Die reale Zivilgesellschaft muss bei den öffentlich-rechtlichen Medien wirksam beteiligt werden
Vertretung in den Rundfunk- und Fernsehgremien gefordert
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik werden Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle (LSBTI) im ZDF-Fernsehrat Sitz und Stimme bekommen. Der Freistaat Thüringen wird eine LSBTI-Vertretung in den ZDF-Fernsehrat entsenden. So wurde es in letzter Minute im Entwurf für den neuen ZDF-Staatsvertrag verankert. Die Kampagne des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD), die viel Unterstützung fand, hatte damit Erfolg. Das sind ein wichtiges Zeichen für Vielfalt in unserer Gesellschaft und ein erster Durchbruch, um in den Gremien der öffentlich-rechtlichen Medien die heutigen gesellschaftliche Realitäten abzubilden.
Diesem ersten Schritt müssen nun weitere folgen, beim ZDF ebenso wie bei allen anderen öffentlich-rechtlichen Medien. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem am 25.3.2014 veröffentlichten Urteil zum ZDF-Staatsvertrag deutlich gemacht, dass die bisherige Zusammensetzung des ZDF-Fernsehrates dem Grundsatz der Vielfaltsicherung nicht genügt. In dem Urteil heißt es u.a.: „Die Zusammensetzung der Kollegialorgane muss darauf ausgerichtet sein, Personen mit möglichst vielfältigen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens zusammenführen“ (BVerfG, 1 BvF 1/11 Rz. 39).
Der LSVD fordert deshalb
- Die heutige gesellschaftliche Vielfalt muss sich in den Gremien aller öffentlich-rechtlichen Medien und den entsprechenden Gremien der Landesmedienanstalten abbilden. Auch dort müssen die vom Bundesverfassungsgericht formulierten Grundsätze zum Tragen kommen. Alle Staatsverträge und gesetzlichen Grundlagen zu öffentlich-rechtlichen Medien müssen auf den Prüfstand, ob die jeweiligen Rundfunk-und Fernsehgremien diese Anforderung erfüllen. LSBTI müssen in diesen Gremien überall angemessen vertreten sein. Das wollen wir bei künftigen Änderungen von rundfunk-und medienrechtlichen Staatsverträgen durchsetzen.
- Im Interesse der Vielfaltsicherung sollten die Parlamente in die Entscheidungen, welche Gruppen in Rundfunk- und Fernsehgremien am besten die Vielfalt der Zivilgesellschaft widerspiegeln, von Anfang an einbezogen werden. Dort können dann über öffentliche Anhörungen und andere Beteiligungsformen transparente Verfahren stattfinden.
- Die Reform muss auch beim ZDF weiterentwickelt werden. Aufgabe des Fernsehrates ist – nach eigener Darstellung – die Vertretung der „Interessen der Allgemeinheit gegenüber dem ZDF. Deshalb ist er kein Expertengremium, sondern so vielfältig wie die Gesellschaft selbst. (...) Zentrale Aufgabe ist es, die Programme und Online-Angebote zu beaufsichtigen. (...) Dabei versteht sich der Fernsehrat als Anwalt der Zuschauerinnen und Zuschauer.“ Dem wird auch der neue ZDF-Staatsvertrag noch nicht voll gerecht. Er sieht ein Zweiklassenrecht vor, demzufolge einige gesellschaftliche Organisationen gesetzt sind, andere aber eine Nominierung durch ein Bundesland benötigen. Die mit dem neuen ZDF-Staatsvertrag vereinbarte Evaluation muss dazu genutzt werden, das Zweiklassenrecht zu überwinden. Es ist nicht hinzunehmen, dass Bereiche wie LSBTI, Menschenrechts- und Bürgerrechtsgruppen und die Organisationen im Bereich Jugend, Senioren, Frauen oder Migrant_innen nicht ihrer Bedeutung für die Zivilgesellschaft entsprechend vertreten sind.
(Beschluss vom 27. LSVD-Verbandstag Berlin, April 2015)
Weiterlesen
- Darstellung von LSBTI im Fernsehen und den Medien: Ergebnisse von Studien zu Diversität und Repräsentation
- Die “Salonfähigen”: Von „Geschlechtsumwandlungen“ und „Schwulenehe“. Zur medialen Darstellung von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit
- Workshop "Voll im Bild?!" Wie geht eine diskriminierungsarme Bild-Berichterstattung?
- Regenbogenkompetenz in Rundfunk- und Medienräten. Ergebnisse des Fachforums auf dem zweiten Regenbogenparlament "Akzeptanz für LSBTI* weiter gestalten"
- Lebenswelten von LSBTI* in Medien – Wunsch und Wirklichkeit
Ergebnisse des Fachforums auf dem ersten Regenbogenparlament „Akzeptanz für LSBTI“ am 17.02.2018 in Berlin