Bundesverfassungsgericht
- 1. Die Ungleichbehandlung von verheirateten und in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten beim Familienzuschlag der Stufe 1 (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG) stellt eine am allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu messende mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar.
2. Geht die Privilegierung der Ehe mit einer Benachteiligung anderer, in vergleichbarer Weise rechtlich verbindlich verfasster Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zwecken vergleichbar sind, rechtfertigt der bloße Verweis auf das Schutzgebot der Ehe keine Differenzierungen. Vielmehr bedarf es in solchen Fällen jenseits der bloßen Berufung auf Art. 6 Abs. 1 GG eines hinreichend gewichtigen Sachgrundes, der gemessen am jeweiligen Regelungsgegenstand und -ziel die Benachteiligung dieser anderen Lebensformen rechtfertigt (vgl. BVerfGE 124, 199 <226>).- BVerfG, Beschl. v. 19.06.2012 - 2 BvR 1397/09; BVerfGE 131, 239; FamRZ 2012, 1472, m. Anm. Herbert Grziwotz, 407; EuGRZ 2012, 547; FuR 2012, 538; NVwZ 2012, 1304; ZBR 2013, 31; ZTR 2012, 667; Streit 2012, 119; Aufsatz Regina Bömelburg, NJW 2012, 2753; Aufs. Alfred Kruhl, StBW 2013, 610; Besprechung Anne Sanders, FF 2012, 391; Besprechung Michael Sachs, JuS 2013, 758
- Siehe dazu "Die Gesetze des Bundes und der Länder zur Gleichstellung der verpartnerten Beamten im Besoldungs- und Versorgungsrecht"
- Zum Gesichtspunkt der "zeitnahen Geltendmachung" siehe den Abschnitt "Nationale Ausschlussfristen" in der Rechtsprechungsliste "Umsetzung von Richtlinien (allgemein)"
- Die Erste Kammer des Zweiten Senats hatte die Gleichstellung zunächst durch Nichtannahmebeschlüsse abgelehnt, siehe "Überholte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zum Familienzuschlag".
Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichte
Zur geltenden Rechtslage:
Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat in seinem Beschluss vom 19.06.2012 zur Gleichstellung der Lebenspartner mit Ehegatten beim Familienzuschlag festgestellt, der Gesetzgeber sei nur ab dem Zeitpunkt zu einer rückwirkenden Gleichstellung verpflichtet, ab dem die verpartnerten Beamten den Anspruch erstmals geltend gemacht haben (Rn. 83).Diese Einschränkung gilt aber nur, soweit die Besoldungsgesetzgeber bei der Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eine entsprechende Einschränkung in das Gesetz aufgenommen haben. Das haben die meisten Bundesländer nicht getan (siehe im Einzelnen die Aufstellung „Stand der Gleichstellung“ in unserem Ratgbertext zum Familienzuschlag).
Soweit die Besoldungsgesetze eine entsprechende Einschränkung enthalten, haben die Verwaltungsgerichte bisher die Auffassung vertreten, dass diese Einschränkung unbeachtlich sei, soweit die Ansprüche zusätzlich auf die Richtlinie 2000/78/EG gestützt werden. Das lässt sich so nicht mehr aufrecht erhalten. Die EuGH hat mit Urteil vom 19.06.2014 entschieden (C-501/12 u.a., Rechtssache Specht u.a.), der Einwand sei auch zulässig, soweit die Ansprüche auf die Richtlinie 2000/78/EG gestützt werden (siehe unsere Rechtsprechungsliste "Nationale Ausschlussfristen").
Davon geht auch das Bundesverwaltungsgericht in der nachfolgenden Entscheidung aus:
- 1. § 7 Abs. 2 AGG setzt Art. 16 Buchst. b der RL 2000/78/EG um, wonach ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot die Nichtigkeit der entsprechenden Klausel in Individual- oder Kollektivverträgen zur Folge hat (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/1780 S. 34). Rechtsfolge eines Verstoßes einer gesetzlichen Regelung gegen das Benachteiligungsverbot ist die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
2. Wenn die Besoldung eines Beamten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt, hat der Beamte Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
3. § 15 AGG kommt als Grundlage für einen Anspruch auch dann in Betracht, wenn die Benachteiligung aus dem korrekten Vollzug einer gesetzlichen Regelung resultiert.
4. Die Regelung in § 24 Nr. 1 AGG, wonach die Vorschriften des Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte gelten, führt nicht dazu, dass wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG) die gesetzeskonforme Berechnung der Bezüge der Beamten keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG darstellt.
5. Resultiert der Anspruch nach § 15 AGG aus einer den Beamten diskriminierenden Besoldungsregelung, so richtet sich der Anspruch auch dann gegen den Dienstherrn als Arbeitgeber, wenn dieser nicht die Gesetzgebungskompetenz für die Besoldung besitzt.
6. Der für § 15 Abs. 2 AGG erforderliche immaterielle Schaden liegt regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor.
7. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist verschuldensunabhängig.
8. Für die Wahrung der zweimonatigen Ausschlussfrist gemäß § 15 Abs. 4 AGG genügt die schriftliche Geltendmachung des vorenthaltenen Besoldungsanspruchs.
9. Das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung ist erfüllt, wenn der Dienstherr aus dem Schreiben die Auffassung des Beamten entnehmen kann, wegen des Verhaltens des Dienstherrn bestünden Ansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz. Dafür genügt es, dass der Dienstherr durch das Schreiben über etwaige Ansprüche in Kenntnis gesetzt wird und die Möglichkeit erhält, Beweise zu sichern und rechtzeitig Rücklagen zu bilden. Ohne Bedeutung ist, dass sich der Kläger im behördlichen wie im gerichtlichen Verfahren nicht ausdrücklich auf § 15 AGG als Anspruchsgrundlage berufen hat.
10. Ist eine Rechtslage unsicher und unklar, beginnt auch die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
11. Hat der Beamte die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG gewahrt, ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von nicht unmittelbar durch Gesetz begründeten Ansprüchen nicht ergänzend anwendbar.
12. Die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG steht dem Beamten ab der zweiten Hälfte des Monats August 2006 zu.
13. Bei dem Entschädigungsanspruch geht es wie beim Schmerzensgeld um eine Entschädigung für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist. In der Regel ist eine Entschädigung von 100 €/Monat angemessen.- BVerwG, Urt. v. 30.10.2014 - 2 C 3.13; BVerwGE 150, 255; ArbR 2014, 569
- BVerwG, Urt. v. 30.10.2014 - 2 C 6.13; BVerwGE 150, 234; IÖD 2015, 50; ZBR 2015, 160
- BVerwG, Urt. v. 06.04.2017 - 2 C 11.16 u. 2 C 12.16 - Pressemitteilung
- ebenso:
- VG Aachen, Urt. v. 16.07.2015 - 1 K 1462/13
- VG Osnabrück, Urt v. 22.07.2015 - 3 A 78/12
- VG Gelsenkirchen, Urt. v. 28.07.2015 - 12 K 3414/12
- Das vom Landesbeamten in Anspruch genommene Land haftet als zuständiger Gesetzgeber für die diskriminierende Besoldungsgesetzgebung aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch. Dafür gilt die zweimonatige Frist nicht. Ein Landesbeamter muss gegenüber dem Land als seinem Dienstherrn aber Ansprüche innerhalb des Haushaltsjahres geltend machen (sog. Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung).
- Der kommunale Dienstherr muss bei einer altersdiskiminierenden Besoldung Entschädigung nach dem AGG zahlen. Der Anspruch ist innerhalb von zwei Monaten nach der Diskriminierung geltend zu machen. Diskriminierung ist (auch) jede monatliche Besoldungszahlung.
- OVG NRW, Urt. v. 08.02.2017 - 3 A 80/16 - Pressemitteilung
- Der Gesetzgeber darf Ansprüche von verpartnerten Beamten auf Nachzahlung des rückständigen Familienzuschlags nicht davon abhängig machen, dass die Beamten die Ansprüche zeitnah geltend gemacht haben.
- Für die schriftliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs genügt es, wenn sich aus dem Schreiben des Beamten ergibt, dass er die ungerechtfertigte Diskriminierung rügt und Ansprüche auf Geldleistung wegen der diskriminierenden Besoldung geltend machen will. Es braucht sich nicht ausdrücklich auf § 15 Abs. 1 oder 2 AGG zu berufen oder auszuführen, dass ihm (auch) Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche zustehen.
- 1. Der richterrechtlich entwickelte Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von (hier: aus dem Unionsrecht abgeleiteten) Ansprüchen ist nicht ergänzend anwendbar, wenn sowohl der Anspruch, dessen sich der Kläger berühmt, als auch eine Ausschlussfrist für dessen Geltendmachung gesetzlich geregelt sind (hier entschieden zu § 12 Abs. 3 SoldGG; wie Urteil des Senats vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 - Rn. 55).
2. Es bleibt offen, ob die Bereichsausnahme nach Art. 3 Abs. 4 der RL 2000/78/EG auch die Besoldung der aktiven Soldaten erfasst. - Siehe zu den vorstehenden Urteilen des BVerwG v. 30.10.2014 auch das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern v. 21.4.2015 - D3 - 30200/118#4.
- 1. Die Kausalität zwischen dem Merkmal der sexuellen Orientierung der Beamtin und der Nichtzahlung des Familienzuschlags kann nicht mit dem Argument verneint werden, die Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 sei nicht aufgrund der sexuellen Identität der Beamtin unterblieben, sondern weil sie zum damaligen Zeitpunkt die Voraussetzungen der vorhandenen gesetzlichen Regelungen (weil sie nicht verheiratet ist) nicht erfüllt habe.
2. In der Ablehnung eines Anspruchs auf Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 bei verpartnerten Beamten ist eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung zu sehen.
3. Es ist allerdings zweifelhaft, ob damit bereits die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG vorliegen.
4. Die Angemessenheit der Höhe der Entschädigung steht im Ermessen des Gerichts.
5. Eine Entschädigung ist nicht angemessen, wenn erhebliche entschädigungsmindernde Umstände, wie hier die rückwirkende Angleichung an die höhere Besoldung durch Zahlung des Familienzuschlags, eine fehlende Verantwortlichkeit der Behörde, das Fehlen einer Ungleichbehandlung im Dienst, der hinreichend gegebene Anreiz für den Dienstherrn, zu einem dem Entgeltgleichheitsgebot konformen Verhalten überzugehen, vorliegen.- OVG Lüneburg, Urt. v. 25.02.2014 – 5 LA 204/13; DÖD 2014, 120; NZA-RR 2014, 329N NdsVBl 2014, 228; NdsRpfl 2014, 169
Rechtsprechung des BVerwG bis 2010:
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gleichstellung der verpartnerten Beamten beim Familienzuschlag zunächst abgelehnt. Die Erste Kammer des Zweiten Senats hat die Revisionen gegen die ablehnenden Urteile durch Nichtannahmebeschlüsse verworfen, siehe "Überholte Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts zum Familienzuschlag".
Rechtsprechung des BVerwG ab 2010 bis 2012:
Mit den nachfolgenden Urteilen hat das Bundesverwaltungsgericht die Gleichstellung ab dem 01.07.2009 bejaht.Diese Urteile sind durch den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19.06.2012 (siehe oben) insoweit überholt, als das Bundesverwaltungsgericht die Gleichstellung erst ab dem 01.07.2009 bejaht hat.
- Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, befinden sich seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2009 (BVerfGE 124, 199) im Hinblick auf die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 in einer mit verheirateten Beamten vergleichbaren Lage, so dass ihnen dieser Zuschlag ab dem 1. Juli 2009 unmittelbar auf der Grundlage der Richtlinie 2000/78/EG zu gewähren ist.
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 10.09; NJW 2011, 1466
Vorinstanzen:
OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.07.2008 - 3 LB 13/06 (rückwirkende Gleichstellung ohne Einschränkung)
VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.08.2004 - 11 A 103/04 (rückwirkende Gleichstellung ohne Einschränkung)
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 10.09; NJW 2011, 1466
- Ebenso
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 21.09; DVBl 2011, 354, m. Anm. Hoppe, Tillman, 357
Vorinstanzen:
VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 10.09.2008 - 4 S 1533/05 (Ablehnung der Gleichstellung)
VG Freiburg, Urt. v. 16.06.2005 -3 K 2512/04 (Ablehnung der Gleichstellung)
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 21.09; DVBl 2011, 354, m. Anm. Hoppe, Tillman, 357
- Ebenso VGH Hessen, Urt. v. 28.09.2011 - 1 A 2381/10 juris
- Anderer Ansicht: zeitlich unbeschränkte rückwirkende Gleichstellung:
- Beamte, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben und Auslandsdienstbezüge erhalten, haben Anspruch auf Gewährung des Auslandszuschlags wie verheiratete Beamte (§ 55 BBesG in der bis 30. Juni 2010 geltenden Fassung; § 53 BBesG in der seit 1. Juli 2010 geltenden Fassung).
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 52.09; NVwZ-RR 2011, 205
Vorinstanz:
VG Berlin, Urt. v. 16.06.2009 - 26 A 108.06
- BVerwG, Urt. v. 28.10.2010 - 2 C 52.09; NVwZ-RR 2011, 205
- Um die volle Wirksamkeit der Richtlinie 2000/78/EG sicherzustellen, muss das Auswärtige Amt Beamten, die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben, bei einer Abordnung ins Ausland die auslandsbedingten Mehrkosten der Haushaltsführung am bisherigen Auslandsdienstort in gleicher Weise erstatten wie verheirateten Beamten.
- Wenn verpartnerte Beamte mit den Kindern ihres Lebenspartners in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, steht ihnen für ihre Stiefkinder derselbe Familienzuschlag der Stufe 2 zu wie verheirateten Beamten.
Das ergibt sich aus der Richtlinie 2000/78/EG und für hessische Beamte zusätzlich aus § 1a des Hessischen Besoldungsgesetzes. - OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 22.07.2008 - 3 LB 13/06 (rückwirkende Gleichstellung ohne Einschränkung)
Vorinstanz:- VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 27.08.2004 - 11 A 103/04 (rückwirkende Gleichstellung ohne Einschränkung)
- VG Stuttgart, Urt. v. 05.02.2009 - 4 K 1604/08; NVwZ 2009, 671; STREIT 2009, 173
- VG Berlin, Urt. v. 07.05.2009 - 7 A 95.07 - hinsichtlich des Auslandszuschlags; STREIT 2010, 32
- VG Berlin, Urt. v. 16.06.2009 - 26 A 108.06 - hinsichtlich des Auslandszuschlags
- VG Minden, Urt. v. 22.02.2010 - 4 K 2026/08
- VG Münster, Urt. v. 14.06.2010 - 4 K 901/09
- VG Wiesbaden, Urt. v. 23.09.2010 - 1 K 587/10.WI
- VG Frankfurt a.M, Urt. v. 15.10.2010 - 9 K 1676/10.F; IÖD 2011, 20
- VG Frankfurt a.M. Urt. v. 15.10.2010 - 9 K 1724/10.F
- VG Frankfurt a.M. Urt. v. 15.10.2010 - 9 K 1764/10.F
- Der VGH Hessen hat die Anträge des Landes Hessen auf Zulassung der Berufung gegen die drei vorstehenden Urteile als unzulässig zurückgewiesen:
VGH Hessen, Beschl. v. 29.03.2011 - 1 A 2428/10.Z
Folgende Verwaltungsgerichte haben schon vor den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.10.2010 ohne Einschränkung zugunsten verpartnerter Beamter entschieden:
Bundesarbeitsgericht
- 1. Das familienstandsbezogene Stufensystem des Ortszuschlags nach § 29 BAT berücksichtigt den Familienstand der Lebenspartnerschaft nicht. Die tarifliche Regelung ist mit der für die Tarifvertragsparteien nicht absehbaren Einführung des neuen familienrechtlichen Instituts der Eingetragenen Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare nachträglich lückenhaft geworden.
2. Aus dem Regelungskonzept und der familienbezogenen Ausgleichsfunktion des Ortszuschlags ergeben sich ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien, den lückenhaften Tarifvertrag durch die für verheiratete Angestellte geltende Regelung des § 29 Abschnitt B Abs 2 Nr 1 BAT zu schließen.- BAG, Urt. v. 29.04.2004 - 6 AZR 101/03; BAGE 110, 277; NZA 2005, 57; ZTR 2004, 519 , m. Anm. Berger-Delhey, Ulf, 510, und Aufs. Bergwitz, Christoph, 512; DB 2004, 2757; MDR 2004, 1241; Aufsatz Ingrid Schmidt, Arbeitsrecht im sozialen Dialog (Festschrift für Hellmut Wißmann zum 65. Geburtstag) 2005, 80; Anm. Christoph Bergwitz, AP Nr 2 zu § 26 BAT; Anm. Axel Braun, ArbRB 2004, 306;
siehe dazu das Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 21.10.2004 - D II 2 - 220 000/116, GMBl. 2004, 1077. Das dort erwähnte Rundschreiben vom 15.07.2004 finden Sie hier. - Vorinstanz:
LAG Düsseldorf, Urt. v. 05.12.2002 - 11 Sa 933/02; DB 2003, 669; ZTR 2003, 186; PflR 2004, 71, m. Anm. v. Roßbruch, Robert, 76
- BAG, Urt. v. 29.04.2004 - 6 AZR 101/03; BAGE 110, 277; NZA 2005, 57; ZTR 2004, 519 , m. Anm. Berger-Delhey, Ulf, 510, und Aufs. Bergwitz, Christoph, 512; DB 2004, 2757; MDR 2004, 1241; Aufsatz Ingrid Schmidt, Arbeitsrecht im sozialen Dialog (Festschrift für Hellmut Wißmann zum 65. Geburtstag) 2005, 80; Anm. Christoph Bergwitz, AP Nr 2 zu § 26 BAT; Anm. Axel Braun, ArbRB 2004, 306;
- Wenn ein Tarifvertrag für verheiratete Angestellte einen Auslandszuschlag vorsieht, muss verpartnerten Angestellten derselbe Auslandszuschlag gewährt werden.
Es ist unerheblich, dass die Tarivvertragsparteien hinsichtlich des Auslandszuschlags auf das Beamtenrecht verwiesen haben und dass dort Lebenspartner noch nicht mit Ehegatten gleichgestellt worden sind.- BAG, Urt. v. 18.03.2010 - 6 AZR 434/07; FamRZ 2010, 1333
- Vorinstanz:
LAG München, Urt. v. 10.05.2007 - 2 Sa 1253/06 - Siehe dazu auch BMI vom 04.01.2011, Az.: D 5 - 220 210 – 2/45: Auslandsbezüge gemäß § 45 (Bund) Nr. 8 TVöD-BT-V
HIER: Bezüge für Beschäftigte in eingetragener Lebenspartnerschaft
- § 29 Abschn. B Abs. 3 BAT-O benachteiligte eingetragene Lebenspartner gleichheitswidrig und war deshalb gemäß Art. 3 Abs. 1 GG unwirksam, soweit diese Bestimmung Angestellten, die Kinder ihres eingetragenen Lebenspartners in ihren Haushalt aufgenommen hatten, den Anspruch auf den kinderbezogenen Entgeltbestandteil im Ortszuschlag verwehrte.
- BAG, Urt. v. 18.03.2010 - 6 AZR 156/09; FamRZ 2010, 1335; NZA 2010, 824
- Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die in einer Eingetragener Lebenspartnerschaft leben, steht der familienbezogene Teil des Ortszuschlags für die Kinder ihrer Lebenspartner zu. Dieser Anspruch ergibt sich aus einer ergänzenden Auslegung des § 29 Abschnitt B Abs. 3 BAT.
Wenn die Arbeitnehmer mit ihren Lebespartnern und deren Kindern in einer Wohnung zusammenleben, haben sie die Kinder in ihren Haushalt im Sinne des § 63 EStG aufgenommen. Dabei kommt es nicht darauf an, wer im juristischen Sinne Mieter der gemeinsamen Wohnung ist. - Eine Angestellte im öffentlichen Dienst, die mit den Kindern ihrer Lebensgefährtin in einem Haushalt lebt und ihnen tatsächlichen Unterhalt gewährt, erhält den erhöhten kinderbezogenen Orts- bzw. Sozialzuschlag. Die Angestellte hat die Kinder nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen und gewährt den Kindern aufgrund einer sittlichen Verpflichtung Unterhalt.
- ArbG Hamburg Urt. v. 01.12.1999 - 11 CA 137/99; Streit 2000, 86. Gegen dieses Urteil hatte die Arbeitgeberin Sprungrevision zum BAG eingelegt, sie nach der mündlichen Verhandlung aber zurückgenommen.