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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Was wollen die Parteien: Selbstbestimmung von trans- und inter Menschen rechtlich anerkennen

Antworten der Parteien zur Bundestagswahl 2021

Welche Parteien wollen das TSG abschaffen und einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag ermöglichen? Antworten der Parteien zur Bundestagswahl 2021

Anlässlich der Bundestagswahl am 26. September haben wir die im Bundestag vertretenden Parteien gefragt, was sie für Lesben, Schwule, bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) erreichen wollen. Hier veröffentlichen wir die Antworten der Parteien auf unsere Frage nach dem Selbstbestimmungsrecht für trans* und intergeschlechtliche Menschen.

Die Markierungen in den Antworten sind durch uns erfolgt, um die Bewertung nachvollziehbar zu machen. Die Reihenfolge der Parteien orientiert sich an den Ergebnissen bei der Bundestagswahl 2017. Hier haben wir die Antworten auf alle Wahlprüfsteine veröffentlicht.

Frage: Wie wollen Sie die Selbstbestimmung von trans* & inter* Menschen rechtlich sicherstellen (hinsichtlich Abschaffung des Transsexuellengesetzes, Voraussetzungen und Altersgrenze für Vornamens- und Personenstandsänderung, ein Verfahren für trans* & inter* Menschen, Standesamt oder Gericht)?

CDU/ CSU

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: vage
  • Standesamt statt Gericht: vage

Es wurden viele Fortschritte erzielt, auf denen wir aufbauen und die wir weiterführen wollen. 2017 entschied der Deutsche Bundestag einstimmig die Rehabilitierung der nach § 175 StGB Verurteilten. Im selben Jahr wurde die Zivilehe für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt. In der 19. Legislaturperiode wurde die Prä-Expositions-Prophylaxe zur HIV/Aids-Prävention als Kassenleistung zugelassen - ein wichtiger Meilenstein zum Schutz der gesamten Bevölkerung vor HIV/Aids. Ebenfalls wurde ein weitgehendes Verbot der sogenannten Konversionstherapien erlassen. Eingeführt wurde mit dem Begriff "divers" eine dritte Geschlechtsoption. Und noch im Jahr 2021 wurden geschlechtsverändernde Operationen an Kindern weitestgehend verboten. In der anstehenden Legislaturperiode wollen CDU und CSU weitere tragfähige Lösungen entwickeln, die u.a. dem Wunsch zur Selbstbestimmung der Betroffenen gerecht werden.

SPD

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: ja
  • Standesamt statt Gericht: ja

Wir wollen, dass künftig kein Gericht mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden soll. Psychologische Gutachten zur Feststellung der Geschlechtsidentität werden wir abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können. Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandelt werden, deshalb werden wir das Transsexuellengesetz reformieren

AfD

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: keine Antwort
  • Standesamt statt Gericht: keine Antwort

Die Antworten der AfD enthalten viele menschenverachtende und hetzerische Aussagen. Wir wollen diese nicht weiterverbreiten. Aus Gründen der Transparenz dokumentierten wir die Antworten der AfD bis zum Wahltag dennoch zusammen mit den Antworten der demokratischen Parteien. Nach dem Wahltag haben wir die AfD-Antworten von der Website entfernt.

FDP

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: ja
  • Standesamt statt Gericht: ja

Wir Freie Demokraten wollen das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand müssen ohne diskriminierende Hürden grundsätzlich per Selbstauskunft gegenüber dem Standesamt möglich sein. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. Medizinisch nicht notwendige genitalverändernde Operationen an intergeschlechtlichen Kindern sind wirksam zu verbieten, um deren Selbstbestimmung zu stärken.

Jugendliche sollen ab einem Alter von 14 Jahren mit der Zustimmung der sorgeberechtigten Person oder durch ein Urteil des Familiengerichts einer geschlechtsangleichenden Operation einwilligen können. Vornamens- und Personenstandsänderungen sollen auf gleiche Art bereits vor dem 14. Lebensjahr möglich sein. Hierzu hat die Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag eine Initiative eingebracht (vgl. „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung“ BT-Drs.-19/20048)

Die Linke

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: ja
  • Standesamt statt Gericht: ja

DIE LINKE will rechtliche und körperliche Selbstbestimmung für alle Geschlechter. Das pathologisierende TSG muss weg und durch ein Selbstbestimmungsrecht ersetzt werden, nötige Regelungen wie das Offenbarungsverbot müssen ins BGB. Wir fordern einen selbstbestimmten Geschlechtseintrag für alle. Eine Vornamens- und Personenstandsänderung muss mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt möglich sein - ohne Zwangsberatungen, Gutachten, ärztliche Atteste und Gerichtsverfahren. Und ohne Einschränkungen auf körperliche Merkmale, also für inter* und trans* Personen gleichermaßen. Fremdbestimmte Operationen an Kindern sowie "Konversionsversuche" an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gehören nicht nur verboten; wir fordern auch eine konsequente Aufarbeitung, Entschuldigung sowie eine angemessene Entschädigung der menschenrechtswidrigen medizinischen Maßnahmen bzw. von im Zuge des TSG erfolgten Zwangsscheidungen und -OPs.

Bündnis 90/ Die Grünen

  • Selbstbestimmte Personenstandsänderung: ja
  • Standesamt statt Gericht: ja

Mit einem Selbstbestimmungsgesetz sorgen wir GRÜNE dafür, dass das überholte Transsexuellengesetz endlich aufgehoben wird. Eine unbürokratische Änderung der Geschlechtsangabe wie der Vornamen auf Antrag der betroffenen Person beim Standesamt werden wir ab 14. Lebensjahr ermöglichen, das Offenbarungsverbot konkretisieren und Verstoße dagegen sanktionieren. Alle nicht notwendige Operationen und Behandlungen an intergeschlechtlichen Kindern sind lückenlos zu verbieten. Behandlungen, die als medizinisch notwendig durchgeführt wurden, sind zentral zu erfassen, um eine bessere Nachvollziehbarkeit für Betroffene und eine bessere Datenlage zu erreichen. Bei Gesundheitsleistungen sowie Operationen und Hormontherapien muss das Selbstbestimmungsrecht gesichert sein. Den Anspruch auf medizinische körperangleichende Maßnahmen wollen wir gesetzlich verankern und dafür sorgen, dass die Kostenübernahme gewährleistet wird. Das Leid, das trans*- und inter*-Menschen widerfahren ist, muss entschädigt werden.

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