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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Nachhaltigen Schutz für die Menschenrechte von LSBTI umsetzen!

Bundesregierung muss LSBTI-Inklusionskonzept in den internationalen Beziehungen endlich verabschieden

Mit dieser auf dem LSVD-Verbandtag 2019 verabschiedeten Resolution fordert der LSVD von der Bundesregierung die baldige Verabschiedung des LSBTI-Inklusionskonzepts für die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Auswärtige Politik. Damit würde Deutschland seiner historischen Verpflichtung für die unteilbaren und universellen Menschenrechte gerecht werden, engagierte LSBTI- Menschenrechtsverteidiger*innen in aller Welt unterstützen und den Akteur*innen der auswärtigen Politik und Entwicklungszusammenarbeit konkrete Zielsetzungen und Richtlinien liefern.

Das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördern zwar Projekte zur Stärkung und zum Schutz der Menschenrechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen (LSBTI). Doch hier fordern wir weitaus mehr Engagement. Im Vergleich zu den Niederlanden, Schweden oder Norwegen lässt die deutsche Förderung zu wünschen übrig. Auch beim diplomatischen Einsatz auf bilateraler und multilateraler Ebene, etwa in der EU, der OSZE, der Equal Rights Coalition oder den UN ist noch viel Luft nach oben.

Der in 2017 von der Bundesregierung verabschiedete „Nationale Aktionsplan gegen Rassismus - Positionen und Maßnahmen zum Umgang mit Ideologien der Ungleichwertigkeit und den darauf bezogenen Diskriminierungen“ (NAP) griff unsere langjährige Forderung nach einer umfassenden und nachhaltigen Selbstverpflichtung Deutschlands zum Schutz der Menschenrechte von LSBTI auf und versprach, die Menschenrechtsarbeit von Organisationen wie der Hirschfeld-Eddy-Stiftung weiter zu unterstützen und in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ein LSBTI-Inklusionskonzept für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit zu initiieren. Ziel sei eine strukturell nachhaltige Unterstützung der zivilgesellschaftlichen Menschenrechtsarbeit in diesem Bereich.

Wir begrüßen es, dass das Auswärtige Amt und das BMZ sich diese Anregungen des LSVD und anderer zivilgesellschaftlicher Organisationen wie sie in der Anlage II des NAP formuliert sind, zu Eigen gemacht und ein gemeinsames Inklusionskonzept angekündigt haben. Bei zwei Treffen wurden zivilgesellschaftliche Organisationen gebeten, ihre Ideen und Anregungen anzubringen. Auch schriftlich haben wir unsere Vorstellungen umfassend zur Verfügung gestellt. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung und die Yogyakarta-Allianz haben für die Entwicklungszusammenarbeit ein 13-Punkte-Papier vorgelegt, das u.a. eine ernsthafte und kritische Auseinandersetzung mit der Kolonialgeschichte und der Schuld Europas bei der Verfolgung von LSBTI in den ehemaligen Kolonien fordert.

Das BMZ wird aufgefordert, ein Sonderprogramm „Kulturen und Kolonialismus“ zu starten. In diesem Sonderprogramm sollen die „regionalen Homosexualitäten, Geschlechtlichkeiten und Gendergeschichten“ erforscht, gesammelt und diskutiert werden. Dabei soll insbesondere die Missionsgeschichte der Kirchen und die Kolonialverantwortung Deutschlands und anderer europäischer Länder untersucht werden. Nicht die Homosexualität kam aus Europa, wie häufig behauptet wird, sondern die Homophobie wurde durch die Kolonisierung auf eine rechtliche Basis gestellt. Die Kriminalisierung homosexueller Handlungen wurde etwa in allen britischen Kolonien als sogenannte „Sodomy Laws“ eingeführt. Dies wirkt bis heute fort.

Es ist höchste Zeit, dass es für die deutsche EZ und Außenpolitik ein verbindliches LSBTI-Aktionsprogramm gibt. Ansätze dazu finden sich längst in mehreren Positionspapieren des BMZ zu Menschenrechten, an denen auch der LSVD mitgearbeitet hat. Im Strategiepapier „Menschenrechte in der deutschen Entwicklungspolitik“ vom Mai 2011 heißt es, das BMZ werde Menschenrechtsvorhaben zur Verteidigung der Rechte von LSBTI unterstützen, regionale Netzwerke zielgerichtet fördern, deutsche zivilgesellschaftliche Organisationen als Kooperationspartner einbeziehen und systematisch LSBTI-Themen in die Programme aufnehmen. Umso unverständlicher ist es, dass es offensichtlich noch immer Widerstände gegen ein gemeinsames LSBTI-Inklusionskonzept gibt.

Mutige LSBTI-Aktivist*innen in aller Welt verdienen unsere Unterstützung. Sie leisten einen wertvollen Beitrag zu Entwicklung und Demokratieaufbau, der durch Kooperationen und Projekte nachhaltig gefördert werden muss. Hiesige LSBTI-Menschenrechtsorganisationen brauchen Unterstützung für ihre wichtige Sensibilisierung-, Überzeugungs- und Unterstützungsarbeit. So muss die Arbeit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung endlich durch institutionelle Förderung langfristig abgesichert werden.

Die Bundesregierung bekennt sich zur Achtung und Förderung der Menschenrechte und zum Kampf gegen die Diskriminierung von LSBTI. Wir fordern die Bundesregierung auf, den hehren Worten auch viel stärker Taten folgen zu lassen und endlich das versprochene LSBTI-Inklusionskonzept zu verabschieden. Damit wird Deutschland seiner historischen Verpflichtung für die unteilbaren und universellen Menschenrechte gerecht, unterstützt engagierte LSBTI-Menschenrechtsverteidiger*innen in aller Welt und liefert zudem den Akteur*innen der auswärtigen Politik und EZ konkrete Zielsetzungen und Richtlinien.

[beschlossen auf dem 31. LSVD-Verbandstag am 31.03.2019 in Berlin]

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