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Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD)

Recht

Grundsicherung (Hartz IV)

Rechtssprechung zur Grundsicherung (Arbeitslosengeld II/ ALG II bzw. Hartz IV)

Bedarfsgemeinschaft, Verantwortungsgemeinschaft, Wirtschaftsgemeinschaft und Unterhaltspflichten - Rechtssprechung zur Grundsicherung (Arbeitslosengeld II/ Hartz IV)

1. Allgemein

Es ist unstatthaft, einem Hilfebedürftigen die Gewährung der Grundsicherung für Arbeitssuchende zunächst zu verweigern und ihm dann entgegenzuhalten, dass bereits das Überleben ohne die verweigerte Hilfe Zweifel an der Hilfebürftigkeit begründen.

Im einstweiligen Anordnungsverfahren können Leistungen (hier: Grundsicherung) im Regelfall erst ab Entscheidung durch das Gericht zuerkannt werden. Dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren.

Geht es im einstweiligen Anordnungsverfahren um den elementaren Lebensbedarf, darf sich das Gericht nicht auf eine lediglich summarische Prüfung beschränken. Der Sachverhalt ist vielmehr bereits im Eilverfahren möglichst umfassend aufzuklären.

Das Zusammenleben in einer Wohnung auf Grund eines Untermietvertrags führt allein nicht zur Annahme einer Bedarfsgemeinschaft.

1. Die Unbilligkeitsverordnung regelt abschließend die Ausnahmetatbestände, bei deren Vorliegen Leistungsberechtigte zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente nicht verpflichtet sind.

2. Die Aufforderung an Leistungsberechtigte zur Beantragung einer vorrangigen Leistung steht im Ermessen der Jobcenter.

2. Bedarfsgemeinschaft - Voraussetzungen

Bundesverfassungsgericht (BVerfG)

1. Bei der Ermittlung der Bedürftigkeit für die Gewährung existenzsichernder Leistungen (Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG) kann grundsätzlich unabhängig von einem Unterhaltsanspruch das Einkommen und Vermögen von Personen berücksichtigt werden, von denen in der familiären Gemeinschaft zumutbar zu erwarten ist, dass sie tatsächlich füreinander einstehen und "aus einem Topf" wirtschaften.

2. Weigern sich Eltern aber ernsthaft, für ihre nicht unterhaltsberechtigten Kinder einzustehen, fehlt es schon an einem gemeinsamen Haushalt und damit auch an der Voraussetzung einer Bedarfsgemeinschaft. Eine Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen scheidet dann aus; ein Auszug aus der elterlichen Wohnung muss dann ohne nachteilige Folgen für den Grundsicherungsanspruch möglich sein.

3. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Leistungen zur Existenzsicherung für unter und über 25-jährige Kinder in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern oder einem Elternteil sowie zwischen im elterlichen Haushalt lebenden volljährigen Kindern in den Leistungssystemen des SGB II und des SGB XII ist mit den Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes in Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

Bundessozialgericht (BSG)

Der Begriff der Haushaltsgemeinschaft wird gegenüber der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung zusammenleben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem „Topf wirtschaften. Die Vermutung der Erbringung von Unterstützungsleistungen ist allerdings nur gerechtfertigt, wenn dies nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen erwartet werden kann.

Die Vermutung des § 9 Abs. 5 SGB II i. V. m. § 1 Abs. 2 SGB II, dass Hilfebedürftige von mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten oder Verschwägerten Leistungen erhalten, kann im Einzelfall widerlegt werden, wenn vom Antragsteller Tatsachen benannt werden, die geeignet sind, Zweifel an der Richtigkeit der Vermutung zu begründen.

§ 1 Abs. 2 Alg II-VO steht im Einklang mit der Verordnungsermächtigung des § 13 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.

Eine Bedarfsgemeinschaft von Eheleuten im Sinn des SGB 2 kann auch bei Ehen ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt vorliegen. Für die Annahme "dauernden Getrenntlebens" muss gemäß familienrechtlichen Grundsätzen zur räumlichen Trennung ein nach außen erkennbarer Trennungswille eines Ehegatten zur Lösung des einvernehmlich gewählten Ehemodells hinzutreten.

1. Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft iS des SGB 2 liegt nur vor, wenn kumulativ die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzungen) und zwar 3. so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung).
2. Eine Wirtschaftsgemeinschaft ist gegeben, wenn Haushaltsführung und Bestreiten der Kosten des Haushalts gemeinschaftlich durch beide Partner erfolgen, wobei es nicht zwingend auf gleichwertige Beiträge ankommt; ausreichend ist eine Absprache zwischen den Partnern, wie sie diese zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

1. Wenn der der Leistungsberechtigte seiner Verpflichtung zur Inanspruchnahme vorrangiger Leistungen eines anderen Trägers nicht nachkommt, kann der SGB II-Leistungsträger ihn zur Beantragung dieser Leistungen auffordern und bei unterbliebener Mitwirkung für den Leistungsberechtigten den Antrag stellen.

2. Zu den vorrangigen Leistungen gehört grundsätzlich auch die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres trotz der mit ihr verbundenen dauerhaften Rentenabschläge. Die Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente durch den Leistungsberechtigten ist erforderlich, weil dies zur Beseitigung seiner Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II führt.

Landessozialgerichte (LSG)

Hinsichtlich der Beurteilungskriterien für das Vorliegen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst, c SGB II (hier einer lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft) ist auf die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur eheähnlichen Gemeinschaft entwickelten Maßstäbe zurückzugreifen.

Im Verhältnis der Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft findet die Vermutungsregelung des § 36 SGB XII neben § 20 SGB XII keine Anwendung. Auf das Bestehen einer solchen Gemeinschaft kann nur durch eine Gesamtwürdigung aller bekannten Indiztatsachen geschlossen werden.

Bei Partnern, die kürzer als ein Jahr zusammenleben, können nur besonders gewichtige Gründe die Annahme einer Einstandsgemeinschaft i.S.d. § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II rechtfertigen.

Ein gemeinsamer Haushalt zweier unverheiratet und auch nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft zusammen lebender Menschen führt nur dann zu einer wechselweisen Anrechnung von Einkommen und Vermögen, wenn zwischen beiden auch eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft besteht.

Hiervon ist in der Regel erst auszugehen, wenn das Zusammenleben länger als ein Jahr dauert.

Ebenso wie die Vermutung, dass nach einem Jahr eine Einstehensgemeinschaft besteht, widerlegt werden kann, ist es möglich, bereits in der Jahresfrist eine Einstehensgemeinschaft zu bejahen.

Das Zusammenleben in einer Wohnung auf Grund eines Untermietvertrags führt allein nicht zur Annahme einer Bedarfsgemeinschaft.

Es ist noch nicht obergerichtlich bzw. höchstrichterlich abschließend geklärt, ob die Gesetzgebung mit der Reglung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II nur eheähnliche und lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften erfassen wollte und dabei zugleich davon ausgegangen ist, dass diese beiden Lebensgemeinschaften, entsprechend der bundesverfassungsgerichtlichen Definition der eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfGE 87, 243), keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulassen.
     Entscheidungserheblich ist dies dann, wenn vorgetragen wird, dass eine Leistungsberechtigte mit mehreren Männern in „polyandrischer Lebensform“ zusammenlebe, also eine Form der Beziehung unterhalte, die weitere Lebensgemeinschaften dieser (selben) Art zulässt. Sollte dieser Vortrag tatsächlich zutreffen, wäre eine Bedarfsgemeinschaft zu verneinen.

1. Das "Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt" i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer "Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft". Für letzteres genügt eine konkludent getroffene Absprache zwischen den Partnern, wie sie die Haushaltsführung zum Wohle des partnerschaftlichen Zusammenlebens untereinander aufteilen.

2. Einer Wirtschaftsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass die Partner an keinem Gegenstand in der Wohnung Miteigentum haben. Auch ein Untermietverhältnis schliesst weder bei Einräumung des selbständigen noch des unselbständigen Mitgebrauchs eine solche aus. Alleine die Überlassung eines Teils der Wohnung zum selbständigen Alleingebrauch mit Vereinbarung eines Untermietzinses wäre u. U. geeignet, Indizwirkung gegen das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft zu entfalten.

3. Die Mitwirkungspflicht umfasst, Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen seines Partners zu tätigen, sofern feststeht, dass ihm diese zumindest ungefähr bekannt sind.

1. Die Frage im Antragsbogen für Alg II nach dem Vorliegen eines Partners in eheähnlicher Gemeinschaft stellt eine Frage nach einem Rechtsbegriff dar und erfordert vom Antragsteller rechtliche Wertungen; sie stellt keine Frage nach Tatsachen dar.

2. Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern ist es zwingend, dass die Partner in "einer Wohnung" zusammenleben, während bei einer Ehe die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, jedoch bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt eine solche i.S.d § 1353 BGB sein kann.

3. Da es bei der nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierten Verbundenheit mangelt, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw. nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern, dass der in Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.06.2013 - L 9 AS 103/13 B ER; vgl. auch BSG, Urt. v. 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R).

1. Die Feststellung des Zusammenlebens in einem gemeinsamen Haushalt nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst c SGB II kann nicht durch den Tatbestand des § 7 Abs. 3a SGB II, der eine gesetzliche Vermutung im Hinblick auf den wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, begründet, ersetzt werden.

2. Die Rechtsprechung des BSG zur Frage des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft unter Ehepartnern (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst a SGB II) insbesondere ohne gemeinsame Ehewohnung ist auf Fälle einer eheähnlichen Bedarfsgemeinschaft nicht übertragbar.

3. Trotz Partnerschaft liegt keine Bedarfsgemeinschaft vor, wenn keine objektiven Anhaltspunkte für eine Haushaltsgemeinschaft und für ein "Wirtschaften aus einem Topf"vorliegen.

Sozialgerichte (SG)

Nicht jede Form des Zusammenlebens, sondern nur ein qualifiziertes Zusammenleben im Sinne auch einer Wirtschaftsgemeinschaft löst die Vermutung nach § 7 Abs 3a Nr 1 SGB 2 aus.

Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft wird gegenüber der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung leben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (vgl. zur Haushaltsgemeinschaft BSGE 102, 258).

Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen daher über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und gegebenenfalls Gemeinschaftsräumen hinaus.

Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitgliedern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. ebenfalls zur Haushaltsgemeinschaft BSG, Urt. v. 27.01.2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 6).

Die letztgenannten Entscheidungen des BSG zur Haushaltsgemeinschaft gelten für die Bedarfsgemeinschaft erst Recht. Denn der Begriff der Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II ist nicht so weitgehend wie der einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die darüber hinaus eine enge Bindung der Partner in Form einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft voraussetzt (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 9, Rn. 52). 

Zur Abgrenzung von Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft von einer lebenspartnerschaftähnlichen Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft.

Die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft bei nicht verheirateten Partnern setzt zwingend das Bestehen eines gemeinsamen Haushalts voraus. Allein das Unterhalten einer Liebesbeziehung unter Beibehaltung getrennter Haushalte ist nicht geeignet, eine Bedarfsgemeinschaft zu begründen, auch wenn die Partner abwechselnd in der Wohnung des anderen Partners übernachten.

1. Das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt erfordert das Bestehen sowohl einer Wohn- als auch einer Wirtschaftsgemeinschaft (BSG, Urt. v. 23.08.2010 - B 4 AS 34/12 R, SozR 4-4200 § 7 Nr. 32). Dies erfordert aber nicht, dass sich das Zusammenleben in einer einzigen Wohnung vollzieht. Vielmehr kann auch bei getrennten oder mehreren Wohnungen (z.B. Ferien- oder Zweitwohnung) von einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft ausgegangen werden, wenn das gemeinsame Leben überwiegend in einer Wohnung oder als "funktionelles Zusammenleben" stattfindet.

2. Etwas Anderes ist auch der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht zu entnehmen, denn dieses fordere nur das Zusammenleben in einer Wohnung. In welcher von mehreren Wohnungen dies geschehe und ob ein Zusammenleben auch in mehreren Wohnungen möglich sei, werde damit noch nicht festgelegt.

3. Eine allein auf eine einzige Wohnung konzentrierte Sichtweise entspricht den realen Gegebenheiten nicht mehr. Zudem bedeutet dies gegenüber Verheirateten eine verfassungsrechtlich nicht unzweifelhafte Besserstellung von Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaften.

3. Aufklärung des Sachverhalts

Die Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff. SGB I gelten auch im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Leistungsempfänger nach dem SGB II sind verpflichtet, ihre Kontoauszüge der letzten drei Monate vorzulegen.

Leistungsempfänger dürfen die Empfänger von Zahlungen in den Kontoauszügen schwärzen, wenn andernfalls besondere personenbezogene Daten (Parteizugehörigkeit, konfessionelles Bekenntnis etc.) offengelegt werden müssten.

Bezieher von Arbeitslosengeld II müssen Hausbesuche der Arbeitsagentur bzw. ihrer Kommune als Träger der Grundsicherung nur dann gestatten, wenn diese berechtigte Zweifel an den Angaben des Betroffenen geltend machen können und ein Hausbesuch geeignet ist, diese berechtigten Zweifel aufzuklären. Vor Durchführung eines Hausbesuches ist also grundsätzlich vom Träger der Grundsicherungsleistungen zu verlangen, dass er seine berechtigten Zweifel an den jeweiligen Angaben in jedem Einzelfall dem Betroffenen darlegt und auch in Abhängigkeit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls beurteilt, ob der Hausbesuch ein taugliches Mittel zur Feststellung des begehrten Bedarfes ist.

Ein Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist nicht verpflichtet ist, die Besichtigung seiner Wohnung durch den Leistungsträger zu dulden. Das Gewähren des Wohnungszutritts bzw. das Dulden eines Hausbesuchs wird von § 60 Abs. 1 SGB I nicht erfasst (im Ergebnis ebenso VGH Hessen vom 18.11.1995, 9 TG 974/85, NJW 1986, S. 1129; Armborst in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, Anhang Verfahren Rn. 17; Winkler info also 2005, S. 251, 253).

Dem Leistungsträger ist es in einem solchen Fall aber nicht verwehrt, den Antrag ggf. wegen fehlender materieller Voraussetzungen (insbesondere fehlende Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 SGB II) abzulehnen.

Aus § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII kann sich die Verpflichtung zur Erteilung einer Auskunft über das Einkommen und Vermögen i.S. des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Ehegatten eines grundsätzlich zur Leistung von Elternunterhalt verpflichteten Kindes ergeben, soweit die begehrten Auskünfte geeignet und erforderlich sind, den Leistungsanspruch zu klären.

1. Eine Auskunftspflicht nach § 60 Abs 2 S 1 SGB 2 setzt auch voraus, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich Leistungen nach dem SGB 2 bezieht oder SGB 2 Leistungen beantragt hat und das Verwaltungsverfahren insoweit noch nicht abgeschlossen ist.

2. Eine erweiternde Auslegung von § 60 Abs 2 S 1 SGB 2 parallel zur Regelung in § 33 Abs 1 S 2 SGB 2 mit der Folge einer Auskunftspflicht auch bei fehlendem Leistungsbezug des Unterhaltsberechtigten ist nicht zulässig.

1. Verhindert eine Mutter durch Geheimhaltung des Namens des Vaters ihrer Tochter, dass Unterhaltsansprüche ihrer minderjährigen Tochter geltend gemacht werden können, wird hierdurch deren Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II nicht ausgeschlossen.

2. Die Leistungen nach dem SGB II dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgt.

3. Für den Leistungsausschluss im Bereich der Existenzsicherung ist eine eigenständige Ausschlussnorm erforderlich. Bei dem im SGB II verankerten Nachranggrundsatz handele es sich um keine eigenständige Ausschlussnorm.

4. Die Weigerung der Mutter, den Namen des Vaters mitzuteilen, kann geeignet sein, einen Erstattungsanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens gemäß § 34 Abs. 1 SGB II zu begründen.

4. Bedarfsgemeinschaft - Vermutung - Beweiswürdigung

Unerheblich ist auch, dass die Antragsteller die rechtlichen Folgen, welche der Gesetzgeber an das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Rahmen des SGB II geknüpft hat, offensichtlich nicht zu tragen gewillt sind. Vielmehr beurteilt sich die Frage nach allen äußeren, objektiv erkennbaren Umständen. Entgegenstehenden Erklärungen der Partner kommt in der Regel keine durchgreifende Bedeutung zu. Insofern ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Erklärungen der Beteiligten, die mehr und mehr erfahren haben, worauf es ankommt, um die Voraussetzungen für eine eheähnliche Gemeinschaft auszuschließen, immer weniger glaubhaft werden (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 26. Januar 1998 – 12 M 345/98 -, FEVS 48, S. 545 m. w. N.).

Das Zusammenleben muss so gestaltet sein, dass der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Schon aus dem Wortlaut der Norm folgt, dass es nicht darauf ankommt, ob dieser Wille tatsächlich subjektiv vorhanden ist. Entscheidend ist vielmehr, ob aus objektiver Sicht ein solcher Wille anzunehmen ist. Insofern ist von Bedeutung, ob von dem Dritten verlangt werden kann (vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992, Az.: 1 BvL 8/87; SG Reutlingen, Beschluss vom 17.11.2005, Az.: S 12 AS 3713/05 ER), für den Hilfebedürftigen Verantwortung zu tragen und für ihn einzustehen. Angesichts dieses objektiven Maßstabes ist es ohne Bedeutung, ob die beiden betroffenen Personen auch tatsächlich hierzu bereit sind.

Es ist Sache des Hilfebedürftigen, plausible Gründe darzulegen, die das Zusammenwohnen als reine Zweckgemeinschaft erkennen lassen (vgl. zur Rechtslage schon vor Einfügung des § 7 Abs. 3a SGB II Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.06.2005, Az.: L 11 B 226/05 AS ER). Die schlichte Erklärung, nicht in Verantwortungsgemeinschaft zu leben, genügt nicht (so ausdrücklich auch die Begründung des Gesetzentwurfes, BT-Drucksache 16/1410, S. 19; ferner SG Leipzig, Beschluss vom 07.11.2006, Az.: S 19 AS 1571/06 ER; SG Schleswig, Beschluss vom 28.11.2006, Az.: S 1 AS 1061/06 ER; siehe auch bereits SG Reutlingen, Beschluss vom 17.11.2005, Az.: S 12 AS 3713/05 ER, m.w.N. auch zur Gegenansicht zur früheren Rechtslage). Die Bewilligung von Arbeitslosengeld II wäre dann weitestgehend ins Belieben der Betroffenen gestellt und die gesetzlichen Regelungen – insbesondere die zum 1. August 2006 in Kraft getretene Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II und die damit in deren Anwendungsbereich bewirkte Beweislastumkehr – faktisch bedeutungslos.

Die gerichtliche Einschätzung, dass die freundschaftliche Beziehung von einer Art ist, die die Annahme begründet, dass bei den beiden beteiligten Personen der wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, erwartet werden kann, beruht auf einer Gesamtwürdigung der Umstände des Kennenlernens, Zusammenziehens und Zusammenlebens.

Im Rahmen der Amtsermittlung sind die Behörden bei der Feststellung, ob eine Haushaltsgemeinschaft vorliegt, in besonderer Weise auf die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Beteiligten angewiesen. Unklarheiten, die sich aus widersprüchlichen oder unwahren Angaben der Beteiligten ergeben, können sich zu ihren Lasten auswirken.

Maßgeblich für das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft sprechen der Abschluss eines gemeinsamen Mietvertrages, der gemeinsame Umzug in die Wohnung, die zeitgleiche Ummeldung und die Anschaffung von Einrichtungsgegenständen durch einen Beteiligten (auch) für den anderen Beteiligten. Eine Haushaltsgemeinschaft setzt nicht voraus, dass in allen Bereichen des Lebens aus einem gemeinsamen Topf gewirtschaftet wird (hier getrennte Besorgung von Lebensmitteln und dergleichen).

Von einer Auflösung der Haushaltsgemeinschaft kann erst dann ausgegangen werden, wenn ernsthafte und nachhaltige Anstrengungen zum Auszug eines Beteiligten unternommen werden; diese müssen in einer permanenten Beobachtung des Mietwohnungsmarktes und dem beständigen Versuch bestehen, Kontakte zu Vermietern aufzunehmen.

Erklärungen der Betroffenen, sie seien nicht bereit, Verantwortung füreinander zutragen und füreinander einzustehen, brauchen nicht zu dem Ergebnis zu führen, dass eine Einstehensgemeinschaft nicht existiert. Vielmehr ist zu fragen, ob eine solche unter den konkret vorliegenden Umständen im Lichte der gesellschaftlichen Anschauungen zu erwarten ist.

Es ist in der heutigen Zeit nichts Ungewöhnliches, wenn Paare zusammenziehen, ohne verheiratet zu sein. Dies dient regelmäßig dazu zu testen, ob die Beziehung auch hält, wenn man nicht nur die „Schokoladenseiten“ des anderen sieht, sondern im Alltag ständig zusammenlebt. Während dieser „Probezeit“ ist die Verbindung im Regelfall noch nicht derart gefestigt, dass vom Vorliegen einer Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft ausgegangen werden kann.

Was die Dauer einer zu akzeptierenden „Probezeit“ anlangt – die Dauer des Zusammenlebens ist das gewichtigste Indiz für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft (BVerwG, Urt. vom 17.5.1995 – 5 C 16.93 – BVerwGE 98, S. 195 ff., 199 f.) –, erscheint es sinnvoll, sich an der gesetzlichen Regelung in § 7 Abs. 3a SGB II zu orientieren. Danach wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung für einander zutragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner, ohne dass sonstige besondere Umstände vorhanden sind, länger als ein Jahr zusammenleben. Der Senat sieht in dieser Regelung nicht nur eine Erleichterung der Missbrauchsbekämpfung, sondern auch eine Bestimmung, bis zu welchem Zeitpunkt regelmäßig noch keine Einstehensgemeinschaft anzunehmen ist.
 

Ebenso wie die Vermutung, dass nach einem Jahr eine Einstehensgemeinschaft besteht, widerlegt werden kann, ist es möglich, bereits in der Jahresfrist eine Einstehensgemeinschaft zu bejahen (SG Hamburg, Beschl. vom 1.11.2006 – S 53 AS 2143/06 ER). Dafür müssen dann allerdings entsprechende Anhaltspunkte vorhanden sein.

Für die Annahme einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c SGB II müssen drei Voraussetzungen gegeben sein. Neben einer auf Dauer angelegten eheähnlichen oder nicht eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft und dem wechselseitigen Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, ist auch ein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftgemeinschaft erforderlich (vgl. Hänlein in Gagel, SGB III, § 7 SGB II, Rn. 46 ff.; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 7, Rn. 44 ff., Landessozialgericht Sachsen, Beschluss vom 10. September 2009 - L 7 AS 414/09 B ER - juris).

Für ein Zusammenleben ist ein auf Dauer angelegtes gemeinsames Wohnen notwendig (vgl. BSG, Urteil vom 17. Oktober 2007 - B 11a/7a AL 52//06 R - SozR 4-4300 § 144 Nr. 16).

Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft wird gegenüber der Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung leben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem "Topf" wirtschaften (vgl. zur Haushaltsgemeinschaft BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 68/07 R - BSGE 102, 258-263). Die Anforderungen an das gemeinsame Wirtschaften gehen daher über die gemeinsame Nutzung von Bad, Küche und gegebenenfalls Gemeinschaftsräumen hinaus. Auch der in Wohngemeinschaften häufig anzutreffende gemeinsame Einkauf von Grundnahrungsmitteln, Reinigungs- und Sanitärartikeln aus einer von allen Mitgliedern zu gleichen Teilen gespeisten Gemeinschaftskasse begründet noch keine Wirtschaftsgemeinschaft (vgl. ebenfalls zur Haushaltsgemeinschaft BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 6/08 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 6). Die letztgenannten Entscheidungen des BSG zur Haushaltsgemeinschaft gelten für die Bedarfsgemeinschaft erst Recht. Denn der Begriff der Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II ist nicht so weitgehend wie der einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die darüber hinaus eine enge Bindung der Partner in Form einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft voraussetzt (vgl. Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 9, Rn. 52).

Unter den Voraussetzungen des § 7 Abs. 3a SGB II kann der oben genannte wechselseitige Wille vermutet  werden, um den Leistungsträger von der Ausforschung im Bereich der privaten Lebenssphäre der Betroffenen zu entbinden, Eingriffe in deren Intimsphäre zu vermeiden und diese nicht zu nötigen, gegen ihren Willen auch allerpersönlichste, innerste Gedanken und Motive für das Zusammenleben mitzuteilen (vgl. BSG, Urteile vom 5. Mai 2009 - B 13 R 53/08 R - SozR 4-2600 § 46 Nr. 5 - und B 13 R 55/08 R - SozR 4-2600 § 46 Nr. 6 - zu § 46 Abs. 2a SGB des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch unter Hinweis auf § 7 Abs. 3a SGB II).

Die Vermutung kann widerlegt werden (Beweis des Gegenteils, § 294 der Zivilprozessordnung) und wirkt sich nur auf die Darlegungslast des Leistung begehrenden Hilfebedürftigen aus, wobei an den Gegenbeweis keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind. Sie befreit weder den Leistungsträger noch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit von ihrer Amtsermittlungspflicht.

Bei der Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c und Abs. 3a SGB II sind schließlich auch die weiteren Ausführungen des BVerfG im bereits genannten Urteil vom 17. November 1992 (a. a. O.) zu beachten. Danach „war es von Verfassungs wegen nicht geboten, eine generelle Gleichstellung von eheähnlichen Gemeinschaften und Ehen ... vorzunehmen, um der ... festgestellten Benachteilung von Ehegatten gegenüber Partnern eheähnlicher Gemeinschaften abzuhelfen. Verfuhr der Gesetzgeber jedoch in dieser Weise, durfte er nur solche Gemeinschaften erfassen, in denen die Bindungen der Partner so eng sind, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden kann. Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die verschärfte Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar.“ Des Weiteren könnte sich das Regelungskonzept des § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II „tendenziell in Richtung Verfassungswidrigkeit verschieben, je weiter der Begriff der Bedarfsgemeinschaft gefasst und je unkritischer Personen zu Bedarfsgemeinschaften zwangsverklammert werden“ (vgl. Spellbrink, NZS 2007, 121, 127).

5. Bedarfsgemeinschaft - Berechnung

2006

Wenn die Betroffenen in einem gemeinsamen Haushalt leben und "aus einem Topf wirtschaften", das heißt wenn die Betroffenen eine Haushaltsgemeinschaft i.S.v. § 9 Abs. 5 SGB II bilden, sind die Kosten für Unterkunft und Heizung im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich anteilig pro Kopf zu ermitteln. Diese Regelung kann nicht durch eine Vereinbarung der Bewohner über die zu tragenden Kosten zu Lasten des Sozialhilfeträgers abbedungen werden.

2007

Die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks ist im Regelfall nach den Vorgaben des II. WoBauG - Grenzwert 130 qm für Vierpersonenhaushalt - zu bestimmen (Bestätigung und Weiterführung von BSG, FEVS 58, 241 = Breithaupt 2007, 597).

Ob und gegebenenfalls in welcher Weise ein Hausgrundstück im Rahmen der Prüfung der Hilfebedürftigkeit i.S.d. SGB II tatsächlich verwertbar ist, richtet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles. Der Hilfebedürftige kann grundsätzlich zwischen mehreren Verwertungsarten wählen, die den Hilfebedarf decken; es ist nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, dem Hilfebedürftigen konkrete Verwertungsmöglichkeiten aufzuzeigen oder nachzuweisen.

Die Annahme einer besonderen Härte i.S.d. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II erfordert außergewöhnliche Umstände. Die Verwertung eines die Angemessen-heitsgrenze überschreitenden Hausgrundstücks stellt nicht schon deshalb eine besondere Härte dar, weil es bereits vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit vorhanden war.

Im Fall einer so genannten "gemischten Bedarfsgemeinschaft", bei der eine Person nach dem SGB 2 - Grundsicherung für Arbeitsuchende - und die andere nach dem SGB 12 - Sozialhilfe - leistungsberechtigt ist, erhält der Partner der Bedarfsgemeinschaft, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und nach dem SGB 12 leistungsberechtigt ist, Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 90 vom Hundert des Eckregelsatzes; wer Haushaltsvorstand bzw -angehöriger ist, ist ohne Bedeutung.

Verwertbarkeit von Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB II kann nur dann angenommen werden, wenn der Berechtigte in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln - autonom - herbeizuführen. Ist dagegen völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt wie z.B. der Tod des Nießbraiuchsberechtigten, so liegt eine generelle Unverwertbarkeit bereits i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB II vor.

2008

Nutzen Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen, so sind die Kosten im Regelfall anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt auch dann, wenn eine Hilfebedürftige gemeinsam mit ihrer Tochter, die BAföG-Leistungen bezieht, eine Wohnung nutzt.

Die "Empfehlungen für die Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe" des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge eV aus dem Jahr 1997 sind weder als Rechtsnormen noch derzeit als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen. Sie können im Regelfall zur Konkretisierung des angemessenen Mehrbedarfs iS des § 21 Abs 5 SGB 2 herangezogen werden.

Maßgeblich für die Bestimmung des Mehrbedarfs sind stets die im Einzelfall medizinisch begründeten tatsächlichen Kosten für eine besondere  Ernährung, die von der Regelleistung nicht gedeckt ist.

Vermögen aus einem angemessenen Bestattungsvorsorgevertrag ist bei der Gewährung von Sozialhilfe nicht zu berücksichtigen; seine Verwertung stellt eine Härte dar, es sei denn, durch den Abschluss des Bestattungsvorsorgevertrags wurde das Vermögen in der Absicht gemindert, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung der Leistung herbeizuführen.

Ein Empfänger von Alg II muss sein angemessenes Kfz, das Schonvermögen nach den Regelungen des SGB 2 - Grundsicherung für Arbeitsuchende - ist, nicht für seine Ehefrau verwerten, bevor diese Sozialhilfe nach dem SGB 12 - Sozialhilfe - erhalten kann.

Zur einkommensmindernden Berücksichtigung von Kfz-Steuern und Kfz-Versicherungsbeiträgen in diesem Fall (gemischte Bedarfsgemeinschaft), wenn nur die Ehefrau leistungsminderndes Einkommen erzielt.

Die Berücksichtigung eines aus einer Schmerzensgeldzahlung herrührenden angesparten Vermögens stellt für den Betroffenen eine besondere Härte i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 2 SGB II dar. Das Schmerzensgeld ist jeweils in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe geschützt.

Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alternative 1 SGB II liegt dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des Vermögensgegenstandes steht.

Zur angemessenen Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks als nicht zu berücksichtigendes Vermögen bei der Feststellung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB 2.

Die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtet sich bei Mietern und Hauseigentümern nach einheitlichen Kriterien.

Die offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung einer Lebensversicherung bestimmt sich nach dem Verhältnis von eingezahlten Beiträgen und Substanzwert (Verkehrswert/Rückkaufswert der Versicherung - Fortführung von BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R = SozR 4-4200 § 12 Nr 5) im Zeitpunkt der Antragstellung und unter Berücksichtigung wesentlicher Änderungen während des Leistungsbezugs.

Bei wesentlicher Änderung in der Gestalt einer Beleihung sind die vor der Beleihung gezahlten Beiträge in dem Verhältnis gemindert anzusetzen, in dem die während des streitigen Zeitraums aufgenommene Beleihungssumme zu dem bei der Antragstellung festgestellten Rückkaufswert steht.

Bei sog gemischten Bedarfsgemeinschaften ist bei der Prüfung der Hilfebedürftigkeit von dem Einkommen des nicht leistungsberechtigten Mitglieds (hier eines Altersrentners) dessen eigener Bedarf nach dem SGB 2 abzuziehen. Der ungedeckte Gesamtbedarf wächst entgegen der Verteilungsregel in § 9 Abs 2 S 3 SGB 2 allein dem leistungsberechtigten Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu.

Innerhalb der Bedarfsgemeinschaft ist der individuelle Anspruch des einzelnen Partners auf Alg II nach dem Verhältnis seines Bedarfs zum Gesamtbedarf zu berechnen (horizontale Berechnungsmethode); es ist nicht nach Ermittlung der individuellen Bedarfe der Partner nur das überschießende Einkommen zu verteilen (vertikale Berechnungsmethode).

Lebt ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger nicht in einer Bedarfsgemeinschaft, sondern in einer bloßen Wohngemeinschaft, ist bei der Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf ihn als Einzelperson abzustellen.

2009

Besondere Lebensumstände, die die Zuerkennung des hälftigen Mehrbedarfs wegen Alleinerziehung rechtfertigen, liegen vor, wenn sich geschiedene und getrennt wohnende Eltern bei der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kinds in größeren, mindestens eine Woche umfassenden Intervallen abwechseln und sich die anfallenden Kosten in etwa hälftig teilen.

Lebt eine Empfängerin von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung mit ihrem volljährigen, Arbeitslosengeld II beziehenden Sohn zusammen, ist eine Reduzierung ihres Regelsatzes für die Hilfe zum Lebensunterhalt als Haushaltsangehörige im Rahmen der Sozialhilfe nicht gerechtfertigt.

Die Anrechnung von Einkommen eines anderen Mitgliedes der Bedarfsgemeinschaft kann, auch bei Berücksichtigung des § 9 Abs 2 S 3 SGB 2, dann ausgeschlossen sein, wenn es sich nicht um eine "funktionierende Bedarfsgemeinschaft" handelt.

  • LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 02.01.2009 - L 11 B 541/08 AS ER, FEVS 60, 430

Bei einem Hilfebedürftigen, der Leistungen der Grundsicherung bezieht, darf ein gegen einen Elternteil bestehender Unterhaltsanspruch bei der Leistungsberechnung grundsätzlich nur in der Höhe berücksichtigt werden, in der er tatsächlich zur Auszahlung an das Kind gelangt. Unerheblich ist, ob in einer Unterhaltsvereinbarung ein höherer Betrag vereinbart worden ist.

Die Ausschlagung einer werthaltigen Erbschaft, die dazu führt, dass die Sozialhilfebedürftigkeit des vorläufigen Erben fortbesteht, verstößt gegen die guten Sitten, es sei denn die Ausschlagung kann ausnahmsweise durch ein überwiegendes Interesse des Erben motiviert werden.

Erfolgt die Ausschlagung durch den Betreuer des Sozialhilfeempfängers, so kann diesem die nach § 1822 Nr. 2 BGB notwendige vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erteilt werden.

  • OLG Hamm, Beschl. v. 16.07.2009 - 15 Wx 85/09;FamRZ 2009, 2036; FGPrax 2009, 265; ZErb 2009, 302 u. 329; ZFE 2009, 478; RNotZ 2009, 603; NotBZ 2009, 456; Rpfleger 2009, 679; BtPrax 2009, 302, m. Anm. Ihrig, Thomas, 304; NJW-RR 2010, 77

Eine Verfügung von Todes wegen, mit der Eltern ihr bewhindertes, durch den Sozialhilfeträger unterstütztes Kind nur als Vorerben auf einen den Pflichtteil kaum übersteigenden Erbteil einsetzen, bei seinem Tod ein anders Kind als Nacherben berufen (sog. Behindertentestament), verstößt nicht gegen die guten Sitten.
 

Ein von dem behinderten Kind mit seinen Eltern lebzeitig abgeschlossener Pflichtteilsverzichtsvertrag ist auch nicht im Falle des Bezuges von Sozialleistungen sittenwidrig.

  • OLG Köln, Urt. v. 09.12.2009 - 2 U 46/09; FamRZ 2010, 838; ZErb 2010, 56; ZEV 2010, 87, m. Anm. Bengel, Manfred/Spall, Lorenz, 195; RNotZ 2010, 139; ZFSH/SGB 2010, 317; Rpfleger 2010, 140; Anm. Mensch, Sebastian, BWNotZ 2010, 137

2010

Nur soweit Hilfebedürftige mit Verwandten oder Verschwägerten in einer Haushaltsgemeinschaft leben, kann vermutet werden, dass ihnen Unterstützungsleistungen zufließen, ohne dass dies im Einzelnen nachgewiesen sein muss.

Eine faktische Bedarfsdeckung durch Hilfeleistungen Dritter kann auch nicht dann unterstellt werden, wenn das Lebensnotwendige beim Antragsteller ohne Grundsicherungsleistungen offensichtlich gesichert war.

Unterstützungsleistungen von Verwandten oder Verschwägerten, die über deren Leistungsfähigkeit hinaus erfolgen, sind zur Deckung der Bedarfe nur heranzuziehen, wenn ihr Zufluss im Einzelnen nachgewiesen ist.

Im Wege verfassungskonformer Auslegung von § 26 Abs. 2 SGB II ist bei Beziehern von Arbeitslosengeld II, die privat krankenversichert sind und aufgrund der Neuregelung in § 5 Abs. 5 a Satz 1 SGB V ab dem 01.Januar 2009 auch nicht mehr durch den Bezug von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig werden, der Beitrag zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe zu übernehmen.

Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die als Darlehen mit einer zivilrechtlich wirksam vereinbarten Rückzahlungsverpflichtung belastet sind, sind bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

An den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertrags unter Verwandten sind strenge Anforderungen zu stellen, um eine Darlehensgewährung eindeutig von einer Schenkung oder einer Unterhaltsleistung abgrenzen zu können.

2011

1. Arbeitslosengeld II ist bei der Bewilligung von Sozialhilfe nicht als Partnereinkommen zu berücksichtigen.

2. Zur sonstigen Berücksichtigung von Einkommen bei gemischten Bedarfsgemeinschaften im Rahmen sozialhilferechtlicher Leistungen zum Lebensunterhalt.

2013

1. Die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sind innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft nach gefestigter Rechtsprechung des BSG im Regelfall unabhängig von Alter und Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen, wenn Hilfebedürftige eine Unterkunft gemeinsam mit anderen Personen nutzen.

2. Ausnahmen hiervon sind bei einem über das normale Maß hinausgehenden Bedarf einer der in der Wohnung lebenden Person wegen Behinderung oder Pflegebedürftigkeit denkbar oder wenn der Unterkunftskostenanteil eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft wegen einer bestandskräftigen Sanktion weggefallen ist und die Anwendung des Kopfteilprinzips zu Mietschulden für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft führen würde.

3. Wenn mehrere Personen eine Wohnung nutzen, ohne eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden, z.B. bei Wohngemeinschaften, für die Aufteilung der Unterkunftskosten, ist - abweichend vom Kopfteilprinzip - derjenige Anteil entscheidend, der nach den internen Vereinbarungen auf den jeweiligen Mitbewohner entfällt. Maßgebend ist insoweit, ob eine wirksame vertragliche Vereinbarung besteht.

4. Bei derGesamtwürdigung der Umstände ist für die Auslegung der Vereinbarungen insbesondere die spätere tatsächliche Übung der Parteien, mithin der tatsächliche Vollzug des Vertragsinhalts zu berücksichtigen.

2014

Bei der Verwertung von Lebensversicherungen als Vermögen ist die Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit nicht auf die "Verlustquote" im Verhältnis von Substanzwert (eingezahlte Beiträge) und Verkehrswert (Rückkaufswert) zu beschränken.

Bei der Berücksichtigung von Einkommen nach dem SGB II kann der nicht verbrauchte Teil der nur vom Erwerbseinkommen abzugsfähigen Erwerbstätigenpauschale nicht auf eine andere Einkommensart (hier Kindergeld) übertragen werden.

1. Ein Kind, das bei der Mutter lebt, bildet mit dieser eine Bedarfsgemeinschaft und hat nach § 7 Abs. 2 und 3 Nr. 1 SGB 2 Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung. Für Zeiten des Aufenthalts bei dem getrennt von der Mutter lebenden Vater hat es als Mitglied dieser temporären Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf Sozialgeld, soweit nicht der Vater durch sein Einkommen oder Vermögen gemäß § 9 Abs. 2 S. 2 SGB 2 in der Lage ist, seinen Bedarf und den Bedarf des Kindes zu decken. Für diese Zeit steht dem Kind kein Sozialgeldanspruch als Teil der Bedarfsgemeinschaft mit der Mutter zu. Es handelt sich um zwei verschiedene Ansprüche des Kindes, welche sich in zeitlicher Hinsicht gegenseitig ausschließen.

2. Auf die jeweiligen Ansprüche ist das bezogene Kindergeld anteilig anzurechnen.

2015

Eine Übertragung der Rechtsprechung des Senats zum sogenannten "Wechselmodell§ (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 50/07 R) auf andere Betreuungskonstellationen, bei denen – nach den tatsächlichen Verhältnissen – abweichende Anteile der Betreuungsleistungen der Eltern praktiziert werden, scheidet aus. Mit dem Merkmal der Alleinerziehung verbindet der Gesetzgeber schon nach dem Wortlaut der Regelung eine besondere Familienkonstellation und knüpft dabei an die Hauptverantwortung für ein Kind an. Mit Letzterem wird der Fokus des Gesetzes jedoch nicht nur auf den "Alleinerziehenden" gerichtet. Es soll auch die Situation des Kindes in der besonderen Familienkonstellation der Alleinerziehung verbessert werden. Dessen Lebensbedingungen werden vorwiegend durch die Situation des Elternteils geprägt, bei dem es hauptsächlich lebt.

1. Zinsen die auf einen Bausparvertrag gut geschrieben werden, stehen erst mit der Überweisung auf ein zur Bestreitung des Lebensunterhalts frei verfügbares Konto so zur Verfügung, dass sie als bereite Mittel zur Existenzsicherung eingesetzt werden können.

2. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund der Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten – hier der vorzeitigen Kündigung des Bausparvertrags – (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art. 1 GG i.V.m. Art. 20 GG nicht vereinbar.

2016

Zu den tatsächlichen Aufwendungen für eine Unterkunft gehören auch die Kosten, die dem Leistungsberechtigten durch die Nutzung der Wohnung entstehen und von ihm faktisch (mit-)getragen werden, ohne dass eine entsprechende rechtliche Verpflichtung bestehen muss.

2017

Das Jobcenter muss die vollen Kosten einer Wohnung übernehmen, wenn diese von einer Lebensgemeinschaft aus einem Deutschen und einer EU-Ausländerin bewohnt wird und letztere einkommens- und vermögenslos ist.

1. Aufwandsentschädigungen nach § 3 Nr. 26 und 26a Einkommensteuergesetz (Übungsleiterpauschale und Ehrenamtspauschale) gelten beim Arbeitslosengeld I und II nicht als anrechnungsfähiges Einkommen. Die Nichtanrechnungsgrenze erhöht sich dabei auf insgesamt bis zu 200 Euro. Das gilt nicht nur für Aufwandsentschädigungen im Wortsinn.

2. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zahlungen eine "Aufwandsentschädigung" oder eine Vergütung sind. Greift die Regelung des § 3 Nr. 26 und 26a Einkommensteuergesetz, erfolgt grundsätzlich keine Anrechnung.

Mit der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, dass der Bedarf für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt wird, soweit diese angemessen sind, hat der Gesetzgeber seiner aus der Verfassung herzuleitenden Pflicht genügt, einen konkreten gesetzlichen Anspruch zur Erfüllung des Grundrechts auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu schaffen. Der Gesetzgeber muss keinen Anspruch auf unbegrenzte Übernahme der Wohnungskosten vorsehen. Die Regelung ist auch ausreichend klar und verständlich.

6. Stiefkinder

Es ist verfassungsgemäß, dass seit dem 1.8.2006 nach dem SGB 2 bei der Feststellung des Hilfebedarfs eines Kindes, das mit einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, auch das Einkommen und Vermögen dessen Partners zu berücksichtigen ist.

7. Umgangsrecht

Die Regelungen des SGB II lassen eine Erhöhung der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts über die gesetzliche Pauschale hinaus nur in den dort ausdrücklich geregelten Fällen zu.

Zur Frage, welche Leistungen bei Bedürftigkeit zu gewähren sind, um einem geschiedenen Elternteil den Umgang mit seinen minderjährigen Kindern zu ermöglichen.

Die Kosten des Umgangsrechts gehören zu den persönlichen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens, für die über die Regelsätze für laufende Leistungen hinaus einmalige oder laufende Leistungen zu erbringen sind. Es handelt sich deshalb bei den Kosten des Umgangsrechts um einen unabweisbaren, nicht nur einmaligen besonderen Bedarf i.S.v. § 21 Abs. 6 SGB II.

Der Hilfebedürftige kann Erstattung der Kosten verlangen, die ein verständiger Umgangsberechtigter außerhalb des Bezugs von Grundsicherungsleistungen aufwenden würde. Hierbei sind auch die Umstände des Einzelfalles zu beachten, insbesondere die Ausübung des Umgangsrechts in der Vergangenheit.

Der besondere laufende Bedarf für Fahrkosten zur Ausübung des Umgangsrechts ist erheblich i.S. der speziellen Bagatellgrenze des § 21 Abs 6 SGB II, wenn sich unter Berücksichtigung der Kilometerpauschale in Höhe von 20 Cent gem. § 5 Abs 1 BRKG ein monatlicher Bedarf in Höhe von 27,20 Euro ergibt. Eine Anknüpfung an § 6 Abs 1 Nr 3 Buchst b AlgIIV 2008 bei der Berechnung der Fahrkosten verbietet sich in Fällen wie dem vorliegenden. 

Das Jobcenter muss Fahrtkosten, die einem Leistungs­berechtigten durch die Ausübung des Umgangsrechts mit seinem eigenen Kind entstehen, nur in Höhe des günstigsten Bahntickets (hier: Bayernticket) übernehmen. 

Rechtsprechung zum alten Recht

8. Sozialhilfe

Ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung scheidet wegen der Inanspruchnahme unterhaltspflichtiger Eltern nicht schon aus, wenn beide Eltern zusammen über ein jährliches Gesamteinkommen von 100 000 Euro verfügen, sondern erst, wenn dies für mindestens einen Elternteil zutrifft.