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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Klage gegen ungarisches Anti-LSBTIQ*- Gesetz: Wo bleibt Deutschland?

LSVD fordert Bundesregierung auf, sich der Klage der EU-Kommission anzuschließen

Pressemitteilung vom 04.04.2023

Berlin. 04. April 2023. Die Bundesregierung hat noch zwei Tage Zeit, sich mit einer Stellungnahme der Klage der Europäischen Kommission gegen die LSBTIQ*-feindliche Gesetzgebung in Ungarn anzuschließen. Im Juni 2021 verabschiedete das ungarische Parlament ein aus Russland übernommenes Gesetz gegen „LSBTIQ*-Propaganda“. Es verbietet die Darstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen und queeren Menschen (LSBTIQ*) sowie die Berichterstattung über queere Themen in den Medien und an allen Orten, an denen sich Kinder aufhalten könnten, also fast überall. Bisher haben sich 11 EU-Mitgliedsstaaten der Klage gegen Ungarn angeschlossen. Die Bundesregierung schweigt bisher. Dazu erklärt Henny Engels aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):

Das Zaudern der Bundesregierung zum Klageverfahren gegen das ungarische Anti-LSBTIQ*-Gesetz muss aufhören. Die Bundesregierung sollte sich dem Koalitionsvertrag entsprechend auch in Europa klar und deutlich zu den Grundrechten von LSBTIQ* bekennen. Hier ist der Bundeskanzler gefordert. Wenn in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union ein Gesetz verabschiedet wird, das die öffentliche Thematisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt de facto verbannt, darf Deutschland nicht schweigen. Die Ampelfraktionen haben vereinbart, dass sich Deutschland für eine EU einsetzen wird, die ihre Werte und ihre Rechtsstaatlichkeit nach innen wie außen schützt und entschlossen für sie eintritt. Diese Entschlossenheit braucht es jetzt!

Der LSVD hatte bereits vor einem Monat Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesaußenministerin Annalena Baerbock eindringlich gebeten, dem Klageverfahren gegen Ungarn beizutreten. Bisher haben wir keine Antwort oder Reaktion erhalten. Der von der Bundesregierung angekündigte queerpolitische Aufbruch muss sich auch in der Europapolitik widerspiegeln. Die Mitgliedsstaaten der EU, vor allem Deutschland, sollten Viktor Orbán jetzt vor dem Europäischen Gerichtshof deutliche Grenzen aufzeigen.

Nach Auffassung der EU-Kommission verstößt das ungarische Gesetz gegen die europäische Grundrechtecharta, insbesondere die Menschenwürde, das Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf Nichtdiskriminierung. Die Verstöße wiegen dabei so schwer, dass das Gesetz aus Sicht der Kommission die grundlegenden Werte der Europäischen Union verletzt.

Wir haben große Hoffnung, dass der Europäische Gerichtshof für den Schutz von LSBTIQ* entscheiden wird. Dieses Urteil ist nicht nur wichtig, um das ungarische Gesetz aufzuheben, sondern auch, um zu verhindern, dass ähnliche Gesetze in anderen EU-Mitgliedstaaten wie Polen oder Rumänien erlassen werden. Dieses Gerichtsverfahren ist eine einmalige Gelegenheit für uns alle, gemeinsam eine klare Botschaft zu vermitteln: Wir stehen für unsere EU-Werte der Inklusion, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.

Hintergrund

Ungarn ignoriert seit Jahren kontinuierlich den Wertekanon der EU. Der Umbau des Landes zu einer Wahlautokratie richtet sich immer wieder schonungslos gegen Minderheiten. Die gefährlichen Gesetze und die menschenfeindliche Rhetorik, die wir derzeit in Ungarn und in Polen beobachten können, verletzen nicht nur die Grundrechte queerer Menschen, sondern legitimieren auch Anfeindungen und Gewalt gegen LSBTIQ*. Das darf die Wertegemeinschaft der EU nicht weiter dulden.

In einer europaweiten Petition, die auch vom LSVD unterstützt wurde, wurden die Regierungen aller EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, sich der Klage der Europäischen Kommission gegen Ungarn anzuschließen. Folgende EU-Mitgliedsstaaten unterstützen die Klage der EU-Kommission bisher: Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg, Malta, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden, Spanien, Finnland (seit 04.04) außerdem das Europäische Parlament.

LSVD-Bundesverband

Pressekontakt

Pressesprecher*in Kerstin  Thost

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