Ratgeber Mietrecht: Diskriminierung bei der Wohnungssuche und Einzug von (Lebens)Partner*innen
Diskriminierung bei der Wohnungssuche (AGG) - Ein- und Auszug von Partner*innen - Eigenbedarfskündigung (Stand: 2022)
Inhaltsverzeichnis
- Kann ich mich wehren, wenn ich bei der Wohnungssuche wegen meiner sexuellen Orientierung diskriminiert werde? Gilt das AGG?
- Vertragsabschluss: Was passiert, wenn ich verschweige, dass ich mit Partner*in in die Wohnung ziehe?
- Können es Vermieter*innen, dass mein*e Partner*in einzieht? Brauche ich dafür eine Erlaubnis?
- Nach Trennung und Aufhebung der Lebenspartnerschaft: Wer darf in der Wohnung bleiben?
- Muss ich aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, wenn mein*e Partner*in stirbt?
- Ich vermiete selbst eine Wohnung. Kann ich Mieter*innen wegen Eigenbedarf kündigen, wenn ich die Wohnung für meine Lebenspartnerin/-gefährtin brauche?
1. Kann ich mich wehren, wenn ich bei der Wohnungssuche wegen meiner sexuellen Orientierung diskriminiert werde? Gilt das AGG?
Leider schützt das Allgemeine Gleichbehandlungs-Gesetz (AGG) nicht vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung bei der Wohnungssuche.
Bei der Anbahnung zivilrechtlicher Verträge schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht generell vor Benachteiligungen aus Gründen der sexuellen Identität, sondern nur bei unpersönlichen Geschäften und bei privatrechtlichen Versicherungen (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AGG).
Als unpersönliche Geschäfte gelten „Massengeschäfte“, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen und Geschäfte, bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG).
Vielmehr erlaubt das AGG sogar bei der Vermietung von Wohnraum eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse (§ 19 Abs. 3).
Ergänzend bestimmt § 19 Abs. 5 AGG, dass das Benachteiligungsverbot auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse keine Anwendung findet:
„bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen" begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen. Die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist in der Regel kein Geschäft im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet.“
Deshalb können sich Lesben und Schwule nicht auf das AGG berufen, wenn ihnen Vermieter*innen erklären, dass sie nicht an Homosexuelle vermieten.
Anders dagegen, wenn sich ein Restaurant weigert, die Hochzeitsfeier von gleichgeschlechtlichen Paaren auszurichten, obwohl dort laufend solche Feiern stattfinden. Denn das Restaurant richtet die Feiern in einer "Vielzahl von Fällen" aus und wer jeweils heiratet hat dabei nur nachrangige Bedeutung (LG Köln, Urt. v. 13.11.2015 - 10 S 137/14; NJW 2016, 510).
2. Vertragsabschluss: Was passiert, wenn ich verschweige, dass ich mit Partner*in in die Wohnung ziehe
Felix und Andreas sind noch nicht verpartnert, sind aber seit einem Jahr ein Paar und möchten zusammenziehen. Felix hat es übernommen, eine gemeinsame Wohnung zu suchen. Während der Wohnungs-Besichtigung überreicht ihm der Vermieter einen "Selbstauskunftsbogen", in welchem nach dem Mit-Einzug weiterer Personen gefragt wird. Da Felix befürchtet, dass der Vermieter die Wohnung nicht an ein schwules Paar vermieten wird, gibt er an, die Wohnung alleine beziehen zu wollen. Der Mietvertrag wird daraufhin von Felix und dem Vermieter unterzeichnet. Zwei Wochen später zieht Felix zusammen mit Andreas in die Wohnung ein.
Hier hatte der Vermieter explizit nachgefragt und eine falsche Antwort erhalten. Er kann deshalb den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten mit der Folge, dass dieser als nicht abgeschlossen gilt.
Felix und Andreas müssten dann die Wohnung wieder verlassen. Hätte der Vermieter jedoch von Felix keinerlei Auskünfte verlangt, so bliebe ihm die Möglichkeit der Anfechtung verwehrt. Der Mietvertrag behielte seine Gültigkeit.
3. Kann die Vermieterin ablehnen, dass mein*e Partner*in einzieht? Brauche ich eine Erlaubnis?
Susanne bewohnt eine geräumige Mietwohnung in Mannheim. Sie geht mit Petra eine Lebenspartnerschaft ein. Petra wohnte bisher in Köln, möchte nun aber ihr Leben zusammen mit Susanne in Mannheim verbringen. Susanne fragt sich, ob sie ihren Vermieter für den Einzug Petras in ihre Wohnung um Erlaubnis bitten muss.
3.1 Keine Erlaubnis notwendig bei Verpartnerung oder Hochzeit
§ 540 BGB bestimmt, dass Mieter*innen den Gebrauch der Mietsache einem Dritten nicht ohne die Erlaubnis des Vermieters überlassen dürfen. "Dritter" ist grundsätzlich jede Person mit Ausnahme der in dem Mietvertrag aufgeführten Person.
Kein "Dritter" sind die nächsten Angehörigen der Mieter*innen und Besucher*innen. Zu den Angehörigen gehören insbesondere Ehe- bzw. Lebenspartner*innen, die Kinder, die Stiefkinder und die Enkel*innen sowie gegebenenfalls die Eltern. Bei kranken und pflegebedürftigen Mieter*innen können das auch die Pflegepersonen sein (BGHZ 157, 1; BGH, NJW 2013, 2507).
Susanne braucht deshalb keine Erlaubnis des Vermieters einzuholen. Sie muss dem Vermieter aber mitteilen, dass ihre Lebenspartnerin in die Mietwohnung eingezogen ist.
3.2 Erlaubnis notwendig, wenn keine Lebenspartnerschaft oder Hochzeit
Anders dagegen, wenn Susanne und Petra nicht verpartnert wären. Partner*innen, die nicht verheiratet oder verpartnert sind, gelten als "Dritte" i.S.v. § 540 BGB. Mieter*innen einer Wohnung benötigen daher der Erlaubnis der Vermieter*innen, wenn Partner*innen in die Wohnung ziehen wollen.
Der – auf höchstpersönlichen Motiven beruhende und deshalb nicht näher zu begründende – Wunsch des Mieter*innen, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft zu begründen oder fortzusetzen, reicht in aller Regel aus, um ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme des Dritten in die Wohnung darzulegen.
Vermieter*innen können diese Erlaubnis nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB nur verweigern, wenn die Mitbenutzung der Wohnung durch die weitere Person für ihn unzumutbar ist, etwa wegen einer Überbelegung der Wohnung (BGHZ 157, 1).
Allerdings gilt dies nur, wenn das „Interesse" an der Aufnahme des Lebensgefährten in die Mietwohnung eindeutig nach dem Abschluss des Mietvertrages entstanden ist. Dies führt immer dann zu Problemen, wenn auf Grund des geringen Abstands zwischen dem Mietvertragsabschluss und der Aufnahme des Lebensgefährt*innen die Vermutung nahe liegt, dass die Aufnahme von vorne herein geplant war und nur deshalb verschwiegen wurde, weil dem Widerstand des Vermieters gerechnet wurde.
Der Vermieter bleibt hart und verweigert die Erlaubnis. Petra zieht trotzdem in die Wohnung von Susanne ein. Darauf reagiert der Vermieter mit einer fristlosen Kündigung.
Nehmen Mieter*innen eine Untervermietung vor oder einen "Dritten" in die Wohnung auf, ohne die erforderliche Erlaubnis der Vermieter*innen einzuholen, verletzen sie ihre vertraglichen Pflichten auch dann, wenn sie einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis haben.
Ob ein derartiger Vertragsverstoß die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigt, ist unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen.
Haben Mieter*innen die Vermieter*innen rechtzeitig um eine Erlaubnis zur Untervermietung gebeten, so ist eine auf die fehlende Erlaubnis gestützte Kündigung rechtsmissbräuchlich, wenn die Vermieter*innen ihrerseits zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet waren und ihnen somit selbst eine Vertragsverletzung zur Last fällt (BGH, NJW 2011, 1065)
4. Nach Trennung und Aufhebung der Lebenspartnerschaft: Wer darf in der Wohnung bleiben?
Wenn sich die Lebenspartner*innen trennen, darf der eine den anderen nicht einfach aus der Wohnung aussperren (Auswechseln des Türschlosses). Wenn sich die beiden nicht über die weitere Benutzung der Wohnung einigen können, müssen sie das Familiengericht anrufen.
Die Entscheidung des Familiengerichts gilt nur für die Zeit der Trennung und verliert mit der Rechtskraft des Aufhebungsurteils automatisch ihre Wirksamkeit.
Für die Zuweisung der Wohnung nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft verweist § 17 LPartG auf die entsprechenden Regelungen für Eheleute in § 1568a BGB.
Bei Lebensgefährt*innen, die nicht verpartnert, findet das Lebenspartnerschaftsgesetz natürlich keine Anwendung. Eine gerichtliche Wohnungszuweisung scheidet damit aus. Hier kommt es entscheidend darauf an, ob beide im Mietvertrag stehen oder nicht.
- Sind sie beide Vertragsparteien, müssen sie in Absprache mit dem Vermieter selbst bestimmen, wer von ihnen das Mietverhältnis in Zukunft alleine fortsetzen soll. Können sie sich nicht einigen, bleibt ihnen nur die gemeinschaftliche Kündigung. Die Zustimmung zu einer solchen kann der eine notfalls vom anderen per Klage erzwingen.
- Ist nur eine*r der beiden Mieter oder Eigentümer der Wohnung, muss im Falle der Trennung natürlich die andere Person die Wohnung verlassen. Sie darf aber nicht einfach ausgesperrt werden. Es muss ein Räumungsurteil erwirkt und mit der Vollstreckung einen Gerichtsvollzieher beauftragen werden. Gegen unzulässige Eigenmacht (Auswechseln der Türschlösser) kann der andere eine einstweilige Verfügung erwirken.
5. Muss ich aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen, wenn mein*e Partner*in stirbt?
Dorothee und Judith wohnen zusammen mit den zwei Söhnen von Dorothee in einer Mietwohnung. Eines Tages kommt Dorothee durch einen tragischen Autounfall zu Tode.
Wenn Dorothee und Judith beide Mieterinnen waren und einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, wird der Mietvertrag kraft Gesetzes mit Judith fortgeführt, und zwar gleichgültig, ob die beiden verpartnert waren oder nicht.
Eine besondere Erklärung von Judith ist nicht erforderlich. Die Kinder treten nicht in das Mietverhältnis ein. Judith kann den Mietvertrag binnen eines Monats mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen (§ 563a BGB).
Wenn nur Dorothee Mieterin war und beide einen gemeinsamen Haushalt geführt haben, wird das Mietverhältnis kraft Gesetzes mit Judith fortgeführt. Wenn die beiden verpartnert waren, treten die Kinder nicht in das Mietverhältnis ein. Wenn die beiden nicht verpartnert waren, tritt Judith zusammen mit den Kindern in das Mietverhältnis ein (§ 563 BGB).
Der Eintritt erfolgt kraft Gesetzes. Die in den Mietvertrag eintretenden Personen können binnen eines Monats erklären, dass sie den Mietvertrag nicht fortsetzen wollen. Dann gilt der Eintritt als nicht erfolgt. Vermieter*innen können das Mietverhältnis innerhalb eines Monats mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliegt.
6. Ich vermiete selbst eine Wohnung. Kann ich Mieter*innen kündigen, wenn ich die Wohnung für meinen Lebenspartner/-gefährten brauche (Eigenbedarf)?
Felix und Andreas haben sich verpartnert. Felix ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses, in dem er selbst wohnt. Die anderen Wohnungen sind vermietet. Die beiden wollen nicht zusammenziehen, sondern Andreas soll eine der Mietwohnungen im Haus von Andreas beziehen.
Vermieter*iinnen dürfen den Mietvertrag über eine Wohnung nur kündigen, wenn sie ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses haben. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist nicht zulässig (§ 573 Abs. 1 BGB).
Ein berechtigtes Interesse liegt insbesondere vor, wenn die Vermieter*innen die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts (Lebensgefährte) benötigen (§ 573 Abs. 1 BGB). Nach § 11 Abs. 1 LPartG gelten Lebenspartner*innen als „Familienangehörige“ ihrer Partner*innen.
Felix kann deshalb die Mietwohnung, in die Andreas einziehen soll, wegen "Eigenbedarfs" kündigen. Allerdings reicht eine Kündigung mit dem bloßen Hinweis "wegen Eigenbedarf" nicht aus. Vielmehr muss der Vermieter dem Mieter genau mitteilen, für wen und warum er die Wohnung braucht (§ 573 Abs. 3 BGB).
Wenn Felix und Andreas nicht verpartnert sind, sind sie keine "Familienangehörigen". Felix kann dann eine der Mietwohnungen in seinem Haus für Andreas nur kündigen, wenn sie schon zusammengewohnt haben und meinen, dass es für ihre Beziehung besser sei, sich räumlich zu trennen; denn dann gehört Andreas zum Haushalt von Felix.
Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf ist grundsätzlich anzuerkennen, es sei denn, es liegt Rechtsmissbrauch vor. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern erst der weit überhöhte Wohnbedarf. Die Wertung, ob der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht ist, haben die Gerichte unter Abwägung der beiderseitigen Interessen anhand objektiver Kriterien unter konkreter Würdigung der Einzelfallumstände zu treffen (BGHZ 204, 216).
Wenn Felix und Andreas geltend machen, getrennte Wohnungen seien für ihre Partnerschaft besser, weil sie beide Räume bräuchten, in die sie sich zeitweise zurückziehen und allein sein können, ist das nicht rechtsmissbräuchlich.
Mieter*innen können einer Eigenbedarfskündigung, die nicht missbräuchlich ist, nur widersprechen, wenn sie für sie, einen Familienangehörigen oder einem sonstigen Angehörigen seines Haushalts (Lebensgefährte) eine besondere Härte darstellt (§ 574 Abs. 1 BGB). Ein solcher Widerspruch muss gemäß § 574b BGB schriftlich spätestens zwei Monate vor dem Ablauf der Kündigungsfrist erklärt werden. Haben Vermieter*innen nicht rechtzeitig vor Ablauf der Widerspruchsfrist auf die Möglichkeit des Widerspruchs sowie auf dessen Form und Frist hingewiesen, so können der Mieter*innen den Widerspruch noch im ersten Termin des Räumungsrechtsstreits erklären.