußerungen strafrechtlich verfolgt und somit die Meinungsfreiheit eingeschränkt. 

        Kolumbien 

        Seit 2020 kooperiert die HES mit der Partnerorganisation Casa Cultural „El Chontaduro“ in Cali, Kolumbien. Auf öffentliche Webtalks und ein Workshop folgt nun ein im Juli 2022 gestartetes umfangreiches Projekt zur Sensibilisierung, zur Aus- und Fortbildung und zur Stärkung der Menschenrechtsarbeit der afrokolumbianischen LSBTI-Jugend in der Region. Durch die Maßnahmen sollen die queeren Menschen über ihre Rechte aufgeklärt und in ihrem Selbstbewusstsein gestärkt werden. Kern des Projektes ist die Erhöhung der Zahl der afrokolumbianischen Studierenden durch Coaching und Schulungen. Das Projekt ist bis Mai 2023 bewilligt. Ein Antrag zur Fortführung des Projektes wurde im Oktober 2022 gestellt. 

        Alle Projekte werden mit Mitteln des Auswärtigen Amts gefördert. 

        Spenden 

        Im Berichtszeitraum konnten wir rund 15.000 Euro für die exiliranische Organisation 6Rang sammeln, die sich für aus dem Iran geflüchtete LSBTI kümmert. Für die Kolleg*innen unserer polnischen Partnerorganisation Miłość Nie Wyklucza und deren Rechtshilfefonds konnten wir im Januar 2023 rund 5.000 Euro nach Warschau überweisen. Unsere Partnerorganisation Nash Mir in Kyiv konnten wir mit rund 20.000 Euro unterstützen, die Casa Cultural El Chontaduro mit 1.300 Euro. Insgesamt haben wir unsere Kolleg*innen im Globalen Süden und Osteuropa seit Gründung der Stiftung in 2007 mit rund 450.000 Euro unterstützt. Zusammen mit der Projektförderung durch die Bundesregierung seit 2010 beläuft sich der Betrag auf ca. zwei Millionen Euro. 

  • 5. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

    Seit Oktober 2022 ist Kerstin Thost neue LSVD-Pressesprecher*in in der Nachfolge von Markus Ulrich. Pressemeldungen, Newsletter und Interviews für Presse, Fernsehen und Radio zu den Verbandsthemen und -forderungen gehören zur regelmäßigen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des LSVD.

    Regelmäßig postet die Pressestelle aktuelle Meldungen und Content auf den Social-Media-Kanälen des LSVD. Zu den bisherigen Plattformen Facebook, Instagram, Twitter und LinkedIn sind die Kurzmeldeplattform Mastodon sowie das soziale Medium TikTok hinzugekommen. Dadurch konnte die Reichweite unseres Verbandes erhöht werden.

    Follower*innen nach Kanal (Stand 01. Februar 2023):

    • Instagram: 13.200 (Mit einer monatlichen Reichweite von ca. 25.000 Accounts)
    • Twitter: 14.800
    • Facebook: 13.900

    Um noch detaillierter und anschaulicher auf die Verbandsthemen eingehen zu können, hat die Pressestelle im Oktober 2022 einen eigenen LSVD-Podcast gelauncht. Unter dem Namen „Respekt. Der LSVD-Podcast“ werden monatlich neue Folgen auf den Audioplattformen Spotify, Apple Podcaster, Google usw. veröffentlicht.

    Bisher erschienene Folgen:

    Die LSVD-Homepage wird kontinuierlich gepflegt und erweitert – Ratgebertexte und Veranstaltungskalender werden aktualisiert, neue Beiträge und Artikel erstellt und die vorhandenen Beiträge suchmaschinenoptimiert. Für bestimmte Inhalte schalten wir Anzeigen über Google Ads. Wir nehmen am Grant-Programm teil, sodass wir bis zu 10.000 US-Dollar pro Monat zur Verfügung haben.

    Gegenwärtig produziert die Pressestelle neben der Verbandszeitschrift „respekt!“ auch neue Give-aways für dieses Jahr. In einer Abstimmung entschieden sich Landesvorständ*innen, Bundesvorständ*innen und Mitarbeitende für Fächer, Pride-Armbänder und Kugelschreiber.

  • 6. Mitarbeit in nationalen Netzwerken und Vertretungsaufgaben
    • 6.1. Forum Menschenrechte

      6.1. Forum Menschenrechte

      Nach wie vor vertreten Klaus Jetz und Henny Engels den LSVD im Forum Menschenrechte (FMR), Henny Engels zudem in der AG Rechte von Frauen und LSBTI. Im Jahr 2022 vollzog das FMR auf Anraten eines auf vereinsrechtliche Fragen spezialisierten Anwalts eine grundlegende Änderung seiner Organisationsstruktur. Im Ergebnis stimmten der Verein Forum Menschenrechte e. V. und das  
      Forum Menschenrechte, nun Netzwerk Forum Menschenrechte, ihre jeweiligen Satzungen so aufeinander ab, dass sie aktuellen rechtlichen Erfordernissen entsprechen. Zudem traten beide Organisationen der je anderen bei. Beim Plenum im Mai standen als Follow-up erneut die Themen Menschenrechte in Afghanistan und China auf der Agenda. Zudem trugen Vertreter*innen verschiedener Mitgliedsorganisationen Beiträge zum Thema „Krieg in der Ukraine – interdisziplinärer Blick auf den Krieg & Herausforderungen für unsere Menschenrechtsarbeit“ vor. Angekündigt wurde auch eine Umfrage unter den Mitgliedsorganisationen, um ein Bild zu bekommen, wie divers das Forum aufgestellt ist. Das Ergebnis ist zu finden unter https://www.forum-menschenrechte.de/wp-content/uploads/2022/09/Vielfalt-im-FMR-1.pdf. 

      Beim Plenum im Oktober 2022 beriet das Forum über außenpolitische Herausforderungen am Beispiel Ukraine und Afghanistan sowie über Armutspolitik und drohende soziale Verwerfungen in Deutschland. Bei dieser Sitzung wurde auch beschlossen, die bisherige AG Innen(-politik), die sich schwerpunktmäßig allerdings mit Fragen von Flucht und Migration beschäftigt hatte, umzubenennen in AG Flucht/Migration. Gleichzeitig wurde beschlossen, neue AGs einzurichten, die sich verstärkt mit innenpolitischen Themen befassen werden. Eine dieser Gruppen mit dem vorläufigen Namen „Soziale Rechte in Deutschland“ wird u. a. zu Themen wie „Gender Pay Gap und ihre Konsequenzen“, „Recht auf Gesundheit“ sowie „Recht auf Wohnen“ arbeiten. Bei der Jahresklausur vom 19. Bis zum 21. Januar 2023, an der seitens des LSVD leider niemand teilnehmen konnte, standen im Mittelpunkt die Themen „Erstes Jahr Ampel – wo stehen wir in Sachen Menschenrechte“, „Feministische Außenpolitik – Erwartungen aus menschenrechtlicher Sicht“, die Situation mit Blick auf den Krieg gegen die Ukraine und „Menschenrechtliche Kohärenz und SDGs“. Der Schwerpunkt feministische Außenpolitik wurde vorbereitet und durchgeführt von der AG Rechte von Frauen und LSBTI; dies und die Tatsache, dass nach einem Bericht von Katrin Frank, Sprecherin der AG, feministische Aspekte in zahlreichen anderen Zusammenhängen immer wieder benannt wurde, steht für eine durchaus erfreuliche Entwicklung des Forums. 

    • 6.2. Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

      6.2. Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

      Im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld ist der LSVD gemäß der Stiftungssatzung weiter mit zwei Vertreter*innen (bei einem Stimmrecht) repräsentiert. Aktuell sind Gabriela Lünsmann und Axel Hochrein berufen. Axel Hochrein nimmt das Amt als Vorstand der LSVD-eigenen Hirschfeld-Eddy-Stiftung auch nach seinem Ausscheiden aus dem Bundesvorstand weiter wahr. 

      Im Juni 2022 hat der ehemalige Bundesvorstand des LSVD, Helmut Metzner, nach einem aufwändigen Auswahlverfahren das Amt des geschäftsführenden Vorstands der Bundesstiftung übernommen.   

      Die 20. Sitzung des Kuratoriums der BMH war erstmalig eine zweitägige Klausur, die am 19. und 20. Oktober 2022 im Bundesministerium der Justiz stattfand. Neben den regelmäßigen Aufgaben des Kuratoriums, wie Feststellung und Verabschiedung des Jahresabschlusses und Genehmigung des Wirtschaftsplans, wurde auch über die Anträge auf Projektförderung für den Zeitraum 2023/2024 abgestimmt. Ebenso stand eine Nachwahl für den Fachbeirat der Stiftung an. 

      Aufgrund der Stiftungsrechtsreform in Deutschland wurden Änderungsvorschläge zur Satzung diskutiert. Dieser Prozess wird im laufenden Jahr auf einer Kuratoriumssitzung beschlossen werden. Bis dahin sollen auch Vorschläge zur Anpassung im Stiftungszweck zum Begriff der Homosexualität und seiner zeitgemäßen Anpassung gefunden werden. Darüber hinaus hat der neue geschäftsführende Vorstand Helmut Metzner zu den künftigen strategischen Schwerpunkten der Stiftungsarbeit Vorschläge unterbreitet, die intensiv diskutiert wurden. Am zweiten Tag wurde über eine Neugestaltung der Zusammenarbeit von Kuratorium und Fachbeirat beraten sowie eine Neuordnung der Förderrichtlinien der Stiftung diskutiert. 

    • 6.3. Deutsches Institut für Menschenrechte

      6.3. Deutsches Institut für Menschenrechte

      Henny Engels vertritt den LSVD in der Mitgliederversammlung des Instituts. Zudem ist sie seit 2018 eine der Kassenprüferinnen. Das Institut widmet sich – seiner Aufgabe als nationale Menschenrechtsinstitution entsprechend – zahlreichen menschenrechtlichen Fragen im In- und Ausland. Bei der Mitgliederversammlung am 23. September 2022 stand neben den vereinsrechtlichen Formalia die von der Institutsleitung vorgestellte Strategieplanung 2024 – 2028 im Mittelpunkt der Beratungen. Darüber hinaus wurde der im Jahr 2022 wiederbelebte queerpolitische Austausch fortgesetzt. Hier haben Verbände die Möglichkeit, sich in einem vertraulichen Raum über anstehende Gesetzgebungsverfahren auszutauschen, mögliche Konflikte anzusprechen und gemeinsam Ziele und Strategien zu entwickeln. An dem hybriden Treffen am 8. Juli 2022 nahm für den LSVD Sarah Ponti teil. An einem weiteren virtuellen Treffen am 16. September 2022 war Henny Engels beteiligt. 

    • 6.4. Antidiskriminierungsstelle des Bundes

      6.4. Antidiskriminierungsstelle des Bundes

      Seit Beginn seines Bestehens ist der LSVD im Beirat der Antidiskriminierungsstelle (ADS) des Bundes vertreten, zunächst durch Manfred Bruns, später durch Helmut Metzner. Im Berichtszeitraum tagte der Beirat einmal und nahm den Bericht der ADS entgegen. Mit dem Ende der Legislaturperiode 2021 endete die Tätigkeit des Beirates, der nun neu berufen wird. Vom LSVD wurde Henny Engels für den Beirat vorgeschlagen; die konstituierende Sitzung des neuen Beirates steht noch aus. Nach einer langen Vakanz in der Leitung der ADS wurde im Juli 2022 Ferda Ataman vom Deutschen Bundestag zur Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung und damit auch zur Leiterin der ADS gewählt. Trotz der Vakanz in der Leitung hat die ADS unter der Leitung des stellvertretenden, später kommissarischen Leiters Bernhard Franke wertvolle Arbeit im Bereich Bekämpfung von Diskriminierung geleistet. 

    • 6.5. Rundfunkräte

      6.5. Rundfunkräte

      Noch immer ist der LSVD in fünf Rundfunkräten öffentlich-rechtlicher Senderanstalten vertreten: ZDF, Deutschlandradio, Radio Bremen, MDR und Saarländischer Rundfunk. In Rheinland-Pfalz, NRW, Niedersachsen und im Saarland ist der LSVD zudem in den Landesmedienanstalten vertreten, die die privaten Sender beaufsichtigen. Am 16. Februar 2023 fand ein LSVD-interner Austausch zum Thema statt. Neben dem Informationsaustausch zur Arbeit standen die Themen eventuelle thematische Veranstaltung des LSVD, Möglichkeiten des Mitwirkens im Gremium und Gespräche mit den Sendeleitungen im Mittelpunkt.  

      Klaus Jetz ist seit 2019 Mitglied im Hörfunkrat und im Programmausschuss des Deutschlandradios. Seit letztem Jahr finden die Sitzungen wieder in Präsenz statt, entweder in Köln oder in Berlin. Zuletzt kam der Hörfunkrat des DLR am 15. Dezember in Berlin zusammen. Themen waren u. a. Compliance beim DLR, Änderung des Medienstaatsvertrag und Umsetzung im Hörfunkrat, Stärkung der Kompetenzen der Hörfunkratsmitglieder sowie Beschwerden, Lob und Kritik seitens der Hörer*innen. Seit Bekanntwerden der Skandale beim RBB spielen diese Themen und der Schaden, den der ÖRR insgesamt davontrug, immer wieder eine große Rolle in den Sitzungen. 

    • 6.6. Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

      Henny Engels arbeitet im AK Frauen des Paritätischen Gesamtverbandes mit. Sie, Sarah Ponti und René Mertens nahmen zudem mehrfach an einem paritätsinternen Austausch zu diversen queerpolitischen Themen teil, z. B. zum Aktionsplan und zum Selbstbestimmungsgesetz. Überverbandlich tauschten wir uns im Rahmen der Konferenzen der überregionalen Mitgliedsorganisationen zu allgemeinen rechtlichen und politischen Themen von Non-Profit-Organisationen aus 

    • 6.7. Mitarbeitende

      Markus Ulrich, ehemaliger Pressesprecher und Leiter des Hauptstadtbüros, hat den LSVD im Juni 2022 nach zehn Jahren sehr erfolgreicher Arbeit verlassen. Seine Nachfolgerin als Pressesprecher*in wurde im Oktober 2022 Kerstin Thost. Franka Braun arbeitet in der Pressestelle mit einer halben Stelle im Bereich Öffentlichkeitsarbeit. René Mertens ist mit einer Dreiviertel-Stelle im LSVD-Projekt „Selbst.verständlich Vielfalt. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit“ im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ sowie mit einer Viertel-Stelle als Koordinator zur Unterstützung der LSVD-Landesverbände beschäftigt. Christian Rudolph ist seit Jahresbeginn 2021 als Mitarbeiter im vom DFB geförderten Pilotprojekt „Kompetenz- und Anlaufstelle für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im Fußball“ mit einer vollen Stelle angestellt. Sarah Kohrt arbeitet weiterhin mit einer vollen Stelle im Hauptstadtbüro als Projektleiterin der Hirschfeld-Eddy-Stiftung.  

      Seit Februar 2022 ist Danilo Höpfner mit einer halben Stelle für den LSVD im Arbeitsbereich Friend- und Fundraising tätig. Dr. Sarah Ponti ist weiterhin als LSVD-Grundsatzreferentin mit einer Dreiviertel-Stelle im Hauptstadtbüro beschäftigt. Rechtsanwalt Dr. Thomas Hahn aus Berlin ist weiterhin ehrenamtlicher Datenschutzbeauftragter des LSVD, seiner Landesverbände und der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. 

      Das Projekt „Queer Refugees Deutschland“ in der Bundesgeschäftsstelle in Köln lief im Juni 2022 regulär aus. Mit einer Förderung durch die Dreilinden gGmbH konnten die beiden vollen Stellen von Ina Wolf und Lilith Raza bis Jahresende abgesichert werden. Wir gehen davon aus, dass das Projekt „Fluchtgrund: queer – Queer Refugees Deutschland“ noch im Berichtszeitraum bewilligt wird, sodass beide Kolleg*innen mit einer vollen Stelle im von der Integrationsbeauftragten geförderten Projekt weiterarbeiten können.  

      Guido Schäfer unterstützt nach wie vor den LSVD und die HES an einem Tag pro Woche ehrenamtlich. Jürgen Rausch arbeitet mit einer vollen Stelle im vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ unterstützten LSVD-Projekt „Selbst.verständlich Vielfalt. Kompetenznetzwerk zum Abbau von Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit“. Mit je einer halben Stelle übernimmt er die Leitung des LSVD-Projektteils bzw. die Koordination des Kompetenznetzwerks. Er arbeitet dabei eng mit René Mertens im Hauptstadtbüro zusammen. In der Kölner Bundesgeschäftsstelle arbeiten seit August bzw. September 2022 in diesem Projekt auch zwei neue Kolleginnen mit voller Stelle: Clara Clasen und Leonie Achterhold. Zudem arbeiten in diesem Projekt weiterhin Lucie Veith, Lisa Oude Lausink (seit Februar 2022) und Dani Döbbecke in Teilzeit im Projektbereich Akzeptanz und Vernetzung intergeschlechtlicher Menschen. Als Bürokraft unterstützt weiterhin Juliane Steinbrecher mit 18 Wochenstunden den LSVD. Ahmed Elpelasy ist weiterhin Webmaster und Systemadministrator des LSVD. In der LSVD-Bundesgeschäftsstelle arbeiten weiterhin Sandra Jonas als Finanzreferentin und Klaus Jetz als Geschäftsführer für den LSVD und die Hirschfeld-Eddy-Stiftung. Von Dezember 2022 bis Anfang Juni 2023 wird das Team der Bundesgeschäftsstelle durch den nicaraguanischen Stipendiaten Chester verstärkt. Der Kollege Massem aus Pakistan absolvierte im Rahmen eines Stipendiums des IFA einen sechsmonatigen Arbeitsaufenthalt bis Ende Januar 2023. Neu hinzugekommen ist kurz vor Weihnachten Doug Graffeo; Doug betreut von Spanien aus unser Engagement in der Equal Right Coalition mit. 

    • 6.8. Mitgliederentwicklung und -werbung

      6.8. Mitgliederentwicklung und -werbung

      Der LSVD hat das Jahr 2022 mit einem leichten Mitgliederrückgang von 45 Personen (< 1%) abgeschlossen. 246 Mitglieder sind aus dem Verband ausgetreten, 201 Mitglieder sind eingetreten. Zum 31. Dezember 2022 waren 4.524 Menschen Mitglied in unserem Verband. 

      Die Mitgliederzahl ist seit Jahren auf dem hohen Niveau stabil. Dass diese Entwicklung auch für 2022 beibehalten werden konnte, ist nach dem gesamtgesellschaftlich einschneidenden Erlebnis der Pandemie keineswegs selbstverständlich. Dazu beigetragen hat sicherlich, dass die Ansprache von (neuen wie alten) Mitgliedern in Präsenz auf CSDs und anderen Veranstaltungen nach der Pandemie wieder unbeschwert möglich war und Bundesverband wie auch Landesverbände zahlreiche großartige Onlineformate etabliert haben, die auch denjenigen Teilhabe ermöglichen, die fernab von Großstädten leben. Die Mitgliederstabilität ist überaus erfreulich, insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Verbände in Deutschland hohen demografischen Schwund in der Mitgliedschaft verzeichnen. Eine solche Entwicklung, die mit einer gesamtgesellschaftlichen Erosion des Stellenwertes von Vereinsmitgliedschaften verbunden scheint, können wir so (noch) nicht bestätigen. Gleichwohl ist dem Vorstand bewusst, dass eine solche gesamtgesellschaftliche Entwicklung auch vor dem LSVD nicht Halt machen wird. Mit Blick auf die Altersverteilung (siehe Grafik unten) wird überaus deutlich, dass die Mitglieder in den Altersgruppen ab 30 bereits gut vertreten, die ab 40 das Fundament unseres Verbandes bilden. Wir müssen uns weiterhin stark bemühen, um auch junge Leute in den Verein zu holen – und gleichermaßen für die älteren Mitglieder attraktiv bleiben. Die Mitgliederarbeit wird in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt in der Vorstandsarbeit bilden. 

      Der LSVD profitiert nicht nur vom Engagement der Einzelmitglieder, sondern auch von der Anbindung von Gruppen und Vereinen. Im Jahr 2022 stieg die Zahl der juristischen Personen (Gruppen, Organisationen und Vereinen), die dem LSVD angehören, auf 118 (2021: 115) an. Der LSVD hat damit seine Vernetzung in die Regenbogen-Community erweitert und profitiert dadurch von den Impulsen und Rückmeldungen für unsere Anliegen und Arbeit aus diesem Resonanzraum. 

    • 6.9. Friend-/Fundraising und Sponsoring

      6.9. Friend-/Fundraising und Sponsoring

      Stabile Mitgliedszahlen bescheren dem LSVD stabile Einnahmen. Besonders erfreulich ist dabei, dass nahezu zwei Drittel der Mitglieder den Regelbeitrag und mehr bezahlen. Beitragsrückstände sind die absolute Ausnahme. Danke! Damit kann der Verband den Großanteil seiner Einnahmen aus den Reihen seiner Mitglieder gewinnen. Dies sichert grundsätzlich die für einen Interessenverband so dringende Unabhängigkeit von staatlichen Zuschüssen – auch wenn der LSVD in bewährter Praxis Projektmittel und Zuschüsse der öffentlichen Hand einwirbt. Der damit verbundene bürokratische Bewirtschaftungs- und Verwaltungsaufwand ist jedoch nicht unerheblich – und nimmt eher zu als ab. Bei aller Freude über diese staatlichen Gelder und inhaltlich wichtigen Programme, in denen wir uns mit unserer Kompetenz engagieren, muss konstatiert werden, dass Projektarbeit zukünftig kein Wachstumsversprechen mehr sein wird. Vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen der letzten drei Jahren (Pandemie, der völkerrechtswidrige Überfall auf die Ukraine) und dem damit eingehenden Eindruck von sich rasant leerender Staatskassen betrachten wir als Vorstand die Möglichkeiten staatlicher Co-Finanzierung vermehrt mit Vorsicht. Zu dieser Vorsicht gehört weiterhin, in unseren räumlichen und sächlichen Strukturen bescheiden und beweglich zu bleiben. So können wir 2023 (auch dank Spendengeldern) das Hauptstadtbüro mit den dringend benötigten neuen Schreibtischen und Schreibtischstühlen ausstatten. Mietangebote zu einem Umzug des Hauptstadtbüro in Strukturen, die mit hohen Fixkosten einhergehen, mussten wir jedoch ablehnen. 

      Ein übliches „Gegenmittel“ zu leeren Staatskassen ist das Fundraising. Wir freuen uns im Jahr 2022 über Großspenden im Wert von 28.229 Euro sowie über zahlreichen Kleinspenden (hier ist etwa auch Amazon Smile zu nennen, eine niederschwellige Möglichkeit, mit der „nebenbei“ erquickliche Erträge in Höhe von 2.247 Euro zu verzeichnen sind). Insgesamt haben wir an zweckgebundenen und verfügungsfreien Geldleistungen 128.401 Euro eingeworben. Hinzu kommen kostenfreie Werbemöglichkeiten (etwa taz oder lulu.fm) und der Verzicht auf Aufwandserstattungen. Der Vorstand dankt allen bekannten und unbekannten Groß- und Kleinspender:innen sehr herzlich. Wir sind weiterhin der festen Überzeugung, dass sich jeder Euro in Strukturen eines Verbands, der sich für ein demokratisches Miteinander so entschieden einsetzt, wie wir als LSVD es tun, am Ende vielfach verzinst wird. Die Arbeit für eine Gesellschaft, die sich gleiche Liebe, Vielfalt und Respekt auf die Fahnen schreibt, ist nicht kostenfrei – aber genauso wenig umsonst. Danke, dass Sie auch mit Ihrem Geldbeutel an unserer Seite stehen! 

    • 6.10. Jugend und Queer

      6.10. Jugend und Queer

      m Juli letzten Jahres fand ein digitales Austauschtreffen zwischen dem LSVD und dem Jugendnetzwerk LAMBDA statt, das es in diesem Umfang lange nicht gab. Dieses Treffen diente zunächst dem gegenseitigen Kennenlernen. Unter anderem wurde über Themen wie das Selbstbestimmungsgesetz gesprochen, und wie LAMBDA und wir in diesem Thema aktiv sind und zusammenarbeiten könnten. Eine weitere Idee, die bei diesem Treffen entstanden ist und besprochen wurde, ist die Planung einer gemeinsamen parlamentarischen Veranstaltung, zu der jedoch bisher keine tiefergehenden Planungen angestrengt wurden, wenngleich beide Seiten grundsätzliche Bereitschaft signalisiert haben. Das Gespräch war sehr zielführend. Aufgrund verschiedener Faktoren ist der Kontakt zwar in der Zwischenzeit leider wieder etwas ins Stocken geraten. Der Bundesvorstand plant in den kommenden Wochen aber einen erneuten Anlauf, um die Zusammenarbeit mit dem Jugendnetzwerk LAMBDA auszubauen. Beide Organisationen arbeiten an ähnlichen Bereichen, decken jedoch unterschiedliche Zielgruppen ab. Nach unserer Überzeugung ist es daher essenziell, den gemeinsamen Austausch vermehrt zu suchen und zu pflegen. LSVD und LAMBDA können sich unter diesem Verständnis gegenseitig ergänzen und der Community einen noch größeren organisierten Mehrwert bieten. Es ist unser erklärtes Ziel, dass diese beiden größten queeren Organisationen Deutschlands enger miteinander zusammenarbeiten und an einem Strang ziehen.  

      Darüber hinaus wurden durch Andre Lehmann einige weitere bilaterale Gespräche mit politischen Jugendorganisationen geführt, um bei diesen die Bekanntheit des LSVD weiter zu erhöhen und über unsere Themen und ihre Bedeutung weiter aufzuklären. Dies führte zum Beispiel dazu, dass der LSVD sich bereiterklärt hat, in einem „Gesellschaftsforum“ der Jungen Liberalen mitzuarbeiten. In diesem Forum wollen die JuLis verschiedene Fachverbände zusammenbringen, um sich Expertise von außerhalb zu holen. Ein Startschuss dieses Projekts lässt bislang jedoch auf sich warten. Wir stehen solchen Projekten demokratischer Parteien und deren Vorfeldorganisationen zum Wissenstransfer grundsätzlich offen gegenüber, um unsere Positionen stärker in die Politik tragen zu können. 

      Ein bedeutender Aspekt, um mehr junge Menschen gezielter zu erreichen, ist unsere Präsenz in den Sozialen Medien. Hier ist besonders Instagram und TikTok hervorzuheben. Mit der Neubesetzung unserer Presstestelle durch Kerstin Thost konnten wir hier unsere Aktivität und damit unsere Sichtbarkeit weiter steigern und arbeiten an weiteren Projekten, um unseren Auftritt in den Sozialen Medien stetig voranzubringen. 

    • 6.11. Verbandstag 2022

      6.11. Verbandstag 2022

      Am 24. April 2022 fand der 34. LSVD-Verbandstag zum dritten Mal als Online-Veranstaltung statt. Sven Lehmann, Queerbeauftragter der Bundesregierung, stellte in seiner Gastrede die Aktivitäten und Planungen der Bundesregierung in Bezug auf LSBTI-Politik vor. So sollte mit der Reform des Abstammungsrechts, dem Selbstbestimmungsgesetz sowie der Erstellung des Nationalen Aktionsplans noch im laufenden Jahr begonnen werden. Er rief Community und Zivilgesellschaft dazu auf, weiter Druck zu machen, um die Realisierung der im Koalitionsvertrag verabredeten Vorhaben voranzutreiben. Er dankte dem LSVD für die Expertise und das starke Engagement. Sodann beantwortete er Fragen aus dem Publikum. 

      Ein weiteres Thema des Verbandstages war das Selbstbestimmungsgesetz und der Antrag „Selbstbestimmt wir“, in dem es nicht nur um Strategien gegen transfeindliche Panikmache, sondern auch um Schutz und faire Verfahren für queere Geflüchtete oder um ein effektives Demokratiefördergesetz und einen wirksamen Aktionsplan geht. Zudem ging es um Satzungsergänzungen oder um den Themenkomplex LSBTI-Geflüchtete, insbesondere um die Folgen der Taliban-Herrschaft, den russischen Einmarsch in die Ukraine, die Todesstrafe für queere Menschen im Austragungsland der Fußballweltmeisterschaft 2022 und LSBTI-Feindlichkeit mitten in der EU.  

      Darüber hinaus verabschiedete die Mitgliederversammlung Günter Dworek, der nach 31 Jahren erfolgreicher Vorstandsarbeit nicht mehr kandidierte. Auch Helmut Metzner wurde verabschiedet, er hatte angekündigt, nach 13 Jahren erfolgreicher Vorstandsarbeit sein Amt Ende Juni 2022 niederzulegen. Axel Hochrein bzw. Henny Engels dankten ihnen für die geleistete Arbeit.  

      Auch wurde ein neuer Vorstand gewählt. Gabriela Lünsmann, Philipp Braun und Alfonso Pantisano wurden 2021 für zwei Jahre gewählt. Patrick Dörr, Henny Engels, Andre Lehmann, Stefanie Lünsmann-Schmidt und Christian Rudolph wurden wiedergewählt, Alva Träbert wurde neu in den Vorstand gewählt. 

    • 6.12. Zusammenarbeit des Bundes- mit den Landesverbänden
      • 6.12.1. Bund-Länder-Koordination

        6.12.1. Bund-Länder-Koordination

        René Mertens unterstützt die Landesverbände im Rahmen der BLK-Stelle und fungiert als Schnittstelle zwischen den landesverbandlichen Strukturen, dem Bundesverband und dem Kompetenznetzwerk „Selbst.verständlich Vielfalt“. In der Pressestelle in Berlin übernimmt er die Bund-Länder-Koordination, die Organisation der Geschäftsstelle, unterstützt die Einarbeitung der neuen Pressesprecher*in und vertritt diese in ihrer Abwesenheit. 

        Die BLK-Stelle unterstützt im Vorfeld der Landtagswahlen die Landesverbände Niedersachsen-Bremen, Hessen und Bayern bei der Erstellung von Wahlprüfsteinen und queerpolitischen Forderungen auf Landesebene. Die Unterstützung der Landesverbände im Vorfeld von Wahlen und die Begleitung der Koalitionsverhandlungen sind Kernaufgaben der Bund-Länder-Koordination. Neben Fragen zur Ausgestaltung der landespolitischen Forderungen unterstützte der Bundesverband die Landesverbände auch bei der Erstellung von Pressemeldungen, bei der Planung und Durchführung von virtuellen Mitgliederversammlungen, Fachveranstaltungen oder auch bei Stellungnahmen. Die BLK-Stelle wirkte auch bei bundeslandübergreifenden Aktionen mit, wie beispielsweise die Aktion ein „Regenbogenband über Deutschland zum IDAHOBIT* 2022“ oder der Vorbereitung der Regenbogenfamilienkonferenz 2023 in Mannheim. 

        Darüber hinaus war die Bund-Länder-Koordination für alle inhaltlichen Fragen der Landesverbände ansprechbar, stärkte die ehrenamtlichen Strukturen, unterstützte die hauptamtlichen Strukturen, vermittelte bei Konflikten und regte Coaching-Maßnahmen an. Zur Besserung der Kommunikation zwischen Bund und Ländern wurde auch der regelmäßige Bund-Länder-Austausch im Rahmen von Videokonferenzen weitergeführt. Gemeinsam mit dem LSVD Thüringen übernimmt die BLK-Stelle die Vertretung des LSVD im Kuratorium des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Jena. Die Aktivierung von Mitgliedern und die Unterstützung der Landesverbände bei der nachhaltigen Absicherung ihrer Arbeit rückte besonders 2022/2023 vermehrt in den Fokus der BLK-Stelle. 

      • 6.12.2. Bund-Länder-Treffen 2022 in Saalfeld

        6.12.2. Bund-Länder-Treffen 2022 in Saalfeld

        Der LSVD Thüringen hatte im Jahr 2022 die Organisation des Bund-Länder-Treffens übernommen und die Vertretungen aus Bund und Ländern nach Saalfeld eingeladen. Neben dem Austausch der Landesverbände untereinander stand vor allem auch das Thema Empowerment & Aktivismus im ländlichen Raum im Mittelpunkt der Tagung. Benedikt Linke von der Landjugend Hessen berichtete von der Arbeit der Landjugend und informierte auch über die Bedarfe von Queers auf dem Land. „Wie gewinnen wir Aktive im ländlichen Raum?“, diese Frage wurde an Themen-Tischen diskutiert.  

        Im zweiten Teil der Tagung stellte Kalle Hümpfner, Fachreferent*in für gesellschaftspolitische Arbeit beim Bundesverband Trans*, den Diskussionsstand zum Selbstbestimmungsgesetz dar. Worum geht bei den Eckpunkten zum Selbstbestimmungsgesetz? Wie ist die Situation bei trans* Kindern und Jugendlichen? Wie können wir als Community solidarisch sein und mit trans*feindlicher Stimmungsmache umgehen? Diese Themen diskutierten Kalle und die Vertretungen aus Bund und Ländern intensiv. Ferner berichtete der LSVD Hamburg über die Herausforderungen im Rahmen des Projektes „Städtepartnerschaft Hamburg – St. Petersburg“ nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Durch den Krieg ist es noch völlig unklar, wie und ob es mit dem Fachkräfteaustausch mit St. Petersburg weitergehen kann. Das nächste Bund-Länder-Treffen wird im Herbst 2023 vom LSVD Saar übernommen und in Saarbrücken stattfinden. 

    • 6.13. Rechtsberatung

      6.13. Rechtsberatung

      Der LSVD ist sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene weiter in der Rechtsberatung tätig; Schwerpunkthema in der Beratung sind weiterhin Regenbogenfamilien. Für die Mitarbeiter*innen der Landesverbände und des Bundesverbandes in diesem Themenbereich wurde ein regelmäßiger Fachaustausch eingerichtet. 

  • 7. Ausblick

    Im vergangenen Jahr hat uns als Bundesvorstand immer wieder die Frage beschäftigt, wie wir sicherstellen können, dass der LSVD die Anliegen möglichst vieler queerer Menschen gut vertritt.

    Wir sind eine vielfältige Community, und diese Vielfalt ist unsere Stärke. Als Verband leben wir vom Austausch mit den Mitgliedern, mit Euch. Deshalb wünschen wir uns eine Mitgliedschaft, die die gelebte Vielfalt in der Community auch widerspiegelt. Unsere Türen stehen offen, dennoch sind in unserer Mitgliedschaft bislang einige Teile der queeren Community deutlich unterrepräsentiert. Ihre Perspektiven und Erfahrungen sind uns wichtig, um weiterhin relevante politische Arbeit leisten zu können.

    Dies betrifft beispielsweise das Thema Alter – sowohl jüngere als auch ältere Mitglieder würden den Verband bereichern. Es betrifft auch Menschen aus dem Bi+ Spektrum und nichtbinäre Personen, die sich bislang häufig nicht für eine LSVD-Mitgliedschaft entscheiden. Deutlich unterrepräsentiert sind bislang People of Colour und Menschen mit Migrationsgeschichte. Auch das Thema Queerness und Behinderung möchten wir gerne stärker aufgreifen.

    Als Verband fordern wir von Politik und Zivilgesellschaft einen offenen und gerechten Umgang mit vielfältigen queeren Lebensrealitäten. Diese Forderung ist nur glaubhaft, wenn wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Deshalb will der Bundesvorstand im kommenden Jahr die Frage der Diversität innerhalb des Verbands aktiver angehen.

    Gemeinsam mit Euch möchten wir sicherstellen, dass der LSVD offener und inklusiver für alle queeren Menschen wird und damit auch in Zukunft für die Rechte der gesamten Community eintritt.

    Während dieses Prozesses werden wir selbstverständlich weiterhin entschlossen für den von der Bundesregierung versprochenen queerpolitischen Aufbruch und die damit verbundenen dringend notwendigen Reformen kämpfen.