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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Vorbilder, Netzwerke, Alltag: Coming-out im Fussball und am Arbeitsplatz

Talk mit u.a. Alexandra Popp, Kapitänin der Fußballnationalmannschaft

WeDriveProud-Talk über Coming-out und Vorbilder im Frauen- und im Männerfußball, die 11 Freunde Kampagne #IhrKönntaufUnsZählen und das Engagement gegen Diskriminierung.

Veranstaltungsfoto mit den Gästen des Talks

"Was haben queeres Leben im Fußball und am Arbeitsplatz gemeinsam?“ unter diesem Titel stand der WeDriveProud-Talk von Volkswagen, DFB und LSVD am 11.11.2021. Über Coming-outs und Vorbilder im Frauen- und im Männerfußball, die 11 Freunde Kampagne #IhrKönntaufUnsZählen und das Engagement gegen Diskriminierung diskutierten:

  • Alexandra Popp (Kapitänin der Deutschen Fußballnationalmannschaft und Vielfaltsbotschafterin des VfL Wolfsburg)
  • Claudia Krobitzsch (Diversity Managerin beim Deutschen Fußball Bund)
  • Christian Rudolph (LSVD-Bundesvorstand und Leiter der Anlaufstelle für geschlechtliche & sexuelle Vielfalt vom DFB)
  • Corinna Griese (Vorstandvorsitzende der Fußballabteilung Eintracht Braunschweig, aktive Fußballerin, Trainerin)
  • Rafael Nasemann (Netzwerksprecher LGBTIQ* & friends Netzwerk „We Drive Proud“, Volkswagen AG).

Videomitschnitt des Talks über Coming-out und Vorbilder im Frauen- und im Männerfußball

Umgang mit Homosexualität im Fußball

Porträt von Christian Rudolph"Das Thema wird sehr stark sexualisiert. Wir sprechen immer über Sexualität und dabei geht es da wirklich um ganz banale Dinge wie, dass ich ein Foto von meinem Partner im Portemonnaie habe oder ganz normal von meinem Wochenende erzählen kann. Das sind diese ganz banalen Sachen, wie Händchenhalten oder Küssen, ohne dass man dafür irgendwie diskriminiert wird oder Angst haben muss, dass man einen blöden Spruch bekommt, einen blöden Blick oder noch schlimmer Gewalt erfährt."

 

Christian Rudolph (LSVD-Bundesvorstand und Leiter der Anlaufstelle für geschlechtliche & sexuelle Vielfalt vom DFB)

„Ich rede jetzt gar nicht von den Leuten, die trans- oder homofeindlich eingestellt sind. Da gibt es viele, die kann man jetzt auch nicht umstimmen. Darauf sollte man auch nicht den Fokus legen. Wir müssen aber sicherstellen, dass es keine Diskriminierung gibt und dass sie geahndet wird. Und die Leute, die unsicher sind und nicht wissen, wie sie mit dem Thema umgehen sollen, die müssen wir abholen. Auch ein bisschen an die Hand nehmen und sagen "Alles halb so wild, wir brauchen alle!". Ob jetzt im Fußball ist, hier im VW-Werk oder wo auch immer. Ich glaube, das muss die Message sein.“

Claudia Krobitzsch (Diversity Managerin beim Deutschen Fußball Bund)

Homosexualität und Coming-outs im Frauenfußball und im Männerfußball

Porträt von Corinna Griese„Schwulen Männern wird im Arbeitsleben wie im Fußball immer ein bisschen die Männlichkeit abgesprochen, wenn sie sich denn outen würden. Und es ist auch noch immer der blöde Spruch „Ja, wenn der sich outet, dann will ich nicht mehr mit dem duschen“. Schwulsein ist immer noch negativ behaftet, auch in der Öffentlichkeit. Ich glaube, es war Philipp Lahm, der dieses oder letztes Jahr gesagt hat, dass er auch heutzutage keinen aktiven Fußballer dazu raten würde, sich zu outen. Das ist jetzt nicht förderlich dafür, dass sich schwule Männer outen.

Und das ist im Frauenfußball nicht so. Wir haben diese negative Presse nicht, wir haben unfassbar viele role models. Sei es beim VfL Wolfsburg, wo Anna Blässe und Lara Diekmann sogar geheiratet haben. Oder Nadine Angerer und ihre Frauen gehen auch offen damit um. Da ist der Frauenfußball deutlich weiter. Ich bin seit 10 Jahren geoutet. Als ich mich geoutet habe, da war das noch nicht so. Ich war bei mir in der Mannschaft die erste. Ich war mit jemanden aus meiner Mannschaft zusammen. Als wir uns geoutet haben, haben sich dann über die Monate immer mehr Spielerinnen geoutet. Auch im Frauenfußball war es mal ein Tabuthema, aber wir sind in der Entwicklung weiter als die Männer."

Corinna Griese (Vorstandvorsitzende der Fußballabteilung Eintracht Braunschweig, aktive Fußballerin, Trainerin)

"Wir sprechen heute so, dass Homosexualität so selbstverständlich im Frauenfußball ist. Aber ich kenne Beispiele aus der Schweiz und aus Deutschland, wo Teams noch abgemeldet worden sind, mit der Begründung lesbisch sein. Will sagen, dass die Frauen diesen Weg gegangen sind und dass das ein harter Weg war. Die Frauen haben sich diese Position selbst erkämpft und das vielleicht nicht unter dieser starken Öffentlichkeit wie es bei den Männern ist. Aber die Vorurteile bestehen auch heute noch. Etwa im ländlichen Raum treffe ich immer noch auf Teams, wo den Mädchen erstmal generell das Fußballspielen untersagt wird, aus eben diesen Gründen. Ich kenne Diskussionen mit Eltern, die ihre Mädchen wieder abmelden, weil die Trainerin lesbisch ist und die Angst besteht, dass die Mädchen dann lesbisch werden. Die Diskussionen haben wir schon noch. Wir haben aber zum Glück andere Vorbilder in der Bundesliga."

Christian Rudolph (LSVD-Bundesvorstand und Leiter der Anlaufstelle für geschlechtliche & sexuelle Vielfalt vom DFB)

„Es ist schon so, dass wir manchmal eine neue Spielerin fragen, um zu wissen, wo geht es hin. Aber es wird nicht sofort ein Thema daraus gemacht. Sondern eher so: Okay, ich weiß Bescheid, cool. Bring doch Deine Frau das nächste Mal mit und fertig aus.“ Dann passiert das auch und wir haben coole Abende, coole Partys und so soll es dann auch aussehen.“

Alexandra Popp (Kapitänin der deutschen Fußballnationalmannschaft und Vielfaltsbotschafterin des VfL Wolfsburg)

11 Freunde Kampagne #IhrKönntaufUnsZählen

Porträt von Alexandra Popp"Die Kampagne wurde ja auch so ein bisschen über uns abgewickelt. Mit Almuth Schult, die auch Vielfaltsbotschafterin bei uns ist. Klar kam es bei den Männern dann an. Weil wir als Verein auch für Vielfalt stehen.

Ich weiß aber auch von anderen Vereinen, dass dort die Presseabteilung die Anfrage unter den Teppich gekehrt hat und dann kam das bei den Spielern gar nicht an. Da musste man denen eher privat schreiben und fragen, ob sie das mitbekommen haben. Erst so ist das in manchen Männervereinen ins Rollen gekommen. Und dann haben ja auch einige männliche Profifußballer unterzeichnet.

Aber das zeigt wieder den Punkt mit den Geschäftsstellen. Es muss einfach offen gelebt werden. Da kann es nicht sein, dass eine so wichtige Thematik erstmal unter den Teppich gekehrt wird und nicht zur Mannschaft weitergegeben wird. Das verstehe ich bis heute nicht, dass so was passiert. Weil jeder, also auch wir als Mannschaft und jeder einzelne Spieler / Spielerin selbst entscheiden sollte, ob sie da jetzt unterschreiben. Ich glaube, wir hätten da noch viele, viele mehr drunter bekommen, wenn die Anfrage auch bei allen angekommen wäre."

Alexandra Popp (Kapitänin der deutschen Fußballnationalmannschaft und Vielfaltsbotschafterin des VfL Wolfsburg)

„Die Kampagne #IhrKönntAufUnsZählen wurde positiv bei uns aufgenommen. Wir haben ja bei uns drei Frauenmannschaften und wir sind relativ gut vernetzt miteinander. Das wurde positiv wahrgenommen und drüber gesprochen, auf jeden Fall. Aber wie gesagt, für uns Frauen ist das auch kein großes Thema.“

Corinna Griese (Vorstandvorsitzende der Fußballabteilung Eintracht Braunschweig, aktive Fußballerin, Trainerin)

Fußball braucht alle

Porträt von Rafael Nasemann„Aber wir verlieren ja auch Menschen, die sonst Spaß hätten am Fußball und vielleicht bis in ihre 40er, 50er spielen würden. Die verlieren wir aus einer Mannschaftssportart, weil die ausstrahlt, dort nicht willkommen zu sein. Wir verlieren dann diesen Menschen. Die suchen sich dann einen neuen Sport. Schade! Die hätten dort eigentlich Spaß am Fußball gehabt.“

Rafael Nasemann (Netzwerksprecher LGBTIQ* & friends Netzwerk „We Drive Proud“, Volkswagen AG).

 

"Es gibt viele Vereine, die wirklich händeringend Nachwuchs suchen. Die können ihre Posten nicht besetzen, sei es Schatzmeister*innen oder Jugendwärter*innen. Genau deswegen müssen wir versuchen, den Fußball so zu gestalten, dass er für alle attraktiv ist. Dass er für alle Menschen die Möglichkeit bietet, teilzuhaben. Unsere Aufgabe ist es, die Strukturen dementsprechend anzupassen. Das versuchen wir etwa mit Christian Rudolph zu machen, hauptsächlich im Amateurfußball. Aber auch generell versuchen wir mit den Landesverbänden in Kontakt zu treten, um da Sensibilisierungsarbeit zu leisten."

Claudia Krobitzsch (Diversity Managerin beim Deutschen Fußball Bund)

Unterstützung durch den DFB

Porträt von Claudia Krobitzsch„Es gibt auch in allen Landesverbänden Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle. Wir qualifizieren die auch. Es gibt eine fortlaufende Reihe, wo wir zu allen Diskriminierungsformen und Vielfaltsdimensionen Veranstaltungen machen. Die Aufgabe der Landesverbände ist es dann natürlich auch, das weiterzugeben. (…) Zuständig sind erstmal die Landesverbände, aber wir haben auch noch Christian hier und er hat auch die Kontakte. Es ist die Idee, dass man da mehrgleisig fahren kann. Der DFB ist der größte Sportfachverband der Welt und es sind sehr viele Personen. Da ist es auch schwierig, alle gleichzeitig mitzunehmen.“

Claudia Krobitzsch (Diversity Managerin beim Deutschen Fußball Bund)

"Die Unterstützung der Vorstände und Präsidien ist ganz immens wichtig. In Berlin etwa hat das Präsidium den Antrag zum Spielrecht von trans* und inter* Personen eingebracht. Zu unserem Erstaunen haben die Mitglieder dann bei der Versammlung in einer überwiegenden Mehrheit positiv dafür gestimmt. Das Präsidium hätte da selbst gar nicht damit gerechnet."

Christian Rudolph (LSVD-Bundesvorstand und Leiter der Anlaufstelle für geschlechtliche & sexuelle Vielfalt vom DFB)

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