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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD⁺)

Homophobes Mobbing an der Schule: Was Lehrkräfte und Schüler*innen (präventiv) tun können

Kurzinformation, Maßnahmen und Handlungsanregungen bei Mobbing an der Schule aufgrund der sexuellen Identität

LSBTI erleben Schule als Ort, an dem sehr oft sie Homophobie, Transfeindlichkeit und Diskriminierung begegnen. Auch Lehrkräfte bekommen im Schulalltag oftmals Homo- und Transphobie mit. Die wenigsten fühlen sich beim Thema "sexuelle und geschlechtliche Vielfalt" kompetent genug. 

Zwei Kinder: Zeichnung aus der Broschüre „Was heißt hier Lesbe, was heißt hier schwul?“ Niemand darf gemobbt werden - Informationen und Tipps für Schülerinnen und Schüler der Grundschule“

Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen (LSBTI) sind selbstverständlicher Bestandteil der heutigen Gesellschaft. Das gilt für alle Lebensphasen – auch für die Schulzeit. Kinder und Jugendliche verbringen einen großen Teil ihrer Zeit in der Schule. Schulen sollten daher Orte sein, an denen sie sich wohl und wertgeschätzt fühlen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Stattdessen führt „anders“ zu sein, „verschieden“ zu sein oftmals zu Diskriminierung. So sind an vielen Schulen Ausgrenzung und Mobbing ein Problem - mitunter bis zu Gewalt. Studien zeigen, dass LSBTI die Schule als Ort erleben, an dem sie Homophobie, Transfeindlichkeit und Diskriminierung begegnen.

Auch Lehrkräfte bekommen Homo- und Transphobie oftmals im Schulalltag mit, gehen aber selten davon aus, dass LSBTI-Jugendliche in ihre Klasse bzw. an ihre Schule gehen. Die wenigsten fühlen sich beim Thema "sexuelle und geschlechtliche Vielfalt" kompetent genug.

Was können Schulleitung, Lehrkräfte, Schulpersonal und Schüler*innen tun, wenn Sie Mobbing aufgrund der sexuellen Identität beobachten bzw. wie können sie dem präventiv entgegenwirken?

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung: Homophobe Beschimpfungen können alle Schüler*innen treffen
  2. Was ist Mobbing aufgrund der sexuellen Identität?
  3. Warum ist es wichtig, gegen Mobbing vorzugehen?
  4. Was kann die Schulleitung gegen Mobbing gegen LGBT tun? Wie kann sie das Thema Sexuelle Vielfalt in der Schulkultur verankern?
  5. Was können Sie als Lehrkraft gegen Mobbing tun?
    • 5.1 Was getan werden muss, wenn Sie Mobbing beobachten
    • 5.2 Was durchgängig gegen Mobbing getan werden muss
  6. Pausen, Freistunden, vor und nach dem Unterricht: Was kann Schulpersonal außerhalb des Unterrichts dagegen tun?
    • 6.1 Was getan werden muss, wenn Sie Mobbing beobachten
    • 6.2 Was durchgängig gegen Mobbing getan werden muss
  7. Was kannst du als Mitschüler*in gegen Mobbing tun?
    • 7.1 Was kannst du gegen homophobes und transphobes Mobbing tun, wenn du es beobachtest?
    • 7.2 Was kannst du tun, wenn du gemobbt wirst?
    • 7.3. Mobbst du vielleicht jemanden?
  8. „Was heißt hier Lesbe, was heißt hier schwul?“ Niemand darf gemobbt werden! Informationen und Tipps für Schüler*innen der Grundschule
    • 8.1 Wir sind alle unterschiedlich
    • 8.2 Wer liebt hier wen?
    • 8.3 Kein Grund gemein zu werden!
    • 8.4 Lass dir das nicht gefallen!
    • 8.5. Achte darauf, was du sagst!
  9. Handreichung für Lehrer*innen und Schüler*innen

1. Einleitung Homophobe Beschimpfungen können alle Schüler*innen treffen

Mobbing und Bullying ist an allen Schulen immer noch ein ernst zu nehmendes Problem, dem viele Lehrkräfte nicht in geeigneter Art und Weise begegnen. Nicht selten hört man „Du schwule Sau“ durch eine Klasse tönen oder ein Mädchen wird als „Kampf-Lesbe“ tituliert, nur weil sie nicht wie ihre Mitschülerinnen mit Kleid und Zopf in die Schule kommt.

Durch Bullying oder Mobbing sollen Menschen ins Abseits eines Klassenverbandes gedrängt werden. Häufig trifft es Kinder die sich von der Mehrheit der Schüler*innen unterscheiden. „Lesbe“ und „schwul“ werden folglich losgelöst vom Kontext verwendet um andere Menschen negativ darzustellen und zu kategorisieren. Auslöser kann beispielsweise eine Frisur oder ein Kleidungsstil sein, die nicht den eigenen Vorstellungen von Geschlechterrollen entsprechen. Oder die erste Liebe gilt wirklich dem eigenen Geschlecht und die Gefühle der Verliebten werden von der Klasse mit Füßen getreten.

Auch wenn diese und andere Wörter häufig losgelöst vom Kontext verwendet werden, so sind die doch gerade für junge Menschen, die nicht heterosexuell sind oder nicht in das traditionelle Geschlechterrollenbild passen, eine zusätzliche Hürde um offen über ihre Gefühle reden zu können und zu sich selbst zu stehen.

2. Was ist Mobbing aufgrund der sexuellen Identität?

Bei Mobbing wird meist eine einzelne Person von ein oder mehreren Täter*innen oder vorsätzlich und über einen längeren Zeitraum beleidigt, benachteiligt, körperlich oder mit Gesten belästigt, angefeindet oder angegriffen wird. Wenn das Mobbing offenbar geschieht, weil eine Person schwul oder lesbisch lebt oder die, die Mobbing ausüben, das behaupten, wird es homophobes Mobbing genannt. Wenn es passiert, weil über die Person gesagt wird, sie sei kein „richtiges Mädchen“ oder kein „richtiger Junge“, könnte es sich um homophobes, heteronormatives oder um transphobes Mobbing handeln.

In diesem Beitrag geht es vor allem um Mobbing aufgrund der sexuellen Identität.

Die Betroffenen sind:

  • Jugendliche, die für lesbisch, schwul, transgeschlechtlich oder bisexuell gehalten werden,
  • Jugendliche, die lesbisch, schwul oder bisexuell leben,
  • Jugendliche, die trans- oder intergeschlechtlich sind,
  • Jugendliche mit lesbischen, schwulen, bisexuellen oder transgeschlechtlichen Familienmitgliedern oder Freund*innen,
  • Jugendliche, die sich nicht Geschlechterrollen konform verhalten, wie beispielsweise Jungen, die tanzen, oder Mädchen, die Fußball spielen,
  • Lehrkräfte, die lesbisch, schwul, bisexuell oder transgeschlechtlich leben oder dafür gehalten werden.

Mobbing aufgrund der sexuellen Identität kann wie jede Form von Mobbing schwere psychische Folgen für die Betroffenen haben. Angefangen von Konzentrationsstörungen, Isolation, Verlust von Vertrauen in sich und andere, bis hin zu Depression und selbstverletzendes Verhalten. Mobbing ist eine ernste Gewalttat. Gemobbte Jugendliche werden häufiger krank, entwickeln Angst vor der Schule und fehlen im Unterricht. Im schlimmsten Fall erleiden über lange Zeit gemobbte Jugendliche psychische Schäden, die sie ihr ganzes Leben begleiten können. Zudem besteht ein erhöhtes Suizidrisiko. 

3. Warum ist es wichtig, gegen Mobbing vorzugehen?

Eine Schule, an der sich Schüler*innen davor fürchten müssen, gemobbt zu werden, wenn sie als lesbisch, schwul, bisexuell, trans- oder intergeschlechtlich sichtbar werden, ist keine Schule, an der sich ein aufgeschlossenes und tolerantes Klima entwickeln kann. Eine Schule, die ihren Schüler*innen Sicherheit garantieren will und am Lernerfolg aller Kinder und Jugendlichen interessiert ist, muss sich der Herausforderung stellen, Maßnahmen gegen jede Art von Mobbing aufgrund der sexuellen Identität zu ergreifen.

Alle sollten in der Schule die Möglichkeit haben, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und hat das Recht auf Sicherheit und Gesundheit. Diskriminierung einzelner Jugendlicher aufgrund ihrer sexuellen Identität, gefährdet nicht nur ihre Sicherheit, sondern kann auch nachhaltig die Persönlichkeitsentwicklung gefährden. Das Schulklima leidet darunter, wenn einzelne wegen dem, wie sie von anderen wahrgenommen werden, lächerlich gemacht und gedemütigt werden. Die Angst selbst zur Zielscheibe zu werden breitet sich unter den Unbeteiligten aus, setzt auch andere Schüler*innen unter Druck aus der Angst heraus, selbst zum Opfer zu werden und bietet die Grundlage für viele Formen von Diskriminierung. 

Jedes einzelne Kind bzw. jeder einzelne Jugendliche hat das gleiche Recht auf den Schulunterricht und darauf, Lernerfolge zu erzielen. Mobbing nimmt der betroffenen Person die Fähigkeit, sich unbefangen am Unterricht zu beteiligen. In einer Klasse, in der ein aufgeschlossenes Lernklima herrschen soll, dürfen Bemerkungen, die auf Vorurteilen beruhen, nicht unkommentiert zu hören sein! Vorurteile und Unwissenheit sind der Nährboden für Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität. Wenn erfolgreich dagegen vorgegangen wird, kann sich das positiv auf jeglichen Umgang mit vermeintlicher Andersartigkeit sowie auf den gesamten Schulfrieden auswirken.

4. Was kann die Schulleitung gegen Mobbing gegen LGBT tun? Wie kann sie das Thema Sexuelle Vielfalt in der Schulkultur verankern?

Möglicherweise enthält die Schulordnung bereits Maßnahmen zum Umgang mit Mobbing. Stellen Sie sicher, dass Homophobie, Transphobie und andere Mobbinggründe, die die sexuelle Identität betreffen, explizit darin auftauchen. Diese Gründe für Mobbing treten vor allem dann auf, wenn die Täter*innen oder Täter der Überzeugung sind, dass Diskriminierung aufgrund von Geschlecht und sexueller Orientierung erlaubt ist und dieser Haltung noch nie oder selten widersprochen wurde.

  • Stellen Sie sicher, dass auf allen Ebenen deutlich ausgesprochen wird, dass Homosexualität, alle sexuellen Orientierungen und sexuelle Vielfalt im Allgemeinen an Ihrer Schule anerkannt werden und jegliche Form von körperlicher oder verbaler Gewalt, die sich dagegen richtet, abgelehnt und sanktioniert wird.
  • Ermöglichen Sie den Lehrkräften sowie anderen Mitarbeitenden des Schulbetriebs Fortbildungen zum Umgang mit homophober und transphober Gewalt und Mobbing und zum Themenbereich sexuelle Vielfalt. 
  • Setzen Sie durch, dass homophobe und transphobe Beschimpfungen („bist du lesbisch oder was?“, „Schwule Sau“ und ähnliches) in keinem Fall verwendet werden dürfen und deren Verwendung sanktioniert wird. Auch die Verwendung als abwertendes, nicht zielgerichtetes Adjektiv („die Aufgabe ist ja voll schwul“) ist verletzend für Jugendliche und Erwachsene, die für die Thematik sensibilisiert sind (Familie, Freund*innern eigene Identität,…)
  • Machen Sie das Kollegium mit dem Notfallordner zur Meldung von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen vertraut.

Die Schulleitung kann das Thema Sexuelle Vielfalt in der Schulkultur verankern

  • Hängen Sie entsprechende Plakate auf und legen Sie Infomaterial aus.
  • Richten Sie AGs zum Thema ein und veranstalten Sie Projekttage.
  • Ernennen Sie eine Ansprechperson, B. eine Vertrauenslehrkraft für Fragen zum Thema Sexuelle Vielfalt und Diversity.
  • Achten Sie darauf, dass das Schulcurriculum unterschiedliche Lebensweisen und Familienentwürfe berücksichtigt, Frauenpaare, Regenbogenfamilien, Familien mit zwei Vätern, Familien mit nur einem Elternteil, Patchworkfamilien, Kinder, die nicht bei den Eltern aufwachsen, usw.

5. Was können Sie als Lehrkraft gegen Mobbing tun?

Lehrkräfte verbringen im Schulbetrieb die meiste Zeit mit den Jugendlichen. Sie haben die beste Ausgangsposition um Mobbingvorfälle zu bemerken und einzugreifen. Versuchen Sie zu erkennen, wenn jemand in der Klasse gemobbt wird. Beschimpfungen, die Verbreitung des Gerüchts, dass eine Schülerin oder ein Schüler lesbisch oder schwul sei oder das wortlose Nachäffen von Gesten kann Mobbing sein. Nehmen Sie diese Signale wahr und widerstehen Sie der Versuchung, es herunterzuspielen oder sogar mitzulachen.

5.1 Was getan werden muss, wenn Sie Mobbing beobachten

  • Wenn ein Mobbingvorfall sichtbar wird, greifen Sie sofort ein. An jeder Schule gibt es einen Notfallordner mit Formularen zur Meldung von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen. Sprechen Sie den Beteiligten gegenüber aus, dass die Täter oder Täterinnen offenbar Vorurteile gegen Schwule und Lesben, bzw. ein Problem mit sexueller Vielfalt haben. Beobachtende des Mobbingvorfalls sollen sehen, dass Mobbing in keinem Fall akzeptiert wird.
  • Reden Sie mit denjenigen, die das Mobbing ausüben. Merkmal von Mobbing ist es, dass Täter*innen Eigenschaften der von ihnen gemobbten Person als Grund für ihr Handeln nennen („weil er schwul ist…“). Betonen Sie, dass, egal welche persönliche Einstellung die Täterin oder der Täter haben mag, es absolut keinen Grund gibt einen anderen Menschen zu verletzen. Jede*r Einzelne wird in Ihrer Klasse respektiert.
  • Reden Sie mit der betroffenen Person. Betonen Sie, dass sie sich Hilfe holen kann. Erklären Sie, dass es niemand verdient, gemobbt zu werden ganz unabhängig von Geschlecht oder sexueller Orientierung.
  • Klären Sie die ganze Klasse über Mobbing und die Folgen auf und thematisieren Sie die vorhandenen Vorurteile.

5.2 Was durchgängig gegen Mobbing getan werden muss

  • Setzen Sie in Ihrer Klasse ein Verbot aller homophoben und transphoben Schimpfworte durch. Die Bezeichnungen „schwule Sau“ − „Schwuchtel“ − „Tunte“ − „hässliche Lesbe“ − „du Mädchen“ (gegenüber Jungen) und ähnliche dürfen nicht toleriert werden. Die Verwendung der Worte, auch wenn sie nicht zielgerichtet sind, („sieht das schwul aus“) vermitteln eine herabwürdigende Haltung Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgenderpersonen gegenüber. Potentiell Betroffene von Mobbing, die homo- oder bisexuell leben oder homosexuelle Familienmitglieder oder Freund*innen haben, verinnerlichen die Demütigung und erlernen ein negatives Selbstbild. Das Bestreben ein diskriminierungsfreies Klima zu schaffen und über sexuelle Vielfalt aufzuklären, ist nur glaubwürdig, wenn es auch bei der Sprache der Schülerinnen und Schüler ansetzt.
  • Überprüfen Sie, inwieweit Sie selbst Vorbehalte oder Vorurteile gegenüber homosexuellen, bisexuellen oder transgeschlechtlichen Menschen haben. Informieren Sie sich durch Broschüren oder Internetseiten über die Lebensrealität gleichgeschlechtlicher Paare. Denken Sie darüber nach, ob Sie homo- oder bisexuelle Bekannte haben oder Menschen kennen, die transgeschlechtlich leben. Wie würden Sie reagieren, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Ihnen gegenüber erwähnt lesbisch bzw. schwul zu sein?
  • Coming-out: Wenn sich eine Schülerin oder ein Schüler entschließt Ihnen zu erzählen, dass sie lesbisch bzw. dass er schwul ist, werten Sie es als großen Vertrauensbeweis und handeln Sie verantwortungsvoll. Bestätigen Sie der Person, dass es gut sein kann, offen damit umzugehen und dass Sie und die Schule unterstützend zur Seite stehen können. Besprechen Sie mit dihr, was ihr jetzt wichtig ist und welche Fragen sie hat. Die Schülerin/ der Schüler darf selbst entscheiden, wann und wie die Klasse, die Eltern oder Lehrkräfte informiert werden. Behandeln Sie das Anvertraute daher absolut vertraulich!
  • Nehmen Sie das Thema Aufklärung über sexuelle Vielfalt in Ihren Unterricht auf und laden Sie Bildungsträger für Workshops zu dem Thema ein. 
  • Achten Sie darauf, dass Sie im Unterricht Materialien verwenden, die verschiedene Lebensweisen berücksichtigen: Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien, Familien mit nur einem Elternteil, Kinder, die nicht bei den Eltern aufwachsen, usw. Wenn Sie im Unterricht über Familie reden, schließen Sie die Möglichkeit ein, dass eines dieser Modelle für einige Jugendliche in Ihrer Klasse Lebensrealität sein könnte.
  • Vermeiden Sie den Gebrauch von Geschlechterstereotypen und Rollenklischees im Unterricht. Unterstützen Sie Darstellungen, in denen Mädchen auch stark, sportlich, laut usw. und Jungs auch ruhig, schwach, musisch usw. sein können.

6. Pausen, Freistunden, vor und nach dem Unterricht: Was kann Schulpersonal außerhalb des Unterrichts dagegen tun?

Nicht unterrichtendes Personal an der Schule trifft die Schüler*innen in Situationen, in denen andere Dynamiken herrschen als im Unterricht. In Pausen, in Freistunden und vor dem Unterricht sind Mobbingübergriffe am häufigsten. Sie haben die Möglichkeit Mobbing und homophobes oder transphobes Verhalten zu beobachten und einzugreifen und in alltäglichen Situationen positiv Einfluss zu nehmen.

6.1 Was getan werden muss, wenn Sie Mobbing beobachten

Es handelt sich um (verbale, körperliche oder psychische) Gewalt aufgrund der sexuellen Identität, z.B. wenn…

  • Sie beobachten, dass eine Schülerin oder ein Schüler mit „fette Lesbe“, „schwule Sau“ oder ähnlich homophoben Bezeichnungen beleidigt wird.
  • Sie sehen, dass der Gang eines Schülers nachgeäfft wird, in dem er feminin betont wird.
  • Sie erfahren, dass eine Schülerin dazu gezwungen wird, einen Jungen zu küssen, um zu beweisen, dass sie nicht lesbisch ist.
  • Gewalt und Diskriminierung liegen auch dann vor, wenn die betroffene Person scheinbar unbeeindruckt ist, mit lacht oder nachgibt.

Seien Sie aufmerksam und greifen Sie sofort ein!

  • Falls es an Ihrer Schule Handlungsanweisungen für Mobbingvorfälle gibt,befolgen Sie diese. An jeder Schule gibt es einen Notfallordner mit Formularen zur Meldung von Diskriminierungs- und Gewaltvorfällen. Behandeln Sie den Fall mit der gleichen Schärfe wie Sie einen Fall von beispielsweise rassistischer oder antisemitischer Gewalt behandeln würden.
  • Kritisieren und thematisieren Sie allen Beteiligten gegenüber, dass die Täter*innen offenbar Vorurteile gegen Schwule und Lesben, bzw. ein Problem mit sexueller Vielfalt haben. Beobachtende des Mobbingvorfalls müssen sehen, dass Mobbing sowie Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität in keinem Fall akzeptiert werden.
  • Reden Sie mit denjenigen, die das Mobbing ausüben. Merkmal von Mobbing ist es, dass Eigenschaften der betroffenen Person als Grund genannt werden, („weil er schwul ist…“) Betonen Sie, dass, egal welche persönliche Einstellung die Täterin oder der Täter haben mag, es absolut keinen Grund gibt, einen anderen Menschen zu verletzen. Jede und jeder Einzelne wird respektiert und respektvoll behandelt.
  • Reden Sie mit der betroffenen Person. Betonen Sie, dass sie sich Hilfe holen kann. Erklären Sie, dass es niemand verdient, gemobbt zu werden, ganz unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung.
  • Informieren Sie Klassenlehrer*in der Betroffenen, damit über die Themen Mobbing, Homophobie und Transphobie aus gegebenem Anlass im Unterricht geredet werden kann.
  • Informieren Sie die Schulleitung über die Vorfälle und regen Sie an, das Thema Mobbing aufgrund der sexuellen Identität auf Ebene der Schulordnung anzugehen.

6.2 Was durchgängig gegen Mobbing getan werden muss

  • Reagieren Sie bei jeder Gelegenheit auf den Gebrauch der Worte schwul, Schwuchtel, Tunte, tuntig usw. als negativ konnotierte Bezeichnung von Gegenständen, Verhaltensweisen und Menschen. Die Verwendung dieser Worte, auch wenn sie nicht zielgerichtet sind („sieht das schwul aus!“), vermitteln eine herabwürdigende Haltung Schwulen, Lesben, Bisexuellen und trans* Personen gegenüber. Potentiell Betroffene von Mobbing, die homo- oder bisexuell leben oder homosexuelle Familienmitglieder oder Freunde haben, verinnerlichen die Demütigung und erlernen ein negatives Selbstbild. Dieser Gebrauch der Worte sollte daher an jeder Schule verboten sein.
  • Regen Sie bei der Schulleitung an, ein offizielles Verbot dieser Begriffe als Schimpfworte einzuführen und eindeutig zu kommunizieren. Das Einschreiten dagegen wird Ihnen so erleichtert.
  • Überprüfen Sie, inwieweit Sie selbst Vorbehalte oder Vorurteile gegenüber homosexuellen, bisexuellen oder transgeschlechtlichen Menschen haben. Informieren Sie sich durch Broschüren oder Internetseiten über die Lebensrealität gleichgeschlechtlicher Paare, denken Sie darüber nach, wer in Ihrem Bekanntenkreis homo- oder bisexuell ist oder eine transgeschlechtliche Identität hat. Wie würden Sie reagieren, wenn eine Schülerin oder ein Schüler Ihnen gegenüber erwähnt schwul bzw. lesbisch zu sein?
  • Coming-out: Wenn sich eine Schülerin oder ein Schüler entschließt Ihnen zu erzählen, dass sie lesbisch bzw. dass er schwul ist, werten Sie es als großen Vertrauensbeweis und handeln Sie verantwortungsvoll. Bestätigen Sie der Schülerin, dem Schüler, dass es gut sein kann, offen damit umzugehen und dass Sie und die Schule unterstützend zur Seite stehen können. Besprechen Sie mit der Person, was ihr jetzt wichtig ist und welche Fragen sie hat. Die Schülerin/ der Schüler darf selbst entscheiden, wann und wie die Klasse, die Eltern oder Lehrkräfte informiert werden. Behandeln Sie das Anvertraute daher absolut vertraulich!
  • Wenn es Ihrem Tätigkeitsbereich entspricht, gründen Sie eine AG zum Thema (sexuelle) Vielfalt, sorgen Sie dafür, dass an der Schule Broschüren oder ein Schwarzes Brett mit Informationen zu Projektgruppen, Beratungsangeboten usw. existiert, organisieren Sie einen Projekttag.
  • Seien Sie Ansprechperson für Schüler*innen und unterstützen Sie von Homophobie und Transphobie gefährdete Jugendliche.

7. Was kannst du als Mitschüler*in gegen Mobbing tun?

Niemand verdient es beleidigt und belästigt zu werden. Ob eine Mitschülerin oder ein Mitschüler lesbisch oder schwul lebt oder sich nicht so verhalten, wie es typisch für ihr Geschlecht ist, ist allein ihre Sache. Sie entscheiden selbst, ob es Grund gibt darüber zu reden, wenn sie wollen. Wenn ein Junge z.B. gerne enge Klamotten trägt, heißt das nicht, dass er schwul ist und auf jeden Fall dürfen weder Klamotten noch die sexuelle Identität Grund für Mobbing sein.

Wenn gegen Homophobie, Transphobie und Mobbing nichts getan wird, kann jede und jeder zum Mobbingopfer werden! Du selbst willst es bestimmt nicht sein, deshalb ist es wichtig, darauf zu achten, dass jede und jeder dazu beiträgt, dass alle so auftreten und so sein dürfen wie sie wollen. Mobbing ist Gewalt und deshalb gibt es an jeder Schule dagegen Regeln, z.B. in der Schulordnung und in den Notfallplänen für Schulen.

7.1 Was kannst du gegen homophobes und transphobes Mobbing tun, wenn du es beobachtest?

Wenn du Mobbing siehst

  • Wenn du mitbekommst, dass jemand gemobbt wird, schau nicht einfach zu. Informiere eine Lehrkraft, der du vertraust. Nichts tun, heißt so viel wie mitmachen!
  • Wenn du dich traust sag etwas dagegen, zum Beispiel „Lasst sie/ihn doch in Ruhe“, „Was geht euch das denn an, ob jemand schwul/ lesbisch/ trans ist“. Du kannst aber auch handeln, indem du nicht mit lachst und zeigst, dass du das Verhalten der Leute, die das Mobbing ausüben, nicht richtig findest.
  • Steh der gemobbten Person bei. Geh in einer passenden Gelegenheit zu der Person, die gemobbt wird und sage ihr, dass du ihr helfen willst. Du kannst der Person sagen, dass du es OK fändest, wenn sie lesbisch oder schwul wäre.
  • Finde andere in der Klasse, die es auch nicht gut finden, dass jemand gemobbt wird. Zusammen könnt ihr der gemobbten Person noch besser helfen und den Mobber*innen zeigen, wie schlimm ihr Verhalten ist.

7.2 Was kannst du tun, wenn du gemobbt wirst?

Wenn du gemobbt wirst

  • Wirst du selbst von einer oder mehreren Personen gemobbt, könnte es besser sein, wenn du dir innerhalb oder außerhalb der Schule Hilfe holst. Du hast es nicht verdient, gemobbt zu werden, egal was die Leute sagen, die dich mobben.
  • Meistens sind die, die dich mobben, in der Überzahl und du kannst es allein nicht schaffen, dich gegen sie zu wehren. Deshalb suche dir einen Erwachsenen in der Schule, dem du vertraust und bitte um Hilfe.
  • Suche Unterstützung bei deinen Freund*innen oder Mitschüler*innen. Es muss dir nicht peinlich sein, dass du gemobbt wirst. Mobbing passiert leider sehr häufig, du bist nicht die einzige Person, der es so geht. Eine Klasse, in der gemobbt wird, ist keine Gemeinschaft. Jede*r muss Angst davor haben als nächstes dran zu sein. Deshalb müsst ihr zusammen halten und etwas dagegen unternehmen.

7.3. Mobbst du vielleicht jemanden?

Wenn du jemanden mobbst

  • Niemand hat das Recht eine andere Person zu mobben! Auch wenn du eine Person nicht leiden kannst, dich ihr Verhalten provoziert oder sie Dinge tut, die du falsch findest – du hast nicht das Recht sie zu verletzen!Auch Worte können weh tun!
  • Halte dich von der Person, die du gemobbt hast oder die dich provoziert, einfach fern.
  • Wenn deine Freund*innen wieder damit anfangen wollen, versuch nicht mitzumachen und sag ihnen, dass es reicht und du keine Lust mehr darauf hast. Vermutlich gibt es spannendere Dinge, die ihr zusammen machen könnt.
  • Du kannst selbst zu einer Lehrkraft gehen und erzählen, was vorgefallen ist. Wenn aber jemand anderes dein Verhalten vorher meldet, kann es definitiv Folgen für dich und alle anderen haben, die am Mobbing beteiligt waren.

Dieser Beitrag dokumentiert im Wesentlichen Handreichungen für Schulleitung, Lehrkräfte, Schulpersonal und Schüler*innen vom LSVD Berlin-Brandenburg von 2011 im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Die Erstellung der Publikation wurde von der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung im Rahmen der Initiative „Berlin tritt ein für Selbstbestimmung und Akzeptanz sexueller Vielfalt" finanziert.

8. „Was heißt hier Lesbe, was heißt hier schwul?“ Niemand darf gemobbt werden! Informationen und Tipps für Schüler*innen der Grundschule

8.1 Wir sind alle unterschiedlich

Alle Menschen, auch alle Kinder und Jugendlichen, sind unterschiedlich. Elisa fährt am liebsten Skateboard mit ihrer Freundin Ebru, ihre Lieblingsfarbe ist grün. Moritz geht einmal die Woche zum Tanzen, sein Lieblingspulli hat blaue und pinke Streifen. Kevin spielt nachmittags Fußball und trifft sich in jeder Pause mit seinen Freundinnen Eva und Lin. Melanie ist im Schulchor und im Taekwondo-Verein. Emre kann tolle Bilder malen, wenn er taurig ist, tröstet ihn sein Freund Ben.

Was du am liebsten machst, mit wem du befreundet bist oder wie du dich anziehst, darfst du dir selbst aussuchen. Klar mögen wir nicht alle das Gleiche, das wäre ja auch langweilig.

8.2 Wer liebt hier wen?

Die meisten Mädchen verlieben sich in Jungs. Die meisten Jungs verlieben sich in Mädchen.  Es gibt aber auch Jungs, die verlieben sich in Jungs. Dann gibt es Jungen und Mädchen, die sich immer anders verlieben, mal in Jungs und mal in Mädchen. Und Mädchen,die sich immer in Mädchen verlieben. Damit es nicht zu kompliziert wird, gibt es bestimmte Wörter, die man dafür benutzen kann:

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Auch Erwachsene sind heterosexuell, bisexuell und homosexuell, also schwul oder lesbisch. Schwule Männer können Papas, Lehrer, Trainer, Politiker und Fußballer sein. Lesbische Frauen können Mamas, Chefinnen, Lehrerinnen, Elektrikerinnen, Sängerinnen und Fernsehmoderatorinnen sein. In wen sich jemand verliebt, hat nichts damit zu tun, welchen Beruf eine Person hat, was sie gerne mag oder wie sie aussieht.

8.3 Kein Grund gemein zu werden!

Leider gibt es Kinder, denen wird gesagt, es sei nicht ok, so zu sein wie sie sind. Wenn ein Kind andauernd deswegen geärgert wird, weil es so ist wie es ist, wegen seiner Kleidung, seinem Hobby, seiner Familie oder aus anderen Gründen, dann nennen wir das Mobbing. Mobbing passiert, wenn niemand dem Kind hilft, obwohl alle sehen, dass es schlimm für das Kind ist.

Mobbing kann von einer einzelnen Person kommen, einem anderen Kind oder von einer Lehrkraft. Es kann aber auch sein, dass die ganze Klasse mitmacht und alle immer auf der gleichen Person rumhacken. Das führt dazu, dass es dem Kind dann sehr schlecht geht, es krank wird und Angst hat, so zu sein wie es sein möchte. So etwas hat niemand verdient!

8.4 Lass dir das nicht gefallen!

Wenn du siehst wie jemand gemobbt wird: Schau nicht einfach zu. Sag einem Erwachsenen Bescheid, dem du vertraust. Du kannst den anderen sagen, dass du es nicht richtig findest, was sie tun und dass du da nicht mitmachen willst. Du kannst mit dem Kind, das gemobbt wird, reden und sagen, dass du findest, dass mit ihm alles in Ordnung ist. Zusammen könnt ihr Hilfe suchen, zum Beispiel bei der Klassenlehrerin oder dem Klassenlehrer.

Wenn du selbst gemobbt wirst: Du hast es nicht verdient gemobbt zu werden! Niemand darf dich dafür beleidigen, wie du bist. Versuche dir Hilfe zu holen, es ist nicht leicht, alleine da heraus zu kommen. Helfen könnte dir eine Lehrkraft, der du vertraust, deine Eltern oder andere Kinder, die zu dir halten.

Wenn du selbst jemanden mobbst: Niemand darf jemanden mobben! Mobbing tut sehr weh und ist nicht erlaubt. Wenn du jemanden nicht magst, geh der Person einfach aus dem Weg. Wenn du jemanden komisch findest, sprich doch mal mit ihm oder ihr! So kannst du die Person kennen lernen. Wenn die anderen weiter machen wollen, sag ihnen, dass du keine Lust auf so etwas hast. Sich über jemanden lustig zu machen, ist falsch. Du willst ja auch nicht, dass jemand über dich lacht. Du kannst auch mit einem Erwachsenen darüber reden was passiert ist. Wenn du es selbst zugibst, bekommst du auf jeden Fall weniger Ärger dafür, als wenn es jemand anderes meldet.

8.5. Achte darauf, was du sagst!

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Diese Wörter sind keine Schimpfworte! Du kannst sagen: „Mein bester Freund ist schwul.“ Oder: „Jans Mütter sind lesbisch.“ 

Diese Wörter dürfen aber nicht benutzt werden, um jemanden zu beleidigen. Auch nicht, um etwas zu beschreiben, was du blöd, peinlich oder hässlich findest so wie: „schwules T-shirt“. 

Denk daran, alle dürfen so sein wie sie sind und niemand darf dafür beschimpft werden!

Dieser Abschnitt dokumentiert im Wesentlichen die Handreichung "Was heißt hier Lesben, was heißt hier schwul. Niemand darf gemobbt werden", die 2015 vom Antidiskriminierungsprojekt „Schule der Vielfalt – Schule ohne Homophobie“ zusammen mit dem LSVD Nordrhein-Westfalen veröffentlicht wurde und auf einer gleichnamigen Broschüre des LSVD Berlin-Brandenburgs von 2013 basiert.

9. Handreichung für Lehrer*innen und Schüler*innen

9.1 Anti-Mobbing-Handreichungen für Brandenburger Schulen

Die Anti-Mobbing-Handreichungen für Brandenburger Schulen des LSVD Berlin-Brandenburg wurden 2016 herausgegeben und vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesunheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg sowie durch Lottomittel gefördert. Im Nachfolgenden finden Sie die Materialien für die unterschiedlichen Schularten und Zielgruppen:

9.2 Anti-Mobbing-Handreichungen für Berliner Schulen

Handreichung für Lehrkräfte zum Thema „Mobbing an Grundschulen - Geschlechtsrollenverhalten und Regenbogenfamilien“ sowie Informationen dazu für Schüler*innen.

 

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