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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Katar: Auswärtiges Amt verschweigt Verfolgungsgefahr durch Apps Etheraz und Hayya

LSVD fordert eine gezielte Reisewarnung für LSBTIQ*

Pressemitteilung vom 15.11.2022

Berlin, 15.11.2022. Die Installation und aktive Nutzung der beiden Apps Etheraz und Hayya ist für die Einreise zur WM in Katar, den Stadion-Besuch und die öffentlichen Verkehrsmittel vor Ort verpflichtend. Die Apps stellen nicht nur ein erhebliches Sicherheitsrisiko insbesondere für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans*, intergeschlechtliche und queere Menschen (LSBTIQ*) dar, sondern für alle Heterosexuelle, die nach Katar zur WM einreisen. Unter anderem das Computer-Magazin Chip äußerte starke Bedenken, denn die Mobilfunk-Daten aller Besucher*innen können damit massiv ausgespäht werden. Die verpflichtenden Apps können den Ruhemodus eines Mobiltelefons überwinden und auf den internen Speicher des Geräts zugreifen und sogar durch exakte Ortung persönliche Treffen nachvollziehen. Dazu erklärt Alfonso Pantisano aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

Die queere Community hat Fragen, die das Auswärtige Amt (AA) noch nicht beantwortet hat, wie zum Beispiel: Kann die Regierung in Katar über diese Apps (genauer) überprüfen, ob jemand Dating-Apps wie Romeo, Her, Grindr oder Tinder installiert hat? Kann das Dating- und Sexleben von allen WM-Besucher*innen dadurch überwacht werden? Wird auf diesem Weg auch auf Chatverläufe wie zum Beispiel WhatsApp und sonstige Fotos zugegriffen, die eine queere Identität beweisen könnten? Was passiert beispielsweise, wenn sich drei schwule Jungs auf eine Cola in einem Hotelzimmer treffen und aufs Bett setzen? Muss man damit rechnen, dass die Scharia-Polizei dann aufgrund der Handydaten das Hotelzimmer stürmt?

Denn eins ist klar: Queeren Menschen in Katar droht derzeit nach der Auslegung der Scharia offiziell die Todesstrafe. Diese Tatsache allerdings verschweigt das Auswärtige Amt. Denn das AA schreibt auf seiner Internetseite zu "Reise- und Sicherheitswarnungen" in Katar Folgendes: "Es sollte Reisenden bewusst sein, dass homosexuelle Handlungen und nichtehelicher Geschlechtsverkehr verboten sind und strafrechtlich geahndet werden."

Das bedeutet, dass nicht nur homosexuelle Handlungen verboten sind, sondern auch unehelicher Sex zwischen Tourist und Touristin, die sich zufällig vor Ort kennenlernen! Diese aktuell verbreitenten Hinweise des AA sind nicht aussagekräftig genug und können damit Reisende unnötig gefährden! Laut queeren Organisationen sind Haftstrafen von bis 10 Jahren für gleichgeschlechtlichen Sex bei Männern möglich. Die Gefahren von einer mehrjährigen Haftstrafe, über Folter und Gewalt bis hin zur Androhung der Todesstrafe muss das AA endlich klar benennen und auch davor warnen! Der LSVD hat kein Verständnis für das AA, weil es unter anderem durch die deutschen Botschaften auf der ganzen Welt diese relevanten Informationen besitzt, diese aber im Fall von Katar verharmlost. Wir gehen davon aus, dass auch die Mitarbeitenden der Bundesregierung und des AA sich ein drittes Mobilgerät anschaffen und zur Einreise nach Katar nutzen sollen, wie von Datenschutzexpert*innen empfohlen wird. Alles andere wäre absolut unverständlich.

Das AA muss auch die Bürger*innen daher besser schützen und auf die Gefahr durch die Apps Etheraz und Hayya jetzt dringend hinweisen! Denn der Anpfiff der Fußballweltmeisterschaft ist bereits am Sonntag. Deshalb fordern wir das Auswärtige Amt noch einmal auf, endlich eine explizite Reisewarnung für Katar auszusprechen und vor der großen Gefahr durch die Tracking-Apps Etheraz und Hayya für alle Menschen und insbesondere für LSBTIQ* zu warnen!

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