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Recht

Der Streit um die gleichgeschlechtliche Ehe in den USA

Supreme Court von Washington (2006): Defense of Marriage Act ist verfassungsgemäß

Der Supreme Court des Staates Washington hat den Defense of Marriage Act - eine Regelung, die die gleichgeschlechtliche Ehe verbietet - in seinem Urteil vom 26. Juli 2006 als höchstes Gericht des Staates für verfassungsgemäß erklärt.

Update: Am 16.05.2015 hat der US-Supreme Court entschieden, dass ein Eheverbot für gleichgeschlechtliche Paare gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten verstößt.

Der Supreme Court des Staates Washington hat den Defense of Marriage Act - eine Regelung, die die gleichgeschlechtliche Ehe verbietet - in seinem Urteil vom 26. Juli 2006 als höchstes Gericht des Staates für verfassungsgemäß erklärt. Das Urteil des Supreme Courts in Washington ist landesweit von besonderem Interesse, da es sich als weiteres Urteil eines höchsten Gerichts in die Reihe der Entscheidungen zu diesem Thema einfügt und somit auch einen Anhaltspunkt für zukünftige Entscheidungen in anderen Staaten geben kann.

Im Verfahren vor dem Court of Appeal in Kalifornien wird bis Mitte Oktober diesen Jahres ein Urteil zum gleichen Thema erwartet.

I. Urteil des Supreme Courts von Washington

Der Supreme Court des Staates Washington hat am 26. Juli 2006 ein Urteil über die Vereinbarkeit des Verbots von gleichgeschlechtlichen Ehen mit der Verfassung gefällt. 

In dem Verfahren Andersen v. King County klagten insgesamt 19 gleichgeschlechtliche Paare gegen den Defense of Marriage Act (DOMA), der die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau definiert. Der Defense of Marriage Act wurde im Jahre 1998 in Washington verabschiedet. Ähnliche Regelungen existieren in einer Vielzahl von Bundesstaaten der USA.

Mit der jetzigen Entscheidung bestätigte das Gericht, dass diese Regelung der Verfassung entspricht. Im Revisionsverfahren vor dem Supreme Court wurden somit zwei vorhergehende Urteile der Gerichte in niedriger Instanz aufgehoben, die die Regelung für verfassungswidrig gehalten hatten.

Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass sie lediglich die Verfassungsmäßigkeit des DOMA als Gesetzgebungsakt beurteilen dürften. Die Entscheidung trifft danach keine Aussage darüber, ob die gleichgeschlechtliche Ehe an sich mit der Verfassung vereinbar ist; vielmehr geht es nur um den Einklang des derzeit gültigen DOMA mit der Verfassung.

Zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hat das Gericht einen niedrigen Überprüfungsstandard gebraucht.

Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung kann unter Heranziehung verschiedener Anforderungen erfolgen. So werden gesetzgeberische Ziele strenger hinterfragt, wenn ein Recht des Einzelnen betroffen ist, das durch die Verfassung garantiert wird, oder das Gesetz eine sog. "suspect class" betrifft. Eine solche "suspect class" ist eine Minderheit, die historisch unter Verfolgung gelitten hat und politisch als schwach einzustufen ist.

In dem Urteil entschied der Washingtoner Supreme Court, dass durch das Ver-bot der gleichgeschlechtlichen Ehe keine Rechte der Betroffenen beeinträchtigt werden, die in der Verfassung verankert sind. Das Gericht nahm ebenso wenig an, dass Homosexuelle eine "suspect class" darstellen.

Mit der Ablehnung dieser Merkmale wurden im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit geringere Anforderungen an die gesetzgeberischen Ziele gestellt. Im Verfahren wurde der "rational basis standard" hinterfragt, d.h. richterlicher Überprüfung unterlag hier lediglich die gerechtfertigte und vernünftige Entscheidungsgrundlage der Gesetzgeber zur Verabschiedung dieses Gesetzes.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Regelung ein vernünftiges Mittel darstellt, das staatliche Interesse an Nachwuchs und am Wohl der Kinder zu fördern. Insbesondere die Begünstigung der Fortpflanzung und der Erziehung von Kindern durch ihre biologischen Eltern seien nachvollziehbare Ziele, die durch die Regelung erreicht werden könnten. Die gleichgeschlechtliche Ehe würde diese Ziele in der Umkehrung nicht fördern.

Die Entscheidung des Gerichts fiel jedoch keinesfalls einstimmig aus. Nur fünf gegen vier der neun Richter entschieden sich für die Verfassungsmäßigkeit der Regelung. Sechs der neun Richter ließen es sich zudem nicht nehmen eine eigene Stellungnahme zu dem Verfahren azugeben.

Die Spaltung des Gerichts spiegelt die verschiedenen Positionen in der Ge-sellschaft anschaulich wider.

Die vier Gegenstimmen kritisierten das Urteil scharf. Diese Richter machten deutlich, dass sie die Reglung als diskriminierend bewerten und keine vernünftige Grundlage bestehe, gleichgeschlechtliche Ehen zu verbieten.

Es bleibt festzustellen, dass in dem Urteil nicht geklärt wurde, ob es verfassungsgemäß ist, dass gleichgeschlechtliche Partner nicht die Vorteile genießen, die Ehepaaren zuteil kommen. Insofern könnte die Regelung in Zukunft erneut angegriffen werden. Es bleibt dann zu entscheiden, ob nicht auch gleichgeschlechtliche Paare zum Beispiel im Bereich der Krankenversicherung oder dem Erbrecht weitergehende Rechte erhalten müssten. Sieben der neun Richter machten deutlich, dass diese Ungleichberechtigung der Partnerschaften besteht und die Gesetzgebung ein Gesetz schaffen könnte, dass die Privilegierungen auch auf gleichgeschlechtliche Paare ausdehnt, ohne ihnen die Möglichkeit der Eheschließung zuzubilligen.

Die Entscheidung des Supreme Courts des Staates Washington schließt sich im Ergebnis vorhergehenden Entscheidungen aus verschiedenen Staaten an.

Der New Yorker Court of Appeal hatte am 6. Juli 2006 in einer vier gegen zwei Entscheidung ebenfalls geurteilt, dass der Staat eine vernünftige und nichtdiskriminierende Grundlage für die Begrenzung der Ehe auf Mann und Frau hat. Auch in New York wurde somit die Verfassungsmäßigkeit einer Regelung festgestellt, die die Ehe auf Mann und Frau beschränkt.

Die New Yorker Richter hatten wie nun ebenfalls in Washington kein verfassungsimmanentes Recht zur gleichgeschlechtlichen Ehe bejaht.

Ebenso urteilten die Gerichte im Ergebnis in Nebraska, Georgia und Tennessee. Alleine in Massachusetts hatte der High Court im Mai 2004 die Entscheidung getroffen, dass das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen verfassungswidrig ist, da es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. In der Begründung heißt es, dass die Ehe essentiell lediglich die Verbindung der Partner untereinander besiegelt und nicht notwendigerweise darauf angelegt ist Kinder her-vorzubringen.

II. Stand des Verfahrens vor dem Court of Appeal in San Francisco

Der Court of Appeal, First Appelate District, Division Three, des Staates Kalifornien wird sein Urteil nach der Verhandlung am 10. Juli 2006 inner-halb von 90 Tagen fällen, so dass spätestens Mitte Oktober mit einer vorläufigen Entscheidung der Frage für Kalifornien zu rechnen ist.

Der Court of Appeal ist in der Revisionsinstanz mit diesem Verfahren nach dem Superior Court betraut. Die Entscheidung des Court of Appeal wird dann jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach noch in die nächste und letzte Instanz vor den Supreme Court von Kalifornien getragen werden.

In Kalifornien ist in einer Regelung (Familiy Code, §§ 300, 308.5) die Eheschließung ebenfalls als Bund zwischen Mann und Frau definiert [§ 308.5 Californian Family Code: "Only marriage between a man and a woman is valid or recognized in California."].

Der Superior Court erklärte die Regelung in seiner Entscheidung für verfas-sungswidrig. Der Richter erkannte ein in der Verfassung niedergelegtes Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe an und erklärte, dass es ein Menschenrecht sei, die Person seiner Wahl zu heiraten und eine Einschränkung jeder vernünftigen Grundlage entbehrt. Zu dem vorgebrachten Gegenargument der Kindererziehung erklärte er, dass Fortpflanzung keine Voraussetzung der Ehe sei und auch die Ehe keine Voraussetzung für den Nachwuchs.

Gouverneur Arnold Schwarzenegger hatte seine Enttäuschung über die Entscheidung des Superior Court im letzten Jahr ausgedrückt. Er sprach sich damals für die Beibehaltung der "Domestic Partnership Rights" aus und gegen die Möglichkeit der gleichgeschlechtlichen Eheschließung (die Domestic Partnership Rights gewähren gleichgeschlechtlichen Paaren in Kalifornien eine Reihe von rechtlichen Vorteilen auch ohne Eheschließung). Dementsprechend hatte der Gouverneur im Herbst 2005 sein Veto gegen das Gesetz eingelegt, mit dem Senat und Abgeordnetenhaus Kaliforniens als erstes Parlament eines US-Bundesstaates überhaupt die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht hätten.

Auch in Maryland und New Jersey sind ähnliche Verfahren anhängig, so dass auch hier eine Entscheidung abzuwarten bleibt. In New Jersey wird ein Urteil noch im August erwartet.

III. Ausblick

Das Urteil im Bundesstaat Washington und die anstehenden Urteile in Kalifornien sind nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussion des Themas in den USA. zu verstehen:

Die Bevölkerung in den USA. ist nach Meinungsumfragen mehrheitlich gegen die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Ehen - laut Umfrage der NY Times/CBS News im Jahr 2003 sind 55% gegen und 40% für die Legalisierung. Der kalifornische Abgeordnete Mark Leno, einer der Protagonisten der US-Gleichstellungsbewegung, hat jedoch hervorgehoben, dass sich diese Meinung in den letzten Jahren stark zugunsten einer Gleichstellung gewandelt habe, dass z.B. in Kalifornien selbst heute schon jeweils 46% für und 46% gegen „gay marriage" zu sein.

Wie die letzten Präsidentschaftswahlen, aber auch die Debatten im Congress in Washington gezeigt haben, wird das emotional beladene Thema im ganzen Lande auch für sachfremde politische Zwecke genutzt, insbesondere um kon-servative Wähler anzusprechen und zu mobilisieren, auch für eine Wahlbeteiligung. Insofern ist auch nicht zu erwarten, dass der politische Widerstand gegen die gleichgeschlechtliche Eheschließung von dieser Seite in Zukunft nachlassen wird. Vielmehr dürfte das Interesse an dem Thema - besonders in Wahlkampfzeiten - fortbestehen.

Selbst im liberalen Kalifornien dürfte das Veto Schwarzeneggers gegen das vom Parlament verabschiedete Gleichstellungsgesetz eher parteitaktisch als inhaltlich und rechtlich motiviert gewesen sein.

Wohl auch vor diesem Hintergrund versucht das Gericht im Bundesstaat Washington, die Entscheidung der Kernfrage mit rechtlichen Erwägungen des Überprüfungsstandards zu umschiffen. Zudem ist die Entscheidung wegen der verschiedenen Meinungen der einzelnen entscheidenden Richter nicht von durchschlagender Überzeugungskraft. Die Begründung einer Mehrheit der Richter, durch eine Definition der Ehe, wie sie im DOMA oder im Family Code niedergelegt sei, würden Fortpflanzung und Erziehung gefördert, ist zudem in einer Zeit mit einem Fragezeichen zu versehen, in der in den USA 32% aller Kinder im Jahr 2004 nicht mit ihren beiden verheirateten biologischen Eltern aufwuchsen. Die Gerichte ließen auch offen, inwiefern ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eheschließung und Fortpflanzung besteht und das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe dem staatlichen Interesse dient, durch eine traditionelle Familienstruktur die Erziehung von Kindern zu fördern.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Gerichte anderer Staaten diesem Urteil im Ergebnis anschließen werden. Allerdings dürfte auch die zuvor gefällte Entscheidung des höchsten Gerichts in New York wegweisenden Charakter haben, zumal dieses Gericht in der Vergangenheit als besonders liberal galt. Die Gerichte werden sich wohl auch in Zukunft in dieser Sache kontrovers äußern. Die im Rahmen der Gewaltenteilung vorgesehenen Rechte der Gerichte zur Überprüfung von Gesetzen sind zudem beschränkt.

Deshalb bleibt die Entscheidung im Grundsatz bei den Gesetzgebern und damit letztlich bei den Wählern.

Dabei ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass auf der Bundesebene immer noch die Definition der Ehe als Bund zwischen Mann und Frau gilt, so dass selbst in einem Staat verheiratete gleichgeschlechtliche Paare (Massachusetts) auf Bundesebene oder in einem anderen Staat nicht als Ehepaar anerkannt werden (dies ist insbesondere im Hinblick auf das Steuerrecht von Bedeutung). Die "Civil Unions" als eingetragene Lebenspartnerschaften sind deshalb für die Rechtsstellung der gleichgeschlechtlichen Partner von großer Bedeutung. Nur in Connecticut und Vermont sind "Civil Unions" derzeit möglich. In weiteren Staaten, wie u.a. auch in Kalifornien, gibt es zudem "Domestic Partnership Rights", die eine Gleichberechtigung mit verheirateten Paaren in bestimmten Bereichen erreichen sollen.

Die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen erscheint nach den letzten Urteilen in New York und Washington und den Ergebnissen von Referenden in zahlreichen Bundesstaaten für einen großen Teil des Landes eher in die Ferne gerückt zu sein. Ein Teil der Protagonisten der gleichgeschlechtlichen Ehe will angesichts der letzten Urteile nun erstmal verstärkt versuchen, die Gleichstellung in rechtlicher Sicht durch "Civil Unions" in allen Staaten zu erreichen. Gleichwohl ist klar, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft nach Auffassung vieler Streiter für die gleichgeschlechtliche Ehe nur ein Bund zweiter Klasse ist.

Besondere Bedeutung kommt deshalb der Entwicklung im bevölkerungsreichsten und einem der liberalsten US-Bundesstaaten zu. In Kalifornien, wo Bürgermeister Newsom von San Francisco mit seiner Entscheidung zur öffentlichen Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren den Rechtsstreit erst ausgelöst hatte, hoffen viele Aktivisten für die gleichgeschlechtliche Eheschließung nach wie vor noch auf eine andere Rechtsprechung. Der Supreme Court als oberstes Gericht in Kalifornien wird wahrscheinlich noch Ende des Jahres als letzte rechtliche Instanz des Staates angerufen werden. Doch selbst wenn das oberste Gericht in Kalifornien den Urteilen in den Bundesstaaten New York und Washington folgen sollte, wollen die Protagonisten der Gleichstellungsbewegung zumindest in Kalifornien nicht aufgeben. Der Vater des kalifornischen Gleichstellungsgesetzes, der San Francisco im Landesparlament in Sacramento vertretende Abgeordnete Mark Leno, sagte hierzu, er sehe eine gute Chance, die „gay marriage“ politisch durch eine erneute gesetzgeberische Initiative in der nächsten Legislaturperiode doch noch zu ermöglichen, da Schwarzenegger nach einer Wiederwahl und einer möglicherweise positiven Gerichtsentscheidung anders entscheiden könne als 2005.

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II. Stand des Verfahrens vor dem Court of Appeal in San Francisco
Der Court of Appeal, First Appelate District, Division Three, des Staates Kalifornien wird sein Urteil nach der Verhandlung am 10. Juli 2006 inner-halb von 90 Tagen fällen, so dass spätestens Mitte Oktober mit einer vor-läufigen Entscheidung der Frage für Kalifornien zu rechnen ist.
Der Court of Appeal ist in der Revisionsinstanz mit diesem Verfahren nach dem Superior Court betraut. Die Entscheidung des Court of Appeal wird dann jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach noch in die nächste und letzte Instanz vor den Supreme Court von Kalifornien getragen werden.
In Kalifornien ist in einer Regelung (Familiy Code, §§ 300, 308.5) die Ehe-schließung ebenfalls als Bund zwischen Mann und Frau definiert [§ 308.5 Ca-lifornian Family Code: "Only marriage between a man and a woman is valid or recognized in California."].
Der Superior Court erklärte die Regelung in seiner Entscheidung für verfas-sungswidrig. Der Richter erkannte ein in der Verfassung niedergelegtes Recht auf gleichgeschlechtliche Ehe an und erklärte, dass es ein Menschen-recht sei, die Person seiner Wahl zu heiraten und eine Einschränkung jeder vernünftigen Grundlage entbehrt. Zu dem vorgebrachten Gegenargument der Kindererziehung erklärte er, dass Fortpflanzung keine Voraussetzung der Ehe sei und auch die Ehe keine Voraussetzung für den Nachwuchs.
Gouverneur Arnold Schwarzenegger hatte seine Enttäuschung über die Ent-scheidung des Superior Court im letzten Jahr ausgedrückt. Er sprach sich damals für die Beibehaltung der "Domestic Partnership Rights" aus und gegen die Möglichkeit der gleichgeschlechtlichen Eheschließung (die Domestic Partnership Rights gewähren gleichgeschlechtlichen Paaren in Kalifornien eine Reihe von rechtlichen Vorteilen auch ohne Eheschließung). Dementspre-chend hatte der Gouverneur im Herbst 2005 sein Veto gegen das Gesetz einge-legt, mit dem Senat und Abgeordnetenhaus Kaliforniens als erstes Parlament eines US-Bundesstaates überhaupt die gleichgeschlechtliche Ehe ermöglicht hätten.
(Zum Verfahrensstand vor dem Court of Appeal in Kalifornien siehe: http://appellatecases.courtinfo.ca.gov/search.cfm?dist=1 mit der Fallnummer A110449.)
Auch in Maryland und New Jersey sind ähnliche Verfahren anhängig, so dass auch hier eine Entscheidung abzuwarten bleibt. In New Jersey wird ein Ur-teil noch im August erwartet.

III. Ausblick
Das Urteil im Bundesstaat Washington und die anstehenden Urteile in Kali-fornien sind nur vor dem Hintergrund der allgemeinen Diskussion des Themas in den U.S.A. zu verstehen:
Die Bevölkerung in den U.S.A. ist nach Meinungsumfragen mehrheitlich gegen die Legalisierung von gleichgeschlechtlichen Ehen - laut Umfrage der NY Times/CBS News im Jahr 2003 sind 55% gegen und 40% für die Legalisierung. Der kalifornische Abgeordnete Mark Leno, einer der Protagonisten der US-Gleichstellungsbewegung, hat jedoch hervorgehoben, dass sich diese Meinung in den letzten Jahren stark zugunsten einer Gleichstellung gewandelt habe, dass z.B. in Kalifornien selbst heute schon jeweils 46% für und 46% gegen „gay marrige“ seien.
Wie die letzten Präsidentschaftswahlen, aber auch die Debatten im Congress in Washington gezeigt haben, wird das emotional beladene Thema im ganzen Lande auch für sachfremde politische Zwecke genutzt, insbesondere um kon-servative Wähler anzusprechen und zu mobilisieren, auch für eine Wahlbetei-ligung. Insofern ist auch nicht zu erwarten, dass der politische Widerstand gegen die gleichgeschlechtliche Eheschließung von dieser Seite in Zukunft nachlassen wird. Vielmehr dürfte das Interesse an dem Thema - besonders in Wahlkampfzeiten - forbestehen.
Selbst im liberalen Kalifornien dürfte das Veto Schwarzeneggers gegen das vom Parlament verabschiedete Gleichstellungsgesetz eher parteitaktisch als inhaltlich und rechtlich motiviert gewesen sein.
Wohl auch vor diesem Hintergrund versucht das Gericht im Bundesstaat Wa-shington, die Entscheidung der Kernfrage mit rechtlichen Erwägungen des Ü-berprüfungsstandards zu umschiffen. Zudem ist die Entscheidung wegen der verschiedenen Meinungen der einzelnen entscheidenden Richter nicht von durchschlagender Überzeugungskraft. Die Begründung einer Mehrheit der Rich-ter, durch eine Definition der Ehe, wie sie im DOMA oder im Family Code niedergelegt sei, würden Fortpflanzung und Erziehung gefördert, ist zudem in einer Zeit mit einem Fragezeichen zu versehen, in der in den USA 32% al-ler Kinder im Jahr 2004 nicht mit ihren beiden verheirateten biologischen Eltern aufwuchsen. Die Gerichte ließen auch offen, inwiefern ein unmittel-barer Zusammenhang zwischen Eheschließung und Fortpflanzung besteht und das Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe dem staatlichen Interesse dient, durch eine traditionelle Familienstruktur die Erziehung von Kindern zu för-dern.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die Gerichte anderer Staaten diesem Urteil im Ergebnis anschließen werden. Allerdings dürfte auch die zuvor gefällte Ent-scheidung des höchsten Gerichts in New York wegweisenden Charakter haben, zumal dieses Gericht in der Vergangenheit als besonders liberal galt. Die Gerichte werden sich wohl auch in Zukunft in dieser Sache kontrovers äu-ßern. Die im Rahmen der Gewaltenteilung vorgesehenen Rechte der Gerichte zur Überprüfung von Gesetzen sind zudem beschränkt.
Deshalb bleibt die Entscheidung im Grundsatz bei den Gesetzgebern und damit letztlich bei den Wählern.
Dabei ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass auf der Bundesebene immer noch die Definition der Ehe als Bund zwischen Mann und Frau gilt, so dass selbst in einem Staat verheiratete gleichgeschlechtliche Paare (Massachu-setts) auf Bundesebene oder in einem anderen Staat nicht als Ehepaar aner-kannt werden (dies ist insbesondere im Hinblick auf das Steuerrecht von Be-deutung). Die "Civil Unions" als eingetragene Lebenspartnerschaften sind deshalb für die Rechtsstellung der gleichgeschlechtlichen Partner von gro-ßer Bedeutung. Nur in Connecticut und Vermont sind "Civil Unions" derzeit möglich. In weiteren Staaten, wie u.a. auch in Kalifornien, gibt es zudem "Domestic Partnership Rights", die eine Gleichberechtigung mit verheirate-ten Paaren in bestimmten Bereichen erreichen sollen.
Die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Ehen erscheint nach den letzten Urteilen in New York und Washington und den Ergebnissen von Referenden in zahlreichen Bundesstaaten für einen großen Teil des Landes eher in die Fer-ne gerückt zu sein. Ein Teil der Protagonisten der gleichgeschlechtlichen Ehe will angesichts der letzten Urteile nun erstmal verstärkt versuchen, die Gleichstellung in rechtlicher Sicht durch "Civil Unions" in allen Staa-ten zu erreichen. Gleichwohl ist klar, dass die eingetragene Lebenspartner-schaft nach Auffassung vieler Streiter für die gleichgeschlechtliche Ehe nur ein Bund zweiter Klasse ist.
Besondere Bedeutung kommt deshalb der Entwicklung im bevölkerungsreichsten und einem der liberalsten US-Bundesstaaten zu. In Kalifornien, wo Bürger-meister Newsom von San Francisco mit seiner Entscheidung zur öffentlichen Trauung von gleichgeschlechtlichen Paaren den Rechtsstreit erst ausgelöst hatte, hoffen viele Aktivisten für die gleichgeschlechtliche Eheschließung nach wie vor noch auf eine andere Rechtsprechung. Der Supreme Court als o-berstes Gericht in Kalifornien wird wahrscheinlich noch Ende des Jahres als letzte rechtliche Instanz des Staates angerufen werden. Doch selbst wenn das oberste Gericht in Kalifornien den Urteilen in den Bundesstaaten New York und Washington folgen sollte, wollen die Protagonisten der Gleichstel-lungsbewegung zumindest in Kalifornien nicht aufgeben. Der Vater des kali-fornischen Gleichstellungsgesetzes, der San Francisco im Landesparlament in Sacramento vertretende Abgeordnete Mark Leno, sagte hierzu, er sehe eine gute Chance, die „gay marriage“ politisch durch eine erneute gesetzgeberi-sche Initiative in der nächsten Legislaturperiode doch noch zu ermöglichen, da Schwarzenegger nach einer Wiederwahl und einer möglicherweise positiven Gerichtsentscheidung anders entscheiden könne als 2005.

Im Einzelnen

Das Urteil des Supreme Courts in Washington ist landesweit von besonderem Interesse, da es sich als weiteres Urteil eines höchsten Gerichts in die Reihe der Entscheidungen zu diesem Thema einfügt und somit auch einen An-haltspunkt für zukünftige Entscheidungen in anderen Staaten geben kann.

I. Urteil des Supreme Courts von Washington (Urteil siehe: http://www.courts.wa.gov/newsinfo/content/pdf/759341opn.pdf).
Der Supreme Court des Staates Washington hat am 26. Juli 2006 ein Urteil über die Vereinbarkeit des Verbots von gleichgeschlechtlichen Ehen mit der Verfassung gefällt.
In dem Verfahren Andersen v. King County klagten insgesamt 19 gleichge-schlechtliche Paare gegen den Defense of Marriage Act (DOMA), der die Ehe als Bund zwischen Mann und Frau definiert. Der Defense of Marriage Act wur-de im Jahre 1998 in Washington verabschiedet. Ähnliche Regelungen existie-ren in einer Vielzahl von Bundesstaaten der USA.
Mit der jetzigen Entscheidung bestätigte das Gericht, dass diese Regelung der Verfassung entspricht. Im Revisionsverfahren vor dem Supreme Court wur-den somit zwei vorhergehende Urteile der Gerichte in niedriger Instanz auf-gehoben, die die Regelung für verfassungswidrig gehalten hatten.
Die Richter machten in ihrer Entscheidung deutlich, dass sie lediglich die Verfassungsmäßigkeit des DOMA als Gesetzgebungsakt beurteilen dürften. Die Entscheidung trifft danach keine Aussage darüber, ob die gleichgeschlecht-liche Ehe an sich mit der Verfassung vereinbar ist; vielmehr geht es nur um den Einklang des derzeit gültigen DOMA mit der Verfassung.
Zur Begründung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes hat das Gericht einen niedrigen Überprüfungsstandard gebraucht.
Die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Regelung kann unter Heran-ziehung verschiedener Anforderungen erfolgen. So werden gesetzgeberische Ziele strenger hinterfragt, wenn ein Recht des Einzelnen betroffen ist, das durch die Verfassung garantiert wird, oder das Gesetz eine sog. "suspect class" betrifft. Eine solche "suspect class" ist eine Minderheit, die his-torisch unter Verfolgung gelitten hat und politisch als schwach einzustufen ist.
In dem Urteil entschied der Washingtoner Supreme Court, dass durch das Ver-bot der gleichgeschlechtlichen Ehe keine Rechte der Betroffenen beeinträch-tigt werden, die in der Verfassung verankert sind. Das Gericht nahm ebenso wenig an, dass Homosexuelle eine "suspect class" darstellen.
Mit der Ablehnung dieser Merkmale wurden im Hinblick auf die Verfassungsmä-ßigkeit geringere Anforderungen an die gesetzgeberischen Ziele gestellt. Im Verfahren wurde der "rational basis standard" hinterfragt, d.h. richterli-cher Überprüfung unterlag hier lediglich die gerechtfertigte und vernünfti-ge Entscheidungsgrundlage der Gesetzgeber zur Verabschiedung dieses Geset-zes.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Regelung ein vernünftiges Mittel darstellt, das staatliche Interesse an Nachwuchs und am Wohl der Kinder zu fördern. Insbesondere die Begünstigung der Fortpflanzung und der Erziehung von Kindern durch ihre biologischen Eltern seien nachvollziehbare Ziele, die durch die Regelung erreicht werden könnten. Die gleichgeschlechtliche Ehe würde diese Ziele in der Umkehrung nicht fördern.
Die Entscheidung des Gerichts fiel jedoch keinesfalls einstimmig aus. Nur fünf gegen vier der neun Richter entschieden sich für die Verfassungsmäßig-keit der Regelung. Sechs der neun Richter ließen es sich zudem nicht nehmen eine eigene Stellungnahme zu dem Verfahren azugeben.
Die Spaltung des Gerichts spiegelt die verschiedenen Positionen in der Ge-sellschaft anschaulich wider.
Die vier Gegenstimmen kritisierten das Urteil scharf. Diese Richter machten deutlich, dass sie die Reglung als diskriminierend bewerten und keine ver-nünftige Grundlage bestehe, gleichgeschlechtliche Ehen zu verbieten.
Es bleibt festzustellen, dass in dem Urteil nicht geklärt wurde, ob es ver-fassungsgemäß ist, dass gleichgeschlechtliche Partner nicht die Vorteile genießen, die Ehepaaren zuteil kommen. Insofern könnte die Regelung in Zu-kunft erneut angegriffen werden. Es bleibt dann zu entscheiden, ob nicht auch gleichgeschlechtliche Paare zum Beispiel im Bereich der Krankenversi-cherung oder dem Erbrecht weitergehende Rechte erhalten müssten. Sieben der neun Richter machten deutlich, dass diese Ungleichberechtigung der Partner-schaften besteht und die Gesetzgebung ein Gesetz schaffen könnte, dass die Privilegierungen auch auf gleichgeschlechtliche Paare ausdehnt, ohne ihnen die Möglichkeit der Eheschließung zuzubilligen.
Die Entscheidung des Supreme Courts des Staates Washington schließt sich im Ergebnis vorhergehenden Entscheidungen aus verschiedenen Staaten an.
Der New Yorker Court of Appeal hatte am 6. Juli 2006 in einer vier gegen zwei Entscheidung ebenfalls geurteilt, dass der Staat eine vernünftige und nichtdiskriminierende Grundlage für die Begrenzung der Ehe auf Mann und Frau hat. Auch in New York wurde somit die Verfassungsmäßigkeit einer Rege-lung festgestellt, die die Ehe auf Mann und Frau beschränkt.
Die New Yorker Richter hatten wie nun ebenfalls in Washington kein verfas-sungsimmanentes Recht zur gleichgeschlechtlichen Ehe bejaht.
Ebenso urteilten die Gerichte im Ergebnis in Nebraska, Georgia und Tennes-see.
Alleine in Massachusetts hatte der High Court im Mai 2004 die Entscheidung getroffen, dass das Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen verfassungswidrig ist, da es gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt. In der Begründung heißt es, dass die Ehe essentiell lediglich die Verbindung der Partner unterein-ander besiegelt und nicht notwendigerweise darauf angelegt ist Kinder her-vorzubringen.

Bericht über den Stand der Gerichtsverfahren und Bewertung der politischen Meinungskampfes

Stand: August 2006

Der Supreme Court des Staates Washington hat den Defense of Marriage Act - eine Regelung, die die gleichgeschlechtliche Ehe verbietet - in sei-nem Urteil vom 26. Juli 2006 als höchstes Gericht des Staates für verfas-sungsgemäß erklärt.
Im Verfahren vor dem Court of Appeal in Kalifornien wird bis Mitte Oktober diesen Jahres ein Urteil zum gleichen Thema erwartet.