Bundeskabinett beschließt Umgehung von Bundesrat und geltender Rechtsprechung zu “sicheren” Herkunftsstaaten
LSVD⁺ kritisiert Vorhaben und fordert Maßnahmen zum Schutz LSBTIQ* Asylsuchender

Berlin, 04.06.2025. Das Bundeskabinett beschloss am 4. Juni einen Vorschlag, um unter anderem die geplante Einstufung Marokkos, Algeriens, Tunesiens und Indiens als sogenannte “sichere Herkunftsstaaten” zu erleichtern. Ziel des Vorhabens ist es, einerseits die bisher notwendige Zustimmung des Bundesrats wie auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu umgehen. In den drei Maghrebstaaten drohen LSBTIQ* mehrjährige Haftstrafen, Folter und massive Gewalt durch die Gesellschaft. Alva Träbert kommentiert hierzu für den Bundesvorstand des LSVD⁺ - Verband Queere Vielfalt:
Wir lehnen die geplante neuerliche Verschärfung der Asylgesetzgebung ab. Algerien, Marokko und Tunesien sind keine sicheren Herkunftsstaaten, schon gar nicht für LSBTIQ* Schutzsuchende. In den drei Maghrebstaaten drohen LSBTIQ* Personen mehrjährige Haftstrafen und teilweise auch Folter. Die gesamtgesellschaftliche Ächtung von und Gewalt gegen queere Menschen ist massiv. Bisher scheiterte die Einstufung der drei Staaten am Widerstand des Bundesrates, und dies aus guten Gründen. Das Bundesverfassungsgericht hat vollkommen zurecht geurteilt, dass nur solche Staaten als “sicher” eingestuft werden können, in denen alle Personen- und Bevölkerungsgruppen vor Gewalt sicher sind. Dass die Bundesregierung diese letztlich im Grundgesetz verankerten Maßgaben nun einfach umgehen will, kritisieren wir scharf.
Der LSVD⁺ lehnt das geplante Gesetzesvorhaben ab und warnt vor dessen verheerenden Konsequenzen. Sollte es trotz aller rechtlicher Einwände beschlossen werden, fordern wir, dass LSBTIQ* Antragsteller*innen aus den als “sicher” eingestuften Ländern aufgrund ihrer besonderen Vulnerabilität von den geplanten Schnellverfahren ausgenommen werden, und dass ihre Schutzgesuche grundsätzlich niemals als “offensichtlich unbegründet” abgelehnt werden. Außerdem fordern wir, dass die im Rahmen der GEAS-Reform geplante Umstrukturierung der Erkennung von Vulnerabilitäten in enger Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft durchgeführt wird. Nur so kann der ohnehin absehbare Schaden für verfolgte LSBTIQ* Schutzsuchende aus vermeintlich “sicheren” Herkunftsstaaten zumindest etwas abgemildert werden.
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