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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

"Ihr könnt doch im Verborgenen leben"

Queere Geflüchtete berichten Sven Lehmann (MdB) von ihren Erfahrungen

Queere Geflüchtete aus Jamaika, Syrien, Pakistan, Indien, Libanon und Algerien berichten dem Bundestagsabgeordneten Sven Lehmann von ihren Erfahrungen in den Herkunftsländern, auf der Flucht nach Europa und mit dem Asylverfahren, den Unterkünften und deutschen Behörden in Deutschland.

Queere Geflüchtete treffen Bundestagsabgeordneten Sven Lehmann beim LSVD

Nach zweimonatiger Vorbereitungszeit durch unseren Ehrenamtler Philipp Braun trafen sich queere Aktivist*innen und Geflüchtete Anfang Februar mit Sven Lehmann, Kölner Bundestagsabgeordneter und queerpolitischer Sprecher der Bündnis 90/ Die Grünen.

Lesbische, schwule, trans- und intergeschlechtliche Geflüchtete aus Jamaika, Syrien, Pakistan, Indien, Libanon und Algerien berichteten von ihren Erfahrungen in den Herkunftsländern, auf der Flucht nach Europa und mit dem Asylverfahren, den Unterkünften und deutschen Behörden in Deutschland. Es waren schockierende Geschichten über homo- und transfeindliche Gewalt und gravierende Entrechtung in den jeweiligen Heimatländern und auf dem Weg nach Europa.

Erfahrungen im Asylverfahren

Doch mit der Ankunft in Deutschland ist längst nicht alles gut. Die Erfahrungen mit dem deutschen Asylsystem sind ebenso eindringlich wie verstörend. Lesbische Frauen berichteten von behördlichen Zweifeln an ihrer Homosexualität, weil sie Kinder haben. Schwule Männer kritisierten, dass sie in der Anhörung zu intimen sexuellen Details befragt wurden oder aufgefordert wurden, sich auszuziehen und Narben vorzuzeigen. Ein schwules Paar berichtete, dass sie in Dänemark geheiratet haben, es in Deutschland aber Probleme mit der Anerkennung im Rahmen der Familienzusammenführung gibt. Trans- und intergeschlechtliche Geflüchtete beklagten sich über die Lage in den Unterkünften. Sie werden von Mitbewohner*innen und Mitarbeitenden diskriminiert.

Immer wieder erleben wir als Mitarbeitende des LSVD-Projekts "Queer Refugees Deutschland", dass schwulen und lesbischen Asylsuchenden in Ablehnungsbescheiden mitgeteilt wird, dass sie "im Herkunftsland ja sicher im Verborgenen leben könnten". Ein klarer Verstoß gegen die europäische Rechtssprechung. In einem Urteil vom 07.11.2013 hat der Europäische Gerichtshof entschieden: "Bei der Prüfung eines Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft können die zuständigen Behörden von dem Asylbewerber nicht erwarten, dass er seine Homosexualität in seinem Herkunftsland geheim hält oder Zurückhaltung beim Ausleben seiner sexuellen Ausrichtung übt, um die Gefahr einer Verfolgung zu vermeiden." Ob aus Unwissenheit oder bewusst - Mitarbeitende des Bundesamts für Migration ignorieren diese Rechtsprechung regelmäßig.

LSVD-Projekt "Queer Refugees Deutschland"

Das bundesweite LSVD-Projekt „Queer Refugees Deutschland“ berät, unterstützt, vernetzt und informiert LSBTI, die nach Deutschland geflüchtet sind oder sich auf der Flucht befinden. Unser Team Lilith Raza und Ina Wolf ist Anlaufstelle für geflüchtete LSBTI und Mitarbeitende von Flüchtlingsunterkünften und Asylberatungsstellen.

Wir danken allen Menschen, die ihre Geschichte erzählt und von ihren Erfahrungen berichtet haben. In dem LSVD-Projekt legen wir sehr viel Wert darauf, das Geflüchtete selbst ins Gespräch mit Politiker*innen kommen und so eine politische Handlungsfähigkeit erhalten. Unser Dank geht auch an alle beteiligten Initiativen wie der Migrantenselbstorganisation SOFRA Cologne, Lilith Khannum, Ibrahim Mokdad, Marco Doloris Kammholz von den Rainbow Refugees Cologne und vielen anderen. Nicht zuletzt danken wir Sven Lehmann, der sich viel Zeit genommen hat und versprach, sich weiter für die Rechte von LSBTI-Geflüchteten einzusetzen.

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