Menu
Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Mit mehr Diversität in die Zukunft: Ergebnisse und Beschlüsse des 35. LSVD-Verbandstags

Unter dem Motto „Mit mehr Diversität in die Zukunft“ diskutierte der LSVD auf seinem 35. LSVD-Verbandstag Wünsche für den LSVD selbst und Forderungen an die Politik.

Nach zwei digitalen Verbandstagen konnte der LSVD die Mitglieder wieder in Köln vor Ort begrüßen, nachdem der letzte Verbandstag in Präsenz 2019 in Berlin stattfand. Alle freuten sich über ein Wiedersehen und inhaltliche, sowie Diskussionen zum Thema Diversität des LSVD. Das Schwerpunktthema dreht sich in diesem Jahr um die Vielfalt im Verband. Zudem fragten wir nach dem Stand der Dinge bei den versprochenen queerpolitischen Vorhaben der Bundesregierung.

Zu Beginn wurde ein Grußwort von Henriette Reker, der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, gesprochen.

Die Zukunft des LSVD: Diversität, Repräsentation, Communitystrukturen

Anschließend führte Gabriela Lünsmann vom Bundesvorstand in das Schwerpunktthema "Mit mehr Diversität in die Zukunft" ein. Damit wird der Prozess weiter geführt und vertieft, der unter anderem durch die Änderung des SVD in den LSVD im Jahr 1999 angestoßen werden. Wir wollen diverser werden, wir wollen uns für die Zukunft breiter aufstellen und der LSVD soll sich öffnen für neue Mitglieder aus der Community, welche bis jetzt in der Verbandsarbeit noch kaum oder wenig sichtbar repräsentiert sind.

Daran anknüpfend stellte Sanja Bökle vom Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften Göttingen zentrale Ergebnisse ihrer Forschung zum Engagement von Migrant*innen und Geflüchteten im LSVD vor.

Anschließend kam ein Panel zum Thema Diversifizierungsprozesse in Organisationsstrukturen zusammen, das von LSVD-Pressesprecher*in Kerstin Thost moderiert wurde. Darin tauschten sich folgende Panelist*innen zu ihren praktischen sowie theoretischen Erfahrungswerten und Empfehlungen über Diversität und Diversifizierung aus:

  • Sheila Mysorekar, DIVERSITY KARTELL
  • Dr. Stefan Sandbrink, ASB NRW
  • Inka Lohmeier, JRK Niedersachsen
  • Ina Neumann, KjG Köln
  • Sanja Bökle, Soziologin vom Max-Planck-Institut

Das Panel bot vielseitige Inspiration, wie der LSVD den bereits etablierten Prozess vertiefen und praktisch angehen kann. Ein erster Schritt war dafür der bereichernde Dialog mit den anwesenden Mitgliedern am Samstagnachmittag. Dort tauschten sich die Anwesenden im World-Café-Format an vier Tischen zu den Schwerpunkten "interne Prozesse, Öffentlichkeitsarbeit, Mitgliederwerbung und Öffnung für neue Themen" aus. Die Erkenntnisse und Handlungswünsche wurden anschließend im Plenum vorgestellt; per Beschluss erhielt der Bundesvorstand die Aufgabe, bis zum nächsten Verbandstag unter Einbeziehung der Landesverbände einen Fahrplan zur schrittweisen Umsetzung vorzulegen. Denn, wie Panelistin Sheila Mysorekar auf dem Podium deutlich machte: Es handelt sich bei einem Diversifizierungsprozess nicht um eine einmalige Entscheidung, sondern um einen jahrelang andauernden Prozess. Nur so kann inhaltliche Tiefe und Nachhaltigkeit gewährleistet werden.

Queerpolitischer Status quo, Themenschwerpunkte des LSVD-Bundesverbands und beschlossene Anträge

Der zweite Tag begann zunächst mit der Diskussion und Beschlussfassung über die vorgelegten Anträge "Sexarbeit: Selbstbestimmung statt Stigma", „ERC voranbringen“ und "Selbstbestimmungsgesetz jetzt!". Zudem wurde der "Antrag des Bundesvorstandes zu Revision und Modernisierung des Verteilsystems von Geld-, Sach- und Strukturleistungen an Landesverbände" beschlossen.

Anschließend wurden im Rahmen der Vorstellung des Tätigkeits- und Finanzberichts Schlaglichter auf die queerpolitischen Highlights und die Aktivitäten des Bundesvorstands im letzten Jahr geworfen: Der LSVD hat an der Debatte um eine umfassende Reform im Abstammungsrecht partizipiert, welche sowohl im Koalitionsvertrag als auch im Aktionsplan "Queer leben" der Bundesregierung als Vorhaben der Ampelregierung formuliert wurde. Allerdings liegt noch kein Gesetzesentwurf vor, und eine Änderung der diskriminierenden Regelung für Elternteile in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder mit trans* Identität steht aus. Als Diversitätsverband, der die komplette LSBTIQ*-Community im Blick hat, haben wir im letzten Jahr auch die Diskussion und den Prozess zum Selbstbestimmungsprozess begleitet. Leider liegt nach dem Eckpunktepapier aus dem Sommer 2022 noch kein Gesetzentwurf vor. Auf dem Feld der Migrationspolitik sind insbesondere die Abschaffung des "Diskretionsgebotes" und die Einrichtung einer Koordinierungsstelle zu nennen. Zudem hat der LSVD die Veränderung des Spielrechts im Fußball für trans*, inter* und nichtbinäre Personen und die Berichterstattung zur Menschenrechtslage in Katar mit begleitet. Außerdem ist der LSVD im Bereich der steigenden Zahlen von Hasskriminalität gegen LSBTIQ* in einen Arbeitskreis gegen Queerfeindlichkeit im BMI eingebunden.

Wahlen zum Bundesvorstand und Verabschiedung von Gabriela Lünsmann und Alfonso Pantisano

Danach standen die Wahlen zum Bundesvorstand auf der Tagesordnung. Nach acht erfolgreichen Jahren schied Gabriela Lünsmann aus dem Vorstand aus. Mit ihrem vielseitigen Engagement für Gesetzesänderungen, vor allem aber ihrer Expertise zum Thema Abstammungsrecht prägte sie nicht nur unseren Verband, sondern war auch maßgeblich an den großen Erfolgen der rechtlichen Gleichstellung und gesellschaftlichen Emanzipation von LSBTIQ* beteiligt. Ebenfalls verabschiedete sich Alfonso Pantisano aus der Vorstandsarbeit. Er hat mit seinem Engagement unter anderem die Debatte über die Blutspendereform maßgeblich geprägt und deutliche Worte gegen LSBTIQ*-feindliche Hasskriminialität in Deutschland und weltweit gefunden. Beide werden uns im Bundesvorstand sehr fehlen. Wir sagen von ganzem Herzen Danke.

Philipp Braun wurde für eine weitere zweijährige Amtszeit bestätigt. Neu im Bundesvorstand begrüßen wir Mara Geri, Jörg Hutter und Mikhail Tumasov. Weiterhin gehören dem zehnköpfigen ehrenamtlichen Gremium die im letzten Jahr gewählten Patrick Dörr, Henny Engels, Andre Lehmann, Stefanie Lünsmann-Schmidt, Christian Rudolph und Alva Träbert an.

Kerstin Thost
LSVD-Pressesprecher*in

 

___

Alle Fotos von Caro Kadatz, www.lichtbild-berlin.de