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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Recht

Katholische Beschäftigte: Schreiben an die Leitung der Einrichtung

Bitte um Frage bei Bistumsleitung, ob bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe mit einer Kündigung zu rechnen ist

Muster für ein Schreiben an die Leitung der Einrichtung mit der Bitte bei der Bistumsleitung eine Auskunft einzuholen, ob sie mit einer Kündigung rechnen müssen, wenn sie gleichgeschlechtlich heiraten.

Katholische Beschäftigte, die in hervorgehobener Position in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt sind, müssen mit ihrer Kündigung rechnen, wenn bekannt wird, dass sie verpartnert oder gleichgeschlechtlich verheiratet sind. Dagegen gehen wir davon aus, dass bei den übrigen katholischen Beschäftigten eine Kündigung wegen einer gleichgeschlechtliche Ehe oder wegen der Eingehung einer Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich ist. Um Ärger und Aufregung zu vermeiden, sollten aber auch diese Beschäftigten weiterhin vorsichtig sein. 

Wenn sie ganz sicher gehen wollen, sollten sie im Ausland heiraten. Sie können aber auch die Leitung der Einrichtung schriftlich bitten, bei der Bistumsleitung eine Auskunft einzuholen, ob sie mit einer Kündigung rechnen müssen, wenn sie gleichgeschlechtlich heiraten.

Den Entwurf für ein solches Schreiben finden Sie hier. Die nachfolgende Vorlage muss natürlich an den konkreten Fall angepasst werden. 

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Sehr geehrte Frau ………. / Sehr geehrter Herr ……….

ich wende mich heute mit einem Anliegen an sie, das mich sehr bewegt.

Ich habe im # … Monat, Jahr … # Frau # … # Hern ... # ... Vorname und Name … # kennengelernt. Daraus hat sich eine tiefe Partnerschaft entwickelt. Wir sind deshalb im # … Monat, Jahr … # zusammengezogen. Das wissen einige /die meisten Kolleginnen und Kollegen. Keiner von ihnen hat sich dazu ablehnend geäußert oder den Kontakt zu mir abgebrochen.
Nun beabsichtigen wir, zu heiraten. 

Ich bitte Sie deshalb, bei der Bistumsleitung nachzufragen, ob ich mit einer Kündigung rechnen muss, wenn wir heiraten.

Die neue "Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse" in der Fassung vom 27.04.2015 unterscheidet zwischen Beschäftigten in hervorgehobener Position und den übrigen Beschäftigten. Ich falle in die zweite Kategorie.

Bei diesen Beschäftigten stellt die Eingehung einer gleichgeschlechtlichen Ehe nicht mehr generell einen schwerwiegenden Loyalitätsverstoß dar, sondern nur noch, „wenn diese Handlung nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen“ (Art. 5 Abs. 2 Ziff. 2c Grundordnung). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein („und“). 

Ich bin der Meinung, dass auf mich keine der beiden Voraussetzungen zutrifft.

Meine Kolleginnen und Kollegen nehmen es hin, dass einige Beschäftigte in Partnerschaften leben, die nicht den Moralvorschriften der katholischen Kirche entsprechen. Sie haben auch an unserem Zusammenleben kein Ärgernis genommen. Daraus schließe ich, dass die von uns jetzt beabsichtigte zusätzliche Heirat nach den konkreten Umständen nicht geeignet ist, ein Ärgernis in der Dienstgemeinschaft zu erregen. 

Sie ist auch nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche zu beeinträchtigen. Nach der alten Grundordnung galt die Eingehung einer Lebenspartnerschaft immer als schwerer Loyalitätsverstoß, auch wenn die Beschäftigten, wie ich, nicht in hervorgehobener Position tätig waren. An dieser Wertung hat die katholische Kirche in der neuen Grundordnung bei den nicht in hervorragender Position Beschäftigten nicht mehr festgehalten.

Diese Relativierung hat Papst Franziskus durch sein nachsynodales apostolisches Schreiben „Amoris laetitia“ vom 19.03.2016 noch verstärkt. Der Papst hat zwar in diesem Schreiben die rechtliche Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der Ehe abgelehnt. Er hat aber den Ortskirchen und den Seelsorgern einen großen Spielraum für den Umgang mit „irregulären Situationen“ eingeräumt. Es gelte vor allem, zwischen einer Situation, die objektiv nicht den Anforderungen des Evangeliums entspricht, und der Schuldhaftigkeit der betreffenden Person genau zu unterscheiden. Wörtlich heißt es in dem Schreiben: 

„Daher ist es nicht mehr möglich zu behaupten, dass alle, die in irgendeiner sogenannten ‚irregulären‘ Situation leben, sich in einem Zustand der Todsünde befinden und die heiligmachende Gnade verloren haben. (…) Ein Mensch kann, obwohl er die Norm genau kennt, große Schwierigkeiten haben im Verstehen der Werte, um die es in der sittlichen Norm geht oder er kann sich in einer konkreten Lage befinden, die ihm nicht erlaubt, anders zu handeln und andere Entscheidungen zu treffen, ohne eine neue Schuld auf sich zu laden.“ (Nr. 301)

 

Das trifft auch auf mich zu. Ich stehe nach wie vor zu den Grundsätzen der katholischen Glaubens- und Sittenlehre und habe diese auch in meiner Arbeit immer vertreten. Aber da Gott mich # … als lesbische Frau …# … als schwulen Mann …# erschaffen hat, kam für mich eine Ehe mit # … einem Mann … # … einer Frau … # nicht in Betracht. Es war mir aber auch nicht möglich, lebenslang auf eine Partnerschaft zu verzichten und zölibatär zu leben, wie das der katholische Katechismus fordert. Ich bin an diesen Anforderungen nicht gescheitert, weil ich die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre ablehne, sondern weil ich auf Dauer zu schwach war, dem Wunsch nach Intimität und Partnerschaft mit # … einer Frau … # … einem Mann … # zu widerstehen. Ich bewerte unsere Partnerschaft inzwischen nicht mehr als Sünde, sondern bin im Gegenteil Gott für das Geschenk dieser Partnerschaft sehr dankbar.

Da wir lebenslang zusammen bleiben und für unser Alter vorsorgen wollen, sind wir praktisch gezwungen zu heiraten; denn wir wollen das Vermögen, das wir gemeinsam erwirtschaften werden, so sichern, dass es im Alter auch dem Überlebenden zugutekommt. Das ist nur durch eine Heirat möglich, weil nur hinterbliebene Ehegatten eine Hinterbliebenenrente und -pension erhalten. Außerdem brauchen sie für das sonstige Vermögen in der Regel keine Erbschaftssteuer zu zahlen und werden bei der Einkommensteuer gegenüber Ledigen begünstigt. Unverbindlich zusammenlebende Ledige erhalten dagegen keine Hinterbliebenenversorgung, wenn die Partnerin oder der Partner stirbt, und müssen für das, was sie von ihren Partnern erben, eine so hohe Erbschaftssteuer zahlen, das sie sehr oft sogar die Familienwohnung nicht mehr halten können.

Da sich unsere rechtliche Absicherung auf anderem Weg nicht erreichen lässt, erscheint die Heirat nicht mehr als vorsätzlicher Verstoß gegen die Moralvorschriften der katholischen Kirche, sondern als ein vom bürgerlichen Recht erzwungener Schritt, der nach dem Urteil aller billig und gerecht denkender Menschen unvermeidbar und deshalb nicht geeignet ist, die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen, wenn sie ein solche gegenseitige Fürsorge duldet.

Mit freundlichen Grüßen

 

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Sollte die Bistumsleitung wider Erwarten antworten, dass die Beschäftigten mit einer Kündigung rechnen müssen, wenn sie heiraten, können diese es auf eine Kündigung und eine anschließende Kündigungsschutzklage ankommen lassen. Nach unserer Einschätzung hat eine Kündigungsschutzklage in solchen Fällen gute Aussichten auf Erfolg. 

Wenn die Beschäftigung das Risiko einer Kündigungsschutzklage nicht eingehen wollen, könne sie der Leitung ihrer Einrichtung pro forma mitteilen, dass sie ihre Arbeitsstelle nicht verlieren möchten und deshalb auf die Heirat verzichten. Sie können dann heimlich eine gleichgeschlechtliche Ehe im Ausland eingehen. Das bloße Zusammenleben mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin oder einem gleichgeschlechtlichen Partner ist kein Kündigungsgrund.