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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Fußball-WM der Frauen: Weltmeisterlich - Lesben im Team

6. Fußballweltmeisterschaft der Frauen in Deutschland

Lesbische Frauen gehören zu den Kämpferinnen, die den Frauenfußball dahin gebracht haben, wo er jetzt ist: auf Weltniveau. Aber trotzdem ist offen gezeigte Homosexualität normalerweise mit einem Statusverlust verbunden. So bekommt der Frauenfußball leider erst dann mediale Aufmerksamkeit, seit er nicht mehr als Lesbensport gilt.

Am Samstag, 17. Juli 2011 ist das Endspiel der 6. Fußballweltmeisterschaft der Frauen. Am gleichen Tag startet auch die Zweite Fußball-Bundesliga. Absicht oder schlechtes Timing? Theo Zwanziger glaubt, dass sich das Frauenspiel um den WM-Titel medial gegen den Start der zweiten Bundesliga durchsetzen wird. Ursprünglich hatte der Internationale Fußballverband (FIFA) sogar geplant, die Frauenweltmeisterschaft auf den September zu legen, also direkt parallel zur Fußball-Bundesliga. Nun bleibt es bei dem medialen Wettbewerb „Endspiel gegen den Start der zweiten Liga“. Es versteht sich von selbst, dass die Frauen gewinnen müssen.

Frauenfussball-WM erhöht die Sichtbarkeit von Lesben

16 Teams treten bei der Frauen WM an, bei den Männern konkurrieren seit Jahren 32 Fußballnationen um den Titel. Spielerinnen und Fans haben sich ein größeres Turnier gewünscht. Sogar FIFA-Präsident Sepp Blatter machte sich bei der WM 2008 für eine Erweiterung auf 24 Nationen stark. 24, das ist auch die Anzahl der Teams, die seit der ersten Frauenweltmeisterschaft 1991 an den Endrunden teilgenommen haben. Aber dann entschied sich die FIFA gegen die Erweiterung, das Niveau solle nicht gefährdet werden. Statt den Frauenfußball international mehr zu fördern, beschränkt sich die FIFA auf die Beurteilung der Qualität. Und das heißt dort vor allem mediale Attraktivität.

Große Erwartungen knüpfen sich an die Spiele. Theo Zwanziger meint, es ginge „nicht vordergründig um die Gewinnung neuer Mitglieder, sondern vielmehr um Chancengleichheit und Integration des Frauenfußballs in eine Männerdomäne.“ Andere hoffen auf mehr Präsenz des Frauenfußballs, auf etwas mehr Einkommensgleichheit (die meisten Spielerinnen und Trainerinnen können nicht von dem Job leben), einen Motivationsschub für junge
Fußballerinnen und nicht zuletzt mehr Sichtbarkeit von Lesben. Zwanzig bis vierzig Prozent der Spielerinnen, so ist zu hören, seien lesbisch.

Statusverlust durch Homosexualität?

Die Fußballerin ist eine Lesbe: Das alte Klischee, mit dem der Frauenfußball international zu kämpfen hat. Woher kommt die Grundannahme? Auf der erweiterten Kaderliste sind mit Nadine Angerer, Linda Bresonik, Inka Grings und Ursula Holl etwa vier offen lesbische bzw. bisexuelle Frauen.

Die meisten Spielerinnen hingegen äußern sich gar nicht oder sind offen heterosexuell. Das ist zum Teil auch eine ökonomische Notwendigkeit. Denn Werbeverträge für lesbische Frauen, wer hat davon schon gehört? Dennoch meint Familienministerin Schröder lesbische Fußballerinnen haben eine „wichtige Vorreiterrolle übernommen“. Die Lesben im Frauenfußball, so die Ministerin, seien ein Vorbild für die schwulen Fußballer, die sich kein Outing trauen. Wir freuen uns, dass Kristina Schröder sich für Fußball und Lesben interessiert, aber sie verkennt das Problem.

Offen gezeigte Homosexualität ist normalerweise mit einem Statusverlust verbunden. So bekommt der Frauenfußball leider erst dann mediale Aufmerksamkeit, seit er nicht mehr als Lesbensport gilt. Das zeigt sich beispielsweise in Kommentaren von Journalisten, die betonen, man sei froh, dass die Fußballerinnen nun „richtige Mädchen“ sind. Und den Jungs, die sich outen, droht der Verlust von positiver Aufmerksamkeit und Werbeverträgen. Daher das Coming out, wenn überhaupt, erst nach Ende der Profikarriere. Auch wenn Zeitungen sicher hin und wieder über homosexuelle Stars berichten, Geld verdienen kann man mit Lesben und Schwulen nicht.

Steuerfreie Erlöse für die FIFA

Einnahmen aus Werbeverträgen und Fernsehausstrahlungslizenzen, das ist auch der Fokus der FIFA. Dabei setzen sie die Regeln: Nur Länder, die dem Weltfußballverband Steuerfreiheit garantieren, dürfen die Spiele austragen. Deutschland soll vor vier Jahren etwa eine Viertelmilliarde Euro entgangen sein. Von den Erlösen werden hohe Teilbeträge an die nationalen Fußballvereine weiter geleitet. Der größte Umsatz wird durch die Weltmeisterschaft der Männer erzielt. Die Frauenspiele sind weniger lukrativ. Engagierte Funktionärinnen und Journalistinnen fordern daher, die Fernsehrechte nur noch im Paket zu vergeben, also die Vergabe der Übertragungsrechte der Frauen und der Männer WM zu verknüpfen. Dann würden wir sicherlich auch mehr Lesben sehen. Denn ohne Lesben ist der Fußball nicht zu haben. Lesbische Frauen gehören zu den Kämpferinnen, die den Frauenfußball dahin gebracht haben, wo er jetzt ist: auf Weltniveau.

Uta Kehr
LSVD-Bundesvorstand

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