Hinweis:
In der nachfolgenden Übersicht über die Herkunftsländer finden Sie nur Urteile, die nach den Entscheidungen des EuGH vom 05.09.2012 - C-71/11 und C-99/11 - und vom 7.11.2013 - C-199/12, C-200/12, C-201/12 - siehe unter EuGH - ergangen sind. Die älteren Urteile sind überholt, soweit sie davon ausgehen, dass die Asylbewerber ihre Homosexualität zurückgezogen in der Privatsphäre leben könnten und dann nicht gefährdet seien. Es wurde ihnen zugemutet, "sich äußerst bedeckt zu halten" bzw. "Diskretion walten zu lassen", um eine Verfolgung zu vermeiden. Die früheren Urteile können hier aufgerufen werden.
Allerdings haben das BAMF und die Verwaltungsgerichte sehr schnell einen Ausweg gefunden und lehnen die Asylgesuche jetzt oft mit der Begründung ab, dass in dem Heimatstaat der Asylbewerber nicht gezielt nach Homosexuellen gefahndet werde und dass ein Strafverfahren gegen die Asylbewerber daher äußerst unwahrscheinlich sei. So argumentiert auch die Bundesregierung hinsichtlich der Magrebh-Staaten, die deshalb auch für Homosexuelle „sichere“ Herkunftsstaaten seien.
Zur Begründung dieser Behauptung wenden das BAMF und die Verwaltungsgerichte bei der Prüfung der Frage, ob unverfolgt ausgereiste homosexuelle Asylbewerber in ihrem Heimatland mit Strafverfolgung zu rechnen haben, einen Trick an. Sie vergleichen die vermutliche Gesamtzahl der Homosexuellen im Herkunftsland der Asylbewerber mit der sehr geringen Zahl von Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen. Deshalb sei die Wahrscheinlichkeit, dass gerade der Antragsteller strafrechtlich verfolgt und verurteilt werde, als verschwindend gering einzuschätzen. Typisch für diese Argumentationsweise íst z.B. das Urteil Verwaltungsgerichts Cottbus vom 07.11.2017, 5 K 1230/17.A, zur Verfolgungsgefahr in Marokko
Dabei wird außer Acht gelassen, dass Homosexuelle als solche nicht zu erkennen sind, wenn sie aus Furcht vor Verfolgung ihre Homosexualität nur zurückgezogen in der Privatsphäre leben. Ihnen droht dann keine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgungsgefahr. Deshalb darf die Zahl der Verurteilungen wegen homosexueller Handlungen nur mit der Zahl der Homosexuellen verglichen werden, die sich nicht verstecken, so das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20.02.2013, 10 C 23.12, Rn. 33, juris, zur Verfolgung der Ahmadis in Pakistan.
Siehe dazu im Einzelnen den Abschnitt "Verfolgungsgefahr für unverfolgt ausgereiste Asylbewerber" in unserem Ratgeber "Asylrecht für Lesben und Schwule". Siehe dort auch die Hinweise, wie das BAMF und die Verwaltungsgerichte die Angaben der Asylbewerber über ihre Beweggründe bewerten, warum sie in ihrem Herkunftsland bisher versteckt gelebt haben.
Außerdem sollten die Asylbewerber zusätzlich immer darauf hinweisen, dass sie auch geflohen sind, weil sie in ihrem Heimatland keine Partnerschaft mit einer gleichgeschlechtlichen Partnerin oder einem gleichgeschlechtlichen Partner führen können, siehe in unserem Ratgeber den Abschnitt "Das Recht, offen als Paare zusammenleben zu können."
Hinweis: Zusätzliche Informationen zu den Herkunftsländern finden Sie möglicherweise im Informationssystem des BAMF "MILo" in der Datenbank "Länderinformationen" und in der Datenbank "Rechtsprechung Asyl"