Regenbogenfamilien gleichstellen!
LSVD fordert ein gerechtes Abstammungsrecht für alle Familien
Berlin, 06.05.2024. Anlässlich des gestrigen Internationalen Regenbogenfamilientags fordert der LSVD, die im Koalitionsvertrag angekündigten familienpolitischen Reformen umgehend umzusetzen. Seit 2012 weist der Aktionstag auf die Vielfalt von Familien hin und macht auf bestehende Diskriminierungen von Regenbogenfamilien aufmerksam. Zu diesem Anlass erklärt Patrick Dörr aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD):
Kinder wachsen seit vielen Jahren in verschiedensten Familienkonstellationen auf. Entsprechen diese jedoch nicht der Normvorstellung einer Frau-Mann-Familie, sind die Kinder rechtlich schlechter gestellt. Obwohl die Ehe bereits vor sieben Jahren geöffnet wurde, klafft eine Lücke bei der Anerkennung von Regenbogenfamilien, die vor allem Kinder benachteiligt. Das Recht an die gelebte Familienvielfalt unter anderem durch eine Reform des Abstammungsrechts anzupassen, ist lange überfällig.
Nach wie vor besteht die gravierende Diskriminierung queerer Familien im Abstammungsrecht fort. Ein Kind, das in die Ehe von einer Frau und einem Mann hineingeboren wird, hat automatisch und unabhängig von der genetischen Verwandtschaft zum rechtlichen Vater zwei rechtliche Elternteile. Dies gilt nicht für Kinder queerer Eltern. Immer noch hat ein Kind, das in die Ehe von zwei Frauen hineingeboren wird, weiterhin nur einen rechtlichen Elternteil. Die erforderliche Stiefkindadoption diskriminiert queere Elternkonstellationen und die Kinder, die in ihnen aufwachsen. Trans*, nicht-binäre und intergeschlechtliche Eltern werden nicht oder nur unter Verletzung ihrer geschlechtlichen Identität als rechtliche Eltern anerkannt. Über den Reformbedarf dieser Rechtslage herrscht seit Jahren Einigkeit. Im Januar wurden Eckpunkte für die Reform des Abstammungsrechts vorgelegt. Wir fordern, dass die Kritik an den Eckpunkten einbezogen und nun zügig ein Gesetzesentwurf vorgelegt wird! Dabei muss sowohl eine hinreichende Rückwirkung als auch eine kohärente Regelung für trans- und nicht-binäre Eltern beachtet werden.
Der gelebten Familienrealität entspricht es auch, dass viele Kinder mit mehreren Eltern aufwachsen. Nun hat auch das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 06.04.2024 aufgezeigt, dass es rechtlich mehr als zwei Elternpositionen geben kann. Der LSVD hat am 11.04.2024 einen Fachtag zum Thema mit Expert*innen aus den Rechtswissenschaften, der Beratung, Politik, von den Wohlfahrtsverbänden, Stiftungen sowie Aktivist*innen und Mehrelternfamilienteilen ausgerichtet (ein Veranstaltungsbericht findet sich hier: https://www.lsvd.de/de/ct/11632-Veranstaltungsbericht-Fachtag-Mehrelternschaft). Mehreltern setzen sich sehr bewusst mit ihrer Familiengründung und den daraus folgenden Rechten und Pflichten auseinander. Das Argument, dass mehr Eltern zu mehr Konflikten führen, widerspricht den Erfahrungen aus der Praxis ohnehin bereits gelebter einvernehmlicher Mehrelternschaften. Allerdings verringert die fehlende rechtliche Regelung Konflikte nicht. Der LSVD spricht sich daher für die rechtliche Regelung einvernehmlich gewollter Mehrelternschaften aus.
Zur rechtlichen Gleichstellung von Regenbogenfamilien gibt es noch viel zu tun, wie den diskriminierungsfreien Zugang zu reproduktionsmedizinischen Leistungen und die Kostenübernahme von Kinderwunschbehandlungen sicherzustellen. Das Versprechen des queerpolitischen Aufbruchs muss die Regierung nun gegenüber queeren Familien und vor allem ihren Kindern einlösen, denn: Jedes Kind sollte unabhängig von der geschlechtlichen oder sexuellen Identität seiner Eltern von Geburt an rechtlich abgesichert sein.
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