Wo droht die Todesstrafe oder Gefängnis für Homosexualität?
Einstellungen zu Homosexualität weltweit

Inhaltsverzeichnis
- 1. Kriminalisierung - Die ILGA-Weltkarte 2020
- 2. Einstellung zu Homosexualität in 34 Ländern - Pew Research Center
1. Kriminalisierung in 69 Staaten - ILGA-Weltkarte 2020
In 69 Staaten wird gleichgeschlechtliche Sexualität noch strafrechtlich verfolgt, in einigen Ländern sogar mit der Todesstrafe bedroht. Vielerorts sind staatliche Behörden an der Unterdrückung von LSBTI beteiligt, verweigern ihnen jeglichen Schutz vor Anfeindungen und Gewalt. In vielen Fällen schüren religiöse und politische Führer ein Klima des Hasses. LSBTI sollen eingeschüchtert und in die Unsichtbarkeit gedrängt werden. Verfolgung und Ausgrenzung, oft auch durch die eigene Familie, führt häufig zu bitterer Armut und einem Leben am Rand der Gesellschaft. LSBTI-feindliche Gewalttaten bleiben vielerorts ungeahndet, Polizei und andere Staatsorgane verweigern oftmals jede Hilfe oder sind selbst an der Hetze, Erpressung und Gewalt beteiligt.
ILGA World hat im Dezember 2020 die neue Weltkarte: Sexual Orientation Laws in the World. From criminalisation of consensual same-sex sexual acts between adults to protection against discrimination based on sexual orientation veröffentlicht.
Mit Brunei, Iran, Jemen, Mauretanien, Nigeria und Saudi-Arabien sehen sechs Länder für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe vor. In fünf weiteren (Afghanistan, Pakistan, Katar, Somalia und die Vereinigten Arabischen Emirate) könnte die Todesstrafe unter bestimmten Bedingungen gegen Homosexuelle ausgesprochen werden.
Laut ILGA World haben mindestens 34 UN-Mitgliedsstaaten die Gesetze zur Kriminalisierung von Homosexualität in den letzten Jahren aktiv verfolgt. Unabhängig davon bleiben deratige Gesetze sehr gefährlich, auch wenn es jüngst keine Verurteilungen danach gab.
Weltweit haben 28 Länder die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet, Deutschland 2017. Weitere Länder kennen gleichgeschlechtliche Beziehungen rechtlich an. In der EU haben Bulgarien, Rumänien, Slowenien, Lettland, Polen und Litauen weder die Eingetragene Lebenspartnerschaft noch die Ehe für alle.
Insgesamt haben 12 Staaten in ihrer Verfassung ein ausdrückliches Verbot der Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung/ Identität: Bolivien, Ecuador, Fiji-Inseln, Kosovo, Malta, Mexiko, Nepal, Neuseeland, Österreich, Portugal, Schweden und Südafrika. In Deutschland steht die Ergänzung des Gleichheitsartikels in unserer Verfassung (Artikel 3, Absatz) weiterhin aus.
2. Einstellung zu Homosexualität in 34 Ländern - Pew Research Center
In einer Umfrage des US-amerikanischen Pew Research Centers aus dem Jahr 2019 wurde 38.426 Menschen aus 34 Ländern telefonisch oder persönlich die Frage gestellt: Finden Sie, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte?
Hinsichtlich der Akzeptanzwerte gab es deutliche Unterschiede zwischen Westeuropa, Amerika auf der einen Seite und Osteuropa, Russland, Mittlerer Osten und Subsahara Afrika auf der anderen Seite. Auch reichere und mehr entwickelte (“more developed”) Länder haben höheren Akzeptanzwerte. In vielen Staaten gab es eine Steigerung der Akzeptanz im Vergleich zu früheren Zeitpunkten.
Auch innerhalb der Länder finden sich bedeutende Unterschiede in der Akzeptanz von Homosexualität nach Alter, Bildung, Einkommen und mitunter Geschlecht. Weitere Einflussfaktoren: Je höher der Stellenwert von Religion für den persönlichen Alltag eingeschätzt wurde und je politisch rechter desto weniger wird Homosexualität akzeptiert.
Wie homophob ist Deutschland? Wie verbreitet ist Transphobie bzw. Transfeindlichkeit? Was denkt man in Deutschland über Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen? Was denkt man in Deutschland über Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen?
Wie viele Befragte stimmen der Aussage zu, dass Homosexualität von der Gesellschaft akzeptiert werden sollte? (in Klammern: Wie viele der Befragten verneinen das?)
2019 | 2013 | 2011 | 2007 | 2002 | Unterschied 2013-2019 | |
Afrika | ||||||
Kenia | 14% (83%) | 8% | 3% | 3% | 1% | +6% |
Nigeria | 7% (91%) | 1% | - | - | - | +6% |
Südafrika | 54% (38%) | 32% | 33% | +22% | ||
Tunesien | 9% (72%) | 2% | - | - | - | +7% |
Amerika | ||||||
Argentinien | 76% (19%) | 74% | - | 72% | 66% | |
Brasilien | 67% (23%) | 60% | 61% | - | - | +7% |
Kanada | 85% (10%) | 80% | - | 70% | 69% | +5% |
Mexiko | 69% (24%) | 61% | 52% | 60% | 54% | +8% |
USA | 72% (21%) | 60% | 60% | 49% | 51% | +12% |
Asien / Australien | ||||||
Australien | 81% (14%) | 79% | - | - | - | +2% |
Indien | 37%(37%) | 15% | +22% | |||
Indonesien | 9% (80%) | 3% | 5% | 3% | - | +6% |
Israel | 47% (45%) | 40% | 48% | 38% | - | +7% |
Japan | 68% (22%) | 54% | 55% | 49% | 54% | +14% |
Libanon | 13% (85%) | 18% | 17% | 18% | 21% | -5% |
Philippinen | 73% (24%) | 73% | - | - | 64% | +/-0% |
Südkorea | 44% (53%) | 39% | - | 18% | 25% | +5% |
Europa | ||||||
Bulgarien | 32% (48%) | - | - | 39% | 38% | - |
Deutschland | 83% (11%) | 81% | 87% | 87% | 86% | -1% |
Frankreich | 86% (11%) | 77% | 86% | 83% | 77% | +9% |
Griechenland | 48% (47%) | 53% | - | - | - | -5% |
Großbritannien | 86% (11%) | 76% | 81% | 71% | 74% | +10% |
Italien | 75% (20%) | 74% | - | 65% | 72% | +1% |
Litauen | 28% (45%) | - | 21% | - | - | - |
Niederlande | 92% (8%) | - | - | - | - | - |
Polen | 47% (42%) | 42% | 34% | 45% | 40% | +5% |
Russland | 14% (74%) | 16% | 15% | 20% | 22% | -2% |
Schweden | 94% (5%) | - | - | 86% | - | - |
Slowakei | 44% (46%) | - | - | 66% | 68% | - |
Spanien | 89% (10%) | 88% | 91% | 82% | - | +1% |
Tschechien | 59% (26%) | 80% | - | 83% | 83% | -21% |
Türkei | 25% (57%) | 9% | 11% | 14% | 22% | +16% |
Ukraine | 14% (69%) | - | 15% | 19% | 17% | - |
Ungarn | 49% (39%) | - | - | - | - | - |
Weitere Befunde
In den USA sind die Akzeptanzwerte seit der Eheöffnung 2015, d.h. in vier Jahren genauso viel gestiegen wie in den knapp 15 Jahre zuvor (13%). USA bleiben unter den am wenigstens akzeptierenden Ländern im Westen / Amerika.
Alter: In 22 der 34 Staaten waren jüngere Menschen deutlich akzeptierender als ältere Menschen (deutlichste Kluft in Südkroea und Japan).
Geschlecht: In 12 Ländern gab es einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen in der Akzeptanz. Dort waren Frauen weniger homophob. Diese Länder waren: Südkorea (14%), Japan, Kanada, Polen, Argentinien, UK, Südafrika, Australien, Deutschland (7%), Spanien, Schweden und Niederlande.
Rechts-Links-Einfluss: In Deutschland akzeptierten 79% der sich als politisch rechts eingestufenden Menschen und 74% der AfD-Wähler*innen Homosexualität. In der politischen Mitte und der politischen Linken waren es 90% bzw. 90% unter den Nicht-AfD-Wähler*innen. Am prägnantesten war das Gefälle zwischen Rechts und Links in Südkorea, USA (53% vs. 86%), Polen (38% vs. 67%) und Israel (38% vs. 66%).
Religion: 25 der 34 untersuchten Ländern wiesen deutlichen Unterschied zwischen Nichtreligiösen und Religiösen auf. Am prägnantesten in Israel (62% vs. 22%), Tschechien (65% vs. 27%) und Südkorea (51% vs. 13%). In Deutschland waren es 73% der religiösen und 91% der nicht-religiösen Menschen. Katholik*innen akzeptierender als Protestant*innen und Evangelikale. In Israel waren es 53% der religiösen Jüd*innen aber nur 17% der religiösen Muslim*innen.
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