Nach der neuen Grundordnung (siehe oben) kommen bei LGBTI* die Eingehung einer Lebenspartnerschaft und "der kirchenrechtlich unzulässigen Abschluss einer Zivilehe", also die Eingehung einer gleichgeschlechtliche Ehe als schwerwiegende Loyalitätsverstöße in Betracht
Vor der Reform der Grundordnung kam es immer wieder vor, dass den Ratsuchenden eine Kündigung angedroht worden war, weil sie sich verpartnert hatten oder dies beabsichtigten. Viele der Ratsuchenden hatten vorher schon längere Zeit zusammengelebt. Das wussten ihre Arbeitgeber, haben es aber nicht beanstandet. Zur Kündigung oder zur Androhung einer Kündigung kam es jeweils erst, als die Beschäftigten eine Lebenspartnerschaft eingingen oder wenn ihre Arbeitgeber erfuhren, dass sie verpartnert waren.
Seit der Reform der Grundordnung im Jahr 2015 sind nach unserer Kenntnis wegen der Eingehung einer Lebenspartnerschaft oder einer gleichgeschlechtlichen Ehe nur noch Beschäftigte gekündigt worden, die pastoral oder katechetisch tätig waren. Bei allen anderen Beschäftigten ist keine Kündigung mehr erfolgt.
Bei den Anfragen, die den LSVD jetzt erreichen, geht es nur noch um die Frage, was man befürchten muss, wenn die Verpartnerung oder die geplante Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe bekannt wird und wie man verhíndern kann, dass der katholische Arbeitgeber von der Verpartnerung oder der Verheiratung erfährt.
5.1. Nicht katholische Beschäftigte
Für die protestantischen, muslimischen oder keiner Konfession angehörenden Beschäftigten gilt die Eingehung einer Lebenspartnerschaft oder einer gleichgeschlechtlichen Ehe nicht mehr als schwerer Loyalitätsverstoß. Diese Beschäftigten brauchen deshalb ihre Lebenspartnerschaft oder ihre gleichgeschlechtliche Ehe nicht mehr zu verheimlichen.
5.2. Katholische Beschäftigte in hervorgehobener Position
Bei den katholischen Beschäftigten gilt die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer Lebenspartnerschaft als schwerwiegender Loyalitätsverstoß, wenn diese Handlung nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen.
Das wird bei pastoral oder katechetisch tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die aufgrund einer Missio canonica oder einer sonstigen schriftlich erteilten bischöflichen Beauftragung beschäftigt werden, unwiderlegbar vermutet (Art. 5 Abs. 2 Nr. 2d i.V.m. Nr. 2c).
Die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft schließt bei diesen Beschäftigten die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung in der Regel aus, es sei denn, dass schwerwiegende Gründe des Einzelfalles diese als unangemessen erscheinen lassen (Art. 5 Abs. 3).
Das ist durch das Urteil des EuGH vom 17.04.2018 in der Rechtssache Vera Egenberger (C-414/16; NJW 2018, 1869) modifiziert worden. Danach muss auch bei den Beschäftigten in hervorgehobener Position geprüft werden, ob ihre Kündigung im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden beruflichen Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung verhältnismäßig ist, siehe im einzelnen unten den Abschnitt 5.4.
In dieser Gruppe sind "die leitend tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" durch die "Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter" ersetzt worden, "die aufgrund einer sonstigen schriftlich erteilten bischöflichen Beauftragung beschäftigt werden". Zu den leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören z.B. die Leiterinnen von Kindergärten oder die Leiter von Schulen. In Zukunft ist nicht mehr die leitende Funktion entscheidend, sondern ob die Bischöfe Beschäftige besonders beauftragt haben.
Wem die Bischöfe diese Beauftragung erteilen, ist ihnen überlassen. Sie können sie, wie bisher, nur den leitenden Beschäftigten erteilen oder ganz davon absehen. Sie können aber auch zusätzlich z.B. allen Kindergärtnerinnen und allen Lehrern eine solche Beauftragung erteilen.
Beim LSVD haben sich bisher noch keine Beschäftigte gemeldet, denen ihr Bischof eine besondere Beauftragung erteilt hat.
Die Ersetzung der "leitenden MitarbeiterInnen" durch die "Mitarbeiterinnen mit besonderer Beauftragung" ist wohl eine Folge der Tatsache, dass sich die Bischofskonferenz über den Umgang mit Lebenspartnern (und wieder verheirateten Geschiedenen) nicht einig war. Sie hat den konservativen Bischöfen die Möglichkeit eingeräumt, Lebenspartner weiter wie bisher zu kündigen. Andererseits haben liberalere Bischöfe nun die Möglichkeit, Lebenspartner nicht mehr in jeden Fall zu kündigen.
Demgemäß wird in Art. 5 Abs. 4 der neuen Grundordnung angeordnet, dass die kirchlichen Arbeitgeber vor einer Kündigung zunächst die Stellungnahme einer „zentralen Stelle“ einholen sollen, die in den Bistümern eingerichtet werden.
5.3. Alle weiteren katholischen Beschäftigten
Bei den übrigen katholischen Beschäftigten stellt die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder einer Lebenspartnerschaft nur dann einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß dar, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Verpartnerung muss nach den konkreten Umständen objektiv geeignet sein, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen
und (nicht: oder!) - sie muss nach den konkreten Umständen objektiv geeignet sein, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen (Art. 5 Abs. 2 Nr. 2 c und d).
Das ergibt sich so auch aus dem Urteil des EuGH vom 17.04.2018 in der Rechtssache Vera Egenberger (C-414/16; NJW 2018, 1869). Danach muss bei allen Beschäftigten geprüft werden, ob ihre Kündigung im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden beruflichen Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung verhältnismäßig ist, siehe im einzelnen unten den Abschnitt 5.4.
Bei dieser Prüfung ist Folgendes zu beachten:
Zu 1: Es genügt nicht, dass einzelne Beschäftigte, die Leiterin oder der Leiter der Einrichtung oder der für die Einrichtung zuständige Pfarrer die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft als schwerwiegende moralische Verfehlung bewerten, sondern entscheidend ist, wie in der betreffenden Einrichtung oder in dem Bereich, in dem die Beschäftigten tätig sind, mit den tragenden Grundsätzen der Glaubens- und Sittenlehre der Katholischen Kirche umgegangen wird.
Wenn in der betreffenden Einrichtung oder in dem Tätigkeitsbereich der Beschäftigten keine Verstöße der Beschäftigten gegen die tragenden Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre der Katholischen Kirche geduldet werden, ist zu erwarten, dass die Leitung und/oder die übrigen Beschäftigten Kolleginnen und Kollegen nachdrücklich ablehnen werden, die mit gleichgeschlechtlichen Partnern verheiratet oder verpartnet sind, und dass deshalb eine gedeihliche Zusammenarbeit der Leitung und/oder der übrigen Beschäftigten mit diesen Kolleginnen und Kollegen nicht mehr möglich sein wird.
Tatsächlich verzichten aber fast alle katholischen Einrichtungen auf ein durchgehend und ausnahmslos der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes Lebenszeugnis ihrer Beschäftigten. Sie dulden es, dass katholische Beschäftigte - wie die Katholische Kirche formuliert - im Konkubinat leben, weil sie nur standesamtlich verheiratet sind. Andere katholische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind überhaupt nicht verheiratet, sondern leben mit ihren Partnern in „wilder Ehe“ zusammen. Es kommt auch immer wieder vor, dass katholische Beschäftigte nach der Scheidung ihrer ersten Ehe noch einmal heiraten, obwohl die Scheidung nach katholischem Verständnis unwirksam ist und ihre erste Ehe somit fortbesteht. Diese Unkorrektheiten sind meist allgemein bekannt und werden von den Leitungen der Einrichtungen hingenommen.
In solchen Fällen ist nicht zu erwarten, dass die Ehe oder Lebenspartnerschaft mit einem gleichgeschlechtlichen Partner ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis erregen wird. Eine Kündigung ist dann nicht möglich.
Zu 2): Aber selbst wenn in der betreffenden Einrichtung keine Verstöße der Beschäftigten gegen die tragenden Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre der Katholischen Kirche geduldet werden, ist eine Kündigung eines katholischen Beschäftigten wegen der Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft nur möglich, wenn die Heirat oder Verpartnerung zusätzlich nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen.
Das wäre dann der Fall, wenn die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft von der Katholischen Kirche bei allen Beschäftigten unterschiedslos als schwere sittliche Verfehlung gewertet würde. Das kam in der alten Grundordnung so zum Ausdruck. Danach galt die Eingehung der Lebenspartnerschaft auch bei solchen Beschäftigten, die nicht in herausragender Position tätig waren, immer als schwerer Loyalitätsverstoß.
An dieser Wertung hat aber die Katholische Kirche in der neuen Grundordnung nicht mehr festgehalten. Nach ihr gilt die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft bei den nicht in hervorragender Position Beschäftigen nicht mehr generell als schwerer Loyalitätsverstoß, sondern nur, wenn die oben angeführten beiden Voraussetzungen erfüllt sind.
Diese Relativierung hat Papst Franziskus durch sein nachsynodales apostolisches Schreiben „Amoris laetitia“ vom 19.03.2016 noch verstärkt. Der Papst hat zwar in diesem Schreiben die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe abgelehnt. Er hat aber den Ortskirchen und den Seelsorgern einen großen Spielraum für den Umgang mit "irregulären Situationen" eingeräumt. Es gelte vor allem, zwischen einer Situation, die objektiv nicht den Anforderungen des Evangeliums entspricht, und der Schuldhaftigkeit der betreffenden Person genau zu unterscheiden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben:
"Daher ist es nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten 'irregulären' Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben. (…) Ein Mensch kann, obwohl er die Norm genau kennt, große Schwierigkeiten haben im Verstehen der Werte, um die es in der sittlichen Norm geht oder er kann sich in einer konkreten Lage befinden, die ihm nicht erlaubt, anders zu handeln und andere Entscheidungen zu treffen, ohne eine neue Schuld auf sich zu laden." (Nr. 301)
Demgemäß hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, in einem Gastbeitrag im L’Osservatore Romano vom 27. April 2016 ausgeführt:
„Vor diesem Hintergrund wird auch nachvollziehbar, weshalb Amoris laetitia auf einige Aspekte besonderen Wert legt. Neben der Sorgfalt der Seelsorger sind dies auch der Respekt vor dem individuellen Gewissen, das es zu bilden, aber nicht zu ersetzen gilt (vgl. AL Nr. 37) und die Notwendigkeit, in den Teilkirchen besser inkulturierte Lösungen zu suchen, 'welche die örtlichen Traditionen und Herausforderungen berücksichtigen'. (AL Nr. 3) Die sich daraus ergebende Aufgabenstellung für die Pastoral ist es, im Licht der Barmherzigkeit und der Liebe Gottes auf die Menschen individuell zuzugehen und ihnen Begleitung und Gemeinschaft anzubieten, ganz gleich, in welcher Lebenssituation sie sich befinden und ob diese der Lehre der Kirche in allen Aspekten entspricht. Diese Aufgabe ist ebenso unabdingbar, wie sie urkatholisch und anspruchsvoll ist. Und sie betrifft nicht nur Ehe und Familie, sondern alle Situationen des Lebens.“
Dementsprechend hat die Synode des Bistums Trier in ihrem vom Trier Bischof Stephan Ackermann gebilligten Schlussdokument vom 30.04.2016 festgestellt (S. 20/21):
„Als Zeichen von Gottes Liebe zu den Menschen gilt die sakramentale Ehe. Deshalb ermutigt die Kirche zur christlichen Ehe und hilft Paaren, diese Lebensform zu verwirklichen. Die Liebe Gottes wird auch in anderen Formen des menschlichen Zusammenlebens sichtbar. In ihnen werden die Werte Liebe, Treue, Würde, Verlässlichkeit, Verantwortungsbereitschaft, Vergebung und Versöhnung ebenfalls realisiert. Der Familienbegriff hat sich in unserer Zeit erweitert. Familie wird nicht nur dort gelebt, wo Ehepaare Kinder haben, sondern auch dort, wo Frauen und Männer etwa in PatchworkFamilien Verantwortung für die Kinder der Partner übernehmen, wo Alleinerziehende oder Nicht-Verheiratete mit ihren Kindern zusammenleben, wo mehrere Generationen unter einem Dach wohnen oder wo gleichgeschlechtliche Partnerinnen und Partner elterliche Verantwortung für Kinder übernehmen. (…) Die Kirche von Trier geht respektvoll und wertschätzend mit Menschen in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften um. Ein kontinuierlicher Dialog auf allen Ebenen und die Zusammenarbeit mit gleichgeschlechtlich orientierten Menschen und ihren Verbänden sind selbstverständlich zu pflegen. Ein pastorales und liturgisches Angebot für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ist im Dialog mit gleichgeschlechtlich orientierten Menschen zu entwickeln; dieses Angebot richtet sich auch an deren Kinder und das gesamte familiäre Umfeld.“
Die katholische Kirche soll also Menschen nicht mehr pauschal verurteilen, sondern auf die konkreten Umstände der einzelnen Fälle abstellen. Das gilt nach der Grundordnung auch für die Prüfung der Frage, ob die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebensparternschaft objektiv geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche zu beeinträchtigen.
Insoweit können die Lebenspartner geltend machen (zwecks Weiterverwendung in Ich-Form formuliert):
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Ich stehe nach wie vor zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre und habe diese auch in meiner Arbeit immer vertreten. Aber da Gott mich # … als lesbische Frau …# … als schwulen Mann …# erschaffen hat, kam für mich eine Ehe mit # … einem Mann … # … einer Frau … # nicht in Betracht. Es war mir aber auch nicht möglich, lebenslang auf eine Partnerschaft zu verzichten und zölibatär zu leben, wie das der Katholische Katechismus fordert. Ich bin an diesen Anforderungen nicht gescheitert, weil ich die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre ablehne, sondern weil ich auf Dauer zu schwach war, dem Wunsch nach Intimität und Partnerschaft mit # … einer Frau … # … einem Mann … # zu widerstehen. Ich bewerte unsere Partnerschaft inzwischen nicht mehr als Sünde, sondern bin im Gegenteil Gott für das Geschenk dieser Partnerschaft sehr dankbar.
Da wir lebenslang zusammen bleiben und für unser Alter vorsorgen wollen, # ... mussten wir eine - Ehe - Lebenspartnerschaft - eingehen ... # ... planen wir zu heiraten. Dadurch wollen wir das Vermögen, das wir gemeinsam erwirtschaften werden, so sichern, dass es im Alter auch dem Überlebenden zugutekommt. Das ist nur durch Eingehung einer - Ehe - Lebenspartnerschaft möglich, weil hinterbliebene - gleichgeschlechtliche Ehegatten - Lebenspartner - dieselbe Hinterbliebenenrente und -pension erhalten wie hinterbliebene verschiedengeschlechtliche Ehegatten. Außerdem brauchen sie für das sonstige Vermögen in der Regel keine Erbschaftssteuer zu zahlen und werden bei der Einkommensteuer gegenüber Ledigen begünstigt. Unverbindlich zusammenlebende Ledige erhalten dagegen keine Hinterbliebenenversorgung, wenn die Partnerin oder der Partner stirbt, und müssen für das, was sie von ihren Partnern erben, eine so hohe Erbschaftssteuer zahlen, das sie sehr oft sogar die Familienwohnung nicht mehr halten können.
# … Hinzu kommt, dass ich ein Kind # … erwarte … # … geboren habe … # und unbedingt möchte, dass meine Frau nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als zweiter Elternteil anerkannt wird, damit mein Kind nicht elternlos zurückbleibt, wenn mir etwas zustoßen sollte. … #
# … Hinzu kommt, dass meine Frau ein Kind # … erwartet … # …geboren hat … # und unbedingt möchte, dass ich nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als zweiter Elternteil anerkannt werde, damit ihr Kind nicht elternlos zurückbleibt, wenn ihr etwas zustoßen sollte. … #
Das ist nur im Wege der sogenannten Stiefkindadoption möglich. Sie setzt voraus, dass die beiden Mütter verheiratet oder verpartnert sind.
Da sich unsere rechtliche Absicherung # … und die Stiefkindadoption unseres Kindes … # auf anderem Weg nicht erreichen lässt, erscheint die - Heirat - Eingehung der Lebenspartnerschaft - nicht mehr als vorsätzlicher Verstoß gegen die Moralvorschriften der Katholischen Kirche, sondern als ein vom bürgerlichen Recht erzwungener Schritt, der nach dem Urteil aller billig und gerecht denkender Menschen unvermeidbar und deshalb nicht geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen, wenn sie ein solche gegenseitige Fürsorge duldet.
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Diese Überlegungen zeigen, dass es den katholischen Einrichtungenn nicht mehr möglich sein wird, Beschäftigte, die nicht in hervorgehobener Position tätig sind, zu kündigen, weil nach den konkreten Umständen die Verpartnerung objektiv weder geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen noch die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen.
Trotzdem raten wir allen Betroffenen, weiterhin vorsichtig zu sein und möglichst niemand zu erzählen, dass sie heiraten wollen bzw. verheiratet oder verpartnert sind.
5.4. Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg
Die neue Grundordnung der katholischen Kirche hat durch die beiden Urteile der EuGH vom 17.04.2018 in der Rechtssache Vera Egenberger (C-414/16; NJW 2018, 1869) und vom 11.09.2018 in der Rechtssache IR (C-68/17) eine Modifizierung erfahren (siehe dazu auch den Abschnitt "Die EU-Richtline 2000/78/EG und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz").
Das Bundesverfassungsgericht hatte aus dem im Grundgesetz garantierten Selbstbestimmungsrecht der Kirchen abgeleitet, dass nicht die staatlichen Gerichte, sondern allein die Kirchen darüber zu entscheiden haben, welches die tragenden Grundsätze ihrer Glaubens- und Sittenlehre sind, welche davon arbeitsvertraglich auch im außerdienstlichen Bereich eingehalten werden müssen und was als schwerer Verstoß gegen diese Grundsätze anzusehen ist. An diese Bewertung seien die Arbeitsgerichte gebunden.
Dem hat der EuGH widersprochen und festgestellt, dass es Sache der Gerichte sei, ein entsprechendes Vorbringen der Kirchen zu überprüfen. Die Kirchen dürften ihren Beschäftigten nur kündigen oder Bewerbungen ablehnen, wenn das objektiv geboten sei, um ihre Glaubwürdigkeit zu wahren. Die Kündigung oder Ablehnung müssten im Hinblick auf die Art der in Rede stehenden beruflichen Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung verhältnismäßig sein. Die nationalen Gerichte seien verpflichtet, erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift (hier: die abweichenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts) unangewendet zu lassen, wenn es ihnen sonst nicht möglich sei, das Recht entsprechend auszulegen.
Danach müssen in allen Fällen unterschiedslos (also auch in den Fällen des Abschnitts 5.2) nicht nur die Behauptungen der Katholischen Kirche über einen schwerwiegenden Verstoß des betroffenen Beschäftigten gegen tragende Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre überprüft werden, sondern auch,
- ob die betreffende Einrichtung auf ein durchgehend und ausnahmslos der katholischen Glaubens- und Sittenlehre verpflichtetes Lebenszeugnis ihrer Beschäftigten verzichtet (z.B. Duldung der Wiederverheiratung von Geschiedenen) und ob deshalb ihre Glaubwürdigkeit nicht berührt wird, wenn sie den betroffenen Beschäftigten trotz Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft weiter beschäftigt.
- Dazu hat der EuGH in der zweiten Sache ausdrücklich darauf hingewiesen (Rn. 55), dass die Katholische Kirche "ihre Beschäftigten (...) nur dann je nach deren Zugehörigkeit zur Religion (...) dieser Kirche (...) unterschiedlich behandeln darf, wenn die Religion oder die Weltanschauung im Hinblick auf die Art der betreffenden beruflichen Tätigkeiten oder die Umstände ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts dieses Ethos ist".
Das heißt: Wenn man nachweisen kann, dass die katholische Einrichtung bei einem nichtkatholischen Beschäftigten in vergleichbarer Position entsprechend der neuen Grundordnung (siehe oben) die Eingehung einer Lebenspartnerschaft oder einer gleichgeschlechtlichen Ehe nicht beanstandet, darf sie das auch bei ihren katholischen Beschäftigten nicht beanstanden.
Von wesentlicher Bedeutung ist auch, - ob der betroffene Beschäftigte die Lebenspartnerschaft oder gleichgeschlechtliche Ehe nur eingegangen ist, um sich und seine Partnerin abzusichern – und ein Stiefkindadoption zu ermöglichen -, so dass die Verpartnerung oder Heirat nur ein vom bürgerlichen Recht erzwungener Schritt ist, der nach dem Urteil aller billig und gerecht denkender Menschen unvermeidbar und deshalb nicht geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen, wenn sie ein solche gegenseitige Fürsorge duldet.