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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Born with Pride

In Kathmandu trifft sich die queere Community Südasiens

Reisebericht von der Konferenz "Born with Pride" in Kathmandu, Nepal, von Bundesvorstand Andre Lehmann 

Ein Montagmorgen Ende September, 29 Grad, gerade bin ich nach knapp zwanzig Stunden Flug und Transfer in Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, gelandet. Keine zwei Wochen zuvor habe ich erfahren, dass hier eine Konferenz mit queeren Aktivist*innen aus ganz Südasien stattfindet; veranstaltet von der Friedrich-Naumann-Stiftung unter der Überschrift „Born with Pride“. Kurzfristig wurde ich von der Stiftung für ein Panel angefragt und eingeladen – auf Vorschlag der Jungen Liberalen in Deutschland.

Kathmandu: Das sind circa eine Millionen Menschen in einem breiten Tal auf über 1.300 Metern mitten im Himalaya-Gebirge; eine weltoffene und lebendige Stadt. Dennoch wäre ich rein privat vermutlich nie auf die Idee gekommen, dorthin zu reisen. Nepal ist vordergründig ein Ziel des Wandertourismus. Ich – der nahe der Alpen aufgewachsen ist – hatte nicht vor, im Himalaya auf einem Achttausender mit diesem Hobby anzufangen.

Queere Rechte sind in Nepal – anders als in anderen Ländern Südasiens – seit dem Sturz der Monarchie durch die Verfassung geschützt. Deshalb konnte die Konferenz hier ohne Probleme stattfinden. Zu Südasien gehören neben Nepal auch Indien, Sri Lanka, Pakistan, Bangladesch, Bhutan, die Malediven und je nach Definition auch Afghanistan. Bis auf die Malediven waren bei der Konferenz alle diese Länder vertreten. Leider wird die Region abseits konkreter Ereignisse durch Europa zu wenig beachtet. Und – so ehrlich muss ich sein – das galt zum Teil auch für mich persönlich. Umso mehr hat mich die Chance gereizt, dorthin zu reisen.

Drei Tage lang fanden Paneldiskussionen, Vorträge und eine Kunstpreisverleihung statt. Ich selbst durfte mit Aktivist*innen darüber diskutieren, wie queere Rechte weltweit miteinander zusammenhängen und wie die queere Sichtbarkeit in der Politik verbessert werden kann. Europa gilt in Südasien bei dieser Frage als leuchtender Stern. Ich wollte nicht nach Kathmandu kommen und der Europäer sein, der „jetzt mal erklärt, wie es besser läuft“. Ich wollte zuhören, verstehen, und veranschaulichen, dass wir nie aufhören dürfen, für queere Rechte zu kämpfen. Das ist für mich die eindrücklichste Lehre europäischer Queerpolitik der vergangenen Jahre.

Darüber hinaus wollte ich die Aktivist*innen ermutigen, sich auch nach dieser Konferenz weiter zu vernetzen. Der Einsatz für queere Freiheiten kann und darf nie an der eigenen Landesgrenze aufhören. Denn was uns stark macht ist die weltweite Solidarität miteinander. Gerade in einer Weltregion wie Südasien ist das wichtig, die sich bei den Rechten der LSBTIQ*-Community so diametral von unserer unterscheidet. So war es für mich auch ein besonderer Moment, als eine indische trans* Frau eine pakistanische trans* Frau weinend in den Arm nahm und laut sagte: „I’m with you.“ Kurz zuvor war die derzeit laufende AntiTrans*-Kampagne in Pakistan Thema der Konferenz. Gerade vor dem Hintergrund der indisch-pakistanischen Geschichte war das ein Gänsehautmoment, den ich nicht mehr vergessen werde.

Abseits des offiziellen Programms hatten wir auch Zeit, gemeinsam die Stadt zu erkunden. Wer jemals nach Kathmandu kommt: Das „Pink Tiffany’s“, die einzig queere Bar Nepals, ist definitiv einen Besuch wert. Gerade diese gemeinsame Zeit eröffnete uns die Möglichkeit, uns noch besser kennenzulernen. Auch heute noch tausche ich mich mit vielen Teilnehmenden regelmäßig aus, und so hat diese Reise auch meinen Blick auf mein eigenes Engagement verändert. Diese Kontakte, Freundschaften und Einblicke sind für mich der große Gewinn dieser Reise gewesen.


Andre Lehmann,
LSVD-Bundesvorstand

Dieser Artikel ist im Juli 2023 in der 29. Ausgabe der Verbandszeitschrift "Respekt" erschienen. Mehr über die akutelle Arbeit des LSVD für Menschenrechte, Vielfalt und Respekt? Respekt als PDF.