Projekt Masakhane: Stärkung von Lesben, bisexuellen Frauen und Trans* im südlichen Afrika
Von den afrikanischen Aktivistinnen lernen
Masakhane ist das größte jemals vom Bundesministerium für Entwicklung geförderte Projekt im Bereich LSBTI-Menschenrechte. Das Zulu-Wort lässt sich ins Deutsche übersetzen mit „Kommt, lasst uns gemeinsam stärker werden“. Initiiert vom LSVD und umgesetzt von der Coalition of African Lesbians (CAL) als Projektpartnerin vor Ort und dem LSVD und filia.die frauenstiftung von deutscher Seite, endete dieses Projekt 2017 nach vier Jahren. Gemeinsam mit Sonja Schelper von filia. hat LSVD-Bundesvorstand Uta Schwenke Maskahane als Projektleitung für den LSVD ehrenamtlich betreut und berichtet im Interview über das Projekt.
Masakhane nähert sich dem Ende – welche Assoziationen und Eindrücke verbindest Du mit dem Projekt zur Stärkung von lesbischen, bisexuellen und trans* Frauen im südlichen Afrika?
Ich denke zu allererst an die tollen mutigen Aktivistinnen vor Ort. Ihre Professionalität und ihr persönlicher Einsatz haben mich sehr beeindruckt. Ein Einsatz häufig unter schwierigsten Bedingungen und auch immer wieder unter Gefahr für Leib und Leben. Aber schon das tägliche Leben ist für die meisten unserer afrikanischen Kolleginnen viel schwieriger zu organisieren. Viele der Aktivistinnen, die ich kennengelernt habe, haben zudem auch Kinder, die versorgt werden müssen.
Ich denke auch, dass wir auch für unsere politische Arbeit noch viel von ihnen lernen können. Mich haben besonders ihr strategischer Ansatz und ihre Investitionen in ein gegenseitiges Vertrauen und die Vernetzung beeindruckt.
Was sind die größten Erfolge des Projekts "Masakhane"?
Ziele des Projekts waren ja die bessere Vernetzung, das „Capacity Building“ und die Selbstermächtigung von Lesben, bisexuellen Frauen und Trans* in Subsahara Afrika. Die Coalition of African Lesbian wollte gezielt die Grassrootarbeit ihren Mitgliedsorganisationen stärken. In Workshops haben Aktivistinnen aus Simbabwe, Sambia und Botswana daher gelernt, wie sie sich proaktiv politisch engagieren können. Es ist durch Masakhane gelungen, professionelle und nachhaltige Strukturen aufzubauen.
Du konntest einige Workshops besuchen, an denen auch lesbische Aktivistinnen aus Simbabwe, Sambia und Botswana teilnahmen – was wurde dort konkret vermittelt?
In den Workshops ging es um die Grundlagen politischer Arbeit: Wie werden Kampagnenziele definiert und Forderungen formuliert? Wie werden Aktivitäten und Strategien zur Erreichung dieser Ziele organisiert? Wie müssen Entscheidungsträger*innen angesprochen werden? Wie funktioniert Medien- und Pressearbeit? Wie gebe ich Interviews? Wie werden die finanziellen Mittel verwaltet? Was muss beim Reporting gegenüber den Geldgebern beachtet werden?
Neben der Analyse der Ausgangslage in den beteiligten Ländern ging es auch immer um eine Sensibilisierung für die Funktionsweise von Diskriminierung. Von der politischen Elite wird gerade die Hetze gegen LSBTI dafür genutzt, um von eigenem politischem Versagen etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen oder der öffentlichen Infrastruktur abzulenken und eigene Machtstrukturen und Privilegien zu verteidigen. Diskriminierung ist danach also nur das Symptom einer nicht funktionierenden Gesellschaft.
Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede siehst du bezüglich der LSBTI-Menschenrechtsarbeit in Deutschland mit der Arbeit in den Projektländern des Globalen Südens?
Einen Unterschied sehe ich in der bewussten strategischen Ausrichtung durch gezielte Zusammenarbeit mit anderen feministischen Projekten. So hat Masakhane in Botswana etwa zur Gründungsveranstaltung eines feministischen Netzwerks eingeladen. Die fand dann in der Garage von Legabibo statt, der größten LSBTI-Organisation Botswanas.
Auch wir in Europa müssen uns besser vernetzen. Hier können wir, meiner Meinung nach, von den afrikanischen Kolleginnen viel lernen. Was sind die Ziele und was können Wege dahin sein? Wie und mit wem soll zusammen gearbeitet werden auf dem Weg dahin?
Auch in Sachen „wie organisiere ich Zusammenarbeit“ können wir meiner Meinung nach viel lernen. In vielen afrikanischen Ländern sind es nur sehr wenige Menschen, die sich für feministische Arbeit und LSBTI*-Menschenrechtsarbeit einsetzen. In der politischen Arbeit von CAL wird deshalb – spätestens bei Konflikten in den persönlichen Beziehungen –bewusst Raum geschaffen, um Konflikte zu klären und Vertrauen aufzubauen. Jede*r sieht sich als ein Teil eines Zusammenwirkens in unterschiedlichen Zusammenhängen. Ein oft gehörter Satz in diesem Zusammenhang war deshalb auch „Being humble“ – „Bescheiden sein“. Auch bei uns sind es ja eigentlich nur sehr wenige, die sich einsetzen. Auch wir brauchen einander, um etwas zu verändern.
Insgesamt hat mich die Arbeit in diese Projekt optimistisch gemacht. Wenn so viele tolle Menschen auf dem afrikanischen Kontinent an der weiteren Entwicklung der Menschenrechte in Afrika und in der Welt arbeiten und wir dabei zusammen arbeiten, dann sehe ich für uns alle eine positive Entwicklung. Wir in Europa profitieren auch jetzt schon ganz direkt von ihrer Arbeit, wenn auf UN-Ebene mit Hilfe der afrikanischen Länder endlich Resolutionen zum Schutze von Gewalt gegen LSBTI verabschiedet werden. Auch für uns werden damit geltende internationale Standards verbessert.
Auf was für Herausforderungen ist das Projekt "Masakhane" gestoßen?
Fast alle Aktivistinnen leben in prekären Verhältnissen, haben Gewalterfahrungen gemacht oder sind konstant davon bedroht. Es gibt eine große Fluktuation unter den Aktivistinnen*. Die Anforderungen sind sehr hoch zum Beispiel beim Reporting oder Verwalten der finanziellen Mittel und trotzdem muss die Arbeit ehrenamtlich geleistet werden. Neben so banalen Dingen wie häufige Stromausfälle oder fehlender Zugang zum Internet wird die Arbeit auch durch das Leben in dem politischen und gesellschaftlichen Klima sehr erschwert. LSBTI-Organisationen wird häufig die Registrierung verweigert – das führt zu fehlendem Schutz, aber auch dazu, dass kein Konto eingerichtet werden kann.
Für filia und LSVD als Projektpartner von deutscher Seite war auch die Betreuung eine große Herausforderung. Für einen erheblichen Aufwand sind nur 4% der Gelder vorgesehen. Die überwiegende Arbeit haben wir deshalb ehrenamtlich geleistet. Das ist eine Schwierigkeit im System der deutschen Entwicklungsarbeit, die dazu führt, dass vor allem die großen und etablierten Entwicklungsorganisationen Projekte durchführen können. Hier braucht es den politischen Willen, auch kleineren Organisationen eine Projektarbeit zu ermöglichen.
Wie geht es nun weiter mit dem Projekt Masakhane?
Noch sind wir mittendrin, gegenüber dem Entwicklungsministerium den sehr aufwändigen Verwendungsnachweis für das Projekt zu erbringen. Zudem wollen wir das BMZ überzeugen, Masakhane in einer neuen Phase weiterzuführen – mit dem LSVD als Träger und filia als Verantwortlicher für die Bereitstellung der Eigenmittel und die Umsetzung.
Das Antragsverfahren läuft bereits. Wir werden dabei von der Gender Expertin Cornelia Sperling unterstützt. Die Chancen stehen gut, denn Masakhane I wurde als best practice Projekt sowohl in einer Broschüre der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) "Mehr als alles. Der Beitrag von Religionsgemeinschaften und Menschenrechtsorganisationen zu nachhaltiger Entwicklung" als auch vom Global Philanthropy Project gewürdigt.
Masakhane I hat Strukturen geschaffen, auf denen nun eine proaktive politische Arbeit vor Ort mit Masakhane II weiter aufgebaut werden kann. Die LSBTI-Menschenrechtsarbeit muss auf eine breitere Basis gestellt werden.
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